OGH 1Ob586/90

OGH1Ob586/903.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** OY, Helsinki, Vermon ravirata, Finnland, vertreten durch Dr. Alexander Brauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Peter M***, Kaufmann, Stockerau, Schießstattgasse 9, vertreten durch Dr. Elisabeth Fechter-Petter, Rechtsanwältin in Wien, wegen 27.891,85 Finnmark sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25. Jänner 1990, GZ 5 R 273/89-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 24. Juni 1989, GZ 23 Cg 812/87-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.629,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 771,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten die Zahlung von 27.891,85 Finnmark, "nach Wahl der klagenden Partei umgerechnet zum Devisenkurs Börse Ware Wien am Fälligkeitstag oder am Zahltag", sA als Kaufpreis für an den Beklagten auftragsgemäß in Hamburg ausgelieferte 15.000 Poster des amerikanischen Filmschauspielers David H***. Bei der Auftragsvergabe sei der verrechnete Preis von 1,55 Finnmark/Poster zuzüglich Luftfrachtversandkosten vereinbart worden. Der Beklagte habe ausdrücklich die Ausfolgung der Poster in Hamburg gewünscht.

Der Beklagte wendete ua ein, es sei ein Preis von 0,20 US-Dollar (20 Cent)/Poster vereinbart worden. Außerdem habe er die Auslieferung der Poster in Wien (und nicht wie geschehen in Hamburg) verlangt.

Die klagende Partei repliziert, daß ein Preis von

0,20 US-Dollar/Poster weder vereinbart sei noch einem marktgerechten Preis in Finnland entsprechen würde, daß man lediglich an Kosten ungefähr 0,20 US-Dollar/Poster in Aussicht genommen und der Geschäftsführer der klagenden Partei diesen Betrag in Finnmark (1,55 Finnmark/Poster) zum Zeitpunkt der Verabredung für sich umgerechnet habe, daß sie als finnisches Unternehmen Zahlung in ihrer Landeswährung begehre und der vom Beklagten behauptete vereinbarte Betrag von 0,20 US-Dollar/Poster umgerechnet auf den Zeitpunkt der damaligen Gespräche dem begehrten Betrag entsprechen würde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen sei in Übereinstimmung mit David H*** ein Kaufpreis von 0,20 US-Dollar/Poster und die Lieferung der 15.000 Poster per LKW nach Wien vereinbart worden. Die klagende Partei habe die Poster vereinbarungswidrig per Flugzeug nach Hamburg gebracht, von wo sie der Beklagte nach Wien weiterbefördert habe. Die klagende Partei habe 23.250 Finnmark für die Poster und 4.641,85 Finnmark für die Luftfrachtkosten von Helsinki nach Hamburg fakturiert. Die Parteien hätten eine Rechtswahl zugunsten österreichischen Rechts vorgenommen. Erfüllungsort sei Wien gewesen. Es sei weder vereinbart worden, daß die Fremdwährung bloß Rechnungsgrundlage für eine Forderung in Schillingwährung sein sollte noch daß die Zahlung ausschließlich in US-Dollar zu erfolgen habe. Rechtlich folgerte die Erstrichterin, es sei die Bezahlung des Kaufpreises in US-Dollar vereinbart, aber in Finnmark begehrt worden; trotz Erörterung habe die klagende Partei kein entsprechendes Eventualbegehren gestellt. Luftfrachtkosten könnten schon deshalb nicht zugesprochen werden, weil der Transport (billiger) per LKW hätte durchgeführt werden sollen. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es ließ die Revision zu. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen zur Klagsforderung und teilte im wesentlichen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht gerechtfertigt. Der nicht weiter ausgeführte Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit ist, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO), nicht gegeben. Die Revisionsbehauptung, die "Erläuterung" des Klagevertreters bei der Verhandlungstagsatzung vom 30. November 1988 wäre falsch protokolliert worden, muß schon an der Beweiskraft des Protokolls, gegen das Widerspruch nicht erhoben wurde (§ 215 Abs 1 ZPO), scheitern.

