OGH 9ObS6/90 (9ObS7/90)

OGH9ObS6/90 (9ObS7/90)27.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Alfred Mayer und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in den verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Parteien 1.) Rudolf R***, Angestellter, Wien 2., Engerthstraße 232-238/10/5/5/14, 2.) Johann R***, Arbeiter, Wien 9., Prozellangasse 22, beide vertreten durch Dr.Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** W***, Wels, Dragonerstraße 31, vertreten durch die Finanzprokuratur, und den auf seiten der Beklagten beigetretenen Nebenintervenienten Dr.Walter P***, Rechtsanwalt in Wien, Mahlerstraße 7, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma H*** UND B*** AG, wegen S 30.131 sA und S 89.866 sA, infolge Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Feber 1990, GZ 13 Rs 171, 172/89-17, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 31.Mai 1989, GZ 26 Cgs 268/88-11, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind schuldig, dem Nebenintervenienten die mit S 6.789,42 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.131,57 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen, und zwar der Erstkläger 1/4 und der Zweitkläger 3/4 dieses Betrages.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger war vom 1.5.1960 bis 31.10.1964 und vom 1.2.1969 bis 31.5.1988 als technischer Angestellter und der Zweitkläger vom 27.8.1956 bis 2.5.1988 als Monteur bei der Firma H*** UND B*** AG (früher Wiener Brückenbau und Eisenkonstruktions AG; dann V*** Alpine H*** AG) beschäftigt. Der Erstkläger war seit Oktober 1970 im Betriebsrat dieses Unternehmens tätig und übte seit Februar 1984 die Funktion des Vorsitzenden des Angestelltenbetriebsrates aus.

Über das Vermögen der Arbeitgeberin (im folgenden auch als Gemeinschuldnerin bezeichnet) wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 3.5.1988 das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß vom 11.5.1988 der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Erstkläger trat am 31.5.1988, der Zweitkläger am 2.5.1988 gemäß § 25 KO vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis aus.

Am 19.4.1988 war zwischen der Gemeinschuldnerin und der Belegschaft rückwirkend mit 1.1.1988 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden, deren Gegenstand ein Sozialplan (Beilage B) war. Mit diesem Sozialplan sollten "soziale Härten und Nachteile der Mitarbeiter im Falle einer Schließung, Stillegung, Teilstillegung, Insolvenz (zB Konkurs, Ausgleich, Konkursabweisung) oder Kündigung seitens des Dienstgebers" gemildert werden. Danach wurde den Arbeitnehmern unter anderem eine zusätzliche Abfertigung zuerkannt. Mit Teilabweisungsbescheiden des beklagten Arbeitsamtes vom 16.11.1988 wurden die Anträge der Kläger auf Insolvenz-Ausfallgeld, soweit sich die Ansprüche aus dem genannten Sozialplan ergaben, mit der Begründung abgelehnt, daß auch der Masseverwalter diese Forderungen bestritten habe und somit kein gesicherter Anspruch vorliege.

Der Erstkläger begehrt S 30.131 sA und der Zweitkläger S 89.866 sA Insolvenz-Ausfallgeld. Diese Forderungen setzen sich ausschließlich aus den zusätzlichen, durch den Sozialplan eingeräumten, der Höhe nach unbestrittenen Ansprüchen zusammen. Die Kläger behaupten, daß der Belegschaftsvertretung die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin nicht bekannt gewesen sei. Der Sozialplan sei auch nicht im Hinblick auf eine allfällige Insolvenz abgeschlossen worden. Über den Abschluß eines solchen Sozialplans sei schon lange verhandelt worden. Dies könne der Belegschaft nicht zum Nachteil gereichen, weil die Belegschaftsvertretung auch die Möglichkeit gehabt hätte, gemäß § 144 ArbVG die Schlichtungsstelle anzurufen. Der abgeschlossene Sozialplan sei gemäß § 31 ArbVG zwingend; er könne weder aufgehoben noch beschränkt werden.

