OGH 2Ob603/90

OGH2Ob603/9026.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Regina S***, geboren am 2.Juni 1989, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 9.Mai 1990, GZ 44 R 289/90-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 19.Februar 1990, GZ 13 P 247/89-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die mj. Regina S*** ist die uneheliche Tochter des Franz Max H*** und der Pauline K***. Franz Max H*** befindet sich seit 12.12.1989 in der Strafvollzugsanstalt Sonnberg; als voraussichtliches Strafende war der 23.5.1990 vorgesehen. Mit Beschluß vom 19.2.1990 (ON 6 dA) gewährte das Erstgericht der mj. Regina S*** gemäß § 4 Z 3 UVG für die Zeit vom 1.12.1989 bis 31.5.1990 einen monatlichen Unterhaltsvorschuß in der jeweiligen Höhe nach § 6 Abs 2 UVG, weil dem Unterhaltsschuldner seit 12.12.1989 die Freiheit entzogen sei und er deshalb seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen könne.

Dem vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen diesen Beschluß insoweit, als die Unterhaltsvorschüsse bereits für Dezember 1989 und nicht erst ab 1.1.1990 gewährt wurden, erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge, wobei es aussprach, daß der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Nach § 8 UVG seien Vorschüsse ausnahmslos vom Beginn des Antragsmonats zu gewähren. Alle im Unterhaltsvorschußverfahren für die Gewährung und Einstellung maßgeblichen Ereignisse (vgl. §§ 19 Abs 1 und 20 Abs 2 UVG) würden monatsbezogen erfaßt. Eine Quotierung sei abgelehnt worden, sodaß auch dann, wenn das die Bevorschussung auslösende Ereignis (im vorliegenden Fall die Haft) erst am letzten Tag des Monats eingetreten und der Vorschußantrag noch an diesem Tag bei Gericht eingelangt sei, die Vorschüsse rückwirkend ab dem Monatsersten und nicht erst für den Folgemonat zustünden. Der von einem Teil der Judikatur vertretenen Rechtsmeinung, bei Haftvorschüssen nach § 4 Z 3 UVG könne von diesem Prinzip im Hinblick darauf abgegangen werden, daß der Unterhaltsschuldner nach § 1418 ABGB verpflichtet sei, den Unterhalt zum Monatsersten im vorhinein zu bezahlen und er im Falle seiner Verhaftung nach diesem Termin jedenfalls nicht gehindert gewesen sei, seine Unterhaltsschuld bereits am Monatsersten zu erfüllen (EFSlg. 51.905, 57.514 ua), vermöge sich das Rekursgericht im Sinne der ständigen Rechtsprechung der Wiener Rechtsmittelsenate nicht anzuschließen, weil § 8 UVG nicht zwischen den unterschiedlichen Vorschußarten differenziere und demnach für alle Vorschußformen gelte. Jeder Unterhaltsvorschuß habe zur Voraussetzung, daß der Unterhaltsschuldner von seinem, vor allem durch die §§ 140, 1418 ABGB bestimmten Sollverhalten abgewichen sei. Es sei daher auch bei dem Unterhaltsvorschuß nach § 4 Z 3 UVG die Gewährung mit Beginn des Monates anzusetzen, in dem der Haftantritt liege (EFSlg. 57.515 f; Knoll, UVG in ÖA, 9. Lieferung, März 1989, Rz 3 zu § 8). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Judikaturansätze sei jedoch die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof auszusprechen gewesen.

Gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Vorschußbegehrens für Dezember 1989 abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 14 Abs 1 AußStrG, Art. XLI Z 8 WGN 1989), aber nicht berechtigt.

In seinem Revisionsrekurs vertritt der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien im Sinne der vom Rekursgericht abgelehnten Rechtsprechung eines Teiles der Rekursgerichte die Ansicht, die Bestimmung des § 8 UVG rechtfertige die Gewährung von Vorschüssen nach § 4 Z 3 UVG ab Beginn des Antragsmonates nur dann, wenn die Voraussetzungen für einen Vorschuß nach § 4 Z 3 UVG in diesem Monat überhaupt vorgelegen seien, was hier aber nicht der Fall sei, weil der Unterhaltspflichtige erst am 12.12.1989 in Haft genommen worden sei, er jedoch bis dahin nicht gehindert gewesen sei, seiner ihm auferlegten Unterhaltspflicht nachzukommen. Dem ist folgendes zu entgegnen:

Die Bestimmung des § 8 UVG regelt - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - den Beginn der Vorschußgewährung unabhängig von der Art des Anspruchsgrundes - für alle Vorschußformen einheitlich - mit dem Beginn des Antragsmonates. Selbstverständlich erfordert jede Vorschußgewährung die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen, im vorliegenden Fall daher die Unfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, seine Unterhaltspflicht wegen des Freiheitsentzuges zu erfüllen. Diese von den Vorinstanzen - offenbar unter Berücksichtigung des Schreibens des Vaters der Minderjährigen vom 8.1.1990 im Zusammenhang mit dem Umstand, daß Franz H*** zur Zeit des Vergleichsabschlusses arbeitslos war - bejahte Unfähigkeit steht in keinem Zusammenhang mit der Frage der Fälligkeit der Alimente. Aus der bloß die Fälligkeit von Alimenten regelnden Bestimmung des § 1418 Satz 2 ABGB läßt sich somit für die von den Rechtsmittelinstanzen unterschiedlich beantworteten Frage des Beginnes der nach § 4 Z 3 UVG zu gewährenden Vorschüsse nichts gewinnen. Da bei jeder zu einer Bevorschussung führenden Unterhaltsschuld ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 1418 ABGB gegeben ist, erscheint es nicht gerechtfertigt, bei der Gewährung von Haftvorschüssen hinsichtlich des Beginnes der Leistung eine Ausnahme von der Regelung des § 8 UVG zu machen. Der erkennende Senat billigt daher die vom Rekursgericht unter Hinweis auf Knoll (Kommentar zum UVG, Rz 3 zu § 8) vertretene Rechtsauffassung. Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als nicht berechtigt.

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