OGH 4Ob111/90

OGH4Ob111/9023.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria T***, Autorin, Stifterstraße 16, 4710 Grieskirchen, vertreten durch Dr.Klaus Dieter Strobach und Dr.Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wider die beklagte Partei protokollierte Firma Wilhelm E***, Inhaber Kommerzialrat Wilhelm E***,

Stadtplatz 26, 4400 Steyr, vertreten durch Dr.Josef Lechner und Dr.Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 3,850.000,-), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14.Juni 1989, GZ 3 R 85/89-64, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Kreisgerichtes Steyr vom 31.Dezember 1988, GZ 1 Cg 227/84-58, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 28.762,80 (darin S 4.393,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte brachte auf Grund der mit der Klägerin geschlossenen Verlagsverträge vom 10.12.1979 und 2.1.1980 sowie vom 13.6.1980 deren Werke "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" und "Maria T***s Heilerfolge" (auch "Heilerfolge") in Buchform heraus. Die beiden Werke sind auf Grund gesonderter Vereinbarungen der Parteien auch in zahlreichen, vom Beklagten vervielfältigten und vertriebenen fremdsprachigen Ausgaben im Ausland erschienen. Der Verlag der beiden Werke war überaus erfolgreich und führte zu zahlreichen (erweiterten) Neuauflagen; vom Werk "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" wurden von 1980 bis 1984 allein in der Bundesrepublik Deutschland 2,471.977 Exemplare verkauft. Bis zum Frühjahr 1988 erreichte die Gesamtauflage mehr als 3 Millionen Stück; die Klägerin erhielt bisher an Honoraren rund 35 Millionen S. Das Werk "Heilerfolge" enthielt Beiträge der Klägerin und die Veröffentlichung von Zuschriften sowie Mitteilungen, die dem Beklagten von der Klägerin laufend übermittelt wurden. Der Beklagte brachte dann das Werk als "Heilerfolge, Folge II" heraus, bezog aber zuletzt in einer Neuauflage der "Heilerfolge" die Erweiterungen unter Verwendung eines kleineren Druckes wieder ein. In den Verlagsverträgen war ein Autorenhonorar der Klägerin in Höhe von "10 % vom Verkaufspreis" mit automatischer Abrechnung, jeweils zum 30.April, 31.August und 31.Dezember eines jeden Jahres, vereinbart. Punkt 8 des Verlagsvertrages über das Werk "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" lautete:

"Die Unterlagen für die Honorarabrechnung können vom Autor jederzeit eingesehen werden."

Beide Verlagsverträge enthielten (ua) folgenden Schlußpunkt:

"Dieser Vertrag kann jeweils zum 31.12. eines Jahres einvernehmlich bei Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist gelöst werden."

Der Vertragspunkt über die Auflösungsmöglichkeit wurde von den Parteien vor Vertragsabschluß diskutiert. Der Beklagte erklärte der Klägerin hiezu sinngemäß, daß er allein eine Änderung oder Auflösung nicht bewirken könne, daß dies aber auch für sie gelte; daraufhin unterschrieb die Klägerin.

Der Beklagte war bemüht, für die fremdsprachigen Ausgaben geeignete Übersetzer heranzuziehen; dennoch kamen Druck- und Übersetzungsfehler vor, die aber bei Neuauflagen stets korrigiert wurden. In die 1982 erschienene erste französischsprachige Ausgabe des Werkes "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" nahm der Beklagte einen - auf dem antroposophischen Gedankengut Rudolf S*** beruhenden - Beitrag eines gewissen Dr.Dirk A*** mit dem Titel "Das Weidenröschen hilft" nicht auf, weil ihm der Übersetzer erklärt hatte, daß der Artikel in Frankreich nicht verstanden wurde. Der Klägerin ging es aber bei diesem Beitrag darum, daß sie darin als Wiederentdeckerin des Weidenröschens als Heilpflanze bezeichnet worden war. Auf ihr Verlangen nahm der Beklagte den Beitrag in die nächste Neuauflage wieder auf. In der 1985 erschienenen ersten Ausgabe in schwedischer Sprache erschien ein Vorwort der Klägerin mit ihrer faksimilierten Unterschrift; hiezu hatte die Übersetzerin die Zustimmung der Klägerin eingeholt.

