OGH 3Ob561/90

OGH3Ob561/9011.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***O***E*** Bauprojekt-Entwicklung-Gesellschaft mbH & Co KG, Innsbruck, Karl-Kapferer-Straße 5, vertreten durch Dipl.Vw.DDr.A. Santner und Dr. Peter Lechner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Baubetrieb Ing. Walter G*** Gesellschaft mbH, Wels, Johann-Strauß-Straße 1,

2.) Bauunternehmen Ing. Harald W*** Gesellschaft mbH, Linz, Frankstraße 19, 3.) K & J W*** Baumeister und Ziegelwerk Gesellschaft mbH, Wels, Ringstraßee 13, und 4.) U*** Aktiengesellschaft, Zweigniederlassung für Oberösterreich, Linz, Ignaz-Mayer-Straße 10, alle vertreten durch Dr. Rudolf Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27. Februar 1990, GZ 4 R 236/89-14, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 12. Mai 1989, GZ 7 Cg 5/89-8, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 23.500,80 S (darin 3.916,80 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 11.750,40 S (darin 1.958,40 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagten Parteien führten als Unternehmer Bauarbeiten zur Errichtung eines Gebäudes auf einer im Miteigentum mehrerer Personen stehenden Liegenschaft aus. Der Auftrag hiezu wurde ihnen von den "Bauherrn, vertreten durch (es folgt der Namen der klagenden Partei)" erteilt. Die klagende Partei ist selbst Eigentümerin von Anteilen an der Liegenschaft, auf der das Gebäude errichtet wurde; auf Grund der Verfahrensergebnisse kann als unbestritten angenommen werden, daß ihre Miteigentumsanteile, mit denen Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist, weniger als die Hälfte aller Miteigentumsanteile ausmachen.

Die klagende Partei begehrte gegenüber den beklagten Parteien die Feststellung, daß diese ihr gegenüber "als Vertreter der Bauherrn" insbesondere für Schäden an der Wärme-Dämm-Fassade und an der Folienisolierung im Bereich der unteren und oberen Verkaufsebene aus dem Werkvertrag vom 11.Dezember 1980 "hinsichtlich Bauhauptarbeiten und Außenanlagen" zur ungeteilten Hand haften. Sie brachte vor, daß sie als "Vertreter der Bauherrn" mit den beklagten Parteien am 11.Dezember 1980 einen Werkvertrag über die Durchführung von Bauarbeiten geschlossen habe. Diese seien noch nicht mängelfrei ausgeführt worden. Sie sei als Miteigentümerin und überdies deshalb zur Klage legitimiert, weil sie mit den übrigen Bauherrn Baubetreuungsverträge geschlossen habe. Auf Grund dieser Verträge sei sie verpflichtet, die Behebung von Mängeln zu veranlassen, und habe überdies von den Bauherrn die Vollmacht erhalten, Prozesse gegen die mit dem Bau beschäftigten Unternehmen zu führen. Ihre Gewährleistungsansprüche seien nicht verfristet, weil sie noch am 26. Mai und 21.Juni 1988 ausdrücklich anerkannt worden seien und deshalb auch in einem Schreiben vom 30.Mai 1988 ersucht worden sei, eine Sanierung durch ein anderes Unternehmen nicht durchzuführen. Diesem Schreiben sei ein von den beklagten Parteien in Auftrag gegebenes Gutachten über Mängel angeschlossen gewesen. Der Auftrag zur Erstattung des Gutachtens wäre unverständlich, wenn die beklagten Parteien ihre Haftung nicht anerkannt hätten. Die beklagten Parteien wendeten u.a. den Mangel der aktiven Klagelegitimation mit der Begründung ein, daß der Auftrag zur Herstellung des Werkes nicht von der klagenden Partei, sondern von den Bauherrn erteilt worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die klagende Partei sei im Rechtsstreit nicht als Vertreterin der Bauherrn, sondern selbst als Partei aufgetreten. Sie sei aber nicht zur Klage legitimiert, weil sie den Werkvertrag nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreterin der Bauherrn abgeschlossen habe. Unerheblich sei, daß sie Miteigentümerin der Liegenschaft sei, auf der sich das Gebäude befindet. Entscheidend sei nur, wer Bauherr gewesen sei, als der Werkvertrag abgeschlossen wurde. Aus dem Betreuungsvertrag, den die klagende Partei mit einem Bauherrn abgeschlossen habe, ergebe sich ebenfalls nur, daß sie Vollmacht erhalten habe, im Namen und auf Rechnung des Bauherrn Prozesse zu führen. Aus der Übersendung des Gutachtens über die Mängel könne kein konstitutives Anerkenntnis zu ihren Gunsten abgeleitet werden. Sie sei daher nicht berechtigt, im eigenen Namen als Partei aufzutreten.

