OGH 12Os129/90

OGH12Os129/9024.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter L*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.Mai 1990, GZ 8 c Vr 1366/90-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Im angefochtenen Urteil wird dem Angeklagten Peter L*** als das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB zur Last gelegt, in der Nacht zum 19.September 1989 in die B***-Filialen Wien 21., Siemensstraße 14, und Wien 21., Brünnerstraße 280, eingebrochen zu haben. Bereits in einem früheren Urteil (§ 31 StGB) wurde der Angeklagte rechtskräftig schuldig erkannt, am 27.September 1989 auch einen Einbruchsversuch in die B***-Filiale Wien 21., Schenkendorfgasse 54, unternommen zu haben, wobei er betreten wurde und bei ihm Einbruchswerkzeug (drei Steinmeißel und ein Kistenöffner) sichergestellt werden konnte. Während der Angeklagte jenen Einbruchsversuch zugab, bestritt er seine Täterschaft in den hier zur Debatte stehenden beiden anderen Fällen, doch sah das Schöffengericht diese Verantwortung vor allem deshalb als widerlegt an, weil nach dem kriminaltechnischen Gutachten der Bundespolizeidirektion Wien die am Einbruchswerkzeug des Angeklagten gesicherten Lackspuren und die an den Tatorten Siemensstraße bzw Brünnerstraße entnommenen Lackproben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit materialmäßig identisch sind. Seiner Behauptung, das Einbruchswerkzeug erst am 25. September 1989 (S 84) gefunden zu haben, schenkte es keinen Glauben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil nominell aus den Gründen der Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer bringt (ohne differenzierte Bezugnahme auf die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe) im wesentlichen vor, daß im Hinblick auf die bekanntlich einheitliche Lackierung aller B***-Filialen in ganz Österreich die Lackspuren auf dem Einbruchswerkzeug zumindest zum Teil auch vom Einbruchsversuch in der Schenkendorfgasse herrühren könnten und überhaupt deren Zuordnung zu einer bestimmten Filiale nicht möglich sei, weshalb aus der festgestellten Materialidentität kein zwingender Schluß auf seine Täterschaft gezogen werden könnte.

Soweit er damit in der Unterlassung der Entnahme von Lackproben auch vom Tatort Schenkendorfgasse einen Verfahrensmangel erblickt, ist ihm zu erwidern, daß ein solcher im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) nicht geltend gemacht werden kann (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 82 ff zu § 281 Abs. 1 Z 5). Ein in diese Richtung zielender Beweisantrag, dessen Abweisung aus § 281 Abs. 1 Z 4 StPO gerügt werden könnte, wurde nicht gestellt.

Auch der Einwand, das erwähnte Gutachten ließe im Hinblick auf die aufgezeigten Umstände keinen zwingenden Schluß auf seine Täterschaft zu, stellt keinen formellen Begründungsmangel (Z 5) dar, weil auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (aaO E 148 f zu § 281 Abs. 1 Z 5).

Mit seinem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer aber auch keine erheblichen Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der tatrichterlichen Urteilsannahmen zu erwecken, übersieht er doch, daß nicht alle Einbruchswerkzeuge, an denen materialidente Lackspuren festgestellt werden konnten, beim Einbruchsversuch in der Schenkendorfgasse verwendet worden sind, sondern - nach seinen eigenen Angaben (S 39 im Beiakt ON 11) - nur der Kistenöffner und einer der drei Meißel. Die Lackspuren an den beiden anderen Meißeln (S 25) können daher keinesfalls vom Tatort Schenkendorfgasse stammen, weshalb sein bezüglicher Einwand jedenfalls insoweit von vornherein ungeeignet ist, Bedenken der erwähnten Art aufkommen zu lassen.

Aktenfremd und damit als Grundlage einer Tatsachenrüge (Z 5 a) ungeeignet ist aber vor allem die Hypothese, daß in allen B***-Filialen stets die selben Farbtöne verwendet würden, sodaß eine Zuordnung von Lackspuren gar nicht möglich sei. Gerade in den verfahrensgegenständlichen Filialen Siemensstraße und Brünnerstraße wurden jweils verschiedene Farbtöne, nämlich 872 rot (Brünnerstraße) und 883 rot (Siemensstraße) festgestellt, die bei den durchgeführten Lackuntersuchungen auf die angewendeten Reagenzien in ganz spezifischer und bisher noch nicht beobachteter Weise reagiert haben (S 21). Es besteht daher überhaupt kein sachlich begründeter Anlaß, die vom Erstgericht auf Grund des Gutachtens angenommene Materialidentität ernsthaft in Zweifel zu ziehen oder ihm in diesem Zusammenhang einen gravierenden Verstoß gegen die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung (12 Os 53/88 = NRsp 1988/236) zum Vorwurf zu machen.

Der Versuch des Beschwerdeführers sein ihm von den Tatrichtern nachteilig ausgelegtes Zögern mit den Angaben betreffend die behauptete Auffindung des Einbruchswerkzeuges erst nach der hier aktuellen Tatzeit damit zu erklären, daß er im Bewußtsein seiner Unschuld an diesen Umstand nicht sogleich gedacht hätte, entbehrt ebenso wie seine Beteuerung, daß er seine Straftaten in der Vergangenheit stets einbekannt und niemals wahrheitswidrig geleugnet habe, eines konkreten aktenmäßigen Bezuges, wie er als Anknüpfungspunkt für eine Nichtigkeitseinrede nach § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO vorauszusetzen ist.

Auf die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht einzugehen, weil Ausführungen dazu in der Rechtsmittelschrift überhaupt fehlen (§ 285 a Z 2 StPO).

Die sohin offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die mit der Nichtigkeitsbeschwerde verbundene Berufung folgt (§ 285 i StPO).

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