Das beklagte Arbeitsamt beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Arbeitgeberin der Kläger sei seit mindestens 1987 überschuldet und zahlungsunfähig; ihre Fortbestandsprognose sei seit 31.12.1986 negativ gewesen. Bei Abschluß des Sozialplanes sei den beteiligten Personen die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldner bekannt gewesen. Den Beteiligten hätten auch die Absicht der Gemeinschuldnerin, ihre Arbeitnehmer durch den Abschluß der Betriebsvereinbarung vor anderen Gläubigern zu begünstigen bekannt sein müssen. Der Sozialplan sei ein nachteiliges Rechtsgeschäft iS des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO, da den beteiligten Personen bei Abschluß dieser Betriebsvereinbarung klar erkennbar gewesen sei, daß die Schließung und Liquidierung des Unternehmens unausweichlich sei. Die geltend gemachten Ansprüche seien daher durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben worden. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es traf ausführliche Feststellungen, insbesondere über die (negative) wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinschuldnerin und die Kenntnis der Mitglieder des Betriebsrates von der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Davon ist folgendes hervorzuheben:

Das Unternehmen der späteren Gemeinschuldnerin konnte in den letzten 20 Jahren überhaupt nur bestehen, weil mit der Muttergesellschaft, der V*** AG bzw V*** Alpine AG bis 31.12.1986 ein Gewinn- und Verlustübertragungsübereinkommen gegolten hatte, auf Grund dessen die Verluste der späteren Gemeinschuldnerin in Höhe von insgesamt S 860,000.000 von der Muttergesellschaft getragen wurden. Die Muttergesellschaft hat dieses Übereinkommen zum 31.12.1986 gekündigt. Das Betriebsergebnis für 1986 erbrachte einen Verlust von 85 Mio S, die Vorschau für 1987 einen solchen von 65 Mio S. Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende wies darauf hin, daß bei der gegebenen Auslastungssituation für das Unternehmen nur wenig Überlebenschancen bestünden. Die V*** Alpine AG als alleinige Inhaberin der Aktien der Gemeinschuldnerin verkaufte dann das Unternehmen an die Metallwerke Buchs AG Schweiz (MWB) um einen Kaufpreis von 101,8 Mio S, leistete jedoch für vergangene, gegenwärtige und zukünftige Verluste aus der Geschäftstätigkeit insgesamt 65 Mio S, die auf den Kaufpreis angerechnet wurden. In seinem Schreiben vom 1.6.1987 an den Aufsichtsratsvorsitzenden wies der Betriebsrat darauf hin, daß die Aufträge hinter dem Sollwert zurückblieben und es daher nur schwer vorstellbar sei, wie das Unternehmen das Geschäftsjahr 1987 verkraften solle. Bereits im September 1987 hatte der Erstkläger den Verdacht, daß aus dem Unternehmen in das Ausland Geld ohne reelle Geschäftsbeziehungen abgeflossen war. In der Aufsichtsratssitzung vom 2.12.1987 bezweifelte der Erstkläger die Angaben des Vorstandes, daß Verbindlichkeiten von 45 Mio S realisierbare Forderungen von 100 Mio S gegenüberstünden und meinte, für das Jahr 1987 drohe nicht ein Verlust von 50 Mio S, sondern von 100 Mio S. Der Betriebsrat erzielte damals Einigung mit dem Vorstand darüber, vom Wirtschaftsprüfer Dr.B*** einen Liquiditätsstatuts erstellen zu lassen. In seinem Schreiben vom 28.12.1987 wies dieser Wirtschaftsprüfer auf eine drohende Überschuldung des Unternehmens hin, falls nicht ungeklärte Überweisungen in Höhe von 22 Mio S und im Vermögen ausgewiesene, aber von der Schuldnerin nicht anerkannte Forderungen von 29,8 Mio S gegenüber der V*** G*** GesmbH geklärt würden. Mit Schreiben vom 14.1.1988 verlangten die Belegschaftsvertreter vom Aufsichtsratsvorsitzenden die Einberufung einer Aufsichtsratsitzung, weil der Wirtschaftsprüfer Dr.B*** in seinem Schreiben festgestellt hatte, daß der Bestand des Unternehmens gefährdet iS des § 139 Abs 2 AktG erscheine. Am 15.1.1988 wurde über das Vermögen der V*** G*** GesmbH der Konkurs eröffnet.

In der Direktionssitzung am 25.1.1988 wies der Erstkläger darauf hin, daß es bisher an einem Organisationsplan, einer zielorientierten Führung und an einem Konzept mangle. Auslastungslücken für März 1988 seien unübersehbar. Dennoch legte der Vorstand keinen Liquiditätsstatus vor. Die Belegschaftsvertretung hoffte, daß Dr.Erhart Z*** (der Vorstandsdirektor der Gemeinschuldnerin und Mehrheitsteilhaber der Fa V*** G*** GesmbH) die ins Ausland geflossenen Gelder wieder zurückführen werde.

