OGH 15Os118/90 (15Os119/90)

OGH15Os118/90 (15Os119/90)20.11.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.November 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael H*** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen, AZ 29 Vr 3221/89 des Landesgerichtes Innsbruck, (1.) über die Beschwerde und die Berufung sowie (2.) gegen die Beschwerde des Angeklagten gegen (zu 1.) das Urteil und (zu 2.) den Beschluß dieses Gerichtes als Schöffengericht jeweils vom 13.Juni 1990, ON 23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufung und über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck übermittelt.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michael H*** (3.) des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie der Vergehen (1. a) der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, (1. b) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und (2.) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Schwere Körperverletzung hat er zu verantworten, weil er am 9. Dezember 1989 in Innsbruck Ferdinand R*** durch Faustschläge und durch einen Kniestoß vorsätzlich am Körper verletzte, wobei die Tat eine Hautabschürfung an der linken Augenbraue mit einer blutunterlaufenen Quetschung sowie einen komplizierten Nasenbeinbruch, sohin eine an sich schwere Verletzung, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung, zur Folge hatte (Faktum 1.a).

Als Versuch einer schweren Nötigung fällt ihm zur Last, daß er im Anschluß an die soeben beschriebene Tat den Verletzten durch die Äußerung "Und jetzt, du feige Sau, kannst du deinen Vater holen. Wenn du die Polizei holst oder mich anzeigst, bringe ich dich um oder ich schick dir jemanden!" zu einer Unterlassung, und zwar zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung wegen der ihm zuvor zugefügten Körperverletzung, zu nötigen trachtete (Faktum 3.).

Rechtliche Beurteilung

Der inhaltlich nur gegen diese beiden Schuldsprüche gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Zum Faktum 1.a erblickt er in der Abweisung seines Antrags auf Vernehmung eines Portiers des Lokals "Queen Anne" als Zeugen zum Beweis dafür, daß die von Ferdinand R*** "behaupteten" Verletzungen in Wahrheit bereits von einem früheren Vorfall herrührten (S 116), zu Unrecht eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte durch vorgreifende Beweiswürdigung (Z 4).

Denn davon, daß der Genannte schon etwa drei Wochen vor den inkriminierten Tätlichkeiten des Beschwerdeführers bei einem anderen Vorfall im Gesicht verletzt worden war, ist das Schöffengericht ohnehin ausgegangen, doch nahm es auf Grund der Bekundungen des Verletzten sowie der Zeugen Günther R*** und Hermine S*** in Verbindung mit einem gerichtsmedizinischen Gutachten als erwiesen an, daß jene Verletzungen zur hier aktuellen Tatzeit bereits wieder abgeheilt waren (US 11/12); inwiefern die für diese Konstatierung maßgebend gewesenen Verfahrensergebnisse durch die vom Angeklagten beantragte Beweisaufnahme hätten in Frage gestellt werden sollen, ist dem Antrag gleichwie der Verfahrensrüge nicht zu entnehmen. Von einer insoweit vorgreifenden Beweiswürdigung kann daher bei der bekämpften Antragsabweisung mit der Begründung, daß der angebotene Zeuge über das Zustandekommen von Verletzungen des Ferdinand R*** am 9. Dezember 1989 keine Angaben machen könne (S 117, US 13), mit Fug nicht gesprochen werden.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder, mit der ungeachtet der mehrfachen Behauptung von "Aktenwidrigkeiten" der Sache nach in der Tat nur die schöffengerichtliche Beweiswürdigung bekämpft wird, geht zum Faktum 1.a schon deswegen, weil sie keinerlei für die Schuldfrage relevanten Tatsachen, sondern lediglich die Motivation des Beschwerdeführers zu den Tätlichkeiten betrifft, und zum Faktum

3. im Hinblick darauf fehl, daß sie im Licht der gesamten Aktenlage gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsache einer vom Angeklagten gegen das Tatopfer geäußerten, unbeschadet ihres genauen Wortlauts jedenfalls gefährlichen Drohung mit dem Tod keine erheblichen Bedenken zu erwecken vermag.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Faktum 3. schließlich läßt zur Gänze eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen, weil sie nicht, wie zur gesetzmäßigen Darstellung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe erforderlich wäre, auf den Urteilssachverhalt abgestellt ist.

So erweist sich der Einwand, bei der als Nötigungsversuch beurteilten (drohenden) Äußerung des Beschwerdeführers könne wohl "von einem eigenen Delikt ... keine Rede" sein, bereits deshalb als nicht zielführend, weil er auf der urteilsfremden Prämisse einer "Gleichzeitigkeit" jener nötigenden Drohung "mit den festgestellten Verletzungen" beruht. Dazu ist demnach bloß klarstellend zu vermerken, daß selbst im (hier wie gesagt nicht aktuellen) Fall einer tatsächlich gleichzeitigen (oder der Androhung unmittelbar nachfolgenden) Zufügung eines mit Nötigungsvorsatz angedrohten Übels (anders als bei der sofortigen Vollziehung einer gefährlichen Drohung iS § 107 StGB: vgl Kienapfel BT I3 § 107 RN 20 a mwN) eine Straflosigkeit der betreffenden Drohung infolge ihrer über die Übelsverwirklichung hinausgehenden Zielsetzung nicht in Betracht kommen könnte.

Desgleichen setzt sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, das Erstgericht habe hinsichtlich der subjektiven Tatseite, also seines Vorsatzes, nur festgestellt, daß er mit der inkriminierten Äußerung beabsichtigt habe, Ferdinand R*** von einer Anzeigeerstattung abzuhalten, über jene weiteren Konstatierungen hinweg, wonach er zu diesem Zweck darauf abzielte, den Genannten solcherart durch gefährliche Drohung mit dem Tod in einen nachhaltigen, das ganze Gemüt ergreifenden peinvollen seelischen Zustand zu versetzen und in ihm Furcht vor einem Anschlag auf sein Leben hervorzurufen (US 5/6, 13).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 Z 2 StPO). Zur Entscheidung über die Berufung und über die damit zusammenhängende Beschwerde ist demgemäß das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig (§§ 285 i, 494 a Abs 5 StPO).

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