Spruch:
Dem Delegierungsantrag wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt von der beklagten Partei im Amtshaftungsweg den Ersatz ihres mit S 493.856,92 s.A. bezifferten Schadens sowie ferner die Feststellung, daß ihr die beklagte Partei für sämtliche Nachteile aus der Einleitung des Entmündigungsverfahrens gegen sie, aus der Bestellung eines vorläufigen Beistandes in diesem Verfahren sowie aus der Bestellung eines Sachwalters für sie in Hinkunft entstehen werden. Die Organe der beklagten Partei hätten die Handlungsfähigkeit der Klägerin beeinträchtigende Entscheidungen trotz deren völligen geistigen Gesundheit getroffen und ihr hiedurch schuldhaft die näher aufgeschlüsselten Vermögensschäden zugefügt. Da sie die Amtshaftungsansprüche aus Entscheidungen des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes, das auch an sich zur Verhandlung und Entscheidung über ihre Amtshaftungsansprüche berufen sei, ableite, beantragte sie, das Oberlandesgericht Wien möge gemäß § 9 Abs. 4 AHG ein anderes Landesgericht seines Sprengels zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache bestimmen, stellte aber gleichzeitig auch den Antrag auf Delegierung des Landesgerichtes Salzburg gemäß § 31 JN, weil die Entscheidungen, aus welchen sie ihre Amtshaftungsansprüche herleite, von Gerichten im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien stammten sowie die Klägerin und die von ihr beantragten Zeugen ihren Wohnsitz in Salzburg hätten. Das Oberlandesgericht Wien bestimmte gemäß § 9 Abs. 4 AHG das Landesgericht St. Pölten zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache.
Die beklagte Partei, die in der Klagebeantwortung die Rechtswidrigkeit des Organverhaltens sowie jedwedes Verschulden ihrer Organe bestritt und darin zwei in Wien ansässige Zeugen - den Richter im Entmündigungs- bzw. Sachwalterschaftsverfahren sowie den Sachwalter der Klägerin - namhaft machte, sprach sich gegen die begehrte Delegierung aus, weil den Befangenheitsüberlegungen schon durch die oberlandesgerichtliche Verfügung der Boden entzogen sei und die in Betracht kommenden Beweismittel die Durchführung des Verfahrens beim Landesgericht St. Pölten wesentlich zweckmäßiger erscheinen ließen.
Das Landesgericht St. Pölten äußerte sich dahin, der nach der Geschäftsverteilung berufene Richter sei mit dem Richter des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, der die Einleitung des Entmündigungsverfahrens sowie die Bestellung eines vorläufigen Beistandes und des Sachwalters verfügte, zwar persönlich bekannt und duze sich mit ihm, es bestünden indessen kaum berufliche oder private Kontakte, so daß er an einer unparteilichen Entscheidung nicht gehindert sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Die Delegierung ist im Sinne des § 31 JN immer dann zweckmäßig, wenn die Übertragung der Rechtssache an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit bzw. zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreites beitragen kann (Fasching, LB2 Rz 209); dann erscheint es gerechtfertigt, Ausnahmen von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu verfügen (vgl. Fasching, Komm. I 232).
Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihres Delegierungsantrages darauf beruft, daß sie und die von ihr namhaft gemachten Zeugen ihren Wohnsitz in Salzburg hätten, ist ihr mit der beklagten Partei entgegenzuhalten, daß die von dieser beantragten Zeugen und weitere Personen, deren zeugenschaftliche Vernehmung immerhin naheliegt, in Wien wohnhaft sind, so daß aus diesem Grunde weder eine Kostenersparnis noch eine Prozeßbeschleunigung erwartet werden kann.
Aber auch der Hinweis, daß die zum Gegenstand der Amtshaftungsklage gemachten gerichtlichen Entscheidungen von Gerichten aus dem Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien herrührten und es allein deshalb angezeigt erscheine, daß über das Begehren der Klägerin Gerichte in anderen Oberlandesgerichtssprengeln befänden, verfängt deshalb nicht, weil der Gesetzgeber diesem Umstand ohnedies durch die Bestimmung des § 9 Abs. 4 AHG Rechnung getragen, eine Übertragung an ein Gericht eines anderen Oberlandesgerichtssprengels aber nur für den Fall vorgesehen hat, daß die Amtshaftungsansprüche (auch) aus Entscheidungen eines Oberlandesgerichtes (oder dessen Präsidenten) abgeleitet werden. Weiterhin bestehende Ausschließungs- und Befangenheitsgründe sind dagegen durch Ablehnung des nach der Geschäftsverteilung berufenen Richters gemäß den §§ 19 ff. JN geltend zu machen; der Erstrichter hat in seiner Äußerung zum Delegierungsantrag berichtet, daß solche Ablehnungsgründe in seiner Person nicht vorlägen.
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