Bei der Aufsichtsratssitzung am 2.3.1988 wies der Erstkläger darauf hin, daß sich die Lage des Unternehmens extrem verschlechtert habe und die Zahlungsprobleme zugenommen hätten. Der Vorstand des Unternehmens gab zu, daß die Liquiditätssituation problematisch sei und der Verlust für 1987 55 bis 60 Mio S betragen werde. Der Wirtschaftsprüfer nannte damals als vorläufiges Ergebnis einen Verlust von 58 Mio S, meinte aber, es seien auch 70 Mio S möglich. "Daneben müßten noch 97 Mio S speziell betrachtet werden"; er könne keinen Bestätigungsvermerk erteilen, wenn darüber keine klare Situation bestehe. Der Erstkläger wies darauf hin, daß keine Zukunftsaussichten und keine Motivationen bestünden; es fehlten Verantwortliche und Arbeitsmöglichkeiten. Im Zeitpunkt dieser Aufsichtsratssitzung hatten die Betriebsräte des Unternehmens wegen des ständigen Vorenthaltens des Liquiditätsstatus und des Organisationskonzepts sowie wegen der ungeklärten Geldabflüsse in das Ausland das Vertrauen zum Vorstand und zum Aufsichtsratsvorsitzenden (Phillip Z***) verloren.

In der Direktionssitzung vom 28.3.1988 bemängelte der Erstkläger, daß alle Verkäufer bis auf zwei ausgeschieden seien, eine Beteiligung anderer Unternehmen nicht konkret in Sicht sei, die Belegschaft Angst vor der Liquidation habe, die Fragen des Wirtschaftsprüfers nach wie vor ungeklärt seien und das Unternehmen in einer schweren Krise stecke; darauf vermochte der Vorstand nichts Konkretes zu erwidern.

Für die Arbeitnehmer war auf Grund der schlechten Betriebsauslastung offensichtlich, daß 1987 gegenüber 1986 ein Umsatzrückgang erfolgt war. Die Belegschaftsvertreter hatten auch Kenntnis davon, daß die spätere Gemeinschuldnerin etwa seit Beginn des Jahres 1988 Lieferanten teilweise nicht gezahlt hatte. Es war ihnen auch bekannt, daß viele Unternehmen der späteren Gemeinschuldnerin keine Aufträge mehr erteilen wollten, weil sie die finanzielle Situation dieses Unternehmens bereits als sehr schlecht einschätzten. Allerdings hofften die Belegschaftsvertreter weiter daß Dr.Z*** höhere Geldbeträge einbringen werde. Dr.Z*** wies Befürchtungen wegen eines Konkurses zurück und verwies dabei auf mehrere Aufträge, die aber noch nicht bindend zugesichert waren. Am 6.4.1988 forderte die Belegschaftsvertretung unverzüglich die Einberufung einer Aufsichtsratssitzung bis spätestens 18.4.1988, weil die am 31.3.1988 fälligen Gehälter nicht termingerecht ausgezahlt worden waren und es bereits beim Einkauf Probleme gab, die Klagedrohungen von Lieferanten anstiegen und über das Unternehmen in den Medien verstärkt berichtet wurde. Am 7.4.1988 wies Dr.Z*** die von einem Gewerkschaftssekretär geäußerte Befürchtung, daß das Unternehmen in Konkurs gehen werde, zurück; dieser befürchtete aber, daß es doch geschehen werde. Als am 15.4.1988 die fälligen Arbeiterlöhne nicht ausgezahlt werden konnten, begründete dies Dr.Z*** mit einer vorübergehenden Zahlungsstockung und meinte, der erforderliche Scheck werde in den nächsten Tagen eintreffen. Die Belegschaft setzte eine Nachfrist von einer Woche.

