OGH 10ObS272/90

OGH10ObS272/9018.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Johannes Rudda und Dr.Franz Trabauer (beide AG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois B***, Landwirt, 3842 Thaya, Schirnes 2, vertreten durch Dr.Karl Zerner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** DER B*** (L*** NÖ/W***) Wien

3., Ghegastraße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.März 1990, GZ 34 Rs 274/89-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 22.September 1989, GZ 15 Cgs 144/89-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß der Kläger noch nicht erwerbsunfähig iS des § 124 Abs 2 BSVG ist, weil er den Betrieb trotz Verminderung seiner Leistungsfähigkeit noch rentabel hätte weiterführen können, ist richtig (§ 48 ASGG). Ergänzt sei:

Rechtliche Beurteilung

Die persönliche Arbeitsleistung des Klägers war zur Aufrechterhaltung des ihm und seiner Ehegattin je zur Hälfte gehörenden Familienbetriebes, der den Einsatz von 2,5 Arbeitskräften erforderte und in dem neben dem Kläger dessen Ehegattin und der erwachsene Sohn (und nunmehrige Pächter), mitarbeiteten, unbestrittenermaßen erforderlich.

Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung SSV-NF 2/70 zu § 133 Abs 2 GSVG ausgeführt hat, unterscheiden sich die in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen von unselbständig beschäftigten Personen wesentlich dadurch, daß sie ihr Unternehmen selbständig und eigenverantwortlich leiten, dessen Aufgaben planen und durchführen und deshalb ihren Betrieb selbständig organisieren können. In diesem Sinne hat das Oberlandesgericht Wien in den Entscheidungen SSV 21/51, SVSlg 30.685 und 30.687 zutreffend darauf hingewiesen, daß ein selbständig Erwerbstätiger die durch seine Leiden bedingten Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit (in gewissem Ausmaß) durch die wirtschaftlich zumutbare Verwendung von Hilfskräften oder durch eine andere Verwendung derselben ausgleichen könne. Diese Überlegungen gelten auch für in der Land- und Forstwirtschaft selbständig Erwerbstätige (12.6.1990 10 Ob S 257/89). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß der Kläger noch alle leichten und mittelschweren, während einer Stunde pro Arbeitstag auch schwere Arbeiten in jeder Körperhaltung verrichten kann. 75 % aller im Betrieb anfallenden Arbeiten sind leicht oder mittelschwer, die restlichen 25 % Schwerarbeit.

Daraus folgt, daß der Kläger nicht den Gesamtausfall seiner Arbeitskraft, sondern nur seinen Ausfall bei einem Großteil der schweren Arbeiten ausgleichen muß, die jedoch insgesamt nur 1/4 aller anfallenden Arbeiten ausmachen. Ein solcher Ausgleich muß jedoch im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, in dem drei erwachsene Familienmitglieder mitarbeiteten, bei entsprechender Arbeitsorganisation möglich sein (ähnlich SSV-NF 3/110). Nach der letztzitierten Entscheidung des erkennenden Senates darf übrigens dem Sozialversicherungsträger nicht zur Last fallen, daß die Arbeitskraft eines Familienmitgliedes nicht mehr zur Verfügung steht und eine Fremdarbeitskraft aus den Erträgnissen desselben nicht bezahlt werden kann. Sonst läge nämlich auch bei völliger Arbeitsfähigkeit des Betriebsführers Erwerbsunfähigkeit vor. Es kommt daher nicht darauf an, ob aus den Erträgnissen des Betriebes eine Fremdarbeitskraft bezahlt werden kann. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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