Spruch:
- 1. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
- 2. Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
- 3. Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Zu 1.: Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter P*** des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Angeklagte hat nach Verkündung des Urteils und nach Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden des Schöffengerichts auf ein Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet (I/S 349). Damit war aber die von Helene P***, der Mutter des Angeklagten, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen, weil nach dem § 282 Abs. 1 StPO gegen den Willen des Angeklagten von den dort angeführten Personen nur im Falle der Minderjährigkeit Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen werden kann, im vorliegenden Falle daher die Einbringung dieses Rechtsmittels an die Zustimmung des Angeklagten gebunden ist, die aber von diesem nicht mehr erteilt werden kann, wenn er auf ein Rechtsmittel verzichtet hat (EvBl 1954/306; 1953/262; Lohsing-Serini, Österr. Strafprozeßrecht, S540; a.M. Bertel, Strafprozeßrecht2 RN 271, der aber den insoferne eindeutigen Wortlaut des § 282 Abs. 1 StPO übergeht).
Zu 2.: Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde vom Erstgericht im Hinblick auf den Rechtsmittelverzicht gemäß dem § 285 a Z 1 StPO zurückgewiesen (I/ON 58).
Die dagegen erhobene Beschwerde ist unbegründet.
Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls und der Äußerungen der Schriftführerin Anna-Eleonore K*** (I/ON 46) und der beisitzenden Richterin Mag. Anneliese G***-F*** (I/ON 48) hatte der Angeklagte unmißverständlich auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet. Nach den Umständen des konkreten Falles besteht kein Zweifel daran, daß der Verzicht auch dem Willen des Angeklagten entsprochen hat.
Das in der Rechtsmittelschrift angeführte Motiv für die Abgabe des Verzichts - darnach wollte der Angeklagte, daß "endlich alles aufhört" und er zu Weihnachten 1990 nach Hause gehen kann - ist zwar nicht dem Hauptverhandlungsprotokoll zu entnehmen; auch in dem in der Beschwerde zitierten Beschluß vom 11.Mai 1990 (I/ON 47) wurden dazu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen, sondern nur die Darstellung des Beschwerdeführers wiedergegeben. Wohl aber läßt sich dieses aus den angeführten Äußerungen der Schriftführerin und der Beisitzerin entnehmen. Ein Motivirrtum ist für die Wirksamkeit darauf zurückzuführender prozessualer Erklärungen aber grundsätzlich unbeachtlich, sofern er nicht auf einem Fehlverhalten des Gerichts beruht, wie etwa auf einer der Manuduktionspflicht nach dem § 3 StPO zuwiderlaufenden unrichtigen Information über den Inhalt, die Voraussetzungen oder die (möglichen) Folgen einer Rechtsmittelerklärung (10 Os 7, 13/87). Die im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung veranlaßten oben wiedergegebenen Überlegungen des Angeklagten, die dann zum Rechtsmittelverzicht führten, beruhten aber nicht auf einer Fehlinformation im eben dargestellten Sinn. Im Gegensatz zum Sachverhalt der in der Beschwerde angeführten E (ÖJZ 1977/236) bestehen im vorliegenden Falle keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Angeklagte den Rechtsmittelverzicht gleichsam unter der Bedingung oder Voraussetzung abgegeben hat, daß auch der Staatsanwalt keine Berufung ergreifen werde. Auch erfolgte die Rechtsmittelanmeldung durch den Verteidiger nicht etwa deshalb, weil der Staatsanwalt in der Folge die Berufung angemeldet hat, sondern weil die Äußerung des Angeklagten angeblich mißverständlich war (vgl I/S 448 f).
Damit war dieser (nach ordnungsgemäßer Belehrung gemäß den §§ 3, 268 StPO und im Beisein eines Rechtsanwalts abgegebene) Rechtsmittelverzicht als prozessuale Erklärung wirksam (§ 285 a Z 1 dritter Fall StPO) und dementsprechend unwiderruflich. Der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.
Zu 3.: Über die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden (§ 285 i StPO).
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