Die bilanzmäßige Überschuldung des Unternehmens war spätestens seit Anfang 1988 gegeben. Spätestens seit April 1988 besaß das Unternehmen keine ausreichenden Finanzmittel mehr, um seine fälligen Schulden zu begleichen. Spätestens seit Anfang April 1988 war die Fortbestandsprognose für das Unternehmen nicht mehr positiv. Der (seit 1986 anhaltende) Umsatz- und Auftragsrückgang war dem Umfang nach zumindest dem Erstkläger bekannt. Jedenfalls noch vor Unterfertigung des Sozialplans war den Belegschaftsvertretern auch bekannt, daß die Passiven des Unternehmens die Aktiven überstiegen. Dies ergibt sich daraus, daß ihnen die Verluste des Unternehmens bekannt waren sowie daß sie von der Verpfändung der Betriebsliegenschaften, vom Verkauf und der anschließenden Rückmiete des Anlagevermögens, vom Umfang der dem Unternehmen eingeräumten Kredite sowie von der Verschlechterung der Auftragslage und dem rapiden Sinken des Umsatzes seit Anfang 1988 Kenntnis hatten. In seiner rechtlichen Beurteilung stützte sich das Erstgericht auf § 1 Abs 3 IESG, wonach ein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld nicht bestehe, wenn die nach § 1 Abs 2 IESG gesicherten Ansprüche durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben wurden. Der abgeschlossene Sozialplan sei als Betriebsvereinbarung zu qualifizieren. Diese Betriebsvereinbarung sei ein Rechtsgeschäft. Da der Abschluß eines Sozialplanes somit ein Rechtsgeschäft sei, unterliege er auch der Gläubigeranfechtung. Der von der Beklagten geltend gemachte Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO liege vor. Für die Nachteiligkeit des Rechtsgeschäftes im Sinne dieses Tatbestandes genüge nicht allein die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung; vielmehr sei eine typische, die Gläubiger benachteiligende Art des Rechtsgeschäftes weitere Anfechtungsvoraussetzung. Diese liege hier vor, da der Sozialplan ausschließlich finanzielle Forderungen der Arbeitnehmer für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses zum Gegenstand haben. Die dadurch eintretende Belastung des Unternehmens und der künftige Nachteil anderer Gläubiger sei objektiv vorhersehbar und für den Insolvenzfall offenkundig. Die spätestens im April 1988 eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin hätte den Belegschaftsvertretern vor Abschluß des Sozialplanes bekannt sein müssen. Bei einer juristischen Person sei neben der Zahlungsunfähigkeit die Überschuldung alternativer Konkursgrund. Die rechnerische Überschuldung reiche zwar nicht aus; sie sei aber eine notwendige Bedingung, die durch eine Fortbestandsprognose zu ergänzen sei, mit der die Wahrscheinlichkeit künftiger Zahlungsunfähigkeit und damit der Liquidität geprüft werde. Aufgrund der den Belegschaftsvertretern bekannten Unternehmensentwicklung hätte ihnen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplanes bekannt sein müssen, daß die Fortbestandsprognose für das Unternehmen nicht mehr positiv sei.

Der Einwand, daß Sozialpläne generell nicht anfechtbar seien, sei nicht berechtigt. § 31 Abs 3 ArbVG normiere nur ein Verbot, eine grundsätzlich gültige Betriebsvereinbarung durch eine ungünstigere Einzelvereinbarung zu entkräften, treffe aber keine Vorsorge dafür, die abgeschlossene Betriebsvereinbarung selbst vor der Anfechtung zu bewahren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger in der Hauptsache nicht Folge. Es sprach aus, daß die Revision in Ansehung des Erstklägers zulässig sei. Die zweite Instanz billigte die Rechtsausführungen des Erstgerichtes zum Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO. Entgegen der Ansicht der Berufungswerber sei auch ein Sozialplan der Anfechtung nach der KO ausgesetzt. Dieser sei eine Betriebsvereinbarung im Sinn der §§ 29, 97 Abs 1 Z 4 ArbVG. Die Betriebsvereinbarung sei eine Institution des Privatrechts, die zwischen Personen des Privatrechtes zur Regelung von Privatrechtsverhältnissen abgeschlossen werde. Der normative Teil einer Betriebsvereinbarung enthalte zwar rechtsverbindliche Normen, die ohne Zutun der Partner der Einzelarbeitsverträge deren Inhalt verbindlich gestalten, doch ändere dies nichts daran, daß das Zustandekommen von Betriebsvereinbarungen auf privatrechtlichen Kriterien beruhe und deshalb auch den Anfechtungs- und Nichtigkeitsregeln des ABGB unterliege. Die Betriebsvereinbarungen seien als Verträge aber auch Gegenstand der Anfechtung nach der Konkursordnung. Nach § 1 Abs 2 IESG gebühre Insolvenz-Ausfallgeld nicht für Ansprüche, die durch eine im Sinne der Anfechtungsordnung oder Konkursordnung anfechtbare Rechtshandlung erworben wurden. Da die klagsgegenständlichen Forderungen auf einer nach § 31 Abs 1 Z 2 KO anfechtbaren Betriebsvereinbarung beruhten, habe das Erstgericht die Klagen zu Recht abgewiesen.