Infolge Rechtswahl der Parteien (§ 35 Abs 1 IPRG) ist österreichisches Recht anzuwenden. Die Streitteile schlossen einen Kaufvertrag über 15.000 Poster und vereinbarten die Bezahlung des Kaufpreises von 0,20 US-Dollar/Poster durch den beklagten inländischen Käufer und Schuldner an dessen Wohnsitz in Wien als Erfüllungsort (§ 905 Abs 1 ABGB) an die ausländische Verkäuferin und Gläubigerin. Es handelte sich um eine echte, aber nicht effektive Fremdwährungsschuld (EvBl 1989/131 = BankArch 1989, 1225;

Schubert in Rummel2, §§ 985-987 ABGB Rz 1 und 3; Reischauer in Rummel2, § 905 ABGB Rz 20; Binder in Schwimann, § 905 ABGB Rz 33 f;

Schuhmacher in Straube, Art. 8 Nr. 8 der 4.EVHGB nach § 361 HGB Rz 1), wie auch die Revision zugesteht (vgl. zum abweichenden Sprachgebrauch zu echten und effektiven Fremdwährungsschulden in der Bundesrepublik Deutschland Karsten Schmidt in Staudinger12, § 244 BGB Rz 6).

Bei einer Fremdwährungsschuld kann vom Gläubiger Zahlung in Schillingwährung begehrt werden - auch bei einer effektiven Fremdwährungsschuld - bei Schuldnerverzug oder bei devisenrechtlichen Hindernissen (EvBl 1989/131; SZ 26/117 = JBl 1954, 199 für den Rechtsfall eines im Ausland gelegenen Zahlungsortes; vgl. auch Schubert aaO, Rz 3) und vom Schuldner bei einer im Inland zahlbaren, echten und nicht effektiven Fremdwährunggeldschuld wie hier durch die § 244 Abs 1 BGB folgende Ersetzungs- oder Lösungsbefugnis des Art. 8 Nr. 8 Abs 1 der

4. EVHGB, wonach der Schuldner die geschuldete Geldleistung in Fremdwährung schuldtilgend durch eine andere, nämlich in Inlandswährung, ersetzen kann (EvBl 1989/131; 8 Ob 527/89; Schubert aaO, Rz 3; Reischauer aaO; Schuhmacher aaO, Rz 3 und 6; Karsten Schmidt aaO, Rz 72 f; Teichmann in Soergel, BGB12 § 244 Rz 31; Heinrichs in Palandt49, § 244 BGB Anm. 3). Durch Art. 8 Nr. 8 der

4. EVHGB soll dem Schuldner die Erfüllung erleichtert werden. Müßte der Schuldner in fremder Währung zahlen, so könnten für ihn Hindernisse bei der Beschaffung des Leistungsgegenstandes, insbesondere wegen Devisenregelungen des ausländischen Staates entstehen; dazu kommt eine Bevorzugung der eigenen Währung (vgl. von Maydell in Münchener Kommentar2, § 244 BGB Rz 40; Teichmann aaO, Rz 28; Brüggemeier in Wassermann, § 244 BGB Rz 1). Eine Befugnis des Schuldners, in irgendeiner Währung seiner Wahl zu bezahlen, besteht nicht, weil ihm ja kein Wahlrecht iS des § 906 ABGB zusteht (SZ 53/158; Schuhmacher aaO, Rz 6; vgl. auch Karsten Schmidt aaO, Rz 72 ff). Gerät der Schuldner wie hier in Verzug, kann der Gläubiger wählen, ob in der vereinbarten Fremdwährung (hier US-Dollar) oder in inländischer Schillingwährung (Gegenwert des US-Dollar-Fremdwährungsbetrages in Schilling) und letzterenfalls, ob zum Kurs des Verfalls- oder des Zahlungstages gezahlt werden soll (EvBl 1989/84 = WBl. 1989, 127 = BankArch 1989, 735 mit Anm. von Schuhmacher; EvBl 1989/131; JBl 1981, 645; 8 Ob 527/89; Stanzl in Klang2 IV/1, 728 ff, 743; Schubert aaO, Rz 3 und 4; Schuhmacher aaO, Rz 7 und 11). Geldschulden verschiedener Währungen sind ihrem Leistungsgegenstand nach nicht identisch (Karsten Schmidt aaO, Rz 73). Eine geschuldete Fremdwährung ist daher weder für den Schuldner noch für den Gläubiger durch eine andere Fremdwährung substituierbar.

