OGH 1Ob672/90

OGH1Ob672/9024.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I* Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Helmut Renner und Dr. Nikolaus Topic-Matutin, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei B* für O* und S*, *, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 340.260 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. Juni 1990, GZ 1 R 56/90-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 10. November 1989, GZ 1 Cg 110/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00672.9.1024.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die D*-F* A* G* mbH (im folgenden kurz Firma D*-F* A*) mit dem Sitz in S*, lieferte Michael V* einen Deutz-Schlepper nach Klagenfurt und legte diesem hierüber am 19. 11. 1985 Rechnung über S 340.260. Die damals bei ihr beschäftigte Violanta L* legte der Rechnung einen Zahlschein bei, der zwar die Firma D*-F* A* als Zahlungsempfängerin, dessen Konto Nr. * hingegen die L* G* mbH als Kontoinhaberin auswies. Zwischen den beiden Gesellschaften bestand keine wie immer geartete Verbindung; die Firma D*-F* A* unterhielt auch mit der beklagten Partei keine Geschäftsverbindung.

Michael V* erteilte der Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt, reg. Genossenschaft mbH, den Auftrag, den Rechnungsbetrag von S 340.260 mit dem Empfängervermerk "D*, D*-F* A*" auf das Konto Nr * bei der Oberbank Salzburg-Maxglan zu überweisen. Am 12. 12. 1985 zahlte Michael V* den Rechnungsbetrag bei der Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt ein und diese überwies den Betrag auftragsgemäß an die genannte Zweigstelle der beklagten Partei, die den Betrag dem auf die L* G* mbH lautenden Konto Nr. *

gutschrieb.

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz ihres mit S 340.260 bezifferten Schadens. Die Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt habe ihre Ansprüche an die Firma D*-F* A* und diese habe ihre Ansprüche gegen Violanta L* und die beklagte Partei an die klagende Partei abgetreten. Die beklagte Partei habe die Diskrepanz zwischen Zahlungsempfänger und Kontoinhaber in auffallender Sorglosigkeit mißachtet und hafte daher für den hieraus erwachsenen Schaden der Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt bzw der Firma D*-F* A* in Höhe des Klagsbetrages.

Die beklagte Partei wendete ein, Violanta L* habe bei Eröffnung des Kontos Nr * erklärt, daß dessen Inhaber eine Detektei sei, die sich der Kurzbezeichnung "DFA" bediene. Auf dieses Konto seien laufend Zahlungen - zumeist unter der Empfängerbezeichnung "D*", - eingegangen. Der beklagten Partei sei nur die L* G* mbH mit der Geschäftsbezeichnung "DFA" und der Anschrift "*" bekannt gewesen. Die Firma D*-F* A* habe ihre Bediensteten selbst zu wenig überwacht. Die beklagte Partei sei nicht verpflichtet gewesen, in deren Verantwortungsbereich fallende Betrugshandlungen hintanzuhalten. Zu Michael V*, der Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt, der Firma D*-F* A* und der klagenden Partei habe niemals eine Rechtsbeziehung bestanden, so daß ihr auch keinerlei Schutz- und Sorgfaltspflichten diesen gegenüber erwachsen seien. Die Firma D*-F* A* treffe im übrigen jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden an dem geltend gemachten Schaden. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, Violanta L* habe am 4. 7. 1985 in der Zweigstelle der beklagten Partei in Salzburg-Maxglan zwecks Eröffnung eines Girokontos für die L* G* mbH vorgesprochen und dem Angestellten erläutert, es handle sich dabei um "die Firma" ihres Ehegatten. Der Angestellte habe ihr ein Unterschriftsprobenblatt zur Unterfertigung durch deren Ehegatten als Geschäftsführer mitgegeben. In der Folge habe Violanta L* den Auftrag und einen Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Linz vom 7. 11. 1984 vorgelegt, aus dem die Eintragung der L* G* mbH in dessen Handelsregister und deren Sitz in L*, hervorgegangen seien. Aufgrund der Angaben der Violanta L* habe der Angestellte im Unterschriftsprobenblatt die L* G* mbH als Kontoinhaberin und als deren Anschrift "*" eingetragen, nicht aber auch einen Zusatz oder eine Kurzbezeichnung wie "DFA" oder "DVA" vermerkt. Über Wunsch der Violanta L* habe der Angestellte dagegen auf dem Auftrag zur besonderen Postzustellung als Schriftenempfänger die L* G* mbH und den Zusatz "DFA" festgehalten. Bei dieser Gelegenheit habe Violanta L* dem Angestellten bekanntgegeben, daß die L* G* mbH eine Detektei betreibe; wofür die Kurzbezeichnung "DFA" stehe, sei dagegen nicht erörtert worden. Die L* G* mbH habe keinerlei Geschäftstätigkeit entfaltet.