Die Kläger bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihren Klagen stattgegeben werde. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag. Das beklagte Arbeitsamt und der Nebenintervenient beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, dem Rechtsmittel der Kläger nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionwerber sind der Ansicht, daß der Abschluß einer Betriebsvereinbarung über einen Sozialplan nach dem Sinn und Zweck des § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG gerade dann erforderlich sei, wenn eine Betriebsänderung (§ 109 Abs 1 ArbVG) durch Einschränkung oder Stillegung des Betriebes drohe, weil dessen wirtschaftliche Zukunft gefährdet sei. Die daraus abgeleiteten Ansprüche könnten nicht mit jenen sonstiger Gläubiger gleichgesetzt werde, die mit dem Unternehmer in der kritischen Phase für die Masse nachteilige Rechtsgeschäfte abschließen. Die Vereinbarung eines solchen Sozialplans sei nicht sittenwidrig; der Betriebsrat und die Belegschaft hätten damit rechnen können, daß zur Sicherung der Arbeitsplätze des Unternehmens weiterhin finanzielle Hilfe von Dritten (allenfalls des Bundes oder Landes) geleistet werde, wie dies auch bei den im V***-Konzern verbliebenen Betrieben der Fall gewesen sei. Würde man aus der Überschuldung und der negativen Zukunftsprognose auf das Vorliegen der Konkursvoraussetzungen nach § 68 KO schließen, wären jene Betriebe nicht mehr in der Lage gewesen, Betriebsvereinbarungen über Sozialpläne und betriebliche Pensions- und Ruhegeldleistungen (§ 97 Abs 1 Z 18 ArbVG) wirksam abzuschließen. Der Oberste Gerichtshof sei in keinem einzigen der die strittigen Pensionsleistungen dieser Betriebe betreffenden Verfahren zum Ergebnis gekommen, daß diese Betriebsvereinbarungen anfechtbar gewesen seien.

Die Kläger hätten durch die Betriebsvereinbarung über den Sozialplan weder Sicherstellung oder Befriedigung, sondern nur Gestaltungsrechte erlangt. Der Tatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO betreffe nur Rechtsgeschäfte zwischen Privatrechtsträgern, wozu die Betriebsvereinbarung nicht zähle: Der Zweitkläger habe von der Zahlungsunfähigkeit seiner Arbeitgeberin keine Kenntnis gehabt.

§ 1 Abs 3 Z 1 IESG sei dahin auszulegen, daß der betreffende Arbeitnehmer den Anspruch durch eine (eigene) anfechtbare Rechtshandlung erworben haben müsse. Gegen eine Berücksichtigung der Anfechtbarkeit von Betriebsvereinbarungen im Bereich des IESG spreche auch § 1 Abs 3 Z 2 IESG, wonach für Ansprüche die auf einer Einzelvereinbarung beruhten, Insolvenz-Ausfallgeld nur dann gebühre, soweit diese Ansprüche über den durch (Gesetz, Kollektivvertrag oder) Betriebsvereinbarung zustehenden Anspruch hinausgingen; es sei daher nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber diesen Ausnahmetatbestand dadurch wieder beseitigen wollte, daß er auch Betriebsvereinbarungen der Anfechtung aussetze.

Wollte man die Anfechtbarkeit auch auf den der Betriebsvereinbarung bezüglich der Normwirkung ähnlichen Kollektivvertrag ausdehnen, würden Kollektivvertragspartner beim Abschluß jedes Kollektivvertrages anfechtbare Rechtshandlungen setzen, weil ihnen in der Regel bewußt sein werde, "daß während der Verhandlungen über den Kollektivvertrag oder zum Zeitpunkt des Abschlusses kollektivvertragsangehörige Unternehmen zahlungsunfähig werden oder einen Antrag auf Konkurseröffnung stellen". Insofern könne aber die Betriebsvereinbarung nicht anders als der Kollektivvertrag beurteilt werden. § 1 Abs 3 Z 1 IESG habe offensichtlich jene Bereicherungsansprüche im Auge, die weder auf Einzelvereinbarung noch auf Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung gemäß dem ArbVG zurückzuführen seien. Es wäre nicht sinnvoll, die erst lange Zeit nach dem Inkrafttreten der Anfechtungsordnung und Konkursordnung des Jahres 1914 geschaffene soziale Errungenschaft der Betriebsvereinbarung den seinerzeitigen Anschaffungstatbeständen zu unterstellen. Eine Betriebsvereinbarung, die sogar durch den Spruch einer Schlichtungsstelle erzwingbar gemacht werden könne, sei keine anfechtbare Rechtshandlung. Schließlich sei die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung nicht geprüft worden.

Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen.

