OGH 14Os123/90

OGH14Os123/904.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Dezember 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert O*** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal a.d. Drau vom 12.April 1990, GZ 5 U 160/90-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Tschulik, jedoch in Abwesenheit des (unvertretenen) Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal a.d. Drau vom 12. April 1990, GZ 5 U 160/90-14, soweit damit zu der dem Robert O*** mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. September 1986, GZ 8 E Vr 2.353/86-7, gewährten bedingten Strafnachsicht die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, ist das Gesetz in der Bestimmung des § 53 Abs. 2 StGB verletzt. Dieser Ausspruch wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. September 1986, GZ 8 E Vr 2.353/86-7, wurde Robert O*** zu einer gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Diese Strafe wurde mit rechtskräftigem Beschluß dieses Gerichtes vom 3. Jänner 1990 (ON 14) endgültig nachgesehen, wobei davon ausgegangen wurde, daß die Probezeit am 3.Oktober 1989 abgelaufen war, obwohl sich aus den Akten ergab (ON 12, 13 und 15), daß dies noch nicht der Fall gewesen ist.

Robert O*** war nämlich in der Zwischenzeit in einem weiteren Strafverfahren zum AZ 14 Vr 1.835/88 des Landesgerichtes Klagenfurt am 22.Dezember 1988 (unter Absehen vom Widerruf der vorerwähnten bedingten Strafnachsicht gemäß § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO) zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden, die er (unter Berücksichtigung der angerechneten Vorhaft) vom 2.Oktober 1988 bis 23. April 1989 teilweise verbüßte. An diesem Tage wurde er auf Grund des Beschlusses des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10.März 1989, AZ 4 BE 93/89, mit einem Strafrest von drei Monaten und zehn Tagen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen. Die oberwähnte Haftzeit wäre daher nicht in die Probezeit einzurechnen gewesen (§ 49 StGB), woraus sich deren tatsächliches Ende mit 23.April 1990 ergeben hätte.

Rechtliche Beurteilung

In weiterer Folge wurde Robert O*** mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Spittal a.d. Drau vom 12.April 1990, GZ 5 U 160/90-14, zu einer Geldstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurden - allerdings ohne ausdrücklichen Ausspruch eines Absehens vom Widerruf (§ 494 a Abs. 1 Z 2 StPO) - die Probezeit zu der laut Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30.September 1986 bedingt nachgesehenen dreimonatigen Freiheitsstrafe (die nach dem zuvor Gesagten rite noch gar nicht abgelaufen gewesen war) und die Probezeit zu dem anläßlich der bedingten Entlassung aus der zehnmonatigen Freiheitsstrafe offen gebliebenen Strafrest auf je fünf Jahre verlängert (§ 494 a Abs. 7 StPO).

Davon, daß die dreimonatige Freiheitsstrafe mit dem eingangs erwähnten Beschluß des Urteilsgerichtes vom 3.Jänner 1990 bereits endgültig nachgesehen worden war, hatte das Bezirksgericht Spittal a. d. Drau keine Kenntnis, weil es entgegen der Vorschrift des § 494 a Abs. 3 StPO nicht in die betreffenden Strafakten Einsicht genommen hatte.

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal a.d. Drau vom 12. April 1990 steht insoferne nicht mit dem Gesetz im Einklang, als damit auch in Ansehung der mit dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30.September 1986 gewährten bedingten Strafnachsicht die Probezeit verlängert wurde. Denn Maßnahmen gemäß §§ 53 bis 55 StGB können trotz Vorliegens ihrer Voraussetzungen nicht mehr getroffen werden, wenn bereits eine endgültige Nachsicht oder Entlassung erfolgt ist, und zwar selbst dann nicht, wenn die Voraussetzungen für eine endgültige Nachsicht oder Entlassung (hier: der Ablauf der Probezeit) ihrerseits zu Unrecht angenommen worden sind (vgl. EvBl. 1974/176, LSK 1979/137 zu § 46 Abs. 3 StGB ua). Da im Verfahren AZ 8 E Vr 2.353/86 des Landesgerichtes Klagenfurt bereits am 3.Jänner 1990 die endgültige Nachsicht der Strafe (wenn auch gesetzwidrig) verfügt worden war, kam eine - dem Verurteilten zum Nachteil gereichende - Verlängerung der Probezeit (§ 53 Abs. 2 StGB) durch das Bezirksgericht Spittal a.d. Drau nicht mehr in Betracht.

In Stattgebung der vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde - die von den aufgezeigten mehreren Gesetzesverletzungen nur jene zum Gegenstand hatte, die den Verurteilten entscheidend beschwerte - war daher spruchgemäß zu erkennen.

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