Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.221,80 (darin S 2.370,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, sein Halbbruder (das ist der während des Verfahrens verstorbene Beklagte) und deren Mutter hatten in dem Rechtsstreit wegen der Aufhebung ihres Miteigentums zu je einem Drittel der Liegenschaft EZ 513 KG Klosterneuburg mit dem Haus Albrechtstraße 58 und einem Garten am 19. Jänner 1984 vereinbart, daß das Verfahren ruhen solle, und am selben Tag einen Vorvertrag geschlossen, daß bis zum 28. Mai 1985 ein Kaufvertrag errichtet werden sollte, wonach der Kläger gegen Zahlung eines Kaufpreises von je S 393.500 bei Vertragsunterfertigung die beiden Drittelanteile der Miteigentümer erwerbe.
Mit der am 13. Juni 1985 eingebrachten Klage begehrte der Kläger das Urteil, sein Halbbruder sei verpflichtet, einen Kaufvertrag mit einem bestimmten Inhalt abzuschließen. Während die Mutter ihre Verpflichtung aus dem Vorvertrag erfüllt habe, sei der Beklagte der Aufforderung des Rechtsvertreters des Klägers vom 29. Mai 1985, den Kaufvertrag beglaubigt zu unterfertigen und Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises von S 393.500 auszufolgen, nicht nachgekommen. Er sei daher auf Abschluß des Vertrages in Anspruch zu nehmen. Nach dem Text des Vertragspunktes II im Urteilsbegehren sollte der Kaufpreis von S 393.500 nach Unterfertigung des Vertrages in grundbuchsfähiger Form und Übergabe des Kaufvertrages an den Käufer gleichzeitig mit der Übergabe einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zur Zahlung fällig sein.
Der Beklagte wurde am 19. September 1985 in seiner Wohnung tot aufgefunden. Der Nachlaß wird durch den minderjährigen Sohn vertreten, der sich auf Grund des Testamentes zum Erben erklärt hat. Die beklagte Verlassenschaft beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Eine Verpflichtung zur Unterfertigung eines Vertrages, der die Zahlung erst nach Fertigung und Ausfolgung des Vertrages vorsehe, habe nie bestanden. Der Vorvertrag habe die Kaufpreiszahlung Zug um Zug mit der Unterfertigung vorgesehen. Der Kläger habe trotz Nachfristsetzung die Unterfertigung eines Kaufvertrages verweigert, wonach vom Kaufpreis von S 393.500 nur die bereits überwiesenen Rechtsanwaltskosten von S 76.480,46 abgerechnet werden sollten. Die beklagte Verlassenschaft sei daher vom Vertrag zurückgetreten. Überdies hätten sich die Verhältnisse durch das Ableben des Erblassers, Steigerung des Wertes der Liegenschaft und die Verweigerung der Zahlung des vollen Kaufpreises geändert. Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem inzwischen geänderten Begehren des Klägers, daß der Kaufpreis zwar (wie nach dem bisherigen Urteilsantrag) nach Unterfertigung des Kaufvertrages in grundbuchsfähiger Form und Übergabe dieses Kaufvertrages an den Käufer zur Zahlung fällig sei (aber die Übergabe eines Rangordnungsanmerkungsbeschlusses entfalle), statt. Dieses Urteil wurde vom Berufungsgericht ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Klärung, ob nach dem Vorvertrag eine Zug um Zug-Kaufpreiszahlung stattfinden sollte, aufgetragen.
Im zweiten Rechtsgang erklärte der Kläger, er sei nicht bereit, den Kaufpreis von S 393.500 zu bezahlen. Einem Zug um Zug-"Begehren" auf Kaufpreiszahlung halte er entgegen, daß ihm durch die Säumnis der beklagten Partei und die Verweigerung der Unterfertigung von Bauansuchen Schäden entstanden seien, die er zur Aufrechnung einwende. Er sei nur mehr bereit nach Unterfertigung des Kaufvertrages S 115.344,40 zu bezahlen.
