OGH 9ObA253/90

OGH9ObA253/9010.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Mag.Ernst Löwe in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter T***, Orchestermusiker, Mödling, Steinfelderstraße 39, vertreten durch Dr.Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R*** Ö*** (Ö*** B***),

vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 228.000,--, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Jänner 1990, GZ 33 Ra 53/90-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20.Oktober 1989, GZ 19 Cga 1002/89-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.500,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.833,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Auslegung einer nach Inhalt und Form unbestrittenen Urkunde gehört nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung. Nur dann, wenn zur Auslegung der einer Urkunde zugrundeliegenden Absicht der Parteien andere Beweismittel herangezogen werden, werden damit Tatsachenfeststellungen getroffen (SZ 58/199 mwH). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht den Inhalt des entscheidungswesentlichen Schreibens vom 29.3.1988 wörtlich festgestellt. Weiters wurde die Feststellung getroffen, daß im Zusammenhang mit diesem Schreiben Gespräche zwischen dem Kläger und dem Österreichischen Bundestheaterverband nicht stattgefunden hatten. Bei Prüfung der Bedeutung des Inhaltes der von der beklagten Partei abgegebenen Erklärung ist das Erstgericht ausschließlich vom Inhalt der Urkunde ausgegangen, zumal andere Beweismittel, die einen Rückschluß auf die Parteienabsicht erlaubt hätten, nicht zur Verfügung standen. Unter diesen Umständen war das Berufungsgericht berechtigt, die Auslegung der Urkunde durch das Erstgericht ohne neuerliche Beweisaufnahme zu prüfen, weil es sich dabei um eine Rechtsfrage und nicht um eine Tatfrage handelt.

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Mit den einleitenden Worten im Schreiben vom 29.3.1988 wird nur die Begründung für die Ruhestandsversetzung zum Ausdruck gebracht. In diesem Zeitpunkt war ein Verfahren betreffend den Antrag des Klägers auf Unwirksamerklärung der Entlassung anhängig. Dies war dem Kläger bekannt, hat er doch das Verfahren selbst eingeleitet; die Ausfertigung der stattgebenden Entscheidung des Einigungsamtes hatte er bereits in Händen. Die dem Schreiben vom 29.3.1988 beigesetzte Bedingung konnte sich nur auf dieses Verfahren beziehen und konnte nach Treu und Glauben nur dahin ausgelegt werden, daß das Ruhestandsverhältnis nur unter der Bedingung bestehe, daß dieses Verfahren nicht letztlich zum Ergebnis führt, daß die Entlassung berechtigt war. Die beklagte Partei wollte damit erkennbar eine Übergangslösung für die Dauer dieses Verfahrens schaffen, die dann ihr Ende finden sollte, wenn die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Entlassung feststehen sollte. Gegen die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens bestehen umso weniger Bedenken, als die Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung hier nicht vom Eintritt einer (echten) Bedingung abhängig gemacht, sondern diese Erklärung lediglich unter der (selbstverständlichen) Voraussetzung ausgesprochen wurde, daß das Dienstverhältnis nicht schon durch die Entlassung beendet sein sollte (idS auch Kuderna, Entlassungsrecht, 20).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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