OGH 1Ob647/90

OGH1Ob647/9012.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter M***, Pensionist, Hallein, Egglriedlweg 1, vertreten durch Dr. Alexander Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** H***, Hallein, Schöndorferplatz 2, vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, wegen Feststellung (Streitwert S 500.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. April 1990, GZ 1 R 315/89-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25. September 1989, GZ 6 Cg 191/89-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte zuletzt die Feststellung, die beklagte Partei sei nicht Eigentümerin der laut beiliegendem Plan (Beilage A) unter der Liegenschaft EZ 144 KG Hallein befindlichen Stollenanlage, Eigentümer der Stollenanlage sei vielmehr der jeweilige grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 144 KG Hallein. Er brachte vor, er sei bücherlicher Eigentümer dieser Liegenschaft im Gesamtausmaß von 56.220 m2. Unterhalb dieser Grundfläche befinde sich das sog. "Grill-Stollensystem" im Ausmaß von etwa 6.000 m2 laut beiliegendem Lageplan (Beilage A). Die Stollenanlage sei 1943/44 errichtet worden. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges seien das Benützungsrecht des Deutschen Reiches und auch ein allfälliger Benützungstitel der Republik Österreich erloschen. Letztere habe erklärt, keine Ansprüche auf die Stollenanlage zu erheben. Der Kläger sei als Grundeigentümer auch Eigentümer der unterhalb seiner Liegenschaft befindlichen Stollenanlage. Mit Schreiben vom 22.August 1988 habe die beklagte Partei das Eigentum an der Stollenanlage beansprucht, wogegen er die beklagte Partei aufgefordert habe, sein Eigentum an dieser Anlage anzuerkennen. Dies sei nicht geschehen. Die beklagte Partei wendete ein, es sei zwar richtig, daß sich unterhalb der dem Kläger gehörigen Liegenschaft EZ 144 KG Hallein Teile des Grill-Stollensystems befänden. Der Kläger übersehe jedoch, daß sich bei weitem nicht die gsamte Stollenanlage unterhalb seines Grundstückes befinde. Aus dem vom Kläger vorgelegten Plan sei nicht ersichtlich, mit welchen Teilen die Stollenanlage unter seinem Grundstück liege. Unabhängig davon sei aber davon auszugehen, daß nicht der Kläger, sondern die beklagte Partei als Eigentümer des Grill-Stollensystems anzusehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem vorgelegten Lageplan (Beilage A) könne nicht entnommen werden, wo die Grenzen der Liegenschaft des Klägers verlaufen. Der Lageplan sei aber integrierender Bestandteil des Klagebegehrens. Dies habe der Verhandlungsrichter mit den Parteien in erster Instanz unter dem Gesichtspunkt der Unschlüssigkeit des Klagebegehrens erörtert, der Kläger habe jedoch dessen Änderung abgelehnt, sondern lediglich die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Vermessungswesen zum Beweis dafür beantragt, daß sich Teile der Stollenanlage unter seiner Liegenschaft befänden. Das Klagebegehren sei daher wegen Unschlüssigkeit abzuweisen. Der Lageplan sei nicht geeignet, um darauf die begehrte Feststellung zu stützen. Von einer Beiziehung des beantragten Sachverständigen sei schon deshalb abzusehen, weil damit ein reiner Erkundungsbeweis aufgenommen werden würde. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Jede Klage, auch die Feststellungsklage, müsse ein bestimmtes Begehren enthalten. Ein unbestimmtes Klagebegehren könne niemals zur Grundlage eines stattgebenden Urteiles gemacht werden. Feststellungsbegehren seien dann genügend bestimmt, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis oder Recht inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet sei. Nicht genüge etwa das Begehren auf Feststellung eines dem Kläger zustehenden dinglichen Rechtes. Demgemäß ermangle das vom Kläger ohnedies bereits modifizierte Klagebegehren noch immer der erforderlichen Bestimmtheit. Der Kläger habe den Lageplan (Beilage A) ausdrücklich zum integrierenden Bestandteil seines Begehrens erhoben und begehre davon ausgehend die Feststellung, daß nicht die beklagte Partei, sondern der jeweilige bücherliche Eigentümer der Liegenschaft Eigentümer der unter dieser Liegenschaft befindlichen Stollenanlage sei. Diesem Begehren könne nicht entnommen werden, wo sich diese Liegenschaft, bezogen auf den Lageplan, und welcher Teil der Stollenanlage sich unter der Liegenschaft befinde. Auch das ein nicht exekutionsfähiges Urteil anstrebende Klagebegehren müsse in gleicher Weise wie ein Leistungsbegehren bestimmt sein, um den Gegenstand und Umfang der materiellen Rechtskraft zuverlässig und eindeutig festzulegen. Könne dem Lageplan, der als integrierender Bestandteil des Begehrens anzusehen sei, bloß die Lage des Stollensystems entnommen werden, sei das Klagebegehren zu unbestimmt, weil aus dem Lageplan nicht auch ersichtlich sei, wo sich jener Teil der Stollenanlage befinde, der unter der Liegenschaft des Klägers liegt. Das sei aber erforderlich, weil diese Stollenanlage, wie auch vom Kläger zugestanden werde, auch unter den Grundstücken anderer Liegenschaftseigentümer liege. Der Kläger begehre somit etwas, dessen Umfang nicht einmal er selbst kenne.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger dagegen erhobene außerordentliche Revision ist zulässig und berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist lediglich zu prüfen, ob das vom Kläger erhobene und im Zuge der mündlichen Streitverhandlung modifizierte Feststellungsbegehren der erforderlichen Bestimmtheit ermangle. Den Vorinstanzen kann darin beigepflichtet werden, daß die für die Bestimmtheit von Leistungsbegehren geltenden Grundsätze - das einem solchen Begehren stattgebende Urteil muß zuverlässige Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung der zugesprochenen Leistung sein (vgl. § 7 Abs.1 EO) - sinngemäß auch auf Feststellungs- und Rechtsgestaltungsbegehren anzuwenden sind. Auch für der Exekution nicht zugängliche Urteile muß das Klagebegehren in gleicher Weise bestimmt sein, um den Umfang der materiellen Rechtskraft der Entscheidung zuverlässig und eundeutig festzulegen. Bei Feststellungsklagen ist daher genau zu bezeichnen, welches Recht oder Rechtsverhältnis als bestehend oder als nicht bestehend festzustellen sei. Das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis ist demgemäß nach Inhalt und Umfang präzise anzuführen (vgl. Fasching Komm. III 30; derselbe ZPR2 Rz 1044).

