OGH 6Ob626/90

OGH6Ob626/9012.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als Richter im Verfahren über den von Dipl.Ing. Dr.techn. Wilhelm P***, Bad Goisern, Bahnhofstraße 218, gestellten Antrag, den Vorsteher und einen weiteren Richter des Bezirksgerichtes Bad Ischl in den dortigen Verfahren zu SW 15/88, P 201/87, 2 C 888/88, 2 C 1559/88, E 26/88, E 32/88, E 75/86, E 85/86, E 36/88 sowie in zwei Strafverfahren und in nicht näher bezeichneten weiteren Verfahren abzulehnen, infolge Revisionsrekurses des Einschreiters gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 17.April 1990, GZ 2 R 32/90-20, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 10. Januar 1990, GZ 21 Nc 51/89-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Einschreiter hat mit seiner am 21.März 1989 bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel er seinen Wohnsitz hat, eingelangten Eingabe unter Anführung der Aktenzeichen eines Sachwalterschaftsverfahrens, eines Pflegschaftsverfahrens, von zwei Rechtsstreitigkeiten, fünf Exekutionsverfahren und zwei Strafverfahren unter anderem erklärt, den Vorsteher und einen weiteren Richter des Bezirksgerichtes abzulehnen.

Im Rekurs gegen den Beschluß des übergeordneten Gerichtshofes, mit dem der Ablehnungsantrag zurückgewiesen wurde, gebrauchte der Ablehnungswerber Wendungen, die das Oberlandesgericht als Rekursgericht zum Anlaß der Verhängung einer Ordnungsstrafe (im damaligen Höchstmaß) von 15.000 S nahm. Der Rekurs des mit der Ordnungsstrafe belegten Ablehnungswerbers blieb erfolglos (6 Ob 682/89 = ON 14).

Der Gerichtshof erster Instanz forderte hierauf den Ablehnungswerber zur Zahlung der über ihn verhängten Ordnungsstrafe binnen 14 Tagen auf. Diese Zahlungsaufforderung wurde dem im Konkurs befindlichen Zahlungspflichtigen am 29.November 1989 zugestellt. Die Ordnungsstrafe wurde nicht bezahlt.

Hierauf wandelte der Gerichtshof erster Instanz die Ordnungsstrafe gemäß § 220 Abs.2 ZPO in Verbindung mit § 85 GOG in eine Haft in der Dauer von zehn Tagen mit dem Ausspruch um, daß die Haft im Gefangenenhaus des Gerichtshofes in Anwendung der Bestimmungen der Exekutionsordnung, des Handbuches für Vollstrecker sowie des Strafvollzugsgesetzes zu vollziehen ist.

Das Oberlandesgericht gab dem gegen diesen Umwandlungsbeschluß erhobenen Rekurs des mit der Ordnungsstrafe belegten Ablehnungswerbers nicht statt. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

Der mit der Ordnungsstrafe belegte Ablehnungswerber erhebt gegen die bestätigende Rekursentscheidung ein ausdrücklich als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnetes Rechtsmittel. Er beantragt die Aufhebung der Rekursentscheidung aus den Anfechtungsgründen der Nichtigkeit, der mangelhaften Begründung, der Unrichtigkeit der - rechtskräftigen - Verhängung der Ordnungsstrafe sowie der Gesetzwidrigkeit der Umwandlung der Geldstrafe sowie der Festsetzung der Haftdauer.

Rechtliche Beurteilung

Zur Zulässigkeit dieses Rechtsmittels ist zu erwägen:

In Anwendung des Rechtsmittelsystems der Zivilprozeßordnung wäre das Rechtsmittel gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO absolut unzulässig (also auch ein außerordentlicher Revisionsrekurs ausgeschlossen). In Anwendung des Rechtsmittelsystems des Außerstreitgesetzes dagegen wäre eine Anrufung des Obersten Gerichtshofes (und zwar jedenfalls in der vom Rechtsmittelwerber gewählten Form des außerordentlichen Revisionsrekurses) unter den Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zulässig.

Eine Ablehnung wirkt grundsätzlich nur in dem einzelnen Verfahren, in dem die abgelehnte Person als Organ einschreitet, und löst in diesem Verfahren ein Zwischenverfahren aus, auf das, soweit nicht die Sonderregelungen der §§ 22 ff ZPO zur Anwendung gelangen, jene Verfahrensbestimmungen anzuwenden sind, denen das Verfahren unterliegt, in dem die Ablehnung erfolgte (SZ 54/96 uva). Die Erklärung des Ablehnungswerbers, den Vorsteher und einen weiteren Richter des Bezirksgerichtes, in dessen Sprengel sich sein Wohnsitz befindet, wegen Befangenheit abzulehnen, löste daher der Sache nach soviele Ablehnungsverfahren aus, als im Ablehnungsverfahren konkret anhängige Verfahren angeführt waren. Alle diese Zwischenverfahren wurden nun in einem einzigen Entscheidungsvorgang erfaßt. Dieser war somit in seiner verfahrensrechtlichen Funktion mehrgestaltig, zum Teil eine Gerichtshandlung in einem Zwischenverfahren, das subsidiär nach den Verfahrensregelungen der Zivilprozeßordnung und der Exekutionsordnung und zum Teil eine Gerichtshandlung in einem Zwischenverfahren, das nach den Verfahrensregelungen des Außerstreitgesetzes durchzuführen war.

