OGH 16Os30/90

OGH16Os30/9021.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.September 1990 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und Dr. Müller sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wachberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kian A*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 18.Juni 1990, GZ 19 Vr 487/89-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an den Einzelrichter des Kreisgerichtes Leoben verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 41-jährige Kian A*** des Verbrechens des (versuchten) Diebstahls (durch Einbruch) nach §§ 127, 129 Z 1 und § 15 StGB (richtig: nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB) schuldig erkannt und hiefür zu einer (gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in Gesellschaft als Beteiligter mit dem abgesondert verfolgten und bereits rechtskräftig abgeurteilten Rudolf L*** und dem abgesondert verfolgten Walter E*** versucht, fremde bewegliche Sachen in unbekanntem Wert nachgenannten Geschädigten durch Einbruch mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. an einem nicht näher bekannten Tag zu Jahresende 1986 in Salzburg durch gewaltsames Eindringen nach Aufschneiden eines Maschendrahtzaunes der Umzäunung des Supermarktes P*** Bargeld in unbekannter Höhe;

2. an einem nicht näher bekannten Tag zu Jahresende 1986 in Alt Aussee durch gewaltsames Eindringen in das Sparkassengebäude Alt Aussee Bargeld in unbekannter Höhe.

Von einem weiteren Anklagevorwurf (in Richtung der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB) wurde Kian A*** hingegen gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Während dieser Freispruch in Rechtskraft erwachsen ist, wird der Schuldspruch vom Angeklagten mit einer auf die Z 1, 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes beschlossen der Beschwerdeführer und die mit ihm seit längerer Zeit bekannten Walter E*** und Rudolf L*** zum Jahresende 1986 die Verübung eines Einbruchsdiebstahls in den P***-Markt in Salzburg, weil sie gemeinsame finanzielle Schwierigkeiten hatten. Die Einzelheiten besprach der Beschwerdeführer mit dem derzeit flüchtigen Walter E***. An einem nicht bekannten Tag zu Jahresende 1986 trafen sich alle drei Genannten in Salzburg, wo L*** sein Einbruchswerkzeug in Taschen mit hatte und diese im Bus des Beschwerdeführers verstaute. Vereinbart war, daß L*** den Einbruchsdiebstahl durchführt, während der Beschwerdeführer und E*** Aufpasserdienste leisten und dazu auch ein Funkgerät beützen sollten; der Beschwerdeführer hatte überdies die Aufgabe, eine allfällige Beute mit seinem Fahrzeug (einem Nissan-Bus) abzutransportieren. Am Abend des betreffenden Tages fuhren die drei Genannten mit dem Bus des Beschwerdeführers zum P***-Markt. Während der Beschwerdeführer und E*** beim Bus blieben, begab sich L*** mit einem Funkgerät und einem Bolzenschneider zu der aus Maschendraht bestehenden Umzäunung des Kaufhausareals und schnitt diese durch. Da er jedoch frische Fußspuren im Schnee sah, nahm er an, der Wachdienst werde bald wieder vorbeikommen, weshalb er sein Vorhaben aufgab und zum Bus zurückkehrte, wo er aber nur E*** antraf. Den Beschwerdeführer trafen E*** und L*** erst in etwa 200 m Entfernung an, wobei er das Funkgerät zwar bei sich, dessen Antenne jedoch eingezogen hatte (US 4, 5).

Einen Tag später fuhren L***, E*** und der Beschwerdeführer nach Alt Aussee, da sie vereinbart hatten, gemeinsam in der Sparkasse Alt Aussee einen Tresoreinbruch zu verüben. Der Beschwerdeführer paßte in der Nähe des Tatortes auf, während E*** gemeinsam mit L*** versuchte, die Alarmanlage außer Funktion zu setzen, indem sie einige Drähte mit einem Seitenschneider durchtrennten. Das Einbruchswerkzeug befand sich wieder im Kleinbus des Beschwerdeführers, mit dem alle drei zum Tatort gekommen waren. Am nächsten Tag trafen sich die drei Genannten wieder, um beim Schaltkasten Nachschau zu halten. Während der Beschwerdeführer im Auto sitzen blieb, stellten E*** und L*** fest, daß der Draht wieder repariert war, worauf es zu keinem weiteren Einbruchsversuch kam (US 7, 8).

