OGH 15Os66/90

OGH15Os66/903.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juli 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mende als Schriftführer in der Strafsache gegen Hedi D*** und einen anderen Angeklagten wegen des in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Hedi D*** sowie die Berufung des Angeklagten Akimrinsola M*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.April 1990, GZ 6 d Vr 10.905/89-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Hedi D*** auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Hedi D*** und Akimrinsola M*** des in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG schuldig erkannt. Darnach haben sie am 17.Oktober 1989 in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen versucht, indem sie 100 Gramm Heroin (mit 31,8 % Reinsubstanz) an einen (als "verdeckter Fahnder" tätig gewesenen) Unbekannten zu verkaufen trachteten. Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß sie das Suchtgift "in rein gewinnsüchtiger Absicht" tatsächlich an einen Käufer in Verkehr setzen wollten, "von welchem sie nicht wußten (und auch nicht bedingt annahmen), daß es sich um einen 'verdeckten Fahnder' handelte" (US 6, 8).

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D*** gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge des Beschwerdeführers (Z 9 lit a) mit der urteilsfremden Behauptung von Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite darüber, ob er das Heroin an einen "echten Käufer" habe vermitteln wollen oder ob er die Absicht gehabt habe, die Polizei zu informieren. Hat doch das Schöffengericht ohnehin ausdrücklich zum einen konstatiert, daß auch er das Suchtgift (wie schon gesagt) "in rein gewinnsüchtiger Absicht" (US 8) "tatsächlich ... verkaufen wollte" (US 6), und zum anderen als erwiesen angenommen, daß er mit seinem Anruf bei dem ihm bekannten, jedoch urlaubsbedingt nicht erreichbar gewesenen Pol.Insp. H*** im Sicherheitsbüro nur zur Vermeidung von "Schwierigkeiten" hatte in Erfahrung bringen wollen, ob es sich bei einem gewissen "Mischa", der ihm gegenüber Interesse an dem Heroin gezeigt hatte, um einen "verdeckten Fahnder" handle (US 5); materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können aber nur durch einen Vergleich des tatsächlich festgestellten Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargestellt werden. Gleichermaßen prozeßordnungswidrig ist demgemäß auch der weitere Versuch des genannten Angeklagten (Z 9 lit a), ein Fehlen seines tatbestandsmäßigen Vorsatzes, das hier interessierende Suchtgift wirklich in Verkehr zu setzen, teils aus seiner leugnenden Verantwortung, wonach er von Haus aus gewußt habe, daß "Mischa" ein Polizeiinformant sei, und teils aus der zuvor erörterten Konstatierung über seinen Anruf im Sicherheitsbüro abzuleiten, aus der sich jedenfalls ergebe, daß er zumindest "bedingt ... angenommen" habe, bei "Mischa" handle es sich um einen "verdeckten Fahnder" der Polizei; denn seine zuerst relevierte Verantwortung sah das Erstgericht wie dargetan als widerlegt an (US 5), und auch eine immerhin bedingte Annahme seinerseits, daß der vorgesehene Käufer des Heroins ein "verdeckter Fahnder" gewesen sein könnte, schloß es aus (US 8).

Mit Bezug auf das zuletzt ins Treffen geführte Argument ist daher nur noch zur Klarstellung zu vermerken, daß selbst durch eine derartige "bedingte Annahme" des Beschwerdeführers, derzufolge er mit der Möglichkeit, beim Versuch des Suchtgift-Verkaufs an einen "verdeckten Fahnder" zu geraten, gerechnet und jenes Risiko in Kauf genommen hätte, das Vorliegen seiner vom Schöffengericht angenommenen Absicht, das tatgegenständliche Heroin gewinnbringend in Verkehr zu setzen, in rechtlicher (ebenso wie in faktischer) Hinsicht keineswegs in Frage gestellt würde und daß im übrigen zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 12 Abs 1 SGG auf der subjektiven Tatseite in jede Richtung hin bedingter Vorsatz genügt. Der Sache nach aber keinen (auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhenden) Feststellungsmangel (Z 9 lit a), sondern vielmehr eine Unvollständigkeit des Urteils (Z 5) bei der Begründung der Tatsachenfeststellung, daß er mit seinem Anruf im Sicherheitsbüro nur sich selbst über eine allfällige Tätigkeit des "Mischa" als "verdeckter Fahnder" (und nicht etwa die Polizei über den geplanten Heroin-Verkauf) informieren wollte, reklamiert der Angeklagte D*** mit dem (im Rahmen der Mängel- gleichwie der Rechtsrüge erhobenen) Vorwurf, das Erstgericht habe Verfahrensergebnisse übergangen, nach denen er der Polizei schon öfters zur Verhinderung von Suchtgift-Verbrechen und anderen Delikten Informationen geliefert habe; zudem entbehre die in Rede stehende Konstatierung deswegen "jeder Logik" (Z 5), weil er doch bei Zweifeln über die Person des "Mischa", die infolge der Unerreichbarkeit des Pol.Insp. H*** nicht beseitigt worden wären, nicht "weiter gemacht" hätte. Auch diese Einwände indessen schlagen nicht durch.

Von einer früheren Informantentätigkeit des Beschwerdeführers für die Polizei ist nämlich das Schöffengericht bei der Feststellung seines Versuchs einer Kontaktaufnahme mit dem genannten Beamten klar ersichtlich ohnehin ausgegangen (US 5/6); gerade deswegen aber steht die bekämpfte Schlußfolgerung, daß er dann, wenn er H*** wirklich über das vorgesehene Heroin-Geschäft hätte informieren wollen, die betreffende Information angesichts der urlaubsbedingten Abwesenheit des Genannten sicherlich einem anderen Suchtgift-Fahnder erteilt hätte (US 5/6), mit den Denkgesetzen und mit allgemeiner Lebenserfahrung durchaus im Einklang. Mit seinen Gegenargumenten ficht er, ohne formelle Begründungsmängel des Urteils aufzuzeigen (Z 5), nur unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an; und selbst dann, wenn man sie inhaltlich als Tatsachenrüge (Z 5 a) versteht, sind sie deswegen nicht zielführend, weil sie nach sorgfältiger Prüfung im Licht der gesamten Aktenlage keineswegs erhebliche Bedenken gegen die dem Ausspruch über seine Schuld zugrundegelegte entscheidende Tatsache zu erwecken vermögen, daß auch er das tatgegenständliche Heroin in gewinnsüchtiger Absicht tatsächlich in Verkehr zu setzen versucht hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen beider Angeklagten fällt demzufolge in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

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