Die Zuordnung von Zahlungseingängen infolge Geldüberweisungen an die beklagte Partei sei ADV-unterstützt anhand der Kontonummer des Empfängers erfolgt. Die Identität des Kontoinhabers oder eine allfällige Diskrepanz zwischen diesem und dem auf dem Überweisungsträger bezeichneten Zahlungsempfänger werde dagegen nicht erfaßt.

Violanta L* habe den Rechnungsbetrag für sich vereinnahmt; sie habe wiederholt Kundenzahlungen durch Anschluß entsprechender Zahlscheine auf das genannte Konto umgeleitet. Sie sei bei der Firma D*-F* A* mit der Fakturierung und der Zusendung der Rechnungen an Kunden befaßt gewesen, das Mahnwesen habe dagegen nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehört. Ob sie auf sämtlichen Zahlscheinen, mit welchen sie Kundenzahlungen eingeleitet habe, als Empfänger "DFA *, D*-F* A*" vermerkt habe, könne nicht festgestellt werden. Sie habe lediglich Privatkunden ohne Kontokorrent bei der Firma D*-F* A* Zahlscheine mit der Kontoverbindung bei der beklagten Partei übermittelt. Habe die Mahnabteilung Zahlung urgiert, habe sie dieser bekanntgegeben, daß der Kunde binnen 14 Tagen zahlen werde. In solchen Fällen habe sie entsprechende Überweisungen vom Konto bei der beklagten Partei auf das Bankkonto der D*-F* A* vorgenommen und so Kundenzahlungen vorgetäuscht. Diese Vorgänge hätten sich vom Jänner 1985 bis April 1987 erstreckt. Rechtlich meinte das Erstgericht, ein Schaden habe nur im Bereich der Firma D*-F* A* entstanden sein können. Aus der Rechtsbeziehung zwischen der Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt und der beklagten Partei ließen sich keine Schutzwirkungen zugunsten der Firma D*-F* A* ableiten. Die beklagte Partei sei bei Eröffnung des Kontos im Rahmen der gebotenen Sorgfalt vorgegangen. Da zur Überprüfung von Kontowortlaut und Kontonummer des Empfängers nur die überweisende Bank und nicht auch die Empfängerbank verpflichtet sei, falle die Unterlassung einer solchen Kontrolle der klagenden Partei nicht zur Last.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, zunächst sei zu prüfen, ob die Zahlung von Michael V* auf das von der Firma D*-F* A* bekanntgegebene Konto schuldbefreiende Wirkung habe; verneinendenfalls hätte die Firma D*-F* A* keinen Schaden erlitten. Da diese Frage keinen Streitpunkt bilde, könne zur Vermeidung von Wiederholungen auf die den Streitteilen bekannte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 16. 3. 1988, AZ 1 Ob 516/88, verwiesen werden, so daß der Zahlung Michael V* schuldbefreiende Wirkung beizumessen sei. Wenngleich die beklagte Partei mit der Firma D*-F* A* in keinem Vertragsverhältnis gestanden sei, müsse geprüft werden, ob sie nicht Schutz- und Sorgfaltspflichten auch dritten Personen gegenüber träfen. Nach Koziol (Haftpflichtrecht2 II 64) träfen denjenigen, der einen besondere Sachkenntnisse erfordernden Beruf ausübte, weder besondere Unterlassungspflichten gegenüber jederman noch die Pflicht, bei jedem beliebigen Dritten das Entstehen von Nachteilen durch aktives Handeln zu verändern. Die gegenteilige Ansicht stünde auch mit § 1300 ABGB in Widerspruch, weil der Sachverständige, erteile er Auskünfte ohne Belohnung, nur bei wissentlicher Erteilung eines falschen Rates hafte. Daraus