Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Beklagte ist Innenarchitekt und daher berechtigt, diese Bezeichnung zu führen. Er ist weder Mitglied der klagenden noch einer anderen Ingenieurkammer; er ist nicht Architekt im Sinne des Ziviltechnikergesetzes.
Im Amtlichen Telefonbuch für Wien, Ausgabe 1989/90, ist der Beklagte wie folgt eingetragen:
"A*** Heinrich, I Arch, Planungsbüro ...".
Von dieser Telefonbucheintragung erlangte die Klägerin am 14. November 1989 durch ein Schreiben eines ihrer Kammermitglieder Kenntnis.
Mit der Behauptung, daß der Beklagte durch das Führen der Bezeichnung "IArch" neben dem Namen unter Verletzung der §§ 2 und 30 ZivTG den unrichtigen Anschein erwecke, er übe einen an die Ziviltechnikerbefugnis gebundenen Beruf aus, begehrt die klagende Ingenieurkammer zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Vefügung zu verbieten, sich als "Architekt" auch in Form der Abkürzung "IArch" zu bezeichnen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Sicherungsbegehren. Er habe sich selbst niemals als Architekt bezeichnet und beabsichtige auch nicht, das in Zukunft zu tun; nur im Amtlichen Telefonbuch sei er unter der beanstandeten Bezeichnung eingetragen. Die dort verwendete Abkürzung werde jedoch vom Publikum eindeutig richtig dahin verstanden, daß er eben Innenarchitekt und nicht Architekt sei.
Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Die beanstandete Telefonbucheintragung befinde sich nicht im (entgeltlichen) Branchenverzeichnis, sondern im Namensverzeichnis des Amtlichen Telefonbuches. Wie sich aus den in jedem Telefonbuch abgedruckten Grundsätzen ergebe, sei das Namensverzeichnis keine Werbebroschüre und kein Geschäftsbrief etc, sondern bloß ein alphabetisches, nach Familiennamen geordnetes Verzeichnis der Fernsprechteilnehmer. Der Benützer des Namensverzeichnisses suche also dort weder einen Architekten noch einen Innenarchitekten; warum er darüber irren sollte, ob der Beklagte Architekt ist, sei nicht erkennbar. Die Klägerin habe auch nicht einmal behauptet, daß die beanstandete Telefonbucheintragung auf Veranlassung des Beklagten oder auf Grund seiner Angaben erfolgt sei; insbesondere sei nicht bekannt, ob der Beklagte der Schriftleitung des Telefonbuches gegenüber seine Bezeichnung als Innenarchitekt überhaupt abgekürzt habe oder nicht. Aus den Bedingungen des Amtlichen Telefonbuches gehe hervor, daß Eintragungen auch von Amts wegen vorgenommen würden. Es sei daher nicht ausgeschlossen, daß die Schriftleitung die ungekürzte Berufsbezeichnung des Beklagten von Amts wegen und aus Platzgründen abgekürzt habe.
Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Abkürzung "IArch" sei an sich geeignet, einen irrigen Eindruck über die beruflichen Befugnisse des Beklagten zu erwecken, könne doch in der Flüchtigkeit des Verkehrs das vor der Abkürzung "Arch" stehende "I" übersehen werden. Auch eine Eintragung im Namensverzeichnis des Telefonbuches könne einen Irrtum im Sinne des § 2 UWG hervorrufen. Es sei durchaus möglich, daß jemand, der im Telefonbuch die Nummer eines bestimmten Fernsprechteilnehmers sucht, zufällig auf die beim Namen des Beklagten aufscheinende Abkürzung "IArch" stößt und dabei den - unrichtigen - Eindruck gewinnt, der Beklagte dürfe sich als Architekt bezeichnen. Damit liege aber ein Verstoß gegen § 2 Abs 2 ZivTG und § 2 UWG iVm § 31 Abs 1 UWG vor. Die Klägerin habe zwar nicht behauptet, daß der Beklagte selbst die Eintragung in der beanstandeten Form veranlaßt habe; er hafte aber gemäß § 18 UWG für das Verhalten der Schriftleitung des Amtlichen Telefonbuches, weil er auf Grund seiner vertraglichen Beziehungen zu dieser in der Lage gewesen wäre, die irreführende Eintragung zu verhindern. Schon im Amtlichen Telefonbuch 1988/89 sei dem Namen des Beklagten die Abkürzung "I.Arch." beigefügt gewesen. Da im Allgemeinen Teil des Telefonbuches dessen Benützer aufgefordert würden, die Eintragungen zu überprüfen und allfällige Unstimmigkeiten oder Änderungen sofort der Schriftleitung bekanntzugeben, sei davon auszugehen, daß der Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, für die Ausgabe des Telefonbuches 1989/90 den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Daß er dies vergeblich versucht hätte, habe er nicht einmal behauptet. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstrichters wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der Beklagte ist unbestrittenermaßen nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung "Architekt" zu führen (§ 2 Abs 1 ZivTG); wohl aber darf er sich "Innenarchitekt" nennen, ist doch die Tätigkeit eines Innenarchitekten keine den Architekten vorbehaltene Tätigkeit (VfSlg. 4351). Anders verhält es sich mit der im Amtlichen Telefonbuch aufscheinenden Abkürzung "IArch": Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (ÖBl. 1983, 46), ist das Recht zum Gebrauch von Abkürzungen des Wortes "Innenarchitekt" jedenfalls dadurch eingeschränkt, daß § 2 Abs 2 ZivTG das Führen von Berufsbezeichnungen verbietet, die auf irgendeine Art, insbesondere durch den Hinweis auf eine den Architekten vorbehaltene Tätigkeit, den Anschein zu erwecken geeignet sind, daß es sich um eine Berufsausübung handelt, die an eine solche Befugnis gebunden Ist. Der Gebrauch der hier beanstandeten Abkürzung ist aber zweifellos geeignet, einen irrigen Eindruck über die beruflichen Befugnisse des Beklagten hervorzurufen, kann es doch nur allzu leicht vorkommen, daß in der Flüchtigkeit des Geschäftsverkehrs das vor der Abkürzung "Arch" gedruckte "I" übersehen oder nicht richtig gedeutet wird. Diese Form der Abkürzung ist demnach auch eine zur Irreführung geeignete Angabe im Sinne des § 2 UWG (iVm § 31 Abs 1 UWG). Die Eintragung einer Berufsbezeichnung im Amtlichen Telefonbuch ist nicht nur ein "Führen" im beruflichen Verkehr im Sinne des § 2 ZivTG (VwGH in ÖZW 1987, 91), sondern auch ein "Handeln im geschäftlichen Verkehr". Gerade weil es sich bei der beanstandeten Abkürzung um eine Berufsbezeichnung handelt, kann von einer rein privaten Tätigkeit des Beklagten keine Rede sein. Nach Lehre (Hohenecker-Friedl 17 f; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 23 ff; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 266 ff Rz 206 EinlUWG) und Rechtsprechung (SZ 51/171; MR 1988, 194 mwN) umfaßt der "geschäftliche Verkehr" im Sinne des Wettbewerbsrechtes - im Gegensatz zu rein privater oder amtlicher Tätigkeit - jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, also jede geschäftliche Betätigung im weitesten Sinn. Gewinnabsicht ist nicht notwendig; vielmehr genügt eine selbständige, zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt. Dazu gehören auch Hilfshandlungen mit unterstützender Funktion, sofern sie nur überhaupt der geschäftlichen Sphäre zuzuordnen sind. Ein Angehöriger eines freien Berufes wird daher auch dann "im geschäftlichen Verkehr" tätig, wenn er seine Berufsbezeichnung in das Amtliche Telefonbuch aufnehmen läßt (MR 1988, 210; vgl. ÖBl. 1980, 65 für die Aufnahme eines Unternehmens in das Fernschreibverzeichnis). Berufsbezeichnungen und Titel können naturgemäß nur auf Grund der Angaben des ihre Eintragung begehrenden Fernsprechteilnehmers angeführt werden; der Beklagte hat auch gar nicht behauptet, daß die P***- UND T*** seine
Berufsbezeichnung von Amts wegen eingetragen hätte. Daß der Beklagte bei diesem Auftrag zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt hat, liegt auf der Hand, ist doch die Angabe eines Titels entgegen den Revisionsrekursausführungen sehr wohl geeignet, den Absatz des Unternehmers zu fördern, weil ein nicht unbeträchtlicher Teil des Publikums einen vermeintlich höher qualifizierten Unternehmer lieber beauftragt als einen anderen. Dabei fallen jene Personen, die nur durch Zufall beim Durchblättern des Telefonbuches auf eine solche Berufsbezeichnung stoßen, nicht ins Gewicht; entscheidend ist, daß Personen, die sich an ein bestimmtes Unternehmen wenden, dann, wenn sie den Eindruck gewinnen, der Unternehmer habe eine bestimmte Qualifikation, eher bereit sein werden, bei diesem tatsächlich zu kaufen oder zu bestellen. Bei einer Handlung wettbewerbsrechtlichen Charakters ist aber die Wettbewerbsabsicht zu vermuten (SZ 38/79 uva); der Beklagte hat sie in erster Instanz nicht in Abrede gestellt.
