Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bezieht seit 1.11.1968 eine ihr bescheidmäßig zuerkannte Witwenpension nach § 258 ASVG. Im Zuerkennungsbescheid vom 11.3.1969 findet sich kein Ausspruch über das Ruhen eines Pensionsanspruches. Seit spätestens Anfang 1972 ist die Klägerin Alleineigentümerin forstwirtschaftlich genutzter Liegenschaften und nach dem B-PVG bzw BSVG pflichtversichert in der Bauernpensionsversicherung. In den Jahren 1972 bis 1974 bezog die Klägerin auch aus sonstiger selbständiger Erwerbstätigkeit ein jährliches Einkommen von 22.000 S. Die Klägerin unterließ vorerst die Meldung dieser Erwerbstätigkeiten bzw der daraus erzielten Einkunft an die beklagte Partei. Erst am 29.12.1983 gab die Klägerin auf einem ihr zugemittelten Erhebungsbogen der beklagten Partei bekannt, daß sie einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb bewirtschafte. Im Jänner 1984 erhielt die beklagte Partei mit einem Ausdruck des Versicherungsverlaufes der Klägerin betreffend die Zeit ab 1.1.1983 durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger Kenntnis davon, daß für die Klägerin als Führerin eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes Pflichtversicherung nach dem BSVG bestehe. Am 12.3.1984 teilte die Klägerin der beklagten Partei auf deren Anfrage mit, daß ein Einheitswertbescheid bezüglich ihres Liegenschaftsanteilseigentums noch nicht vorliege; sie werde einen solchen nach dessen Erstellung der beklagten Partei übermitteln; im übrigen führe sie keinen landwirtschaftlichen Betrieb. Daraufhin stellte die beklagte Partei am 1.4.1984 einen Teil des Pensionsbezuges der Klägerin ruhend, um das Anwachsen oder Entstehen eines Überbezuges zu vermeiden. In der Verständigung über diese Ruhendstellung vom 16.3.1984 wurde die Klägerin wieder zur Vorlage des Einheitswertbescheides aufgefordert. Die Klägerin antwortete dazu am 26.4.1984 neuerlich, daß sie noch nicht im Besitz eines Einheitswertbescheides der mittlerweile real geteilten Liegenschaften sei und fragte an, auf welcher Grundlage die Ruhensstellung eines Teiles ihres Pensionsanspruches vorgenommen worden sei. Im Antwortschreiben vom 4.5.1984 wurde der Klägerin die Tatsachen- und Rechtsgrundlage für die Ruhendstellung mitgeteilt und sie um Übermittlung ihrer Einkommensteuerbescheide ab 1968 und des letzten Einheitswertbescheides gebeten. Diese Einheitswertbescheide betreffend die beiden Anteile der Klägerin an den Liegenschaften in der KG Laufnitzdorf vom 14.1. und 9.9.1981 beinhaltend die Hauptfeststellung zum 1.1.1979 (wirksam ab 1.1.1980) hatte die beklagte Partei allerdings schon am 4.4.1984 von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Fotokopie übermittelt erhalten. Am 21.8.1987 langte dann bei der beklagten Partei ein Schreiben der Klägerin ein, worin sie unter Hinweis auf die Übergabe ihres forstwirtschaftlichen Betriebes beantragte, ihr ab April 1987 wegen Wegfalls der Ruhensvoraussetzungen die Pension wieder in voller Höhe auszuzahlen. Am 31.8.1987 richtete die beklagte Partei eine Anfrage an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern um Bestätigung der Angaben der Klägerin und dem Ersuchen um Klärung, ob allenfalls schon ab 1.1.1979 eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung bestanden habe. Am 19.10.1987 teilte die beklagte Partei der Klägerin mit, daß ab 1.5.1987 die Ruhendstellung eines Pensionsteilbezuges wegen Eigeneinkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft aufgehoben werde. Am 1.3.1988 urgierte die beklagte Partei bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern die Beantwortung ihrer Anfrage vom 31.8.1987. Am 24.3.1988 erlangte die beklagte Partei durch die Antwort der Sozialversicherungsanstalt der Bauern davon Kenntnis, daß bei der Klägerin ab März 1971 Beitragszeiten als Betriebsführerin in der Bauernpensionsversicherung vorlagen. Nach einem für die beklagte Partei erfolglosen Telefonat mit der Klägerin am 12.4.1988 wegen Vorlage von Einheitswertbescheiden aus den Jahren 1970 folgend erhielt die beklagte Partei schließlich nach entsprechenden Anforderungen bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, dem Finanzamt Graz-Umgebung und der Tochter der Klägerin im Juli 1988 Mitteilung über die Einheitswerte der Liegenschaftsanteile der Klägerin ab 1971 und die Einkommensteuerbescheide der Klägerin für 1972 bis 1978 übermittelt. Daraufhin erließ die beklagte Partei am 1.3.1989 den Bescheid, mit dem festgestellt wurde, daß in den Jahren 1972, 1974 sowie vom 1.1.1979 bis 30.4.1987 ein Teil der Pension gemäß § 94 ASVG geruht habe; unter einem wurde ein Überbezug um 215.398,70 S zur Rückzahlung vorgeschrieben.