Die Betriebsvereinbarung ist - ebenso wie der Kollektivvertrag (Floretta-Strasser, KommzArbVG 20; Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 II 123; vgl auch Cerny, ArbVG9, 32) - eine Institution des Privatrechts (Floretta-Strasser, KommzArbVG 168;

Floretta-Spielbüchler-Strasser aaO 320; Strasser, Die Betriebsvereinbarung 81 ff Ä88Ü; Floretta, Die Betriebsvereinbarung, DRdA 1959, 51; Schwarz-Löschnigg4, 85; Tomandl Arbeitsrecht2, 156;

Pernthaler in FS Strasser 5 f; VfSlg 7578). Sie ist ein Vertrag, auf den - neben den besonderen Vorschriften des ArbVG (insbesondere dessen § 29 ff) über den Abschluß und den zulässigen Inhalt - die Bestimmungen des ABGB anzuwenden sind. Soweit das ArbVG über den Abschluß und die rechtliche Behandlung keine besonderen Vorschriften enthält, gilt allgemeines Vertragsrecht. Insbesondere sind die Bestimmungen des ABGB über Willensmängel und die Erlaubtheit anwendbar (Floretta-Spielbüchler-Strasser aaO; Floretta-Strasser KommzArbVG 168; Cerny aaO 97; EvBl 1989/86 = RdW 1986, 138). Gegenstand der Betriebsvereinbarung können gemäß § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG auch "Sozialpläne", nämlich Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der Folgen einer Betriebsänderung iS des § 109 Abs 1 Z 1 bis 6 ArbVG sein, soferne diese wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich bringt (die weitere Möglichkeit, Sozialpläne durch Kollektivvertrag abzuschließen ħ 2 Abs 1 Z 4 ArbVGÜ kann hier außer Betracht bleiben). Zu den Betriebsänderungen iS des § 109 Abs 1 ArbVG gehören - als besonders einschneidende Maßnahmen - die Einschränkung oder Stillegung des ganzen Betriebes (Z 1), aber auch die Änderung der Eigentumsverhältnisse (Z 7). Der von den Revisionswerbern daraus gezogene Schluß, daß eine Insolvenz, die in der Regel derartige Betriebsänderungen zur Folge habe, selbst eine Betriebsänderung sei, so daß es dem Sinn und Zweck der vom Gesetz geschaffenen Möglichkeit der Vereinbarung von Sozialplänen widerspreche, diese der Anfechtbarkeit nach den einschlägigen Bestimmungen der KO auszusetzen, ist jedoch verfehlt. Unter den im § 109 Abs 1 ArbVG aufgezählten Typen von Betriebsänderungen scheint der Eintritt der Insolvenz nicht auf. Die (drohende) Insolvenz ist für sich allein niemals eine Betriebsänderung, auch wenn sie regelmäßig eine Betriebsänderung bewirken wird. Durch einen Sozialplan etwa neu geschaffene Arbeitnehmeransprüche genießen keine insolvenzrechtliche Sonderstellung, weder bei der Geltendmachung gegenüber dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds noch bei der Geltendmachung im Insolvenzverfahren selbst (Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 II 301; Krejci, Über Regelungszweck, Abschlußvoraussetzungen und Konstruktionsprobleme des Sozialplanes in FS Floretta 539 ff Ä555Ü; derselbe, Der Sozialplan 133 f). Der Abschluß eines Soziaplanes ist ein Rechtsgeschäft (siehe oben), welches bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einer Gläubigeranfechtung ausgesetzt sein kann. Kommen die Betriebspartner angesichts einer sich bereits abzeichnenden Insolvenz des Betriebsinhabers noch vor Eröffnung des Konkurses überein, zugunsten der Arbeitnehmer einen großzügigen Sozialplan zu vereinbaren, um ihnen so im erwarteten Insolvenzverfahren eine möglichst gute Position zu verschaffen, wobei freilich der Blick auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds eine stimulierende Wirkung haben mag, kann der Masseverwalter in diesem Vorgehen eine gezielte Benachteiligung der Interessen aller Gläubiger sehen und den Sozialplan nach allgemeinen Grundsätzen anfechten (Krejci in FS Floretta aaO 561 f; derselbe, Der Sozialplan 140; zur Anfechtbarkeit von Sozialplänen s auch Kuhn-Uhlenbruck, KO10, 66; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung Rz 299).