Die Anfechtung einer Ordnungsstrafe und ihrer Umwandlung im Sinne des § 220 Abs 3 ZPO unterliegt der Beurteilung nach jenen Verfahrensvorschriften, die für das Verfahren gelten, in dem die Ordnugswidrigkeit gesetzt wurde. In außerstreitigen Verfahren (oder Zwischenverfahren in solchen) bestimmt sich die Anfechtbarkeit einer Verhängung oder Umwandlung einer Ordnungsstrafe nach dem Rechtsmittelsystem des Außerstreitgesetzes (SpR 245 alt = amtl. Slg. 1586; SZ 43/118 ua).

Das Rekursgericht hat im - gebündelten - Ablehnungsverfahren die als beleidigend gewertete Ausdrucksweise des Ablehnungswerbers in seinem Rechtsmittel zum Anlaß der Verhängung einer Ordnungsstrafe genommen und jedenfalls damit eine nicht nur formell, sondern auch funktionell einheitliche Entscheidung getroffen. Diese Verhängung der Ordnungsstrafe war ein nicht aufspaltbarer Vorgang und gleiches gilt für die nun ahgefochtene Umwandlung in eine Haft im gesetzlich zulässigen Höchstausmaß. Diese Entscheidung ist nach der dem Betroffenen günstigsten und weitestreichenden Regelung anfechtbar und daher solange nicht rechtskräftig, als nach der Verfahrensordnung, die die weitestreichende Anfechtungsmöglichkeit bietet, noch ein Rechtsmittel offen steht.

Der bestätigende Beschluß des Rekursgerichtes über die Umwandlung der Ordnungsstrafe in eine zehntägige Haft ist daher unter den Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG anfechtbar. Das Rekursgericht hatte sich bei der Verhängung der Ordnungsstrafe im übrigen auch ausdrücklich auf § 85 Abs.1 GOG berufen. Der in die angefochtene Rekursentscheidung aufgenommene Ausspruch, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei, träfe nur nach § 528 Abs.2 ZPO, nicht aber nach § 14 Abs.2 AußStrG zu. Da für die Anfechtbarkeit das Rechtsmittelsystem des Außerstreitgesetzes maßgebend ist, wäre ein Ausspruch im Sinne des § 13 Abs.1 Z 3 AußStrG geboten gewesen. Das Fehlen eines solchen Ausspruches schadet aber nicht, weil der Rechtsmittelwerber einen außerordentlichen Revisionsrekurs erhoben hat, in welcher Form ihm der Anfechtungsversuch in dem für ihn ungünstigsten Fall eines rekursgerichtlichen Ausspruches, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, offen gestanden wäre.

Mangels Voraussetzungen nach § 14 Abs.1 AußStrG ist der Revisionsrekurs aber zurückzuweisen.

Die gerügte Nichtigkeit liegt nicht vor, weil die Mitglieder des Rechtsmittelsenates im anhängigen Verfahren nicht erfolgreich abgelehnt waren, in Ansehung ihrer Person lag nicht einmal eine wirksame Ablehnungserklärung vor.

Die Rechtsfertigung der rechtskräftig verhängten Ordnungsstrafe war anläßlich ihrer Umwandlung in Haft nicht mehr zu überprüfen. Die Gründe der angefochtenen Rechtsmittelentscheidung lassen in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen, aus denen das Rekursgericht die Voraussetzungen für die vom Gericht erster Instanz beschlossene Umwandlung der Geldstrafe wegen Uneinbringlichkeit in Haft als gerechtfertigt angenommen hat. Von einer mangelhaften Begründung kann daher nicht die Rede sein.

Die Vorinstanzen haben das gesetzliche Höchstmaß der Haftstrafe nicht überschritten. Der Strafrahmen ist für jede einzelne Ordnungswidrigkeit selbständig zu beurteilen.

Die angefochtene Rechtsmittelentscheidung hing also nicht von der Lösung einer nach § 14 Abs.1 AußStrG qualifizierten Rechtsfrage ab.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war aus dieser Erwägung zurückzuweisen.

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