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage, die beklagte Partei zu verpflichten, von der Rückforderung eines aus dem Ruhen der Pension gemäß § 94 ASVG resultierenden Überbezuges von 215.398,70 S Abstand zu nehmen. Ein Rückforderungstatbestand sei nicht erfüllt. Die Höhe des Überbezuges wurde außer Streit gestellt. Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe es entgegen der ihr gemäß § 40 ASVG obliegenden Verpflichtung unterlassen, die für die Bezugsberechtigung maßgeblichen Einkommensverhältnisse zu melden. Die beklagte Partei sei, nachdem sie davon Kenntnis erlangt habe, daß die Klägerin Einkommen aus land- und forstwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit beziehe, bemüht gewesen, eine lückenlose Darstellung der Einkommensverhältnisse der Klägerin seit der Pensionsgewährung zu erhalten, habe jedoch erst unmittelbar vor Erlassung des bekämpften Bescheides über die vollständigen Entscheidungsgrundlagen verfügt. Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerin ab und verpflichtete diese zur Rückzahlung des Überbezuges in der bescheidmäßigen Höhe. Die Klägerin habe durch Unterlassung der Meldung ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit und ihres Einkommens hieraus die ihr gemäß § 40 ASVG obliegende Meldepflicht verletzt. Damit seien die Voraussetzungen für den Rückforderungstatbestand erfüllt. Die Maßnahmen zur Ermittlung des durch die selbständige Erwerbstätigkeit der Klägerin entstandenen Pensionsüberbezuges seien durch die Hinweise der Klägerin, daß sie Einheitswertbescheide nicht besitze und nicht vorlegen könne, verzögert worden. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß die beklagte Partei die zur Überbezugsermittlung erforderlichen Maßnahmen nicht in angemessener Frist vorgenommen habe. Die dreijährige Verjährungsfrist für die Rückforderung laufe erst ab der objektiven Möglichkeit der Rechtsausübung, also der hindernisfreien Geltendmachung des Anspruches. Der Lauf der Verjährungsfrist sei daher erst am 2.12.1988 eingetreten, zu welchem Zeitpunkt die beklagte Partei das letzte aufklärende Schreiben des Steuerberaters der Klägerin erhalten habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge, stellte ein teilweises Ruhen des Pensionsanspruches der Klägerin in den Jahren 1972, 1974 und 1979 fest, verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung eines Überbezuges von 61.775,70 S in monatlichen Raten a 1.200 S und einer Rate a 7,60 S ab April 1989 und sprach im übrigen aus, daß die beklagte Partei die Rückforderung eines Überbezuges von 153.623 S zu unterlassen habe. Gegenstand des Berufungsverfahrens sei ausschließlich die Frage, ob ein Rückforderungstatbestand erfüllt sei, da die Klägerin die Frage des teilweisen Ruhens ihrer Witwenpension zufolge ihrer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit und des daraus resultierenden Einkommens im Berufungsverfahren nicht mehr releviert habe. § 107 Abs 2 lit a ASVG stehe dem Rückforderungsrecht nicht entgegen. Diese Bestimmung solle den Versicherungsträger durch den weitgehenden Verlust des Rückforderungsrechtes zu einer möglichst raschen bescheidmäßigen Richtigstellung einer nicht mehr gebührenden Leistung bringen. Sie beziehe sich jedoch nur auf Leistungen, die der Versicherungsträger nach dem Zeitpunkt erbracht habe, in welchem er habe erkennen müssen, daß die bisherige Leistung zu Unrecht bezogen werde. Es bestehe aber keine Grundlage für die Annahme, daß die beklagte Partei vor dem 31.3.1984 Kenntnis davon gehabt habe, daß die Leistung nicht in vollem Umfang zustehe. Gemäß § 107 Abs 2 lit b ASVG verjähre der Rückforderungsanspruch in drei Jahren (bis 31.12.1985 - Rechtslage vor der 41. ASVG-Novelle in zwei Jahren), wobei diese Frist mit dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in welchem dem Versicherungsträger die Ungebührlichkeit der