sei abzuleiten, daß dem österreichischen Recht ein umfassender Schutz des reinen Vermögens von Personen außerhalb vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten fremd sei. Anzumerken bleibe, daß auch zwischen Überweisenden und Empfangsbank grundsätzlich kein Vertrag bestehe. Stehe der im Überweisungsauftrag angeführte Kontowortlaut mit der angegebenen Kontonummer nicht im Einklang, bestimme P 13 Abs 1 dritter Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen, daß die Kreditunternehmung berechtigt sei, Aufträge auf der Grundlage der angegebenen Kontonummer durchzuführen. Sie sei nicht verpflichtet, die Übereinstimmung zwischen Kontonummer und Kontowortlaut zu prüfen. Werde die mangelnde Übereinstimmung festgestellt, dürfe die Kreditunternehmung den Auftrag nach dem Kontowortlaut ausführen oder nach Lage des Falles rückfragen. Da die Bank die Übereinstimmung nicht prüfen und den abweichenden Kontowortlaut berücksichtigen müsse, dürfe die Kreditunternehmung selbst bei Kenntnis der Abweichung allein die Kontonummer als maßgebend ansehen. Während die Lehre (Avancini-Iro-Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 6/29) die Bestimmung im P 13 Abs 1 AGPKr für nichtig halte, weil sie den Kunden grob benachteilige, vertrete die Rechtsprechung die Auffassung, die Überbetonung der Kontonummer finde in der zunehmenden Automation ihre Rechtfertigung und sei daher nicht als sittenwidrig zu beurteilen (RdW 1986, 335). Dieser "mehr denn je aktuellen" Betrachtungsweise schließe sich das Berufungsgericht an. Mangels Vertragsbeziehungen seien die allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen zwar nicht als vereinbart anzusehen, sie könnten aber für die Frage, ob die beklagte Partei schuldhaft gehandelt habe, vor allem deshalb als maßgebende Richtlinie herangezogen werden, weil sich nach verbreiteter Ansicht die Verbindlichkeit der von Massengeschäfte abwickelnden Unternehmen - darunter auch die Banken - aufgestellten allgemeinen Geschäftsbedingungen aus einem Handelsbrauch bzw einer Verkehrssitte ergebe. Habe sich die beklagte Partei im Sinne der Allgemeinen Geschäftsbedingungen normenkonform verhalten, sei dieses Verhalten maßgerecht und daher nicht schuldhaft. Aber auch daß die fehlerhafte Zahlung aus einem im Verantwortungsbereich der Firma D*-F* A* gelegenen Grund erfolgt sei, sei bei der Beurteilung einer allfälligen Haftung der beklagten Partei von entscheidender Bedeutung. Die Pflichten einer Kreditunternehmung, Schäden durch Betrugshandlungen in der Sphäre eines Dritten hintanzuhalten, seien nicht anzuerkennen. Der beklagten Partei falle demnach kein Sorgfaltsverstoß zur Last.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, weil die zu der in diesem Rechtsstreit erheblichen Rechtsfrage, ob die Kreditunternehmung, steht der im Überweisungsauftrag angeführte Kontowortlaut mit der angegebenen Kontonummer nicht in Einklang, berechtigt sei, den Auftrag auf der Grundlage der Kontonummer auszuführen, soweit überblickbar, bisher ergangene einzige Entscheidung (RdW 1986, 335) in Übereinstimmung mit der Lehre (Koziol in Avancini-Iro-Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 6/29 mwN) abzulehnen ist; die Revision ist auch berechtigt.

Zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz seinen Ausführungen vorangestellt, daß der von Michael V* entsprechend dem der Rechnung beigeschlossenen Zahlschein in Auftrag gegebenen Überweisung schuldbefreiende Wirkung beizumessen ist; andernfalls hätte die Firma D*-F* A* keinen Schaden erlitten. Der erkennende Senat hat ausgesprochen (RdW 1988, 287 = ÖBA 1988, 839 [Koziol]), daß die Anführung eines Kontos auf den Geschäftspapieren - vor allem auf den Rechnungsformularen - dahin zu verstehen sei, daß der Gläubiger die dort angegebene Kreditunternehmung als Zahlstelle gelten lassen wolle. Die mit der Ausstellung von Rechnungen betrauten Personen seien - dem damit von der Geschäftsleitung geschaffenen äußeren Tatbestand zufolge - als ermächtigt anzusehen, den üblichen Rechnungsinhalt einzusetzen. In gleicher Weise müssen dann aber auch Personen, die von der Unternehmensleitung mit der Ausstellung und Versendung der Fakturen beauftragt sind, als ermächtigt gelten, den von ihnen ausgefertigten Rechnungen im Zahlungsverkehr übliche Zahlscheine anzuschließen, auf welchen ohnedies der Gläubiger als Empfänger ausgewiesen ist. Liegen die Zurechnungsvoraussetzungen vor, hat der Geschäftsherr - abgesehen von Kollusionsfällen - auch die vom Vertreter gerügte Arglist zu verantworten. Da weder Michael V* noch der von ihm beauftragten Kreditunternehmung zuzumuten war, bei dem für beide völlig unverdächtigen Sachverhalt besondere Nachforschungen dahin anzustellen, ob der namentlich bezeichnete Empfänger auch Inhaber des auf dem Zahlschein eingetragenen Kontos bei der beklagten Partei ist, muß die Firma D*-F* A* die Überweisung des Rechnungsbetrages auf das aus dem beigeschlossenen Zahlschein ersichtliche Konto gegen sich gelten lassen; sie hat deshalb durch die Umleitung der Zahlung sowie die Auszahlung des Rechnungsbetrages an Violanta L* einen (Vermögens‑)Schaden in dieser Höhe erlitten. Das wird von der beklagten Partei auch gar nicht in Abrede gestellt.

Fraglich ist allerdings, ob die beklagte Partei zum Ersatz dieses Vermögensschadens verhalten werden kann, bestand doch zwischen der Firma D*-F* A* und der beklagten Partei unbestrittenermaßen keine Geschäftsverbindung und ist der bloße Vermögensschaden im Bereich der außervertraglichen Haftung nur unter besonderen Voraussetzungen, insbesondere bei Verletzung von Schutzgesetzen, die gerade (auch) Vermögensschäden verhindern sollen, ersatzfähig; zweifelhaft ist ferner, ob der beklagten Partei angesichts des P 13 Abs 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (in der Folge kurz AGB) ein Sorgfaltsverstoß zur Last gelegt werden kann. Beides ist indessen - entgegen den Vorinstanzen - zu bejahen.

