Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 10 (zehn) Monate herabgesetzt wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28. November 1939 geborene Martin S*** des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach dem § 269 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt und gleichzeitig vor dem - seinerzeit die Amtshandlung auslösenden - Anklagevorwurf des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs 1 StGB gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Darnach hinderte er am 29. Dezember 1989 in Straßhof a.d.Nordbahn die Gendarmeriebeamten Christian L***, Anton C*** und Johann C*** durch die Äußerung "I kum net auße, wanns wollts, kumts eini (gemeint war das Anwesen Flugfeldstraße 10, auf dem er sich aufhielt), aber dann wird euch mein Hund schon herrichten !", wobei er im Besitz eines Rottweilerrüden war und die Gendarmen davon wußten, sohin durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme auf Grund des Haftbefehls des Kreisgerichtes Korneuburg zu AZ Ns 2/90.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.
Soweit der Beschwerdeführer (der entgegen seinem Vorbringen auch schon im Vorverfahren zum Tatvorwurf vernommen wurde - siehe S 109 b/I) mit seiner Mängelrüge (Z 5) dem Erstgericht zunächst zum Vorwurf macht, seine Verantwortung in der Hauptverhandlung, wonach er sich gegenüber den intervenierenden Beamten ohnedies zu einer Selbststellung um 7,00 Uhr des Folgetages bereit erklärt hätte, mit Stillschweigen übergangen zu haben, betrifft sein Einwand keinen entscheidungswesentlichen Umstand. Da die im Auftrag des Gerichtes vorzunehmende Amtshandlung die umgehende Festnahme des Beschwerdeführers bezweckte, begründete das auf Hinderung dieses sofort herbeizuführenden Erfolges abzielende inkriminierte Vorgehen ein strafbares Verhalten im Sinn des § 269 StGB, und zwar auch dann, wenn er sich Stunden später selbst stellen wollte.
Die weitere Argumentation, mit welcher die Beschwerde die inkriminierte Äußerung wegen der (angeblichen) mangelnden Versperrbarkeit der einzelnen Räume des Hauses als bloße Warnung verstanden wissen will, bei Betreten der Liegenschaft für den aggressiven Hund keine Verantwortung übernehmen zu können, und zudem das Täterverhalten insgesamt als bloße Trotzreaktion hinzustellen sucht, weil die Beamten den Beschwerdeführer durch Werfen von Steinchen gegen die Fenster aus dem Schlaf geweckt hätten, läuft der Sache nach darauf hinaus, aus den Verfahrensergebnissen (für den Angeklagten) günstigere Schlüsse zu ziehen als die Tatrichter, sie bekämpft demnach im Rahmen der Mängelrüge bloß in unbeachtlicher Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung. Das Erstgericht hat nämlich die bekämpften Urteilsannahmen vor allem mit dem Hinweis auf die Angaben des als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten Christian L*** (ON 27/I und S 47 bis 49/II), auf die Einlassung des Besehwerdeführers im Zusammenhalt mit dem von ihm gewonnenen persönlichen Eindruck und auf die Wahrnehmungen über das Verhalten des Hundes ohne Vernachlässigung maßgeblicher Verfahrensergebnisse denkrichtig begründet. Daß der erkennende Senat dabei zu einer anderen als der von der Beschwerde angestrebten Beurteilung der inkriminierten Tat gelangte, vermag ebensowenig einen formalen Begründungsmangel abzugeben wie das Unterbleiben einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Hund im Inneren des Hauses ohne Gefahr für eintretende Personen verwahrt werden konnte, zumal es dem Beschwerdeführer nach den (von ihm nicht in Frage gestellten) Ausführungen des Erstgerichtes auch jederzeit leicht möglich gewesen wäre, sein Haus ohne Mitnahme des aggressiven Hundes zu verlassen (S 82/II).
Ebenfalls nicht erörterungsbedürftig war der Umstand, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte drohende Äußerung allein vom erwähnten Zeugen Christian L*** gehört wurde und sich daher auf die weiteren intervenierenden Gendarmeriebeamten Anton C*** und Johann C*** - tätergewollt - nur indirekt auswirkte, war doch der Standort dieser beiden Beamten von der Position des Beschwerdeführers weiter entfernt als derjenige des Zeugen Christian L*** (insbesondere S 379 und 381/I und S 50/II).
