OGH 13Os55/90

OGH13Os55/907.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Juni 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtanwärters Mag. Dr. Ungerank als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf W*** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau als Schöffengericht vom 27.März 1990, GZ 15 Vr 601/89-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler und des Verteidigers Dr. Krebs, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über Rudolf W*** verhängte Freiheitsstrafe auf 9 Monate herabgesetzt wird. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Jänner 1960 geborene Rudolf W*** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 1. September 1989 in Gmünd die am 15.Juli 1982 geborene unmündige Patricia N*** dadurch auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, daß er sie im Genitalbereich betastete. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO stützt, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. Die Mängelrüge (Z 5) versagt, weil die behauptete Undeutlichkeit nicht vorliegt: Die Urteilsfeststellungen, wonach der Beschwerdeführer Patricia N*** im Bereiche des Rückens, der Brust, der Oberschenkel, aber auch des Genitalbereichs betastete (S 133), lassen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht zuwider weder über die Intensität der Tathandlung noch über die körperbezogene Lokalisation derselben Interpretationsmöglichkeiten in dem vom Nichtigkeitswerber aufgezeigten Sinn offen. Denn zum einen ist "Betasten" als vernunftgesteuertes und gezieltes sinnliches Verhalten mehr als eine "bloß flüchtige sexuelle Berührung"; zum anderen stellt das Wort Genitale nur das aus dem Lateinischen hergeleitete Synonym für Geschlechtsorgan dar.

Rechtliche Beurteilung

Es ist aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) des Angeklagten nicht zielführend:

Denn die Urteilsfeststellung, der Beschwerdeführer habe die Tathandlungen "in Kenntnis des Alters der Patricia N*** und mit dem Vorsatz, sie zur Unzucht zu mißbrauchen" gesetzt, stellt - entgegen dem Beschwerdevorbringen - klar, daß Rudolf W*** in Ansehung des Mißbrauchs zur Unzucht vorsätzlich (§ 5 Abs. 1 erster Satz StGB) handelte, wobei er das Alter des Mädchens, sohin die Unmündigkeit des Opfers, in den Vorsatz einschloß. Der behauptete Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite liegt sohin nicht vor. Zum weiteren Einwand aber, die vom Erstgericht festgestellten Tathandlungen seien "(noch) nicht" als "unzüchtige Handlungen im Sinne des § 207 Abs. 1 erster Fall StGB" zu werten, ist von den Feststellungen der Tatrichter auszugehen, nach denen der Nichtigkeitswerber zunächst beschloß, mit der zur Tatzeit noch nicht achtjährigen Patricia N*** einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, ihr dann einen Kuß auf die Wange gab, sie im Bereiche der Brust und der Oberschenkel sowie an den Geschlechtsorganen - wenn auch über der Kleidung - betastete, wobei es bei ihm zu einem Samenerguß kam (S 132, 133). Für die Frage der Unzüchtigkeit ist der Wertmaßstab eines sozial integrierten, kulturverbundenen Durchschnittsmenschen von entscheidender Bedeutung (LSK 1976/348). Die im Urteil festgestellte, oben wiedergegebene Tathandlung wird diesem normativen Tatbestandsmerkmal gerecht.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 207 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten, die es gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend nichts, als mildernd hingegen die "mangelnde intellektuelle Kapazität" des Angeklagten und die Tatsache, daß die Tat beim Opfer keine gravierenden Folgen nach sich zog. Mit seiner Berufung begehrt Rudolf W*** eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe: Er habe bei der Tatausführung nicht den geringsten Zwang angewendet und diese sofort beendet, als das Kind ihn weggeschoben habe. Unter diesen Gesichtspunkten sei eine sechsmonatige Freiheitsstrafe der Tatschuld und dem Unrecht angemessen.

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Der Unrechtsgehalt des vom Rechtsmittelwerber begangenen Verbrechens ist bei Berücksichtigung der (auch in der Berufung richtig dargestellten) Modalität der Tatausführung nicht sehr hoch zu veranschlagen. Da darüber hinaus das vom Angeklagten vor der Gendarmerie abgelegte Geständnis als wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung einen weiteren Milderungsgrund bildet, erweist sich unter Abwägung der solcherart ergänzten Strafzumessungsgründe eine Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten als tätergerecht und schuldangemessen.

Somit war spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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