Leistung bekannt geworden sei. Diese Kenntnis sei aber erst mit dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem alle Umstände, die die Beurteilung der Ungebührlichkeit ermöglichten, bekannt seien. Vorausgesetzt werde dabei auch die Kenntnis der Einkommenshöhe und damit im Fall der Klägerin die Kenntnis der Höhe der Einheitswerte der von ihr bewirtschafteten Betriebe. Die Einheitswerte, die die Beurteilung des Einkommens der Klägerin ab 1.1.1980 ermöglicht hätten, seien der beklagten Partei jedoch bereits am 4.4.1984 vorgelegen. Ab diesem Zeitpunkt sei eine Beurteilung der Einkommenssituation der Klägerin für die Zeit ab 1.1.1980 möglich gewesen. Der diesen Zeitraum betreffende Rückforderungsanspruch sei sohin im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Jahr 1989 bereits verjährt gewesen. Für die Jahre 1972, 1974 und 1979 seien der beklagten Partei jedoch erst im Jahre 1988 die für die Beurteilung des Ruhens maßgeblichen Umstände bekannt geworden. Erst zu diesem Zeitpunkt sei die Beurteilung der Ruhensbeträge für diese Zeiträume möglich gewesen. Der Rückforderungsanspruch sei daher durch die Bescheiderlassung im März 1989 fristgerecht geltend gemacht worden. Für diese Jahre ergebe sich ein Überbezug von 61.775,70 S, zu dessen Rückzahlung die Klägerin verpflichtet sei; das Recht auf Rückforderung des darüber hinausgehenden Überbezuges könne nicht mehr geltend gemacht werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihrem Begehren zur Gänze stattgegeben werde. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revision wendet sich ausdrücklich nur dagegen, daß das Berufungsgericht hinsichtlich der für die Jahre 1972, 1974 und 1979 aufgelaufenen Überbezüge das Vorliegen eines Rückforderungstatbestandes verneint habe.
Soweit die Revisionswerberin dabei davon ausgeht, daß die beklagte Partei bereits im Jahre 1984 über die maßgeblichen Einheitswertbescheide verfügt habe, weichen die Ausführungen von den Urteilsfeststellungen ab. Die Vorinstanzen legten ihren Entscheidungen zugrunde, daß der beklagten Partei am 4.4.1984 die Einheitswertbescheide betreffend die Jahre 1980 bis 1984 vorlagen. Bezüglich der Jahre 1972, 1974 und 1979 wurde der beklagten Partei erstmalig am 24.3.1988 durch die Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern bekannt, daß die Klägerin nach dem BSVG in diesen Zeiträumen pflichtversichert war. Erst im folgenden gelangte die beklagte Partei in den Besitz der unter anderem auch die Jahre 1972, 1974 und 1979 betreffenden Einheitswertbescheide.
Der Ausschluß des Rückforderungsrechtes für zu Unrecht erbrachte Geldleistungen gemäß § 107 Abs 2 lit a ASVG bezieht sich nicht auf Leistungen, die vor dem Zeitpunkt erbracht wurden, in dem der Versicherungsträger erkennen mußte, daß sie zu Unrecht erbracht wurden (SSV-NF 3/96). Im Hinblick, auf den Zeitpunkt, in dem der beklagten Partei die Pflichtversicherung der Klägerin nach dem BSVG für die im Revisionsverfahren fraglichen Zeiträume bekannt wurde, kann daher diese Bestimmung dem Rückforderungsrecht der beklagten Partei nicht entgegenstehen. Aber auch gemäß § 107 Abs 2 lit b ASVG ist das Rückforderungsrecht nicht ausgeschlossen, da der Bescheid innerhalb eines Zeitraumes von weniger als einem Jahr ab dem Zeitpunkt erging, in dem der beklagten Partei die für die Entscheidung maßgeblichen Grundlagen zur Verfügung standen. Die Frist des § 107 Abs 1 Z 2 lit b ASGG wurde aber erst in diesem Zeitpunkt in Lauf gesetzt, weil davor nicht beurteilt werden konnte, ob und in welchem Umfang die Klägerin nicht gebührende Leistungen erhalten hatte. Soweit die Klägerin ins Treffen führt, die beklagte Partei sei mehrere Jahre hindurch untätig geblieben, ist darauf zu verweisen, daß dies zum wesentlichen Teil an der Klägerin lag, die trotz Aufforderung die entsprechenden Einheitswertbescheide nicht vorlegte. Im übrigen führen Verzögerungen im Bereich der beklagten Partei bei amtswegigen Erhebungen über für die Frage der Ungebührlichkeit maßgebliche Umstände, bezüglich derer eine Meldepflicht des Versicherten bestand, nicht zum Verlust des Rückforderungsanspruches.
Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch sind solche Gründe aus dem Akt ersichtlich.
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