Die Gendarmeriebeamten Willibald P*** und Wilhelm G*** hörten die inkriminierte Äußerung gleichfalls nicht unmittelbar mit und waren daher auf Mitteilungen des Zeugen Christian L*** angewiesen. Ungenauigkeiten bei der Wiedergabe lassen demnach - abgesehen davon, daß der Beschwerde zuwider nach dem Vorbringen des Abt.Insp. Willibald P*** am Tatort nur von einer der inkriminierten Drohung entsprechenden Äußerung des Beschwerdeführers die Rede war (S 35, 36/II) - für den Angeklagten nichts gewinnen und bedurften daher auch keiner näheren Erörterung. Nicht anders verhält es sich (mangels einer verläßlichen Erinnerung) mit den Bekundungen des erwähnten Zeugen Wilhelm G*** über derartige eigene Wahrnehmungen (S 57/II).
Soweit der Angeklagte in seiner Tatsachenrüge (Z 5 a) auf die (den Urteilsvorwurf nicht enthaltende) Textierung des Amtsvermerkes (S 23 = 255/I), auf die Aussagen des Zeugen Wilhelm G*** (S 56, 57/II) und den relativ späten Zeitpunkt der Anzeigeerstattung (ON 18/I) Bezug nimmt, ist er darauf hinzuweisen, daß diese Umstände ohnehin in erster Instanz gewürdigt wurden und bei Prüfung der gesamten Aktenlage keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundegelegten wesentlichen Tatsachen aufkommen lassen.
In seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermeint der Angeklagte, die objektive Eignung der festgestellten verbalen Drohung als gefährliche im Sinn des § 74 Z 5 StGB mit dem Hinweis negieren zu können, daß sich die Äußerung gegen geschulte Exekutivorgane gerichtet habe; zum anderen indiziere das der Tat vorangegangene Verhalten der Gendarmeriebeamten, welche ihn aufgeweckt hätten, das Vorliegen einer - als bloße Trotzreaktion
einzustufenden - situationsbedingten Unmutsäußerung. Für die Beantwortung der im vorliegenden Fall relevanten Frage, ob einer Äußerung die Eigenschaft einer gefährlichen Drohung als Mittel der Hinderung eines Beamten an einer Amtshandlung zukommt, ist zunächst der - vom Erstgericht als Tatfrage in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) zu beurteilende - Sinn- und Aussagegehalt maßgebend (vgl Mayerhofer-Rieder2, E 46, 47 zu § 281 StPO sowie Mayerhofer-Rieder3, E 51 zu § 74 StGB). Diese Tatfrage nach dem inneren Vorhaben des Beschwerdeführers und die damit im Zusammenhang stehende Bedeutung der inkriminierten Äußerung löste das Schöffengericht dahin, daß es den inkriminierten Ausspruch als Drohung mit dem Loslassen eines gefährlichen Hundes für den Fall einer Fortsetzung der Amtshandlung interpretierte und damit eine tätergewollte Hinderung ebendieser Amtshandlung als erwiesen annahm (S 68 und 81, 82/II). Von einer bloßen Unmutsäußerung des Beschwerdeführers kann daher schon in tatsächlicher Hinsicht nicht die Rede sein.