Der Beklagte war bestrebt, den Verwaltungsaufwand für die Honorarermittlung der Klägerin möglichst gering zu halten; er legte hiefür Lagerentnahmescheine auf. Aus nicht feststellbaren Gründen geschah es jedoch, daß entgegen der Absicht des Beklagten im Verlauf der Zeit verkaufte Exemplare in einer Größenordnung von mehr als 150.000 Stück bei der Honorarbemessung unberücksichtigt blieben. Das stellte sich im Zuge einer ab Jänner 1985 vom Steuerberater der Klägerin vorgenommenen Einsicht in die Bücher des Beklagten heraus.

Diese Bucheinsicht förderte auch noch andere Streitpunkte zutage:

Der Beklagte hatte zunächst der Honorarberechnung die Bruttoverkaufspreise zugrunde gelegt; ab 1985 ging er - gestützt auf die Ansicht des Österreichischen Verlegerverbandes - zunächst von den Nettoverkaufspreisen (ohne Umsatzsteuer) aus. Bei den fremdsprachigen Ausgaben verstand der Beklagte den Begriff "Exportwert" als Fakturenendsumme abzüglich gewährter Rabatte. Der Honorarverrechnung für die in der Bundesrepublik verkauften Bücher legte er nicht den (zum Teil höheren) deutschen, sonden den österreichischen Ladenpreis zugrunde. Ab 1985 wollte der Beklagte der Klägerin schließlich Zahlungsausfälle, die er bei Kunden erlitten hatte, als honorarmindernd anlasten. Insgesamt ergab sich aus diesen Differenzen für die Jahre ab 1980 eine Honorardifferenz von 2,886.788,63 S zugunsten der Klägerin.

Wegen dieser Unzukömmlichkeiten stellte der Beklagte ab Mai 1985 das Abrechnungssystem auf Fakturenbasis mit monatlicher Überprüfung um.

Etwa um die Jahreswende 1982/83 betraute die Klägerin den Wirtschaftstreuhänder Gerhard F*** mit der Wahrnehmung ihrer steuerlichen Angelegenheiten. Ende 1983/Anfang 1984 wurde die "Maria T*** Gesellschaft mbH" mit dem Unternehmensgegenstand "Handel und Vertrieb von Heilkräutern" errichtet; die wahren Zielsetzungen der Gesellschaft und ihr tatsächlich entfalteter Tätigkeitsbereich sind unklar und nicht feststellbar. Gerhard F*** ist Gesellschafter und Geschäftsführer dieser Gesellschaft, von welcher der Beklagte befürchtete, daß sie die Verlagsrechte an sich ziehen werde. Als Gerhard F*** vom Beklagten Bucheinsicht begehrte, verweigerte sie dieser zunächst mit dem Hinweis, daß ein solches Recht nur der Klägerin persönlich zustehe; schließlich machte er die Bucheinsicht eines Dritten von einer Vollmacht der Klägerin abhängig. Darüber wurde eine sich über das Jahr 1984 hinziehende Korrespondenz geführt, in welche sich auch die Klägerin und ab Juni 1984 dann der Klagevertreter und der Beklagtenvertreter einschalteten. Mit Hilfe von Tonbandaufnahmen über Vorträge der Klägerin sollten nach Übereinkunft der Parteien Tonbandkassetten als Werbeträger hergestellt werden, weil man sich auf Grund der darin enthaltenen Hinweise auf die Werke der Klägerin einen verstärkten Absatz ihrer Bücher erwartete. Das Verkaufsergebnis der Tonbanbkassetten war jedoch "praktisch null".