Ob die Schriftleitung des Amtlichen Telefonbuches von sich aus oder im Einvernehmen mit dem Beklagten - auf dessen ausdrückliches Ersuchen oder nach Rücksprache mit ihm - die Bezeichnung "Innenarchitekt" in der beanstandeten Weise abgekürzt hat, steht nicht fest; dazu fehlen auch Parteibehauptungen. Die Frage, wen die Beweislast hiefür getroffen hätte, kann aber auf sich beruhen, weil die Haftung des Beklagten in jedem Fall zu bejahen ist: Sollte er selbst die Abkürzung "I Arch" verlangt haben, dann hätte er die irreführende Angabe durch aktives Handeln veranlaßt. Andernfalls hätte er zumindest deshalb für die beanstandete Eintragung im Amtlichen Wiener Telefonbuch 1989/90 einzustehen, weil er - wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat - die gleichartige Eintragung im Telefonbuch 1988/89 nicht beanstandet hat. Ob ihm diese Eintragung tatsächlich bekannt war, ist rechtlich ohne Bedeutung; wer im geschäftlichen Verkehr durch Dritte Angaben machen - insbesondere etwas drucken - läßt, muß nämlich - im Bereich seiner Möglichkeiten - darauf achten, daß die Angabe (der Druck) richtig erfolgt. Dem Beklagten wäre es jedenfalls möglich gewesen, eine Änderung der Eintragung im Amtlichen Telefonbuch 1989/90 gegenüber jener der vorangegangenen Ausgabe dahin zu erwirken, daß seine Berufsbezeichnung "Innenarchitekt" entweder ausgeschrieben oder doch so abgekürzt wird, daß Verwechslungen mit dem Beruf des "Architekten" vermieden werden. Ganz abgesehen davon, daß die Schriftleitung offenbar durchaus bereit ist, einem solchen Wunsch zu entsprechen - vgl. etwa die Eintragung im Amtlichen Telefonbuch Wien A bis H 1990/91, II/135: "Bauer Hartwin ...
Innenarch..." - hätte der Beklagte dann, wenn ihm eine solche Schreibweise verweigert worden wäre, zur Vermeidung einer Täuschung des Publikums eben ganz auf die Beisetzung seiner Berufsbezeichnung verzichten müssen. Hat er dieser Pflicht nicht entsprochen, so muß er für das Unterlassen dieser Berichtigung und das Dulden der beanstandeten Abkürzung ebenso einstehen wie für ein rechtswidriges Handeln (vgl. Baumbach-Hefermehl aaO 349 Rz 328 EinlUWG; JBl. 1928, 398; JBl. 1931, 442; ÖBl. 1957, 5; ÖBl. 1986, 154). Ob der Beklagte - wie das Rekursgericht meint - nach § 18 UWG auch für einen von ihm nicht veranlaßten und für ihn nicht verhinderbaren Irrtum einzustehen hätte, ist daher nicht zu untersuchen. Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.
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