OGH 4Ob132/90

OGH4Ob132/909.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** U*** Gesellschaft m.b.H., Wien 1., Schenkenstraße 8-10, vertreten durch DDr.Walter Barfuß und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Kurt S*** Gesellschaft mbH & Co, Kematen, Kurt-Schwarzkopf-Straße 1, vertreten durch Dr.Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 18.Juni 1990, GZ 2 R 198/90-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 13.April 1990, GZ 41 Cg 105/90-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die Beklagte endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Beide Parteien bringen Haarpflegeprodukte auf den österreichischen Markt. Die Beklagte verwendet für ihre Sprays als Treibgas teilhalogenierten Flour-Chlor-Kohlenwasserstoff (FCKW) F-22. Sie hatte für ihr Erzeugnis "3-Wetter-Taft" mit der Behauptung geworben, daß das (hiebei verwendete) "neue Treibmittel der UNO-Ozonschutzkonvention entspreche". Diese Werbebehauptung war (u.a.) auf Vignetten zu lesen, die auf die Spraydosen aufgeklebt wurden. Diese Aufkleber zeigten außerdem eine grün konturierte schützende Hand über einer grünen Weltkugel auf blauem Grund. Im Vorprozeß 40 Cg 99/90 des Landesgerichtes Innsbruck wurde der Beklagten mit einstweiliger Verfügung vom 9.3.1990 die Werbebehauptung verboten, daß das von ihr verwendete Treibmittel F-22 der UNO-Ozonschutzkonvention entspreche; das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab (E. v. 12.6.1990, 4 R 128/90). Mit Beschluß vom 9.10.1990, 4 Ob 121/90, stellte der Oberste Gerichtshof die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wieder her. Seit dem erstgerichtlichen Verbot verwendet die Beklagte gleichartige Aufkleber, die aber nur den Hinweis "Neues Treibmittel" enthalten:

Abbildung nicht darstellbar!