Nicht hingegen kann der Ansicht der Vorinstanzen dahin beigetreten werden, das vom Kläger teils negativ, teils positiv gefaßte Feststellungsbegehren sei deshalb nicht hinreichend bestimmt gefaßt, weil darin einerseits auf einen Lageplan Bezug genommen werde, in dem die Liegenschaft des Klägers nicht ausgezeichnet ist, und andererseits nicht jene Teile des Stollensystems, die unterhalb der zur Liegenschaft des Klägers gehörenden Grundfläche liegen, örtlich genau umschrieben seien.

Zwischen den Streitteilen ist es unbestritten (ON 2, S.3; ON 3, S.3), daß sich ein "bedeutender" (bzw. "großer") Teil der Stollenanlage unter dieser Liegenschaft befindet. Strittig ist hingegen, wer von den beiden Eigentümer dieses Teiles des Stollensystems ist, woimmer er nun tatsächlich unterhalb der Liegenschaft des Klägers situiert ist. Während sich der Kläger auf den jedenfalls im Zweifel zu beachtenden Grundsatz beruft, das Grundeigentum erstrecke sich auf den Raum über der Grundfläche und die (erreichbare) Tiefe darunter (Superficies solo cedit - vgl. Spielbüchler in Rummel, ABGB2 § 354 Rz 4), macht die beklagte Partei bezüglich des gesamten Stollensystems und damit auch der unter der Liegenschaft des Klägers befindlichen Teile vertraglich eingeräumtes "Kellereigentum" (vgl. hiezu nur etwa SZ 53/109) bzw. dessen Ersitzung geltend. Zwischen den Streitteilen ist daher allein diese Frage strittig, so daß sie der Kläger, da sich die beklagte Partei seinem Grundeigentum widerstreitender Eigentumsrechte berühmt, auch zum Gegenstand einer Feststellungsklage bestimmen durfte. Durch das deren Begehren stattgebende Urteil würde zwischen den Streitteilen mit bindender Wirkung festgestellt werden, daß Eigentümer des unter der Liegenschaft EZ 144 KG Hallein befindlichen Teils des Grill-Stollensystems die jeweiligen Liegenschaftseigentümer und nicht die beklagte Stadtgemeinde sind, ohne daß deshalb schon in diesem Rechtsstreit geklärt werden müßte, wo die einzelnen Stollen verlaufen, weil nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien wenigstens ein großer Teil der Stollenanlage jedenfalls unterhalb der Liegenschaft des Klägers gelegen ist und der im Prozeß aufgeworfenen Eigentumsfrage somit für die rechtlichen Beziehungen zwischen den Streitteilen konkrete Bedeutung zukommt. Der Kläger war deshalb nicht verhalten, sein Begehren (noch) näher zu präzisieren. Auch die Bezugnahme auf den Lageplan (Beilage A) steht der Verhandlung und Entscheidung über das Begehren des Klägers nicht entgegen, weil sie für die streitwesentliche Frage unerheblich ist, daher auch, ohne daß damit gegen § 405 ZPO verstoßen würde, aus dem (stattgebenden) Urteilstenor ausgeschaltet und im übrigen auch so verstanden werden kann, daß damit die Stollenanlage nur näher bezeichnet werden sollte.

Da das Feststellungsbegehren des Klägers ausreichend bestimmt ist, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren die beiderseitigen Behauptungen zur Eigentumsfrage zu prüfen haben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.

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