Die klagende Partei begehrte hier trotz vereinbarter Bezahlung der Kaufpreisschuld in US-Dollar den Schillinggegenwert einer anderen Fremdwährungsschuld, nämlich eines in Finnmark angegebenen Betrages, wofür aber weder Art. 8 Nr. 8 der 4.EVHGB noch sonst eine Bestimmung eine Rechtsgrundlage bietet. Es besteht eben mangels ausdrücklicher Vereinbarung kein Wahlrecht des Gläubigers auf Zahlung in einer Währung seiner Wahl. Der klagende Gläubiger verlangt daher eine andere als die geschuldete Leistung. Wenn der Kläger ausdrücklich oder auch schlüssig zum Ausdruck bringt, daß es ihm nicht um die Bezahlung einer bestimmten Valuta, sondern um die Leistung eines Geldbetrages schlechthin zu tun ist, kann zwar das Gericht den Urteilsspruch von Amts wegen dem maßgeblichen Währungsrecht anpassen (ZVR 1974/220; RZ 1966, 124; SZ 26/117; 6 Ob 622/87, 9 Ob A 120/87; Schubert aaO, Rz 4; Reischauer aaO; Schuhmacher aaO, Rz 11; Fasching III 25; zu wenig differenzierend Binder in Schwimann aaO, Rz 54 unter Hinweis auf SZ 26/117, eine Währungsumstellung sei zivilprozessual auf jeden Fall auch noch im Rechtsmittelverfahren zulässig); die Erklärung, sich nicht auf eine bestimmte Währung festlegen zu wollen, kann trotz des Neuerungsverbotes auch noch im Rechtsmittelverfahren abgegeben werden (SZ 26/117 mwN; 6 Ob 622/87 ua). Vorliegend hat jedoch die klagende Partei trotz Erörterung der Währungsfrage in der Verhandlungstagsatzung vom 7.März 1989 (§ 182 ZPO) vorgebracht, daß sie als finnisches Unternehmen Zahlung in ihrer Landeswährung begehre und damit ausdrücklich zu erkennen gegeben, daß sie nur in Geld bestimmter Währung (Finnmark) bezahlt werden will, daß es ihr auf eine bestimmte Fremdwährung sehr wohl ankommt, offenbar, weil sie - vielleicht nicht zu Unrecht - befürchtete, daß bei den schwankenden US-Dollarkursen der Schillinggegenwert geringer sei als bei den Finnmarkkursen. Schon daran müßte das erstmals in der Revision erhobene und damit unzulässige Eventualbegehren scheitern, der Beklagte sei schuldig, 3.000 US-Dollar für die Poster und 4.641,85 Finnmark für die Luftfrachtkosten von Helsinki nach Hamburg, umgerechnet zum Devisenkurs Börse-Ware-Wien am Fälligkeitstag (1.Mai 1987) oder am Zahl(ungs)tag sA zu zahlen. Bezüglich des behaupteten Anspruches auf Ersatz der Luchtfrachtkosten von Helsinki nach Hamburg kann es mit dem Hinweis auf die zutreffenden Erwägungen der zweiten Instanz, die klagende Partei habe die verlangte Leistung (Versendung der Ware nach Wien) nicht erbracht und deshalb auch keinen Ersatzanspruch sowie darauf sein Bewenden haben, daß das Revisionsvorbringen, es sei die Lieferung von Poster nach Hamburg vereinbart worden, feststellungswidrig ist. Die Vorinstanzen haben deshalb frei von Rechtsirrtum das Klagebegehren abgewiesen. Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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