Im nunmehrigen Wettbewerbsprozeß beantragt die Klägerin zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit F-22 ("Neues Treibmittel") die obige Vignette ("Darstellung einer grün konturierten schützenden Hand über einer grünen Weltkugel") zu verwenden. Auch das Treibmittel F-22 sei - wenn auch in geringerem Maß als ein vollhalogenierter FCKW - gefährlich; schon gar nicht "entspreche" es der UNO-Ozonschutzkonvention. Die Beklagte habe sich zwar an das gerichtliche Verbot im Vorprozeß gehalten, doch finde man in den Regalen des Handels neben den neuen Packungen des Haarsprays der Klägerin auch noch Spraydosen mit der alten Aufschrift (samt Vignette), so daß durch das bloße Weglassen der Behauptung "entspricht der UNO-Ozonschutzkonvention" die Täuschungsgefahr nicht beseitigt worden sei. Selbst wenn die Darstellung der schützenden Hand über der Weltkugel für sich allein unbedenklich wäre, könne es wegen des vorausgegangenen wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten durch den weiteren Gebrauch der (ähnlichen) Vignette zu "fortwirkenden Irreführungen" kommen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Die einstweilige Verfügung im Vorprozeß sei zu Unrecht erlassen worden. Dem Treibmittel F-22 sei von der Arbeitsgruppe der Experten zur Vorbereitung eines Protokolls über die Flour-Kohlen-Wasserstoffe für die Wiener Konvention zum Schutz der Ozonschicht eine große Bedeutung als Ersatzstoff für die vollhalogenierten Flour-KohlenWasserstoffe zugemessen worden; es sei für die Ozonschicht nicht gefährlich.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Im Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht samt Anlagen hätten sich die Vertragsstaaten (u.a.) zu geeigneten Maßnahmen im Einklang mit der Konvention verpflichtet, um die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor schädlichen Auswirkungen zu schützen, die durch menschliche Tätigkeiten, welche die Ozonschicht verändern oder wahrscheinlich verändern, verursacht werden. In der Anlage zum Protokoll seien diejenigen chemischen Stoffe natürlichen und anthropogenen Ursprunges angeführt worden, von denen angenommen wird, daß sie die Fähigkeit haben, die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Ozonschicht zu verändern. Zu diesen Stoffen zähle auch das Treibgas F-22, das zu den partiell halogenierten Alkanen gehöre. Das Wiener Übereinkommen enthalte keine ausdrückliche Empfehlung, partiell halogenierte Alkane als Treibgas bei technischen Erzeugnissen zu verwenden. Hingegen seien die Maßnahmen, die das Montrealer Protokoll zur Regelung und Verminderung der Emission von Stoffen vorsehe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, auf partiell halogenierte Alkane wie F-22 nicht anzuwenden. Die den Gegenstand des Vorprozesses bildende Werbeaussage der Beklagten habe die Vorstellung erweckt, daß es eine "UNO-Ozonschutzkonvention" gebe, die Treibmittel in schädliche und unschädliche einteile und die Verwendung von Treibmitteln wie F-22 bei der Herstellung von Haarpflegemitteln empfehle. Der nunmehr beanstandete Aufkleber sei schon deshalb zur Irreführung geeignet, weil im Handel noch immer Spraydosen der Beklagten mit Aufklebern erhältlich seien, welche die Worte "entspricht der UNO-Ozonschutzkonvention" enthalten. Der Durchschnittskonsument müsse bei flüchtiger Betrachtung den Eindruck gewinnen, daß die Aussage "entspricht der UNO-Ozonschutzkonvention" auch auf Erzeugnisse zutreffe, die mit dem neuen Aufkleber versehen sind, der diese Worte nicht mehr enthält. Darüber hinaus erwecke aber das Bild auch für sich allein den Eindruck, als schütze das von der Beklagten verwendete Treibgas die Umwelt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge, wies den Sicherungsantrag ab, und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Es verwies auf die Begründung seiner Rekursentscheidung im Vorprozeß 7 Cg 33/90 des Erstgerichtes und schloß sich den damaligen rechtlichen Erwägungen an. Den angesprochenen Verkehrskreisen sei bekannt, daß es absolute "Umweltfreundlichkeit" nicht gibt. Der Verbraucher wisse, daß jeder Eingriff des Menschen eine gewisse Belastung der Natur bringt. Niemand könne erwarten, daß ein Produkt auf den Markt kommt, das keinerlei Umweltbelastung mehr verursacht; der Verbraucher könne (nur) darauf vertrauen, daß er im Rahmen eines bestimmten Marktsegments die umweltfreundlichste Produktvariante kaufe. Nach den Bescheinigungsergebnissen sei die im Vorprozeß beanstandete Werbebehauptung nicht irreführend. Mit dem Hinweis auf die UNO-Ozonschutzkonvention habe die Beklagte lediglich behauptet, daß das von ihr jetzt verwendete Treibgas die Ozonschicht geringer belaste als das bisher verwendete. Da niemand realistisch erwarten könne, daß ein Treibgas keine Belastung der Ozonschicht verursacht, seien die angesprochenen Verkehrskreise nicht irregeführt worden. Sei aber die Aussage, daß das Treibmittel F-22 der UNO-Ozonschutzkonvention entspreche, nicht irreführend, dann werde damit auch der im vorliegenden Verfahren begehrten einstweiligen Verfügung die Tatsachen- und Rechtsgrundlage entzogen. Die Klägerin bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, ist die Frage, ob eine Werbung mit Umweltschutzbegriffen zur Irreführung geeignet ist, ähnlich wie die Gesundheitswerbung (Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts 558) nach strengen Maßstäben zu beurteilen (ausführlich BaumbachHefermehl, Wettbewerbsrecht16, 431 f, § 1 dUWG Rz 179 ff.). Mit der allgemeinen Anerkennung der Umwelt als schutzbedürftiges, (weil unersetzliches) Gut hat sich in den letzten Jahren zunehmend ein verstärktes Umweltbewußtsein entwickelt; das hat dazu geführt, daß zumindest maßgebliche Teile der jeweils betroffenen Verbraucherkreise aus Sorge um die eigene Gesundheit, aus Verantwortungsgefühl für spätere Generationen oder aus ähnlichen Motiven als umweltverträglich angepriesene Erzeugnisse bevorzugen und sogar bereit sind, hiefür höhere Preise zu zahlen oder auf bestimmte Eigenschaften solcher Erzeugnisse zu verzichten. Dieses geänderte Verbraucherverhalten macht sich die Werbung (vgl etwa ÖBl 1984, 70 - "MOLKO-mat") in zunehmendem Maße zunutze, weil sie erkannt hat, daß Werbemaßnahmen, die an den Umweltschutz anknüpfen, besonders geeignet sind, emotionale Bereiche im Menschen anzusprechen, und dadurch eine starke subjektive Anziehungskraft haben (vgl BGH 20.10.1988 - Umweltengel WRP 1989, 160; Rohnke, Werbung mit Umweltschutz, GRUR 1988, 667 ff.). Die Situation ist dabei ähnlich wie bei der Werbung für "naturbelassene" Lebensmittel und sonstige "natürliche" Produkte. Als Folge der sogenannten "Biowelle" hat auch die Werbung für "natürlich" hergestellte Erzeugnisse eine starke suggestive Kraft, deren sich die Werbenden bedienen (ÖBl 1988, 126 = SZ 61/22 "Gutes vom Gutshof"). Aussagen über die Natürlichkeit oder Umweltverträglichkeit eines Erzeugnisses sind damit in hohem Maße geeignet, den Kaufentschluß des Verbrauchers zu beeinflussen. So erwünscht aber solche Angaben sein können, wenn sie der Wahrheit entsprechen, so gefährlich ist es, wenn solche die Gefühlssphäre ansprechenden Hinweise oder Begriffe geeignet sind, den Verbraucher irrezuführen. Mit Umwelthinweisen darf daher nur geworben werden, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführung für die umworbenen Verbraucher ausgeschlossen ist (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 179). Soweit der Hinweis auf die Umweltfreundlichkeit eines Erzeugnisses mißverstanden werden kann, ist der Werbende zu näheren Aufklärungen verpflichtet (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 181; Kucsko, über irreführende Umweltengel, ecolex 190, 93).

Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die von der Beklagten verwendeten Vignetten als irreführend im Sinne des § 2 UWG zu beurteilen. Die Beklagte hatte ihre Erzeugnisse zuerst mit einem Aufkleber versehen, der die Angabe "Neues Treibmittel entspricht der UNO-Ozonschutzkonvention" (- richtig müßte es heißen "zum Schutz der Ozonschicht" -) enthielt. Diese Angaben wurden schon im Vorprozeß verboten. Daraufhin hat die Beklagte ihre Erzeugnisse mit einer geänderten Vignette versehen, die nur mehr den Hinweis "Neues Treibmittel" enthält, im übrigen jedoch abermals auf blauem Grund eine schützend über eine grüne Weltkugel gehaltene grün konturierte Hand zeigt, und deshalb von den beteiligten Verkehrskreisen auch für sich allein als typisches Umweltsymbol gedeutet werden wird. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes brachte der Hinweis der Beklagten auf das von ihr als "UNO-Ozonschutzkonvention" angesprochene Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht samt Anlagen, BGBl 1988/596 (im folgenden: "Wiener Übereinkommen") nicht zum Ausdruck, daß das nunmehr verwendete Treibgas (die Beklagte vermeidet auch diesen negativ besetzten Begriff und spricht von einem "Treibmittel" die Ozonschicht ebenfalls, wenn auch geringer als die bisher verwendeten Treibgase, belastet. Das Wiener Übereinkommen, welches die Grundlage des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, BGBl 1989/283 (im folgenden: "Montrealer Protokoll") bildet, zählt unter den Stoffen, von denen angenommen wird, daß sie die Fähigkeit haben, die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Ozonschicht zu verändern, in der Gruppe der Chlorverbindungen (lit c) neben den vollständig halogenierten Alkanen (Untergruppe i) auch partiell halogenierte Alkane (Untergruppe ii) auf, zu denen auch das von der Beklagten verwendete Treibgas (CHClF2 (= CFC-22 = Äs Beilage F und Beilage K aus BeiaktÜ F-22) gehört, welches ebenso wie die vollständig halogenierten Alkane als Quelle des stratosphärischen Clox wirkt.