Das Berufungsgericht verwies die Rechtssache infolge Berufung der klagenden Partei zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Da unter bestimmten Voraussetzungen dem Mit- und Wohnungseigentümer das Recht zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen durch Klage zustehe, müsse erörtert werden, ob die klagende Partei zur Zeit des Abschlusses des Werkvertrages Miteigentümerin der betroffenen Liegenschaft und somit Bauherrin gewesen sei. Soweit die klagende Partei die Klage als Vertreterin der Bauherrn eingebracht habe, könne die Parteibezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO richtig gestellt werden, weshalb geklärt werden müsse, ob sie auf Grund des mit den Bauherrn geschlossenen Betreuungsvertrages noch zur Einbringung der Klage berechtigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von den beklagten Parteien gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist berechtigt.

Wird die aktive Klagelegitimation bestritten, so ist es Sache der klagenden Partei, alle jene Umstände vorzubringen, aus denen sich ihre Klagelegitimation ergibt. Dies hat die hier klagende Partei aber nicht getan. In der Klage berief sie sich nur darauf, daß sie als Vertreterin der Bauherrn mit den beklagten Parteien einen Werkvertrag geschlossen habe. Daraus läßt sich aber nur die Berechtigung der Bauherrn zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ableiten. Ob, wie das Berufungsgericht meint, die Parteibezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO auf die Bauherrn hätte richtiggestellt werden können, kann dahingestellt bleiben, weil die klagende Partei dies weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren getan hat und die vorhandenen Verfahrensergebnisse zu einer Richtigstellung von Amts wegen keinen Anlaß und auch keine Grundlage bieten. Das Urteil des Erstgerichtes kann aber nicht zu dem Zweck aufgehoben werden, um der klagenden Partei nochmals Gelegenheit zu einer entsprechenden Prozeßhandlung zu geben, zumal nach der Aktenlage anzunehmen ist, daß sie eine solche nicht beabsichtigt. Sie vertrat nämlich noch in der Berufung den Standpunkt, aus den mit den übrigen Bauherrn abgeschlossenen Bauverträgen sei abzuleiten, daß sie beauftragt sei, im eigenen Namen als Vertreterin der Bauherrn aufzutreten. Da die klagende Partei nicht behauptete, daß ihr die Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche abgetreten worden seien (zur Wirksamkeit der Abtretung von Gewährleistungsansprüchen s. EvBl. 1980/140), läge nur eine bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes vor, die nicht zulässig ist (SZ 42/105; SZ 57/174; VersR 1989, 25 ua). Die klagende Partei berief sich in der Berufung noch darauf, daß sie als Mitbauherrin und Miteigentümerin zur Klage legitimiert sei. Steht die mangelhafte Sache im Miteigentum mehrerer Personen, so ist ein Miteigentümer aber nur ausnahmsweise zur Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche berechtigt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob es sich um eine Gesamthandforderung (so JBl. 1984, 204; JBl 1986, 108 mit ausführlicher Besprechung von Selb) oder um eine Gemeinschaftsforderung (so Selb aaO) handelt. Die Rechtsprechung hat zwar einzelnen Miteigentümern das Recht zur Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche dann eingeräumt, wenn ein entsprechender Mehrheitsbeschluß vorliegt (MietSlg. 31.116, 35.104), und sie hat gelegentlich dieses Recht auch einzelnen Wohnungseigentümern zugestanden (MietSlg. 29.508; EvBl. 1980/140). Der erkennende Senat schließt sich aber der in SZ 54/27 = MietSlg. 33.107/9 vertretenen Meinung an, daß nach der Art des geltend gemachten Gewährleistungsanspruchs zu differenzieren und daß es Sache der Gemeinschaft ist, das Wahl- und Gestaltungsrecht auszunützen und über die Geltendmachung eines Verbesserungsanspruchs zu entscheiden, wenn er - wie hier nach den Verfahrensergebnissen anzunehmen ist - eine Mehrzahl von Wohnungen gemeinsam betrifft. Dasselbe gilt in einem solchen Fall, wenn die Kosten einer erst vorzunehmenden Verbesserung als Schadenersatz begehrt werden (ebenso Selb aaO 111; zur Zulässigkeit s. nunmehr RdW 1990, 153). Der Schaden ist nämlich an der gemeinsamen Sache und nicht in einem den Miteigentümern jeweils allein zuzuordnenden Vermögen eingetreten, und die Behebung der Mängel kann nur von der Gemeinschaft der Miteigentümer veranlaßt werden. Überdies ist der Schadenersatzanspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtet (RdW 1990, 153). Der Besteller kann also verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Herstellung des Wertes stünde (Koziol-Welser8 I 376). Haben mehrere Personen das Werk gemeinsam bestellt, so ist daher auch der Schadenersatzanspruch ein gemeinsamer. Da sich der Anteil des einzelnen Miteigentümers an dem zu ersetzenden Schaden und damit auch am Schadenersatzanspruch nicht bestimmen läßt, handelt es sich bei diesem um eine unteilbare Forderung, mag auch ein auf eine Geldleistung gerichteter Schadenersatzanspruch im allgemeinen teilbar sein. In diesem Punkt unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von jenem der Entscheidungen SZ 41/82, MietSlg. 24.087/13 und JBl. 1979, 88, in denen ausgesprochen wurde, daß den Miteigentümern Schadenersatzansprüche (nur) anteilig zustehen. Damals ließ sich der Anteil der Miteigentümer nämlich bestimmen. Bei einem Schadenersatzanspruch wegen Mängeln an mehreren Wohnungen würde dasselbe aber nur zutreffen, wenn die Mängel schon behoben wären und die hiedurch verursachten Kosten feststünden. Der Kläger hat dies hier aber nicht behauptet.