Das Erstgericht wies nun das Klagebegehren ab und stellte fest:
Zu der Vereinbarung vom 19. Jänner 1984 kam es, weil sich die Miteigentümer grundsätzlich einigten, daß der Kläger durch Kauf der weiteren Anteile Alleineigentümer werden solle, der Kaufvertrag aber nicht vor dem 28. Mai 1985 geschlossen werden sollte, um den Anfall der Steuer aus dem Veräußerungsgewinn zu vermeiden. Die Rechtsanwälte entwarfen deshalb einen Vorvertrag mit der Verpflichtung zum Abschluß des Kaufvertrages am 28. Mai 1985. Der mit S 393.500 vereinbarte Kaufpreis für jeden Drittelanteil werde bei Vertragsunterfertigung bezahlt werden. Die Zahlung des Kaufpreises sollte durch eine Bankgarantie derart sichergestellt werden, daß die Verkäufer mit der Leistung der Unterschrift auf dem Kaufvertrag über den Kaufpreis verfügen können. Die im Vorvertrag getroffene Vereinbarung, daß der Kaufpreis bei Vertragsunterfertigung zu zahlen sei, verstanden die Vertragsteile als Vereinbarung einer Zahlung Zug um Zug bei Unterfertigung der Vertragsurkunde. Die Bank verpflichtete sich in der am 6. Dezember 1984 ausgestellten Bankgarantie, S 393.500 ab 28. Mai 1985 bis 16. Juni 1985 an den Verkäufer unter gleichzeitiger Übergabe eines verbücherungsfähigen Kaufvertrages und des Beschlusses über die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung auszuzahlen.
Der Rechtsanwalt des Klägers übermittelte die Bankgarantie dem Rechtsanwalt des Verkäufers. Da inzwischen die diesem erteilte Vollmacht aufgehoben war, erhielt der Rechtsanwalt des Klägers die Bankgarantie zurück. Er forderte darauf am 13. Feber 1985 den Verkäufer zur Namhaftmachung eines Rechtsvertreters auf, dem die Bankgarantie treuhändig überlassen werden könne. Darauf reagierte der Verkäufer nicht. Am 29.Mai 1985 übermittelte der Rechtsanwalt des Klägers dem Verkäufer den Kaufvertragsentwurf, nach dessen Punkt II der Kaufpreis nach Unterfertigung in grundbuchsfähiger Form und gleichzeitiger Übergabe des Vertrages und des Rangordnungsanmerkungsbeschlusses zur Zahlung fällig sein sollte, und ersuchte um die grundbuchsfähige Unterschriftsleistung. Bei Ausfolgung des unterfertigten Vertrages samt Rangordnungsanmerkungsbeschluß wäre dem Verkäufer der Kaufpreis von S 393.500 bezahlt worden. Da das Schreiben unbeantwortet blieb, erfolgte am 13. Juni 1985 die Einbringung der Klage. Das Erstgericht meinte rechtlich, der Verkäufer sei zur Unterfertigung des ihm zugemittelten Entwurfes nicht verpflichtet gewesen, weil dieser von der im Vorvertrag getroffenen, als Zug um Zug-Vereinbarung anzusehenden Vertragsbestimmung abwich und die Zahlung erst nach Unterfertigung und Übergabe von Vertrag und Rangordnungsanmerkungsbeschluß vorsah. Der Verkäufer habe die ihm angebotenen nachteiligeren Vertragsbestimmungen nicht annehmen müssen. Die Weigerung der beklagten Partei, auf dieses Anbot einzugehen, sei berechtigt.
Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und meinte rechtlich, es habe keine Pflicht zur Unterfertigung eines Kaufvertrages bestanden, der die Zahlung erst nach Unterfertigung vorsehe. In dem Kaufvertrag sei die vorgesehene Sicherstellung des Kaufpreises durch eine Bankgarantie nicht aufgenommen. Der Kläger könnte mit dem beantragten Urteil die bücherliche Einverleibung seines Eigentums an dem in die Verlassenschaft fallenden Liegenschaftsanteil erreichen, ohne daß der Anspruch der beklagten Partei auf Sicherung der Kaufpreiszahlung erfüllt wäre. Die Bereitschaft des Klägers, eine Bankgarantie über die nach Kompensation mit behaupteten Schadenersatzforderungen nur mehr mit S 115.344,40 anerkannte Kaufpreisforderung auszufolgen, habe in sein Klagebegehren nicht Eingang gefunden. Der Kläger habe darauf beharrt, daß der Kaufpreis erst nach Unterfertigung bezahlt werde. Zu einer Umformulierung des Vertragsinhalts nach der festgestellten Parteiabsicht bestehe kein Anlaß, weil dies nicht ein minus, sondern ein aliud darstellen und gegen § 405 ZPO verstoßen würde.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Der Versuch des Klägers, im Revisionsverfahren einen weder dem Klagebegehren noch der festgestellten Absicht der Vorvertragsteile entsprechenden neuen Vertragspunkt einzuführen, muß scheitern. Die Rechtsprechung hat sich mit der hier zu beurteilenden Frage, ob bei einem Klagebegehren auf Abschluß eines Vertrages eine Veränderung des Vertragsinhaltes durch das Urteil statthaft sei, wiederholt befaßt. So wurde einerseits unter Berufung auf EvBl. 1966/521 das Ausscheiden oder die Veränderung einzelner im Klagebegehren enthaltener Vertragsbestimmungen als aliud bezeichnet und deshalb der Abweisung des gesamten Begehrens der Vorzug gegeben (SZ 49/120), andererseits die Ausscheidung quantifizierbarer und daher einer Teilabweisung zugänglicher Vertragsbestimmungen dann als zulässig bezeichnet, wenn ihre Ausschaltung auch vom Prozeßstandpunkt des Klägers umfaßt ist (5 Ob 700/77; JBl 1986, 38; NZ 1988, 101 ua) oder ausgesprochen, daß eine solche Überklagung nicht die gänzliche Abweisung zur Folge hat, wenn das unbegründete Mehrbegehren einen bloß unwesentlichen, abtrennbaren Vertragsteil betrifft. Das Gericht darf dem Kläger zwar nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als in dem bei Schluß der Verhandlung vorliegenden Urteilsantrag begehrt wird, doch darf es einen quantitativ geringeren Teil ("minus") zuerkennen (Fasching, ZPR2 Rz 1447). Ein aliud liegt vor, wenn die zuzusprechende Rechtsfolge eine andere ist als die begehrte (Fasching aaO Rz 1450). Die im Urteil verfügte Verknüpfung einer uneingeschränkt begehrten Leistung mit einer Zug-um-Zug-Leistung wird als zulässiger Zuspruch eines minus angesehen, wenn nicht der Kläger die Gegenleistung, besonders nach erhobener Einrede, endgültig verweigert (Fasching aaO Rz 1451; SZ 58/144 ua).