Nach Lehre und Rechtsprechung (SZ 60/91 und SZ 59/51; Koziol aaO; derselbe in ÖBA 1988, 843; vgl insbesondere Canaris in HGB Staub-GroßK2 Bankvertragsrecht Rz 393) sind bei Verletzung von Schutzpflichten auch bloße Vermögensschäden dann zu ersetzen, wenn die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen soll. Nach dem durch die Abwicklung eines Überweisungsauftrages bestimmten Vertragsverhältnis zwischen überweisender und Empfangsbank hat diese deren Weisungen zu berücksichtigen. Aus diesem Vertragsverhältnis sind nicht bloß dem Überweisenden, sondern auch dem Überweisungsempfänger Schutzwirkungen zuzubilligen. Daher haftet die Empfangsbank dem Überweisenden wie dem Überweisungsempfänger für Vermögensschäden, die aus ihrem Verschulden bei der Gestion mit dem überwiesenen Betrag entstehen. Daß der von der Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt im Auftrag von Michael V* überwiesene Rechnungsbetrag in Erfüllung einer kaufvertraglichen Verpflichtung von diesem gerade für die Firma D*-F* A* bestimmt war, bedarf keiner besonderen Erörterung. Das Schadenersatzbegehren der klagenden Partei - als Zessionarin der Firma D*-F* A* - erwiese sich somit als berechtigt, wenn der beklagten Partei bei Abwicklung des Überweisungsauftrages zum Schaden der Zedentin Verstöße gegen die ihr aus dem Vertragsverhältnis mit der überweisenden Bank erwachsenen Sorgfaltspflichten zur Last fielen. Sie beruft sich zur Entkräftung dieses Vorwurfes auf P 13 Abs 1 der dem Vertragsverhältnis unbestrittenermaßen zugrundeliegenden AGB. Die klagende Partei hat auf diese Einwendung schon im Verfahren erster Instanz repliziert, daß diese Vertragsbestimmung gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig sei; sie beruft sich dabei auf Koziol aaO Rz 6/29. Die Vertragsbestimmung berechtigt die Kreditunternehmung, Aufträge aufgrund der Kontonummer durchzuführen, und enthebt sie ausdrücklich der Verpflichtung, die Übereinstimmung zwischen Kontonummer und Empfängernamen zu prüfen. Dem Argument von Schinnerer-Avancini (Bankverträge3 I 84) und der ihnen folgenden Entscheidung RdW 1986, 335, die Bevorzugung der Kontonummer sei mit der zunehmenden Automation zu rechtfertigen, hält Koziol unter Berufung auf die deutsche Lehre und Rechtsprechung (FN 88 und 89) zu Recht entgegen, daß der Name des Überweisungsempfängers eine wesentlich verläßlichere Individualisierung ermöglicht und die Überweisung demgemäß im Zweifel dem Namensträger und nicht dem nummernmäßig bezeichneten Kontoinhaber zugute kommen solle (so auch Hüffer in MünchK2 § 783 Rz 46). Canaris (Bankvertragsrecht in HGB Staub-GroßK4 aaO) vertrete zu Recht die Auffassung, bei Bedachtnahme auf die Kontonummer trage der Kunde das Risiko, daß die überwiesenen Beträge selbst bei einem geringfügigen Schreibfehler einer nicht berechtigten und möglicherweise auch zahlungsunfähigen Person zuflössen. Ferner könnten Überweisungen an fingierte Empfänger durchgeführt oder es könnte - was gerade dem vorliegenden Fall vergleichbar ist - der mit der Ausfüllung des Überweisungsauftrages befaßte Angestellte seine eigene Kontonummer einfügen. Die Belastung des Auftraggebers mit solchen Risken lasse sich auch nicht mit den Interessen der Kreditunternehmung an rationeller und automationsgerechter Abwicklung des Zahlungsverkehrs rechtfertigen. Die Überwälzung des Risikos könne beim einzelnen Kunden zu sehr hohen Schäden führen, wogegen die mit der Namenskontrolle verbundenen Aufwendungen, aber sogar die Ersatzleistungen wegen Unterlassung der Überprüfung als Kosten in die Preise eingingen und, auf die Gesamtheit umgelegt, nicht nennenswert ins Gewicht fielen. Der an diese Erwägungen von Koziol geknüpften, von der klagenden Partei ausdrücklich geltend gemachten Schlußfolgerung, die im P 13 Abs 1 ABGB getroffene Bestimmung, daß die Kreditunternehmungen nur die Kontonummer beachten müßten, sei gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig, weil sie unter Berücksichtigung aller Umstände den Kunden grob benachteilige, ist auch zugunsten des geschützten Dritten beizutreten. Der erkennende Senat lehnt daher die in der Entscheidung RdW 1986, 335, vertretenen gegenteilige Auffassung ab, weil die Bedürfnisse einer ADV-unterstützten Buchhaltung die Überwälzung dieses Risikos auf den Kunden weder rechtfertigen können noch überhaupt gewichtig sind, weil - wie die klagende Partei zutreffend bemerkt - die elektronische Datenverarbeitung auch die Überprüfung der Übereinstimmung zwischen Empfänger und Kontoinhaber gewährleisten kann, ohne daß die Kreditunternehmung dabei über Gebühr belastet wäre. Die beklagte Partei kann sich auf P 13 Abs 1 AGB, den sie an sich auch der klagenden Partei als Zessionarin des geschützten Dritten entgegenhalten könnte, somit nicht mit Erfolg berufen, weil diese Vertragsbestimmung den Bankkunden - und auch den in das Vertragsverhältnis zwischen Überweisender und Empfangsbank als geschützten Dritten einbezogenen Überweisungsempfänger - gröblich benachteiligt und daher gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig ist. Die mangelnde Beachtung der Interessen der im Überweisungsauftrag ganz eindeutig als Zahlungsempfängerin ausgewiesenen Firma D*-F* A* muß, auch wenn sie mit der beklagten Partei nicht in Geschäftsverbindung stand, als Verstoß gegen die den Kreditunternehmungen nicht zuletzt auch durch die Präambel der AGB, die das für die Geschäftsbeziehung zwischen Kunden und Kreditunternehmung kennzeichnende besondere Vertrauensverhältnis besonders herausstreichen, auferlegten Sorgfaltspflichten beurteilt werden; zu deren Beachtung ist diese auch dem geschützten Dritten gegenüber, gerade wenn die Hauptleistung ihm zugedacht ist, verpflichtet.

