OGH 13Os82/90

OGH13Os82/9011.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Oktober 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wachberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hasan U*** und Melek P*** wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Melek P*** sowie die Berufungen des Angeklagten Hasan U*** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 24.April 1990, GZ 20 Vr 57/90-51, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, und der Verteidiger Dr. Prunbauer und Dr. Mühl, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, es wird - in bezug auf den Angeklagten Hasan U*** gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO - das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu III wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit a FinStrG sowie in den Strafaussprüchen nach dem FinStrG aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Hasan U*** und Melek P*** werden von der Anklage, vorsätzlich eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, nämlich die zu I des Schuldspruchs genannten 175 g Heroin, durch die dort genannte Tat verhandelt und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit a FinStrG begangen zu haben, gemäß dem § 214 Abs. 1 FinStrG freigesprochen. Den Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten Melek P*** wird nicht Folge gegeben.

Die Berufung des Angeklagten Hasan U*** wird zurückgewiesen. Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch beinhaltenden Urteil wurden der am 20.November 1944 geborene Hasan U*** und die am 2.August 1949 geborene Melek P*** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG (I) und des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit a FinStrG (III), Melek P*** überdies des Vergehens nach dem § 14 a SGG (II) schuldig erkannt. Darnach haben Hasan U*** und Melek P*** am 8.Jänner 1990 in Bregenz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der im § 12 Abs. 1 angeführten Menge ausmachte, nämlich 175 g Heroin, einem Unbekannten namens Peter übergeben und dadurch in Verkehr gesetzt (I), Melek P*** überdies Suchtgift in einer großen Menge (§ 12 Abs. 1 SGG), nämlich 22,8 g Heroin in Bregenz bis zu ihrer Festnahme am 8.Jänner 1990 mit dem Vorsatz besessen, daß es in Verkehr gesetzt werde (II) sowie beide Angeklagte vorsätzlich eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, nämlich die zu I genannten 175 g Heroin durch die dort genannte Tat verhandelt, Melek P*** darüber hinaus vor dem 8.Jänner 1990 jenes und weitere 22,8 g Heroin an sich gebracht und bis 8.Jänner 1990 verheimlicht (III). Der strafbestimmende Wertbetrag des genannten Schmuggelguts lag unter S 500.000,-- (US 14 iVm ON 31).

Gegen den nach dem Finanzstrafgesetz gefällten Schuldspruch führt die Angeklagte P*** aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO zu Recht ins Treffen, daß das Erstgericht im Hinblick auf den S 500.000,-- nicht übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag sowie das Fehlen erschwerender Umstände (§ 38 FinStrG) rechtsirrig seine Zuständigkeit zur Ahndung des inkriminierten Finanzvergehens in Anspruch genommen hat; überdies habe die Strafbarkeit des im Faktum II genannten Vergehens auch als Finanzvergehen gemäß dem § 24 a SGG zu entfallen. Diese von der Beschwerdeführerin geltend gemachte materiellrechtliche Urteilsnichtigkeit ist auch zugunsten des davon betroffenen Mitangeklagten Hasan U*** wahrzunehmen (§ 290 Abs. 1 StPO). Das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, war sohin in Ansehung des Schuldspruches der beiden Angeklagten wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei und demzufolge auch in den Strafaussprüchen nach dem Finanzstrafgesetz aufzuheben und es war hinsichtlich des dem unberührt gebliebenen Pkt I des Schuldspruches entsprechenden finanzstrafrechtlich bedeutsamen Tatvorwurfes mit einem Freispruch gemäß dem § 214 Abs. 1 FinStrG vorzugehen. In bezug auf das als mit dem § 14 a SGG idealkonkurrierend alternativ angeklagte, aber gemäß dem § 24 a SGG nicht strafbare Finanzvergehen war hingegen ein förmlicher Freispruch nicht zu fällen (RZ 1976/89).

Das Schöffengericht verhängte wegen der strafbaren Handlungen nach dem Suchtgiftgesetz gemäß dem § 12 Abs. 3 SGG über Hasan U*** eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren, über Melek P*** unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend beim Erstangeklagten nichts, bei der Zweitangeklagten hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Bestimmung des Erstangeklagten zur Tat, als mildernd bei beiden Angeklagten das Geständnis, die Unbescholtenheit und die Sicherstellung des Suchtgifts, beim Erstangeklagten überdies eine geringe Einschränkung seiner Zurechnungsfähigkeit.

Der Erstangeklagte hat zwar rechtzeitig Berufung wegen Strafe angemeldet (ON 54), es nach Zustellung einer Urteilsausfertigung aber unterlassen, dieses Rechtsmittel auszuführen. Da er bei der Anmeldung der Berufung die Punkte des Erkenntnisses (Freiheitsstrafe nach dem Suchtgiftgesetz, Geldstrafe nach dem Finanzstrafgesetz), durch die er sich beschwert findet, weder deutlich noch bestimmt bezeichnet hat, war auf seine Berufung keine Rücksicht zu nehmen (§ 294 Abs. 4 StPO).

Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Erhöhung der über beide Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen, Melek P*** hingegen gemäß dem § 43 a Abs. 4 StGB die teilbedingte Nachsicht der über sie verhängten Strafe.

Rechtliche Beurteilung

Keine dieser Berufungen ist berechtigt.

Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig angeführt; entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft hat es diese auch zutreffend gewürdigt. Die durchaus als empfindlich zu bezeichnenden Freiheitsstrafen entsprechen sowohl dem Gewicht der Schuld der Täter als auch dem Unrechtsgehalt der von ihnen begangenen Suchtgiftdelikte. Sie erweisen sich angesichts der Strafdrohung des § 12 Abs. 3 SGG, die sich auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren erstreckt, auch deshalb als nicht erhöhungsbedürftig, weil das verfahrensgegenständliche Suchtgift zur Gänze sichergestellt werden konnte.

Der von der Angeklagten Melek P*** reklamierten Anwendung des § 43 a Abs. 4 StGB stehen generalpräventive Bedenken entgegen; zur Erzielung der insbesondere bei schwerer Suchtgiftkriminalität erforderlichen abschreckenden Wirkung ist nach Lage des Falles die Verhängung einer zur Gänze unbedingten Freiheitsstrafe geboten. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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