Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des nunmehr 38-jährigen Heimo Ignazius E*** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB angeordnet, weil er unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, die im Urteilsspruch unter den Punkten I/, II/1 und 2 sowie III/1 bis 5 im einzelnen bezeichneten Taten begangen hat, die ihm außerhalb dieses Zustandes als (zu I/) das Verbrechen der Vorbereitung eines Verbrechens durch Sprengmittel nach § 175 StGB, (zu II/) das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB und (zu III/) das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 (höherer Strafsatz) StGB zuzurechnen wären und die (jeweils) mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
Der Betroffene bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung.
Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer, daß das Schöffengericht den von ihm in der Hauptverhandlung vom 19. Feber 1990 gestellten Antrag, ihn zum Beweis dafür, daß seine weitere Anhaltung nicht notwendig ist, unverzüglich durch einen (vom beigezogenen Sachverständigen Prof. Dr. P*** verschiedenen) Sachverständigen neuerlich psychiatrisch untersuchen und begutachten zu lassen (S 34/Bd III), abgewiesen hat (S 35/Bd III). Wie sich aus dem zur Begründung des in Rede stehenden Antrages angeführten Beweisthema - von dem auch die Beschwerde (zutreffend) ausgeht - ergibt (vgl abermals S 34/Bd III), bezog sich die begehrte Beweisaufnahme nicht auf die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB, sondern ausschließlich auf die Gefährlichkeitsprognose. Die Entscheidung darüber ist aber nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern allein mit Berufung bekämpfbar (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 E 1 ff zu § 433). Durch die Abweisung des Antrages auf Beiziehung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigen konnte daher vorliegend eine Nichtigkeit im Sinn der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO nicht bewirkt werden; mit dem bezüglichen Beschwerdevorbringen wird vielmehr der Sache nach ein Berufungsgrund releviert, auf welchen bei der Entscheidung über die (vom Betroffenen ohnedies auch erhobene) Berufung einzugehen sein wird.
In der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer in bezug auf die ihm laut den Punkten I/ und II/1 und 2 angelasteten Anlaßtaten eine undeutliche, unvollständige, unzureichende und aktenwidrige Begründung geltend, wobei allerdings der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, worin die behauptete Undeutlichkeit gelegen sein soll; inhaltlich reduzieren sich die Beschwerdeausführungen daher auf den Vorwurf einer unvollständigen, unzureichenden und aktenwidrigen Begründung, die indes dem Urteil in bezug auf die bekämpften Aussprüche nicht anhaftet.
Unter Punkt I/ wird dem Beschwerdeführer als Anlaßtat angelastet, daß er Anfang Mai 1989 in Kufstein in der Absicht, sich die Begehung einer nach § 173 StGB mit Strafe bedrohten Handlung zu ermöglichen, 330 Gramm Schwarzpulver und eine von ihm selbst zu einem nicht näher erhobenen Zeitpunkt angefertigte, zur Benützung des Schwarzpulvers (zu ergänzen: als Sprengmittel) vorgesehene Sprengvorrichtung besessen hat.
Daß der Beschwerdeführer diese Vorrichtung in der Absicht angefertigt hat, sich dadurch die Begehung einer vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel (§ 173 StGB) zu ermöglichen - und nur gegen diesen Ausspruch wendet sich die Mängelrüge -, hat das Erstgericht formal mängelfrei begründet, indem es sich nicht nur auf die festgestellte Handlungsweise als solche bezog, sondern auch auf das (ua durch Vorstrafen wegen versuchter Nötigung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung an Dr. Margit K*** charakterisierte) Vorleben des Beschwerdeführers und dessen (aktenkundiges) Gesamtverhalten gegenüber Dr. Margit K*** (US 18). Von einer bloßen Scheinbegründung, wie sie die Beschwerde behauptet, kann daher nicht gesprochen werden.
Die Anlaßtat unter Punkt II/ erblickte das Schöffengericht darin, daß der Beschwerdeführer die Dr. Margit K*** gefährlich mit dem Tode bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er
1. am 15.Feber 1988 von Kiefersfelden/BRD aus ein Schreiben an sie richtete, in welchem er sich als Stefan Z*** ausgab, das Schreiben mit Z*** unterfertigte und darin folgendes äußerte: "Ich glaube, Heimo 'erschießt' Sie jedesmal, wenn er ein Foto von Ihnen macht; diese symbolischen Mordanschläge machen ihm seine psychischen Qualen erträglich; ich selbst befürchte aber, ja ich bin mir dessen sicher, daß es eines Tages nicht mehr beim Fotoapparat bleibt;
... er zeigt ein düsteres Verhalten, spricht kaum noch mit seinen
Freunden, verkriecht sich in seine Werkstatt und bastelt an
irgendwelchen mysteriösen Dingen herum; auch seine Bemerkungen, daß
seine psychischen Qualen nun bald ein Ende hätten, sind nicht dazu
angetan, sich keine Sorgen zu machen; ... es wäre ein guter Anfang
und würde irgendeinen geplanten Blödsinn von der Durchführung abhalten; wir werden auch nicht mehr tatenlos zusehen, wie unser Freund in eine Katastrophe rennt!";
2. am 25.April 1989 in Kufstein zu ihr äußerte: "Drecksau, du weißt eh', daß du nur mehr drei Wochen zu leben hast; ich persönlich werde dir den Hals umdrehen, ja das wird das Beste sein, ich persönlich werde es tun".
