Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und der Antrag des Angeklagten Momir T*** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Gegenausführungsfrist werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Senad S*** werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Text
Gründe:
Der am 3.Jänner 1967 geborene Senad S*** und der am 10. Oktober 1966 geborene Momir T*** wurden - abweichend von der auf das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Strafsatz StGB lautenden Anklage - des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt.
Inhaltlich des Schuldspruches haben sie am 3.Juli 1990 in Klagenfurt im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit einem derzeit namentlich nicht bekannten Mittäter Sachen, die ein anderer durch ein Vergehen gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, und zwar 16 Lederjacken der Firma N*** im Gesamtwert von 87.360 S und eine Seidenjacke der Firma K***-B*** im Wert von 1.398 S, an sich gebracht.
Die Staatsanwaltschaft bekämpft dieses Urteil mit einer ziffernmäßig auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, wobei eine Verurteilung des Angeklagten S*** wegen gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch kraft anzunehmender Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) und die Beurteilung der dem Angeklagten T*** zur Last liegenden Hehlerei als durch gewerbsmäßige Tatbegehung im Sinne des § 164 Abs. 3 StGB qualifiziertes Verbrechen angestrebt wird. Hilfsweise fordert die Anklagebehörde auch hinsichtlich S*** die Annahme der genannten Tatqualifikation der Hehlerei.
Rechtliche Beurteilung
Das Beschwerdevorbringen enthält keine gesetzmäßige Ausführung des herangezogenen materiellen Nichtigkeitsgrundes. Bei richtigem Verständnis des Urteilsinhaltes beziehen sich die erstgerichtlichen Aussprüche, daß eine Beteiligung (S 242) oder Mitwirkung (S 244) des Angeklagten S*** an den Diebstählen der betreffenden Kleidungsstücke nicht erwiesen sei, ebenso auf eine Verübung als unmittelbarer Täter wie auch auf jedwede Diebstahlsbeihilfe. Dies wird durch den Umstand unterstrichen, daß das Schöffengericht zwar eine Kenntnis des Angeklagten S*** von der diebischen Herkunft der Jacken bejahte, jedoch sein Wissen über die Durchführung des Diebstahls der 16 Lederjacken der Firma N*** im Wege eines Geschäftseinbruches mangels diesbezüglichen Nachweises verneinte und solcherart von einem Vorstellungsinhalt des Angeklagten ausging, der nicht durch eine Planung oder sonstige mit Kenntnisnahme von der konkreten Tat verbundene Unterstützung des tatsächlich geschehenen Einbruchs geprägt war.
Soweit die Anklagebehörde demgegenüber nach den Verfahrensergebnissen ein im Zuge der Planung des Lederjackendiebstahls unternommenes Auskundschaften der Tatgelegenheit durch den Angeklagten S*** im Geschäft der Firma N*** für feststellbar hält, argumentiert sie mit einem Sachverhalt, der vom Erstgericht erklärtermaßen aus Beweisgründen nicht angenommen wurde (S 244) und demgemäß niemals Ausgangspunkt eines aus einem rechtlichen Irrtum unterlaufenen Feststellungsmangels sein kann (siehe hiezu Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 30 zu § 281 und Nr. 9 und 11 zu § 281 Z 10). Im Ergebnis bekämpft die Beschwerde die Würdigung von Umständen, aus denen ihrer Ansicht nach für den Angeklagten belastende Schlußfolgerungen abzuleiten gewesen wären, ohne aber auf diese Weise die behauptete oder eine andere Nichtigkeit aufzuzeigen.
Die Einwände der Staatsanwaltschaft gegen die unterlassene Heranziehung der Gewerbsmäßigkeitsqualifikation der Hehlerei und gegen das Unterbleiben weiterer Feststellungen zur Frage, ob die beiden Angeklagten die abgeurteilte Hehlerei gewerbsmäßig verübten, gehen ebenfalls nicht von sämtlichen im Urteil angenommenen Tatsachen aus, sondern beruhen auf einer modifizierenden Auffassung von der Tragweite der Entscheidungsgründe. Nach Ansicht des Erstgerichtes deutete der Sachverhalt darauf hin, "daß die Angeklagten zumindest als untergeordnete Mittäter in einer Organisation, die sich auf den Diebstahl von Lederbekleidung spezialisiert hat, tätig waren. Sie hatten ohne Zweifel die Aufgabe, einen Teil der gestohlenen Lederjacken illegal über die Grenze nach Jugoslawien zu verbringen" (S 243). Damit ging aber der Schöffensenat nur hinsichtlich der von den Angeklagten übernommenen Aufgabe von einer erwiesenen Tatsache aus, wogegen die Erwägungen über die Tätigkeit einer kriminellen Organisation eine indizierte Möglichkeit ("deutete darauf hin"), aber nicht eine sichere Feststellung über einen für die rechtliche Beurteilung erheblichen Umstand zum Ausdruck bringen, ganz abgesehen davon, daß auch damit noch nichts über die für ein gewerbsmäßiges Handeln (§ 70 StGB) essentielle Absicht der Angeklagten gesagt wäre, sich durch wiederkehrende Hehlerei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Nach Lage des Falles unterliegt es keinem Zweifel, daß das Erstgericht nicht wegen einer die Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeitsqualifikation der Hehlerei vernachlässigenden Anschauung, sondern aus Beweisgründen die Frage offen ließ, in welchem objektiven und subjektiven Ausmaß sich die Angeklagten an einer allfälligen kriminellen Organisation zum Diebstahl und zur anschließenden Wegschaffung von Lederbekleidung beteiligten. Die in der zitierten Urteilspassage enthaltene Aussage über eine solche Verdachtssituation bedeutet entgegen der Beschwerdemeinung keineswegs eine Urteilsfeststellung über die "Bandenzugehörigkeit" der Angeklagten, weshalb alle daraus entwickelten Einwände keine prozeßordnungsmäßige Grundlage haben. Die nur im Zusammenhang damit angestellten Überlegungen, daß die Verantwortung der Angeklagten über den beabsichtigten Verkauf der Jacken und das mit der Beförderung eingegangene Entdeckungsrisiko auf ein Handeln aus Gewinnsucht hinweisen, reichen nicht aus, die Feststellungsmöglichkeit einer gewerbsmäßigen Tatbegehung aufzuzeigen, weil daraus die maßgebliche Wiederholungsabsicht beim deliktischen Vorgehen nicht zu entnehmen ist.
Da die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft dem entscheidenden Urteilssachverhalt einen anderen Inhalt unterstellt, als ihm bei unbefangener Sicht zukommt, verfehlt sie den prozeßordnungsmäßigen Vergleich der festgestellten Entscheidungstatsachen mit dem darauf angewendeten Gesetz. Es mangelt daher an einer gesetzmäßigen Ausführung dieses Rechtsmittels, weshalb es gemäß §§ 285 a Z 2 und 285 d Z 1 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war. Ebenso war mit dem Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten T*** zu verfahren, weil die Regelung des § 364 Abs. 1 StPO auf die Versäumung von Gegenäußerungsfristen nicht anwendbar ist (10 Os 32,35/86).
Über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten S*** wird gemäß § 285 i StPO der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben.
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