Mit ihrer am 23.8.1984 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin zunächst gegenüber dem Beklagten die Feststellung, daß die Rechtswirksamkeit der über das Werk "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" abgeschlossenen Verlagsverträge mit Ablauf des 31.12.1984 ende. Nach Klageänderungen vom 5.3.1985 (ON 14 S 63 f) und 2.6.1986 (ON 31 S 248) wurden das Rechnungslegungsbegehren und das Zahlungsbegehren der Klägerin (letzteres nach mehrfachen Einschränkungen wegen Zahlungen des Beklagten: ON 31 S 248 und ON 54

S 375) durch Teilanerkenntnisurteile erledigt (ON 50 S 346 und ON 54 S 384). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Begehren der Klägerin, der Beklagte sei schuldig, ab sofort den Verlag, insbesondere die Übersetzung, Vervielfältigung und Verbreitung der Werke der Klägerin "Gesundheit aus der Apotheke Gottes", "Heilerfolge" und "Heilerfolge II" sowohl in der deutschsprachigen Fassung als auch in allen fremdsprachigen Überstzungen zu unterlassen; die Klägerin werde zur Urteilsveröffentlichung in fünf namentlich genannten periodischen Druckschriften ermächtigt. Auf Grund der Verlagsverträge sei die Klägerin zur einseitigen Aufkündigung dieser Verträge per Jahresende unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist berechtigt; sie habe auch mit Schreiben vom 20.6.1984 die Aufkündigung zum 31.12.1984 gegenüber dem Beklagten erklärt. Andererseits mache die Klägerin zwar keine Auflösungsgründe im Sinne des § 29 Abs 1 UrhG geltend (ON 5 S 27), doch lägen wichtige Gründe für eine vorzeitige Vertragsauflösung vor, weil der Beklagte durch sein vertragswidriges Verhalten das Vertrauen der Klägerin untergraben habe. Der Beklagte habe nämlich

  1. 1. die Bucheinsicht nachhaltig verweigert;
  2. 2. die Honorare unrichtig und unvollständig abgerechnet;
  3. 3. berechtigte Honoraransprüche verkürzt;
  4. 4. in den fremdsprachigen Ausgaben wesentliche Mängel und unberechtigte Weglassungen zu vertreten;
  5. 5. den Namenszug der Klägerin unberechtigt verwendet;
  6. 6. das Werk "Heilerfolge II" unberechtigt herausgebracht;
  7. 7. Tonbandaufnahmen der Vorträge der Klägerin unberechtigt herausgegeben und über diese Verwertung die Rechnungslegung und die Honorierung verweigert.

    Der Beklagte hielt dem im wesentlichen entgegen, daß eine einseitige Kündigung der Verlagsverträge ausgeschlossen sei und er kein Verhalten gesetzt habe, das die Klägerin zu einer vorzeitigen Auflösung berechtigen könnte.

    Das Erstgericht wies mit Endurteil das Unterlassungs- und das Urteilsveröffentlichungsbegehren ab. Eine einseitige Kündigung der Verlagsverträge zum Jahresende unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist sei nicht vereinbart gewesen; die von der Klägerin geltend gemachten wichtigen Gründe für eine vorzeitige Vertragsauflösung lägen nicht vor.

    Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes insgesamt 300.000 S und für jedes der Begehren 60.000 S übersteige. Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung der Verlagsverträge per 31.12.1984 sei unwirksam, weil nach dem festgestellten Willen der Vertragsparteien eine einseitige Kündigung ausgeschlossen war. Wichtige Gründe, welche die Klägerin zu einer vorzeitigen Auflösung berechtigt hätten, lägen nicht vor. Sie müßten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar machen oder eine Bereinigung auf anderem Wege unmöglich oder doch unzumutbar erscheinen lassen; bei langdauernden Verlagsverträgen müsse aber jeder Vertragspartner zunächst seine Rechte durchsetzen und auf Zuhaltung des Vertrages dringen, statt die Aufhebung des Vertrages zu verlangen. Der Beklagte habe sich bemüht, Auseinandersetzungen mit der Klägerin zu vermeiden; er habe sich schließlich in allen offenen Fragen ihren Ansichten gebeugt, obwohl sein Standpunkt nicht unvertretbar gewesen sei. Die Fehlerquellen bei der Ermittlung der Honoraransprüche der Klägerin habe der Beklagte beseitigt, sein bisherigen Ermittlungssystem sei aber nicht von vornherein unbrauchbar gewesen. Übersetzungsfehler in den fremdsprachigen Ausgaben seien in den Folgeauflagen ausgemerzt worden. Der weggelassene Beitrag in der ersten französischsprachigen Ausgabe sei auf Verlangen der Klägerin sofort wieder nachgedruckt worden. Die Verzögerung der Bucheinsicht sei angesichts der besonderen Stellung Gerhard F*** verständlich gewesen.

    Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer vollen Klagestattgebung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung. Der Beklagte stellt den Antrag, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit sich die Klägerin gegen die Ansicht der Vorinstanzen wendet, daß die Schlußpunkte der Verlagsverträge deren einseitige Aufkündigung zum jeweiligen Jahresende ohne Rücksicht auf einen Kündigungsgrund nicht zuließen, ist sie im Tatsachenbereich auf die Feststellung zu verweisen, daß der Wille der Parteien in Übereinstimmung mit dem Wortlaut darauf gerichtet war, nur eine einvernehmliche Kündigung zuzulassen, eine einseitige Kündigung aber auszuschließen; so wurde ja der Sinngehalt dieses Vertragspunktes anläßlich seiner Diskussion vom Beklagten gegenüber der Klägerin erklärt, welche daraufhin unterschrieben hat. Damit hat es aber die Klägerin versäumt, ihren allenfalls abweichenden Willen zum Ausdruck zu bringen. Stimmt jedoch der objektiv erklärte Parteiwille, der auch subjektiv zumindest dem Willen eines Vertragspartners entspricht, mit dem Wortlaut der Vereinbarung überein, dann ist für das von der Klägerin angestrebte gegenteilige Verständnis der Vertragsbestimmung oder für deren Auslegung im Sinne der Unklarheitenregel kein Raum mehr. Soweit daher die einseitige Kündigung der Klägerin auf ein vertragliches Kündigungsrecht gestützt war, vermochte sie gegen den Willen des Beklagten eine wirksame Beendigung der Vertragsverhältnisse per 31.12.1984 nicht herbeizuführen.

Entgegen der Meinung der Klägerin liegen aber auch keine so schwerwiegenden, in der Sphäre des Beklagten wurzelnden Gründe vor, daß ungeachtet der vertraglich vereinbarten einseitigen Unkündbarkeit die vorzeitige Auflösung der Verlagsverträge als Dauerschuldverhältnisse erfolgen konnte:

Das Gericht zweiter Instanz hat unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ 60/107 = ÖBl 1988, 81 = MR 1987, 173 zutreffend diejenigen Grundsätze dargestellt, unter denen ein Verlagsvertragsverhältnis - abgesehen von den Fällen der §§ 29 ff UrhG, welche die Klägerin im vorliegenden Fall ausdrücklich ausgeklammert hat - aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden kann. Danach kommt eine vorzeitige Auflösung allerdings nur in Betracht, wenn nicht eine Bereinigung auf anderem Wege möglich und zumutbar ist. Auch wurde entgegen der Meinung der Klägerin ausgesprochen, daß bei Vertragsverhältnissen mit besonders langer Dauer - zu denen jedenfalls auch solche gehören, die einseitig unkündbar gestellt sind - dem durch die Vertragsverletzung beschwerten Partner in der Regel zuzumuten ist, seinen Vertragspartner zunächst zur Erfüllung anzuhalten und seine Ansprüche notfalls gerichtlich geltend zu machen (SZ 60/107 mwH auf die Lehre).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann war auch eine außerordentliche Kündigung der Verlagsverträge durch die Klägerin nicht gerechtfertigt. Abgesehen davon, daß die Klägerin auf die von ihr geltend gemachten wichtigen Gründe zu 5 und 6 in ihrer Revision nicht mehr zurückkommt, sind die im einzelnen festgestellten Differenzen bei der Honorarabrechnung, das zögerliche Verhalten des Beklagten zur geforderten Bucheinsicht, die Überstzungsfehler in fremdsprachigen Buchausgaben und das Weglassen eines Beitrages in der ersten französischsprachigen Ausgabe des Jahres 1982 weder jeweils für sich allein noch in ihrer Gesamtheit geeignet, die Zumutbarkeit der Fortdauer der Vertragsbeziehungen zu verneinen. Das beanstandete Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit den Tonbandkassetten war nach den Feststellungen überhaupt mit der Klägerin abgesprochen; da hier keine Honorarabrede getroffen wurde, kann seiner Stellungnahme zu dem von ihm schließlich ohnehin anerkannten Rechnungslegungsanspruch der Klägerin auch nicht mehr ins Gewicht fallen. Das gilt - mit Ausnahme der nicht einbezogenen, aber tatsächlich abverkauften Buchexemplare - ebenso für die zu den einzelnen Fragen der Bemessungsgrundlage des Honoraranspruches der Klägerin aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten. Obwohl der Standpunkt des Beklagten hier keineswegs von vornherein unvertretbar war, hielt er auch nicht starr daran fest, sondern bemühte sich um Kompromisse und akzeptierte letztlich sämtliche Gegenpositionen der Klägerin. Die Gründe für die teilweise Nichterfassung von verkauften Büchern waren nicht feststellbar. Der Beklagte hat ihre Nichtberücksichtigung bei der Honorarberechnung weder beabsichtigt noch davon Kenntnis gehabt; er hat auch die Organisation der Honorarverrechnung sofort nach Kenntnisnahme von dieser Unzukömmlichkeit umgestellt. Die sich aus den Differenzen insgesamt ergebenden Honorarnachforderungen der Klägerin waren zwar, absolut gesehen hoch, im Verhältnis zu dem insgesamt schon an sie ausgezahlten Autorenhonorar aber relativ gering (unter 10 %). Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß es um einen Abrechnungszeitraum von mehr als 4 Jahren ging. Die Meinungsverschiedenheiten um die Bucheinsicht hängen jedenfalls weitgehend mit der Person des Steuerberaters zusammen, der zugleich Gesellschafter und Geschäftsführer einer mit der Klägerin errichteten Gesellschaft mit beschränkter Haftung war; sie hätten daher durch der Klägerin zumutbare gerichtliche Schritte bereinigt werden können. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Klägerin bereits am 23.8.1984 die vorliegende Klage eingebracht hatte, gab jedenfalls der Beklagte auch hier seinen letztlich unhaltbaren Standpunkt noch in zumutbarer Frist auf.

Übersetzungsfehler in fremdsprachigen Ausgaben waren zwar vorgekommen, sie wurden aber jeweils in den Folgeauflagen korrigiert; nach den Feststellungen hat dadurch weder das Ansehen der Klägerin gelitten, noch ist jemand dadurch zu Schaden gekommen. Da die Klägerin in diesem Zusammenhang gar nicht den Vorwurf erheben konnte, daß der Beklagte von vornherein ungeeignete oder unfähige Übersetzer herangezogen hätte, kann dieser Umstand auch nicht geeignet sein, das Vertrauensverhältnis zwischen den Streitteilen zu zerstören oder doch schwer zu erschüttern. Schwerer wiegt die ohne Zustimmung der Klägerin gegen § 21 Abs 1 UrhG verstoßende Weglassung eines Beitrages aus dem Werk "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" in der ersten französischsprachigen Ausgabe (vgl dazu Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 45 ff). Berücksichtigt man aber auch hier, daß der Verstoß zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Geltendmachung am 5.3.1985 (ON 14 S 62 f) bereits drei Jahre zurücklag und der Beklagte bereits einer früheren außergerichtlichen Beanstandung durch die Klägerin sofort in der nächsten Neuauflage Rechnung getragen hatte, so vermag auch dieser Umstand eine außerordentliche Kündigung der Verlagsverträge nicht mehr zu rechtfertigen.

Auch der Oberste Gerichtshof kommt daher nach Prüfung aller im einzelnen festgestellten Umstände zu dem Ergebnis, daß wichtige Gründe für eine vorzeitige Vertragsauflösung nicht bestanden; der Revision der Klägerin mußte demnach ein Erfolg versagt werden. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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