Das Schöffengericht gelangte zur Überzeugung, daß es sich in beiden Fällen um jeweils ernst gemeinte Todesdrohungen gehandelt hat und daß es dem Beschwerdeführer (jeweils) darauf angekommen ist, Dr. Margit K*** dadurch in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei die Genannte auch tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wurde (US 16).
Nur die beiden zuletzt angeführten Aussprüche bekämpft die Mängelrüge mit dem (der Sache nach eine Unvollständigkeit reklamierenden) Einwand, die Zeugin Dr. K*** habe in der Hauptverhandlung "zugestanden", nach der Bedrohung am 25.April 1989 Tennis gespielt und erst anschließend die Anzeige erstattet zu haben; "all dies" lasse - so meint der Beschwerdeführer - weder den Schluß zu, daß Dr. K*** tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt worden ist, noch daß es ihm darauf angekommen ist, die Genannte in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 107 Abs 1 StGB ist nicht erforderlich, daß die bedrohte Person tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt worden ist; genug daran, daß der Täter mit einer darauf abzielenden Absicht handelt. Soweit sich die Beschwerde gegen die Feststellung wendet, daß Dr. Margit K*** durch die Tathandlung des Beschwerdeführers wirklich in Furcht und Unruhe versetzt worden ist, betrifft die Rüge demnach keine für die Entscheidung über die Schuld oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache. Daß der Beschwerdeführer aber mit der für den subjektiven Tatbestand der gefährlichen Drohung essentiellen Absicht gehandelt hat, konnten die Tatrichter formal mängelfrei aus einer Gesamtwürdigung seines Verhaltens erschließen, wogegen die Beschwerde an sich auch nichts ins Treffen zu führen vermag.
Was letztlich die behauptete Aktenwidrigkeit anlangt, so bezieht sie sich (gleichfalls) nicht auf eine entscheidende Tatsache; denn für die Beurteilung des Tatgeschehens vom 15.Feber 1988 ist es ohne Belang, ob der Beschwerdeführer damals in Oberaudorf oder in Kufstein gewohnt hat.
Die Mängelrüge geht somit zur Gänze fehl.
Mit der allein gegen die ihm im Punkt I/ angelastete Anlaßtat (Vorbereitung eines Sprengmittelverbrechens) erhobenen Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder vermag der Beschwerdeführer erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellung, wonach er es war, der die in seinem Zimmer (am 30.Mai 1989) vorgefundene, in eine Hose eingewickelte Sprengvorrichtung angefertigt hat, und wonach er mit der für den Tatbestand des § 175 StGB erforderlichen Absicht gehandelt hat (US 18, 19), nicht aufzuzeigen. Weder der von der Beschwerde ins Treffen geführte Umstand, daß die in Rede stehende Sprengvorrichtung bei der am 5.Mai 1989 durchgeführten Hausdurchsuchung (bei welcher die Gendarmeriebeamten lediglich den Auftrag hatten, nach der Durchschrift eines Leserbriefes, nach der zu dessen Anfertigung verwendeten Schreibmaschine und nach sonstigen mit der Abfassung dieses Briefes zusammenhängenden Beweismitteln zu suchen; vgl US 19 iVm ON 2 in ON 3) nicht vorgefunden wurde, noch auch die weiters in der Beschwerde angestellte Überlegung, seit der Herstellung dieser Vorrichtung müßten zwei Jahre vergangen sein, weshalb es "am zeitlichen Zusammenhang" fehle, sind - berücksichtigt man die aktenkundigen Verfahrensergebnisse in ihrer Gesamtheit - geeignet, jene schwerwiegenden Bedenken gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung (vgl abermals US 18, 19) aufkommen zu lassen, auf welche der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO abstellt.
Auch der Tatsachenrüge kommt demnach keine Berechtigung zu. Was schließlich die - abermals allein auf die im Punkt I/ bezeichnete Anlaßtat bezogene - Rechtsrüge (Z 9 lit a) betrifft, so geht sie nicht vom festgestellten Urteilssachverhalt aus. Hat doch das Schöffengericht nicht, wie dies der Beschwerdeführer vermeint, eine generelle Funktionsunfähigkeit der Sprengvorrichtung konstatiert, sondern vielmehr festgestellt, daß die verfahrensgegenständliche Sprengvorrichtung unter der Voraussetzung des Einsatzes einer entsprechenden Stromquelle mit mindestens 1,5 Volt - und nur diese war noch nicht vorhanden - als funktionstüchtig angesehen werden kann und daß zum Zeitpunkt der kriminaltechnischen Untersuchung (lediglich) die Zündquelle defekt war, weshalb bei Aktivierung des Auslösemechanismusses keine explosive Umsetzung des Sprengstoffes stattgefunden hatte (US 18). Indem die Beschwerde diese Urteilskonstatierungen negiert, führt sie den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß aus.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung des Betroffenen gemäß § 285 i StPO - welche Bestimmung immer dann gilt, wenn der Oberste Gerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung die Nichtigkeitsbeschwerde zurückweist, mag diese auch gemäß § 433 Abs 1 StPO in (bloß) sinngemäßer Anwendung des § 281 StPO erhoben worden sein - der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist.
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