Der Beschwerdeführer hatte sich von Anfang an dahin verantwortet, daß er weder in Salzburg noch in Alt Aussee an einem Einbruchsversuch des E*** und des L*** mitgewirkt habe. Er habe im Jänner 1987 einmal in den Abendstunden E*** und L*** aus Gefälligkeit mit seinem Bus nach Salzburg in die Nähe des P***-Marktes geführt, wobei ihm die beiden gesagt haben, daß sie dort in einer Wohnung Pfuscharbeiten durchführen. Er habe weder Einbruchswerkzeuge gesehen noch davon gewußt, daß ein Einbruchsdiebstahl beabsichtigt sei; daher habe er auch nicht mit einem Funkgerät Aufpasserdienste geleistet. Nachdem E*** und L*** ausgestiegen waren, sei er mit seinem Wagen wieder zu seiner Wohnung gefahren; nach etwa 45 Minuten sei er wieder zum P***-Markt zurückgekehrt, um E*** und L*** abzuholen, wobei er die beiden auf der Straße angetroffen und wieder zu seiner Wohnung gebracht habe (S 221, 223; 308, 309; 379 f; 412 f). Weiters sei er einmal mit E*** und L*** nach Alt Aussee gefahren, wo er nächst des Postamts sein Fahrzeug parkte und ein Restaurant aufsuchte, während sich E*** und L*** mit Werkzeugtaschen entfernten. Die beiden seien nach etwa 5 bis 10 Minuten in das Restaurant nachgekommen, wobei er nicht sagen könne, was sie in der Zwischenzeit gemacht haben. Er habe auch in diesem Fall weder von einem Einbruchsversuch gewußt noch bei einem solchen Aufpasserdienste geleistet (S 223; 380; 413 f).

Das Erstgericht erachtete diese Verantwortung auf Grund der als glaubwürdig beurteilten belastenden Angaben des (inzwischen rechtskräftig abgeurteilten und zuletzt im Verfahren gegen den Beschwerdeführer als Zeugen vernommenen) Rudolf L*** für widerlegt (US 5 ff, 8 f).

Rechtliche Beurteilung

In der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer demgegenüber zutreffend geltend, daß das Erstgericht im Urteil die Bekundungen der Zeugin Maria A*** - die ausgesagt hat, daß der Beschwerdeführer im Jänner 1987 einmal L*** und E*** über deren Wunsch nach Salzburg in die Nähe des P***-Marktes, wo sie eine Reparatur vorzunehmen hätten, geführt habe, nach ca 1/2 Stunde allein zurückgekommen sei und die beiden sodann nach ca 1 Stunde wieder abgeholt habe (S 382 ff, verlesen in der letzten Hauptverhandlung S 426), womit sie die diesbezügliche Darstellung des Beschwerdeführers bestätigte - völlig übergangen hat, wiewohl diese Bekundungen für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers (und damit auch der Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen L***, auf dessen - im Laufe des Verfahrens im übrigen abgeschwächten - Angaben allein der Schuldspruch in beiden Punkten gestützt wird) von Bedeutung sind. Dem Urteil haftet daher eine Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen an, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Tatrichter bei Berücksichtigung der in Rede stehenden Aussage der Zeugin A*** insgesamt zu einer anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Würdigung der Verfahrensergebnisse gelangt wären.

Der sohin unterlaufene (gravierende) Begründungsmangel zwingt zur Kassierung des Schuldspruchs, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht. Nur der Vollständigkeit halber sei zur Rüge aus der Z 1 des § 281 Abs. 1 StPO darauf verwiesen, daß mit der Behauptung, das Urteil sei zu Unrecht von einem Schöffengericht anstatt von einem Einzelrichter gefällt worden, eine nicht gehörige Besetzung des Gerichtes nicht dargetan wird (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 15 zu § 281 Z 1). Da die Verurteilung und Entscheidung über die dem Beschwerdeführer angelastete strafbare Handlung, auf welche sich die Anordnung der Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz bezieht, dem Einzelrichter obliegt (§ 13 Abs. 2 StPO), war die Sache in sinngemäßer Anwendung des § 288 Abs. 2 Z 3 aE StPO (iVm der Z 1 der zitierten Gesetzesstelle) an den Einzelrichter zu verweisen (vgl auch Mayerhofer-Rieder aaO ENr 49a zu § 288), zumal dieser Vorgangsweise im gegebenen Fall auch die Bestimmung des § 219 StPO nicht zwingend entgegensteht (SSt 50/74).

Im erneuerten Verfahren wird im übrigen (auch) zu berücksichtigen sein, daß weder die Leistung von Aufpasserdiensten noch auch die vorab gemachte Zusage, beim Abtransport der Diebsbeute behilflich zu sein, unmittelbare Diebstahlstäterschaft zu begründen vermag; seit der Aufhebung des § 127 Abs. 2 Z 1 StGB (durch das StRÄG 1987) sid derartige Verhaltensweisen vielmehr als Beitragstäterschaft gemäß § 12 dritter Fall StGB zum Diebstahl des diesen unmittelbar ausführenden Täters zu beurteilen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die auch den Strafausspruch erfassende kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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