OGH 8Ob604/90

OGH8Ob604/9028.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Graf und Dr.Jelinek als weitere Richter in der Familienrechtssache der antragstellenden Parteien 1. Herta C***, geborene K***, geboren am 30.September 1959 in Klagenfurt, Hausfrau, 6845 Hohenems, Beethovenstraße 18, vertreten durch Dr.Hubert Fitz, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, 2. Alois C***, geboren am 23.April 1955 in St. Ulrich in Greith, Hilfsarbeiter, Neue Landstraße 43 c, 6841 Mäder, vertreten durch Dr.Birgit Breinbauer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen § 98 EheG, infolge Revisionsrekurses der Gläubigerin B*** DER Ö***

P*** AG, 1015 Wien, Opernring 3-5, vertreten durch Dr.Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 14.März 1990, GZ 1 a R 57/90-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 6.Dezember 1989, GZ Sch 166/89-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehegatten Herta und Alois C*** begehrten die

einvernehmliche Scheidung ihrer Ehe gemäß § 55 a EheG, schlugen unter Punkt 9 der vermögensrechtlichen Regelung ua vor, daß beide Antragsteller ihre gegenüber der P***-Bank Wien per 30.11.1989 bestehende gemeinsame Verbindlichkeit von S 331.277,09 je zur Hälfte zur Verzinsung und Abzahlung übernehmen und stellten hinsichtlich dieser Verbindlichkeit einen Antrag nach § 98 Abs. 1 EheG. Gemäß diesem Antrag hat das Erstgericht in Punkt 2 a seines Beschlusses über die einvernehmliche Scheidung gemäß § 98 EheG mit Wirkung für den Gläubiger ausgesprochen, daß die beiden Antragsteller "wechselseitig je zur Hälfte Hauptschuldner und zur anderen Hälfte jeweils Ausfallsbürge" für den zugunsten der P***-Bank Wien per 30.11.1989 mit S 331.277,09 aushaftenden Kredit seien. Gegen diesen Ausspruch erhob die P***-Bank Wien Rekurs mit dem Vorbringen, sie habe ihre Forderung gegenüber den vormaligen Ehegatten C*** bereits eingeklagt, über deren Vermögen sei sodann das Konkursverfahren eröffnet und schließlich mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben worden, worauf sie zur Hereinbringung der Forderung wiederholt, aber nur teilweise erfolgreich Exekution geführt habe. Bei dieser Sachlage, insbesondere im Hinblick auf die im Zeitpunkt der erstgerichtlichen Entscheidung erwiesene Erfolglosigkeit der in § 98 Abs. 2 EheG angeführten Eintreibungsschritte bestehe kein Anlaß und keine Möglichkeit für eine Haftungsneuregelung.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß und erklärte den Revisionrekurs für zulässig. Es verwies darauf, daß § 98 Abs. 1 EheG den Ehegatten eine von der ursprünglichen Vertragsregelung abweichende Regelung für die Haftung von Krediten ermögliche. Dem Gläubiger komme dabei - von sittenwidrigen Regelungen abgesehen - kein Einfluß auf die Entscheidung zu, welcher Ehegatte Hauptschuldner und welcher Ausfallsbürge werde. Befürchtete Erschwerungen bei der Durchsetzung der Gläubigerrechte könnten einer solchen Neuregelung der Haftung für gemeinsam übernommene Kredite daher nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengesetzt werden. Die Erfolgsaussichten einer künftigen Exekutionsführung seien bei einem Ausspruch nach § 98 Abs. 1 EheG, der sich auf eine zulässige Vereinbarung der Ehegatten stütze, nicht zu beachten. Der Umstand, daß bereits vor einer solchen Vereinbarung ein Exekutionstitel gegen beide Ehegatten erwirkt worden sei, stehe einer Haftungsneuregelung ebenfalls nicht entgegen. Auch eine Regelung, wonach die vormaligen Ehegatten je zu Hälfte Haupt- und Ausfallsschulden begründeten, sei zulässig, denn der Gesetzgeber habe die Neuregelung der Kredithaftung der Vereinbarung der Parteien bzw. der Entscheidung des Gerichtes überlassen, ohne die dabei in Betracht kommenden Gestaltungsmöglichkeiten irgendwie einzuschränken. Die vormaligen Ehegatten könnten daher auch eine Vereinbarung darüber treffen, in welchem Umfang dem Gläubiger gegenüber die Position als Hauptschuldner bzw. Ausfallsbürge geschaffen werden solle. Aus § 98 EheG könne nicht abgeleitet werden, daß der Gesetzgeber eine Haftungsregelung, wie sie hier von den geschiedenen Ehegatten in bezug auf den zugunsten der Rekurswerberin aushaftenden Kredit vereinbart worden sei, ausgeschlossen werden sollte. In ihrem gegen die rekursgerichtliche Entscheidung und auf ersatzlose Aufhebung des Punktes 2 a des erstgerichtlichen Beschlusses gerichteten Revisionsrekurs behauptet die P***-Bank Wien als Kreditgeberin angebliche Feststellungsmängel im Zusammenhang mit den die vormaligen Ehegatten betreffenden Offenbarungseidesverfahren und hält die von den vormaligen Ehegatten getroffene, dem Punkte 2 a des erstgerichtlichen Beschlusses zugrundeliegende Regelung für sittenwidrig. Die Rekurswerberin habe bereits vor dieser Regelung gegen die vormaligen Ehegatten Eintreibungsschritte im Sinne des § 98 Abs. 2 EheG gesetzt, weshalb ihnen eine Haftungsneuregelung verwehrt sei. Ein neuerliches Vorgehen der Rekurswerberin gemäß § 98 Abs. 2 EheG sei mit erheblichen Mehrkosten verbunden und unter den gegebenen Umständen unzumutbar. Außerdem könne ein Bürge gemäß § 1356 ABGB sofort belangt werden, wenn der Hauptschuldner in Konkurs verfalle. Dem sei gleichzuhalten, daß ein Konkurs mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet werde. Dies sei hier der Fall, sodaß die Regelung der vormaligen Antragsteller auch deswegen sittenwidrig und ungültig sei; sie diene nur dem Zweck, der Rekurswerberin bei der Verfolgung ihrer Ansprüche Schwierigkeiten und Mehrkosten zu verursachen. Schließlich dürfe eine Haftungsübernahme jedenfalls dann nicht bloß quotenmäßig erfolgen, wenn, wie hier, eine "wechselseitige" Haupt- und Ausfallsbürgschaft begründet werde.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Rekursausführungen kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 98 Abs. 1 EheG sind die Ehegatten berechtigt, im Innenverhältnis eine Vereinbarung über die Verpflichtung zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften, zu treffen; das Gericht hat über Antrag sodann "mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, daß derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge wird". Nach der Anordnung des Abs. 2 leg cit kann der solcherart bestimmte Ausfallsbürge - vorbehaltlich des § 1356 ABGB - nur wegen des Betrages belangt werden, der vom Hauptschuldner nicht in angemessener Frist hereingebracht werden kann, obwohl der Gläubiger gegen ihn nach Erwirkung eines Exekutionstitels Fahrnis- und Gehaltsexekution, gegebenenfalls Exekution auf ihm gehörige Liegenschaften geführt oder dem Gläubiger zur Verfügung stehende Sicherheiten verwertet hat.