Die Inanspruchnahme des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ändert daran nichts. Abgesehen von den durch § 1 Abs 3 Z 1 IESG geschaffenen Abwehrmöglichkeiten führen die Leistungen des Fonds keineswegs zu einer Entlastung des Schuldnervermögens, gehen doch die Arbeitnehmeransprüche auf den Fonds über und ist der Fonds verpflichtet, diese Ansprüche im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Wie der Oberste Gerichtshof dazu bereits ausgesprochen hat (EvBl 1989/67 = RdW 1989, 138; siehe auch DRdA 1989, 308 und Mitter, Sozialplan bei drohender Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens DRdA 1989, 319), sind Sozialpläne unzulässig, die dem Arbeitnehmer solche ungebührlichen Leistungen lediglich zubilligen, weil diese ohnehin der Fonds zahlt. Wie Krejci (FS Floretta aaO 562 und Sozialplan 141) pointiert formuliert hat, "ist der Fonds kein Glückstopf, dessentwegen Sozialpläne vereinbart werden dürfen". An der Anfechtbarkeit solcher Betriebsvereinbarungen kann auch nichts ändern, daß der Abschluß eines Sozialplans mangels Einigung zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat auch durch Entscheidung der Schlichtungsstelle erzwungen werden könnte (§§ 97 Abs 2, 109 Abs 3, 144 Abs 1 ArbVG) und in diesem Fall eine Anfechtung nicht oder nur unter ganz seltenen Verhältnissen in Betracht käme, weil Behördenakte grundsätzlich keine anfechtbaren Rechtshandlungen des Schuldners sind (Krejci in FS Floretta 562 mwN zur gegenteiligen Ansicht in der BRD FN 42; derselbe, Sozialplan 140). Im Falle der Entscheidung der Schlichtungsstelle liegen die Verhältnisse auch deshalb anders, weil die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Betriebes im Sinne des § 109 Abs 2 ArbVG Bedacht zu nehmen hat.

Ein durch Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat abgeschlossener Sozialplan ist daher nach den einschlägigen Vorschriften der Konkursordnung anfechtbar. Die Argumente, die die Revisionswerber dagegen anführen, sind nicht zutreffend.

Auf die in der Entscheidung EvBl 1989/67 = RdW 1989, 138 behandelte Frage der Sittenwidrigkeit eines Sozialplans ist hier nicht einzugehen, weil das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht auf die Nichtigkeit des Sozialplans wegen unzulässiger Belastung eines Dritten, sondern auf die Anfechtbarkeit nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO gestützt hat. Auch die Frage, ob die Kläger durch den Abschluß der Betriebsvereinbarung Sicherstellung oder Befriedigung erlangt haben, ist nicht zu behandeln, weil sie ein Tatbestandsmerkmal des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO betrifft. Der Hinweis der Revisionswerber auf die in der Frage der V***-Pensionen ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ist verfehlt. Nahezu alle diese Entscheidungen ergingen im besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 2 ASGG, in dem der Oberste Gerichtshof auf Grund eines vom Antragsteller behaupteten Sachverhaltes zu entscheiden hatte. Das Problem anfechtbarer Rechtshandlungen hat sich dort mangels Behauptung eines solchen Sachverhaltes sowie mangels Insolvenz der betroffenen Unternehmen überhaupt nicht gestellt. Zudem ging es bei den dort zu prüfenden Betriebsvereinbarungen um die Einschränkung oder den Widerruf (meist) alter, in unverdächtiger Zeit erworbener Pensionszusagen. Von zusätzlichen Sozialplanleistungen in statu cridae war in keinem der erwähnten Verfahren die Rede.

Da sohin die Regeln des Anfechtungsrechtes auf Betriebsvereinbarungen anwendbar sind, kann es bei der Beurteilung der Frage, ob dem Vertragspartner des Gemeinschuldners (nämlich dem "anderen Teil" im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO) die Zahlungsunfähigkeit bekannt war oder bekannt sein mußte, nur auf die Kenntnis (das Kennenmüssen) der Mitglieder des Betriebsrates (Betriebsausschusses; Zentralbetriebsrates) als Vertragspartner des Betriebsinhabers im Sinne des § 29 ArbVG ankommen. Mit der erfolgreichen Anfechtung durch Klage oder Einrede (§ 43 Abs 1 KO) wird die Betriebsvereinbarung unwirksam. Damit fällt auch die Normwirkung weg, so daß sich die unter die Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer nicht mehr darauf berufen können. Auf die Kenntnis (das Kennenmüssen) des nicht dem Betriebsrat angehörenden Zweitklägers von der Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin kommt es daher nicht an. Daß aber den Mitgliedern des Betriebsrates die Überschuldung und die negative Fortbestandsprognose des Unternehmens bekannt war, haben die Vorinstanzen festgestellt; zutreffend haben sie ferner angenommen, daß ihnen auf Grund der im einzelnen festgestellten Detailkenntnisse über den wirtschaftlichen Niedergang des Unternehmens auch die Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung bekannt sein mußte; der Betriebsrat hat diese Betriebsvereinbarung am 19.4.1988, also nur wenige Tage (!) vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens (3.5.1988) rückwirkend mit 1.1.1988 abgeschlossen. Daß es sich bei den (ohne Gegenleistung eingeräumten) Abfertigungsverbesserungen und sonstigen Leistungen des Sozialplans um ein nicht nur die künftige Gläubigerbefriedigung (etwa durch Insolvenzverzögerung mittelbar) gefährdendes, sondern um ein schon nach seinem Inhalt gegen die Interessen der übrigen Gläubiger verstoßendes nachteiliges Rechtsgeschäft handelte, kann nicht zweifelhaft sein, so daß auf die Kontroversen in Lehre und Rechtsprechung zur Frage des Begriffes des nachteiligen Rechtsgeschäftes im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO nicht eingegangen werden muß.