Darüber hinaus unterlief dem Erstgericht aber auch kein Irrtum bei der Lösung der Rechtsfrage nach der (objektiven) Eignung der drohenden Äußerung, den Beamten begründete Besorgnis einzuflößen (im angefochtenen Urteil ist zwar insoweit unzutreffend, jedoch nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers von der Eignung der Äußerung die Rede, die Bedrohten "in Furcht und Unruhe" zu versetzen). Bei der diesbezüglichen Beurteilung ist nämlich - wie die Beschwerde an sich richtig ausführt - nicht von den für einen Durchschnittsmenschen, sondern für ein durchschnittlich ausgebildetes Exekutivorgan geltenden Kriterien auszugehen, freilich auch diesfalls unter Mitberücksichtigung persönlicher Aspekte des Bedrohten an Hand eines somit gemischtindividuellen Maßstabes (EvBl 1983/123 uva):
Unter Zugrundelegung dieser Beurteilungsgrundsätze hat das Schöffengericht aber mit dem Hinweis auf die durch Aggressivität gekennzeichnete Täterpersönlichkeit, die bisherigen Erfahrungen des Zeugen Christian L*** mit dem Beschwerdeführer (S 65/II) und die Gefährlichkeit des Rottweilers zu Recht bejaht, daß die Bedrohten die Verwirklichung des angedrohten Übels, nämlich einen tätergewollten Angriff dieses Hundes entsprechend der verbalen Drohung erwarten konnten. Eine rechtsfehlerhafte Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens liegt daher im gegebenen Zusammenhang weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht vor (EvBl 1953/35; im gleichen Sinn auch JBl 1983, 162 = EvBl 1983/60). Gleichfalls zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer mit seiner Subsumtionsrüge (Z 10), daß sein Tatverhalten bloß als versuchtes und nicht (wie vom Erstericht angenommen) als vollendetes Delikt nach dem § 269 Abs 1 StGB einzustufen gewesen wäre. Denn "gehindert" an einer Amtshandlung im Sinn des als Erfolgsdelikt konstruierten § 269 StGB ist eine Amtshandlung nicht erst, wenn ihre erfolgreiche Beendigung durch den Widerstand des Täters schlechthin unmöglich wurde, sondern vielmehr schon dann, wenn sie hiedurch in ihrem Ablauf eine ins Gewicht fallende Unterbrechung erfuhr; dies gilt insbesondere auch für den Fall der Notwendigkeit, eine Amtshandlung (wie hier) bis zur Heranführung ausreichender Verstärkungen für längere Zeit abzubrechen (vgl dazu insbesondere Mayerhofer-Rieder3 E 26, Foregger-Serini4, Erl IV, Leukauf-Steininger2 RN 14, jeweils zu § 269 StGB). Da der Beschwerdeführer eine immerhin mehrstündige, also zeitlich nicht unbedeutende Abstandnahme von der Fortsetzung der zunächst eingeleiteten Amtshandlung zum Zweck seiner Festnahme bis zum bereits anlaufenden Vorgehen der als Verstärkung herbeigerufenen Sondereinsatzgruppe des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich erreichte, war die Zurechnung dieses Verhaltens als vollendetes Vergehen nach dem § 269 Abs 1 erster Fall StGB rechtsrichtig.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte Martin S*** nach dem ersten Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und wertete hiebei die zahlreichen einschlägigen, an sich rückfallsbegründenden (§ 39 StGB) Vorstrafen und die Bedrohung mehrerer Beamten als erschwerend. Als mildernd wurden berücksichtigt die Tatbegehung unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes und der Umstand, daß sich der Angeklagte nach Androhung des Einsatzes einer Sondereinheit der Gendarmerie selbst stellte. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die "Freiheitsstrafe weitestgehend unter bedingter Strafnachsicht nach § 43 a Abs 3 StGB" herabzusetzen.
Dem Berufungswerber kann insoweit gefolgt werden, als dem (doch von gewisser Einsicht zeugenden) Umstand, daß er sich - wenn auch erst unter dem Eindruck eines massiven Gendarmerieeinsatzes - letztlich doch noch selbst stellte, mehr Gewicht zukommt als ihm das Schöffengericht zuerkannte. Der Oberste Gerichtshof meint daher, daß auch eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten - wovon mehr als zwei Drittel schon durch Anrechnung der Verwahrungs- und Untersuchungshaft verbüßt sind - dem Schuld- und Unrechtsgehalt gerecht wird. Allerdings kommt im Hinblick auf die empfindlichen, teilweise wegen spezifisch einschlägiger Taten verhängten Vorstrafen eine teilweise bedingte Strafnachsicht nicht in Frage.
Der Berufung konnte daher nur teilweise Folge gegeben werden, im übrigen war ihr aber der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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