Richtig ist, daß F-22 in der Anlage A des Montrealer Protokolls über die "geregelten Stoffe" (siehe Art 1 Z 4 dieses Übereinkommens) nicht aufgezählt ist und damit von den Regelungsmaßnahmen dieses Vertrages, welche im wesentlichen in einer stufenweisen Begrenzung des Verbrauchs der "geregelten Stoffe" bestehen (Art. 2 des Übereinkommens) derzeit nicht betroffen wird. Daß die Vertragspartner damit "nicht geregelte Stoffe" als nicht gefährlich angesehen hätten, ergibt sich aber aus dem Abkommen nicht; dieses enthält vielmehr die Vereinbarung, erstmals 1990 und dann mindestens alle vier Jahre die in Art 2 vorgesehenen Regelungsmaßnahmen auf der Grundlage verfügbarer wissenschaftlicher, umweltbezogener, technischer und wirtschaftlicher Informationen zu bewerten (Art 6 des Übereinkommens) und bei der Förderung des öffentlichen Bewußtseins über die Auswirkungen der Emissionen geregelter und anderer zu einem Abbau der Ozonschicht führender Stoffe auf die Umwelt zusammenzuarbeiten (Art 9 Abs 2 des Übereinkommens). Die Vereinbarungen des Montrealer Abkommens bringen damit nur zum Ausdruck, daß sich die Vertragsparteien bisher nur auf einen Mindeststandard geeinigt haben, weitergehende Beschränkungen des Verbrauches halogenierter Alkane und anderer die Ozonschicht gefährdender Stoffe aber nicht beschlossen wurden, sind doch selbst voll halogenierte Alkane noch mit sukzessiven Verbrauchsreduzierungen durch viele Jahre zugelassen. Aus all dem ist aber nicht abzuleiten, daß F-22 "der UNO-Ozonschutzkonvention entspricht", zumal es im Wiener Übereinkommen als ein die Ozonschicht (wahrscheinlich) gefährdender Stoff angeführt wird. Das über die einschlägigen internationalen Abkommen (vor allem in den Einzelheiten) nicht informierte Publikum kann aber die Bezugnahme auf "die UNO-Ozonschutzkonvention" ohne nähere Aufklärung dahin verstehen, daß es eine positive Regelung gibt, die zwischen verbotenen gefährlichen und erlaubten umweltverträglichen Stoffen unterscheidet, und daß deshalb F-22 die Ozonschicht nicht gefährdet. Der (dem zitierten Urteil des BGH folgenden) Ansicht des Rekursgerichtes, daß es eine absolute Umweltfreundlichkeit nicht gebe und dies auch den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt sei (so daß sie den Hinweis auf die UNO-Ozonschutzkonvention nicht als Behauptung absoluter Umweltverträglichkeit des verwendeten Treibgases verstehen würden), ist - jedenfalls in dieser Allgemeinheit -, nicht beizustimmen. Bei vielen technischen Erzeugnissen vor allem solchen, die mit einem auch für den Laien erkennbaren Schadstoffausstoß verbunden sind) mag dies zwar zutreffen; bei solchen Erzeugnissen werden die angesprochenen Verkehrskreise die Behauptung der Umweltfreundlichkeit nur relativ verstehen und damit nicht irregeführt werden, wenn das betreffende Produkt in bezug auf Erzeugung, Benützung und Entsorgung tatsächlich die nach dem anerkannten neuesten Stand der Technik umweltfreundlichste Variante ist. Für die Annahme, der Begriff "umweltfreundlich" sei von vornherein nur eingeschränkt zu verstehen, fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt (BaumbachHefermehl aaO Rz 180); diese Frage kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden, da es nicht ausgeschlossen ist, daß einzelne umweltgefährdende Wirkungen eines Erzeugnisses durch neue technische Entwicklungen zur Gänze beseitigt werden, oder zumindest das Publikum eine solche Möglichkeit annimmt. Sind aber gerade solche Eigenschaften Gegenstand einer Werbebehauptung, dann kann es nur auf die "absolute" Umweltfreundlichkeit (bzw die Meinung des Publikums hierüber) ankommen.

Im vorliegenden Fall ist die Ansicht des Rekursgerichtes schon deshalb verfehlt, weil gar nicht feststeht, daß F-22 derzeit die relativ umweltverträglichste Variante eines Treibmittels für Sprays ist; außerdem besteht die Gefahr, daß das Publikum auf Grund der weit verbreiteten Kenntnis, daß Sprays mit Hilfe von Handpumpen sogar ohne Treibmittel benützt werden können, annehmen wird, ein Treibgas, das der "UNO-Ozonschutzkonvention entspricht", sei auch für die Ozonschicht der Erde ungefährlich. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß die Beklagte die beanstandete Aussage mit dem oben beschriebenen, typischen Umweltschutzsymbol verbunden hat. Diese Irreführungsgefahr ist auch nicht dadurch beseitigt worden, daß die Beklagte den beanstandeten Hinweis auf die "UNO-Ozonschutzkonvention" nach dem Verbot durch das Erstgericht nicht mehr gebraucht hat und statt dessen ganz ähnliche Vignetten verwendet, die nur noch den (etwas größer gedruckten) Vermerk "Neues Treibmittel", im übrigen aber das gleiche grüne Umweltsymbol auf blauem Feld enthalten. Beide Aufkleber sind einander so ähnlich, daß Verbraucher, denen die früheren Vignetten bekannt waren - mögen sie den aufgedruckten Text gelesen haben oder nicht -, in der Flüchtigkeit des Verkehrs dem Irrtum unterliegen können, den gleichen Aufkleber wie bisher vor sich zu haben, und daraus schließen, ein umweltverträgliches Erzeugnis zu kaufen, das die Ozonschicht nicht belastet; damit liegt aber der Fall einer "fortwirkenden Irreführung" (vgl dazu Baumbach-Hefermehl aaO 778 § 3 dUWG Rz 53) vor, welche die Beklagte auch dann zu verantworten hätte, wenn die von ihr nunmehr verwendete Vignette als solche nicht zu beanstanden wäre.

Aber auch das trifft hier nicht zu: Verbraucher, die erst jetzt mit den Erzeugnissen der Beklagten in Berührung kommen, können die Ankündigung eines "Neuen Treibmittels" in Verbindung mit dem auffallenden Umweltsymbol mangels näherer Aufklärungen dahin verstehen, daß die Ware nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnis uneingeschränkt umweltfreundlich ist (Baumbach-Hefermehl aaO 432 § 1 dUWG Rz 180). Da dies aber für das von der Beklagten verwendete Treibgas F-22 nicht zutrifft - mag es auch weniger gefährlich sein als vollhalogenierte Alkane -, ist der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 393, 402 EO, 40, 50 ZPO.

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