Die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung ist evident, weil den Leistungen, die den Arbeitnehmern mit dem Sozialplan zusätzlich eingeräumt wurden, keine (besonderen) Gegenleistungen gegenüberstanden. Nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge - hypothetische Sachverhalte entziehen sich strenger Beweisführung - wären die Passiven der Gemeinschuldnerin ohne Abschluß der Betriebsvereinbarung um die zugesagten zusätzlichen Lohnbestandteile niedriger gewesen. Alle Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO liegen daher vor.

Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht um eine Anfechtung durch den Masseverwalter, sondern um die Beurteilung der Voraussetzungen des § 1 Abs 3 Z 1 IESG, wonach Insolvenz-Ausfallgeld (für gesicherte Ansprüche nach § 1 Abs 2 IESG) nicht gebührt, die durch eine im Sinne der Anfechtungsordnung oder der Konkursordnung anfechtbare Rechtshandlung erworben wurden. Mit dem Einschub "im Sinne der Anfechtungsordnung bzw der Konkursordnung" durch die IESG-Nov 1986 wurde klargestellt, daß grundsätzlich alle Anfechtungstatbestände nach diesen Gesetzen den Verlust des gesicherten Anspruches nach § 1 Abs 2 IESG zur Folge haben. Wurde darüber, ob ein Anspruch auf Grund einer anfechtbaren Rechtshandlung erworben wurde, mangels Klage oder Einwendung durch den Masseverwalter noch nicht rechtskräftig entschieden, so ist diese Frage im Verfahren nach dem IESG vom Arbeitsamt (bzw im späteren Sozialgerichtsverfahren) selbständig zu prüfen (9 Ob S 19/89). Das beklagte Arbeitsamt kann sich daher erfolgreich darauf berufen, daß die gesicherten Ansprüche der Kläger auf einem gemäß § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO nachteiligen Rechtsgeschäft beruhen. Daß das IESG mit der Verweisung auf alle Anfechtungstatbestände nach der Anfechtungsordnung und der KO mit Einzelvereinbarungen aber keine Betriebsvereinbarungen erfassen wollte, ist auch aus § 1 Abs 3 Z 2 IESG nicht zu entnehmen. Diese Bestimmung begrenzt lediglich Ansprüche, die auf einer Einzelvereinbarung beruhen, auf das im Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung festgesetzte Maß, besagt aber nicht, daß nicht auch Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen unter die durch anfechtbare Rechtshandlung erworbenen Ansprüche fallen könnten.

Bei Normenverträgen, mit denen generell bezeichnete Arbeitsverhältnisse geregelt wurden, ist derjenige, der die anfechtbare Rechtshandlung gesetzt hat, mit dem, der von der Anfechtung betroffen ist, nur ausnahmsweise identisch, wenn er zu den abschließenden Organen gehört. Dieses Auseinanderfallen hindert die Anwendung des § 1 Abs 3 Z 1 IESG nicht. Entgegen der Ansicht der Revisionswerber muß der Träger des Anspruches nach dieser le mit demjenigen, der die anfechtbare Rechtshandlung gesetzt hat, nicht identisch sein.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Revisionswerber haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen. Ein Anlaß zur Anwendung des § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG besteht nicht. Die Kläger haben dem Nebenintervenienten die Kosten seiner Revisionsbeantwortung zu ersetzen (§§ 41 Abs 1, 50 ZPO), weil der dem Nebenintervenienten gebührende Kostenersatz durch § 77 ASGG nicht berührt wird, sofern der Nebenintervenient nicht ein Versicherungsträger ist (Kuderna, ASGG 411; auch Feitzinger-Tades Anm 2 zu § 77 ASGG).

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