Der Kläger hat sich auch im zweiten Rechtsgang, in dem es vor allem um die Zug-um-Zug-Leistung ging (hatte doch das Berufungsgericht gerade deshalb das erste Urteil aufgehoben und die Ergänzung der Feststellungen aufgetragen), einer Veränderung der Fälligkeitsvereinbarung im Vertragspunkt II widersetzt und sein Klagebegehren insoweit aufrecht gehalten.
Würde diesem Begehren stattgegeben, so wäre die Vertragsunterfertigung nach § 367 Abs 1 EO ersetzt (SZ 6/56; JBl 1974, 151 ua) und die beklagte Partei hätte keine Sicherheit, daß ihr der Kaufpreis Zug um Zug gegen Vertragsunterfertigung zukomme, obwohl gerade dies durch die beabsichtigte Abwicklung mit Hilfe der Garantieerklärung der Bank, daß gegen Übergabe der unterfertigten Vertragsurkunde die Verfügung über den Kaufpreis zusteht, vorgesehen war.
Auf keinen Fall kann es zu einem mehrgliedrigen Spruch kommen, wie der Revisionswerber meint. Dies ist nur vorgesehen, wenn einer eingeklagten Geldforderung einredeweise prozessual eine Gegenforderung entgegengehalten wird. Die prozessuale Aufrechnung mit einer Gegenforderung kommt aber gegenüber dem Klagebegehren auf Unterfertigung eines Vertrages mit bestimmtem Inhalt nicht in Betracht. Schon deshalb kann weder dem zuletzt aktuellen Klagebegehren noch einem Teil davon stattgegeben werden. Daher kann auch offen bleiben, ob es zulässig wäre, wegen Änderung der Verhältnisse seit der Vereinbarung den Kaufvertrag mit festgelegtem Inhalt am 28.Mai 1985 abzuschließen (also wegen des Entstehens von Schadenersatzforderungen des Klägers gegen den anderen Vertragsteil, um deren Einbringlichkeit er wegen des Vermögensstandes der Verlassenschaft besorgt ist), vom vereinbarten Inhalt der Zug um Zug-Zahlung des Kaufpreises ganz oder teilweise abzugehen und eine Gegenverrechnung mit eigenen kompensablen Gegenforderungen in den Vertrag einzubauen. Der Kläger hat dies nämlich in seinen Urteilsantrag nicht eingebracht. Es ist daher nicht zu entscheiden, ob einem Begehren auf Abschluß des Vertrages mit verändertem Inhalt - die Unsicherheitseinrede nach § 1052 ABGB steht ihm hier nicht zu, weil es nicht um die beiderseitigen im funktionellen Synallagma stehenden Leistungen aus dem Kaufvertrag, sondern um die Geltendmachung von Schadenersatzforderungen durch Aufrechnung gegen die Kaufpreisforderung des anderen Vertragsteiles geht - stattgegeben werden könnte, oder ob diesfalls der Kläger nur vom Kauf überhaupt abstehen darf.
Auch auf den Einwand der beklagten Partei, sie sei längst wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten und daher an den Vertrag nicht mehr gebunden, ist nicht einzugehen. Dem aktuellen Klagebegehren kann, weil es nicht etwa nur um die Ausschaltung unwesentlicher, auch vom Kläger nicht für bedeutsam gehaltener Vertragsteile geht, jedenfalls nicht stattgegeben werden. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)