Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 9.268,20 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 1.544,70 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrt den Kaufpreis für gelieferte Waren in Höhe von 230.805,20 S. Sie machte ursprünglich den Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 88 Abs 1 JN, den Fakturengerichtsstand nach § 88 Abs 2 JN sowie den Gerichtsstand des Vermögens nach § 99 Abs 1 JN geltend, stützt sich aber im Rechtsmittelverfahren nur noch auf § 88 Abs 2 JN.
Die beklagte Partei erhob die Einrede der fehlenden inländischen Gerichtsbarkeit und die Einrede der mangelnden örtlichen Zuständigkeit.
Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf die Erledigung dieser Einrede ein und wies die Klage mit der Begründung zurück, daß keiner der geltend gemachten Gerichtsstände gegeben sei. Es stellte fest, daß die klagende Partei der beklagten Partei nur Rechnungen übermittelt habe, die auf der Rückseite in deutscher und englischer Sprache Verkaufs-, Liefer- und Zahlungsbedingungen enthielten, nach deren Punkt 9 Erfüllungsort, Zahlungsort und Gerichtsstand jeweils Wels sei. Auf der Vorderseite der Rechnungen sei auf diese Vertragsbestimmungen nicht hingewiesen. Am Ende der Rechnungen sei dort allerdings im Kleindruck die Klausel "Gerichtsstand Wels" enthalten.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß der Fakturengerichtsstand nur durch die Übersendung von Rechnungen begründet werden könne, die auf der Vorderseite oder mit entsprechendem Hinweis auf der Rückseite den Vermerk enthalten hätten, daß die Zahlung an einen bestimmten Ort zu leisten sei und dort auch Klagen aus dem Geschäft angebracht werden können. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es bejahte die inländische Gerichtsbarkeit für den Fall des Bestehens des Fakturengerichtsstandes, verneinte diesen aber aus den schon vom Erstgericht angeführten Gründen. Gerade im internationalen Rechtsverkehr und besonders auch in der Schweiz werde der Fakturengerichtsstand als eher ungewöhnlich betrachtet, sodaß hier ein besonders deutlicher Hinweis auf die Klausel auf der Rückseite nötig gewesen wäre.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO idF der WGN 1989 zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Die inländische Gerichtsbarkeit ist nach neuerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur im Falle einer ausreichenden Inlandbeziehung gegeben, die zwar in der Regel durch die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes eines inländischen Gerichtsstandes indiziert, damit allein aber noch nicht immer zwingend begründet wird (SZ 59/205 mit Besprechung von Hoyer in IPrax 1988, 255; SZ 60/164 = EvBl 1987/25 [Pfersmann]; SZ 60/277 = JBl 1989, 48 [Schwimann]).
Ob der Fakturengerichtsstand für sich allein eine solche Indizwirkung hat, ob also die dem Fakturengerichtsstand zugrunde liegenden Umstände schon für sich allein eine ausreichende Inlandbeziehung darstellen, ist zweifelhaft (Hoyer, ZfRV 1983, 59 [64]). Der Fakturengerichtsstand zählt zu den international eher unerwünschten Gerichtsständen (Matscher, JBl 1962, 100 zu Art 2 Z 5 des österreichisch-deutschen Vollstreckungsvertrages BGBl 1960/105; Sperl, Öst.ZÖR 1925, 299 [307] zum früheren Vertrag). Dies spricht dafür, die ausreichende Inlandbeziehung keinesfalls zu bejahen, wenn nicht einmal alle Tatbestandsmerkmale des Fakturengerichtsstandes erfüllt sind.
Der Gerichtsstand nach § 88 Abs 2 JN wird vom Gesetz als Sonderfall des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes behandelt und durch einseitige Erklärung des Lieferanten einer Ware begründet, der in einer spätestens mit der Ware übersendeten Faktura den Vermerk aufnimmt, daß die Zahlung an einen bestimmten Ort zu leisten ist und an diesem Ort auch die Klagen aus diesem Geschäft angebracht werden können (Fasching, Lehrbuch2 Rz 301). Wenn es sich dabei auch nicht um einen echten Vertragsgerichtsstand handelt und daher schon die Aushändigung der Faktura ausreicht, ohne daß es auf eine Kenntnisnahme oder dergleichen ankäme (5 Ob 531/87), so setzt das Gesetz doch voraus, daß der Empfänger der Faktura durch bloße Untätigkeit dem von seinem Vertragspartner vorgeschlagenen Gerichtsstand stillschweigend zustimmt (Sperl, Vereinbarung der Zuständigkeit 167 mit Hinweis auf Motive des Gesetzgebers in Anmerkung 1). Daraus folgt aber, daß der Vermerk in einer Form auf der Warenrechnung angebracht sein muß, daß er bei üblichem und zumutbarem Geschäftsgang leicht wahrgenommen werden kann. Nach der Rechtsprechung genügen in diesem Sinn auch Vermerke unter der Unterschrift oder auch auf der Rückseite, wenn auf der Vorderseite auf sie hingewiesen wurde. Ungenügend ist es aber, wenn sich der Vermerk ohne einen solchen Hinweis auf der Rückseite befindet. Besonders unzureichend ist dies, wenn wie im vorliegenden Fall auf der Vorderseite nur vom Gerichtsstand Wels die Rede ist, was für sich allein zur Begründung des Fakturengerichtsstandes nicht genügen würde, und ohne weiteren Hinweis auf der Rückseite die umfangreichere Klausel betreffend den Erfüllungsort im Rahmen nicht schon vorher vereinbarter Verkaufsbedingungen enthalten ist. Dem Umstand, daß Vereinbarungen eines Zahlungsortes oder eines Gerichtsstandes branchenüblich sind (HS 13.375), kommt bei einer solchen Undeutlichkeit keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Der strittige Vermerk erfüllt daher nicht die Voraussetzungen des § 88 Abs 2 JN, sodaß nicht zu untersuchen ist, ob der von der beklagten Partei in der Korrespondenz belegte Widerspruch gegen diesen Vermerk rechtzeitig gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40, 41 und 50 ZPO.
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