Für die Leistungsklagen angestellten Erwägungen gelten auch für Feststellungsklagen. Auch sie setzen voraus, daß der Kläger den festzustellenden Anspruch gegebenenfalls mit Klage geltend machen kann; sonst würde ihm das Feststellungsinteresse fehlen. Die klagende Partei hat nie behauptet, daß ein Mehrheitsbeschluß der Miteigentümer über die Geltendmachung der den Gegenstand der Klage bildenden Ansprüche vorliege, und sie hat trotz eines entsprechenden Einwandes der beklagten Parteien auch nicht dargetan, daß es - vor allem wegen bestimmter Teile der Liegenschaft, die von den behaupteten Mängeln betroffen seien - gerechtfertigt wäre, ihr das Klagerecht unabhängig von einem Mehrheitsbeschluß zuzugestehen. Es ist daher entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes ohne Bedeutung, ob die klagende Partei zur Zeit des Abschlusses des Werkvertrages zu den Bauherrn gehörte und ob sie nunmehr Wohnungeigentümerin ist, weil auch daraus allein ihre Klagelegitimation nicht abgeleitet werden könnte. Das Urteil des Erstgerichtes darf aber nicht bloß deshalb aufgehoben werden, um der klagenden Partei Gelegenheit zu einem weiteren Vorbringen zu geben (vgl. SZ 53/22; EFSlg. 39.203; ZVR 1989/108 ua), zumal die klagende Partei in der Berufung eine Verletzung der Anleitungspflicht nicht geltend machte.

Ähnliches gilt für das von der klagenden Partei behauptete Anerkenntnis. Es wäre ganz ungewöhnlich, wenn die beklagten Parteien einen eigenen Gewährleistungsanspruch der klagenden Partei auch anerkannt hätten, soweit sie mit ihr in keiner Vertragsbeziehung standen. Dem Vorbringen der klagenden Partei ist eine Behauptung in dieser Richtung auch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen. Ein Anerkenntnis der Ansprüche der Bauherrn, das mit dem Vorbringen offensichtlich gemeint ist, würde aber die Legitimation der klagenden Partei zur Erhebung der Kage wiederum nicht begründen. Die klagende Partei ist daher ihrer Verpflichtung, ein ihre Klagelegitimation ergebendes Vorbringen zu erstatten, nicht nachgekommen, und es besteht keine Rechtsgrundlage, das Urteil des Erstgerichtes nur deshalb aufzuheben, um ihr Gelegenheit zu einem ergänzenden Vorbringen zu geben. Die Rechtssache ist vielmehr im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens zur Entscheidung reif, weshalb das Urteil des Erstgerichtes gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO wiederherzustellen war, ohne daß geprüft werden mußte, ob die klagende Partei ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung dargetan hat.

Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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