Die beklagte Partei hat jedoch schon im Verfahren erster Instanz vorgebracht, daß Verschulden dafür, daß die Umleitung der Zahlung nicht hintangehalten wurde, treffe die Firma D*-F* A*, dieser falle aber jedenfalls das überwiegende Mitverschulden zur Last, weil es deren Sache gewesen wäre, in ihrem Unternehmensbereich für die Ausschaltung derartiger Malversationen Sorge zu tragen. Diesem Einwand begegnete die klagende Partei allein mit der Bestreitung eines der Firma D*-F* A* zur Last liegenden (Mit‑)Verschuldens. Die Frage, ob und in welchem Umfang die Firma D*-F* A*, von welcher der eingeklagte Schadenersatzanspruch der klagenden Partei abgetreten wurde, ein Mitverschulden zur Last fällt, weil sie die Tätigkeit der Violanta L* in ihrem Betriebsbereich nicht überprüft habe, kann aufgrund der Ergebnisse des bisherigen Verfahrens noch nicht verläßlich beantwortet werden. Es steht wohl fest, daß Violanta L* das fragliche Konto von der beklagten Partei im Juli 1985 eröffnen ließ und die streiterhebliche Überweisung im November desselben Jahres erfolgt ist, gleichzeitig wurde vom Erstgericht aber aufgrund des Gutachtens des von dem dem Strafverfahren gegen Violanta L* beigezogenen Sachverständigen festgestellt, die Betrugshandlungen der Violanta L* hätten sich vom Jänner 1985 bis April 1987 hingezogen. Die klagende Partei hat selbst behauptet, Violanta L* sei am 2. 1. 1985 im Unternehmen der Firma D*-F* A* eingestellt worden. Dann stellt sich aber die Frage, ob die Malversationen der Violanta L* bei erforderlicher innerbetrieblicher Revision nicht hätten rechtzeitig aufgeklärt und abgestellt werden können. Um ein Mitverschulden der Firma D*-F* A* verläßlich beurteilen zu können, bedarf es einer Ergänzung des Verfahrens. Es wird festzustellen sein, wann Violanta L* in das Unternehmen der Firma D*-F* A* eingetreten ist bzw. mit dem fraglichen Aufgabenkreis betraut wurde, in welcher Weise Mitarbeiter der Firma D*-F* A* einer innerbetrieblichen Revision unterzogen wurden, diese den üblichen Anforderungen entsprach und weshalb man Violanta L* - nach dem Gutachten zu schließen - erst mehr als zwei Jahre nach Aufnahme ihrer betrügerischen Tätigkeit auf die Schliche kam. Dabei werden auch die weiter oben bezeichneten zeitlichen Umstände zu klären sein; gegebenenfalls wird auch ein Sachverständiger zu vernehmen sein. Nach Ergänzung des Verfahrens in diesen Punkten, der eine eingehende Erörterung des Sachverhalts mit den Parteien in diesem Belange voranzugehen haben wird, wird über die Mitverschuldenseinwendung abzusprechen und unter Bedachtnahme auf die vorstehenden Erwägungen neuerlich zu entscheiden sein. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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