Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Beklagten auf Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die klagende Partei ist die Eigentümerin der Liegenschaft EZ 18, KG Pupping, bestehend aus den Grundstücken 197/Wald und 198/1 landwirtschaftliche Nutzfläche. Die Beklagten sind die Eigentümer der Liegenschaft EZ 91, KG Oberschaden mit den anschließenden Grundstücken 194/2 landwirtschaftliche Nutzfläche und 195/Wald. Die genannten Grundstücke der klagenden Partei sind über einen Feldweg erreichbar, der von der Brandstätter-Bezirksstraße nach Süden abzweigt und vorerst in einer Länge von 80 - 100 m über die Grundstücke 194/2 und 195 der Beklagten verläuft. Die Breite dieses Feldwegs betrug zu Beginn des asphaltierten Einmündungstrichters 3,1 m; nach weiteren 20 m verschmälerte sich der Weg auf 2,8 m, an der engsten Stelle betrug die Spurbreite nur mehr 1,8 m. Ungefähr 50 m nach dem Einmündungstrichter ist der Weg nur mehr auf der rechten Seite von einem Feld begrenzt. Links grenzt in einem Abstand von 1,2 m eine Böschung an. Nach etwa 60 m schließt an die rechte Fahrspur kein Grünstreifen mehr an, vielmehr ist in einer Entfernung von etwa 1 m eine Feldfrucht angebaut; die linke Fahrspur ist in diesem Bereich etwa 1 m von der Böschung entfernt. In weiterer Folge mündet der Weg in das Grundstück 198/1 der klagenden Partei.
Diese begehrte die Feststellung, daß zugunsten ihrer Grundstücke 198/1 und 197 der EZ 18 KG Pupping die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes mit zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienenden Fahrzeugen gegenüber den Grundstücken 194/2 und 195 der Beklagten bestehe; dieses Geh- und Fahrtrecht sei auf dem in der Natur vorhandenen Fahrweg auszuüben. Weiters begehrte die klagende Partei, die Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit an den belasteten Grundstücken einzuwilligen. Der Weg sei in den letzten 30 Jahren mit allen landwirtschaftlichen Fahrzeugen, die zur Bewirtschaftung üblich waren, unabhängig von deren Breite befahren worden. Seit dem Jahr 1954 werde auch mit Mähdreschern gefahren.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die klagende Partei bzw. ihre Rechtsvorgänger benützten zwar den strittigen Weg zur Bewirtschaftung ihrer Grundstücke seit mehr als 30 Jahren, jedoch nur mit Fahrzeugen bis zu einer Breite von 2 m. Sie hätten daher höchstens in diesem Umfang ein Fahrtrecht ersessen, seien aber nicht berechtigt, den Weg mit mehr als 2 m breiten Fahrzeugen zu befahren.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im beantragten Sinn inbesondere zur Nutzung mit einem Mähdrescher von 3 m Breite statt.
Es traf - zusammengefaßt dargestellt - folgende Feststellungen:
Das Waldgrundstück 197 ist mit Kopfweiden bewachsen, sodaß mit keinen größeren Holzfuhren über den strittigen Weg gefahren werden mußte. Das Grundstück 198/1 wird zumindest seit 1954 als Feld genützt, auf dem abwechselnd Gemüse und Getreide angebaut werden. Zur Bewirtschaftung wurde vorerst mit Pferdefuhrwerken, ab etwa dem Jahre 1966 mit Traktoren und Anhängern über den strittigen Weg zugefahren, sodaß sich in der Natur ein etwa 2 m breiter Weg ausbildete, der am Rand mit Gras bewachsen war.
Seit den Jahren 1962 oder 1963 wurde das Feld mit Mähdreschern abgeerntet, die über den strittigen Weg zufuhren. Solche Mähdrescher weisen eine Spurbreite von zumindest 3 m auf; das Schneidwerk ist 3,4 - 4,9 m breit. Im Zuge der Herbstackerung des Jahres 1988 engten die Beklagten den strittigen Weg auf 1,8 m ein, vorher war der Weg zumindest 2 m breit gewesen.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die klagende Partei berechtigt sei, ihre Servitut nunmehr mit einem Mähdrescher von 3 m Breite auszuüben.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil teilweise ab und erkannte nur eine Servitutsausübung mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen von höchstens 2 m Breite für berechtigt. Für das ersessene Recht seien die Bedürfnisse des herrschenden Gutes maßgebend. Eine unzulässige Erweiterung der Servitutsausübung sei nicht anzunehmen, wenn nur der fortschreitenden technischen Entwicklung Rechnung getragen wird und keine unzumutbare Mehrbelastung des dienenden Gutes eintritt. Letzteres sei aber hier der Fall, weil nunmehr ein Mähdrescher mit einer Spurbreite von 3 m verwendet werde. Der Klärung der Ersitzungsberechtigung im vorliegenden Fall käme "abgesehen vom konkreten Einzelfall große Bedeutung zu", weshalb die Revision zuzulassen sei. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren (Servitutsberechtigung mit einem 3 m breiten Mähdrescher) stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Art der Ausübung von Dienstbarkeiten zwar nach § 484 ABGB in das Belieben des Berechtigten gestellt, sie müssen aber soweit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestatten, eingeschränkt werden. Dieser scheinbare Widerspruch findet darin seine Lösung, daß die Interessen des Berechtigten und die des Belasteten zueinander in ein billiges Verhältnis zu setzen sind (EvBl 1966/277; 8 Ob 508/80; SZ 53/149 uza). Es kommt also auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles an, nach denen das Gericht einen gerechten Ausgleich zwischen den berechtigten Wünschen des Eigentümers des herrschenden Gutes auf moderne Bewirtschaftung seiner Liegenschaft und den gerechtfertigten Interessen des Verpflichteten auf möglichst schonende Ausübung der Servitut zu treffen hat. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der diesen Fragenkomplex betreffenden Judikatur und unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse die Bewirtschaftung der Liegenschaft der klagenden Partei durch einen eine Spurbreite von 3 m aufweisenden Mähdrescher für eine unzumutbare Mehrbelastung der Beklagten als Eigentümer des dienenden Gutes beurteilt. Die Lösung dieser Frage ist aber im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes keine solche von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Da das Revisionsgericht gemäß § 508 a Abs 1 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden ist, war die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels der klagenden Partei vom Obersten Gerichtshof selbst wahrzunehmen und die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Den Beklagten konnten die Kosten der Revisionsbeantwortung nicht zugesprochen werden, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision der klagenden Partei nicht hingewiesen haben.
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