Nach dem Wortlaut und Zweck des § 98 Abs. 1 EheG unterliegt es keinem Zweifel, daß auch Kreditverbindlichkeiten, zu deren Hereinbringung der Gläubiger bereits einen Exekutionstitel erwirkt und Eintreibungsmaßnahmen gesetzt hat, von der Regelung des § 98 Abs. 1 EheG erfaßt werden. Der Ausschußbericht (729 BlgNR 16. GP 3) verweist auch ausdrücklich auf diesen Fall und die für den Ausfallsbürgen bestehende Möglichkeit, gegen eine derartige Exekution Einwendungen nach §§ 35, 40 EO zu erheben. Die Ehegatten haben im Innenverhältnis grundsätzlich das unbeschränkte Recht, einvernehmlich zu bestimmen, wer von ihnen zahlungspflichtig sein soll, und diese Vereinbarung ist Teil der gesamten vermögensrechtlichen Regelung (§§ 97 Abs. 2, 55 a Abs. 2 EheG). Sie können daher intern eine Kreidtverbindlichkeit auch anteilsmäßig, zB je zur Hälfte, zur Zahlung übernehmen. Auf Grund dieser ihrer internen Regelung und ihres Antrages hat das Gericht "mit Wirkung für den Gläubiger" auszusprechen, daß der im Innenverhältnis bestimmte Zahlungspflichtige Hauptschuldner und der andere Ausfallsbürge ist. Diese Wirkung auch gegen den Gläubiger gibt diesem zwar gemäß § 229 Abs. 1 AußStrG den Anspruch auf rechtliches Gehör einschließlich der Rechtsmittellegitimation, bedeutet aber, wie auch im Ausschußbericht ausdrücklich ausgeführt wird (aaO 4), selbstverständlich nicht, daß er auf die Vereinbarung der vormaligen Ehegatten und die gerichtliche Entscheidung darüber, wer Hauptschuldner und wer Ausfallsbürge wird, Einfluß nehmen könnte. Dem Gläubiger wird daher nur ausnahmsweise das für eine Bekämpfung der Entscheidung nach § 98 EheG erforderliche Rechtsschutzinteresse zukommen, wofür der Ausschußbericht ein Beispiel nennt. Die von der Rechtsmittelwerberin behauptete Sittenwidrigkeit der zwischen den vormaligen Ehegatten getroffenen Vereinbarung ist zu verneinen, denn die Übernahme der Zahlungspflicht je zur Hälfte kann im allgemeinen und auch hier im besonderen als durchaus zweckmäßige interne Regelung angesehen werden. Dafür, daß sie hier ausschließlich deswegen erfolgt sei, um der Gläubigern allenfalls Erschwernisse und Mehrkosten zu verursachen (vgl. RZ 1988/1), oder daß ein krasses Mißverhältnis zwischen den von den Schuldnern verfolgten eigenen Interessen zu den beeinträchtigten Gläubigerinteressen besteht (JBl 1990, 248), fehlt es an jedweden Anhaltspunkten. Inwieweit aber im Hinblick auf die Abweisung der gegen die vormaligen Ehegatten gerichteten Konkursanträge mangels kostendeckenden Vermögens bzw. die erfolglosen Exekutionsführungen und allenfalls auch durchgeführten Offenbarungseidesverfahren gegen sie nunmehr als der Rechtsmitelwerberin je zur Hälfte als Ausfallsbürgen Haftende im Sinne des § 98 Abs. 2 EheG, § 1356 ABGB vorzugehen ist (vgl. Gamerith, Die Kreditmithaftung geschiedener Ehegatten nach § 98 EheG, RdW 1987, 183), bedarf keiner Erörterung, weil mit den vorinstanzlichen Entscheidungen antragsgemäß lediglich darüber abgesprochen wurde, in welchem Umfang jeder der vormaligen Ehegatten hinsichtlich dieser Kreditschuld jeweils Hauptschuldner und Ausfallsbürge ist.

Dem insgesamt nicht gerechtfertigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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