Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung als Teilurteil zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 76.066,67 S brutto zu zahlen, wird abgewiesen."
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens 1., 2. und 3. Instanz wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von 90.515,18 S brutto sowie 512,60 S netto sA an Kündigungsentschädigung, Urlaubsabfindung, Überstundenentgelt und restlichem laufenden Entgelt. Er sei vom 1.November bis 1.Dezember 1988 als Bauleiter bei der beklagten Partei angestellt gewesen. Am 30. November 1988 um 12,30 Uhr sei am Einsatzort des Klägers in Prag ein Telefax der beklagten Partei vom 29.November 1988 eingelangt, in dem erklärt worden sei, daß das Dienstverhältnis "mit Ablauf des Probemonats, das ist zum 1.12.1988" aufgelöst werde. Der Kläger habe am 30.November 1988 noch bis zum Schluß gearbeitet und sei erst dann nach Wien zurückgefahren. Das Dienstverhältnis sei zum 1.Dezember 1988 und damit nach Ablauf des Probemonats gekündigt worden. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Wenn der Kläger den Halbsatz "das ist zum 1.12.1988" dahin auffasse, daß das Dienstverhältnis erst mit Ablauf des ersten Dezembertages beendet worden sei, lasse sich diese Interpretation nicht in Einklang mit dem allgemeinen Verständnis von der sachlichen und rechtlichen Situation bringen, da die beklagte Partei im selben Satz den Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses mit dem Ablauf des Probemonats definiert habe. Der Bezug auf den Folgetag sei dahin zu verstehen, daß mit diesem Tag kein Dienstverhältnis mehr bestehe. Die Interpretation der Auflösungserklärung durch den Kläger, mit der er zu einer Überschreitung des Probemonats gelange, müsse aus dem Gesamtzusammenhang und nach dem Verständnis jedes redlichen Erklärungsempfängers als unhaltbar bezeichnet werden. Der Umstand, daß der Kläger nach Erhalt des Schreibens vom 29.November 1988 noch bis zum Schluß des Tages gearbeitet habe und erst dann nach Wien zurückgefahren sei, sei ohne Bedeutung für die Rechtzeitigkeit der Kündigung; entscheidend sei der Zeitpunkt des Zuganges der Erklärung über die Auflösung des Probedienstverhältnisses. Der Bauleiter Ing. Günther P*** habe dem Kläger mit der Übergabe des Kündigungsschreibens eröffnet, daß er nicht mehr weiterarbeiten müsse und habe ihm mündlich die Auflösung des Dienstverhältnisses mitgeteilt. Der Kläger hätte noch am 30.November 1988 von Prag nach Wien zurückkehren können.
Das Erstgericht gab der Klage mit Teilurteil bezüglich eines Betrages von 76.066,67 S brutto statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:
Im Dienstvertrag waren der Beginn des Dienstverhältnisses mit 1. November 1988, eine Befristung auf drei Monate und ein Probemonat vereinbart. Als Gehalt waren 32.600 S 14mal jährlich festgelegt; damit waren auch zehn Überstunden abgegolten.
Ab dem 7.November 1988 war der Kläger in Prag beschäftigt. Am 30. November 1988 um 12,30 Uhr übergab Ing. Günther P*** dem Kläger ein mit 29.November 1988 datiertes Schreiben. Dieses an den Kläger gerichtete Schreiben erhält im ersten Absatz folgende Erklärung:
"Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, daß wir auf Grund der aktuellen Situation an der Baustelle Palace, den mit Ihnen geschlossenen Dienstvertrag nach Ablauf des Probemonats, das ist zum 1.12.1988, auflösen." Gleichzeig mit der Übergabe dieses Schreibens teilte Ing. Günther P*** dem Kläger mit, daß die Arbeit für ihn sofort beendet sei, der Kläger solle sofort damit beginnen, die Stundenlisten abzuschließen und ihm die Unterlagen übergeben. Vom restlichen Dienst sei der Kläger befreit. Für diese Tätigkeit benötige der Kläger etwa eine Stunde und verließ gegen 15,30 Uhr die Baustelle. An diesem Tag wäre an sich noch bis 18,00 Uhr zu arbeiten gewesen. Der Kläger übergab über Aufforderung des Ing. Günther P*** auch noch am selben Tag die Dienstwohnung.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Kläger aus dem Schreiben vom 29.November 1988 keineswegs klar sein mußte, daß das Dienstverhältnis schon mit Ablauf des 30.November 1988 beendet sei. Auch die Erklärung, daß die Arbeit für den Kläger sofort beendet sei, könne nicht als Verdeutlichung in diesem Sinn aufgefaßt werden. Am 1.Dezember 1988 sei der Probemonat bereits um einen Tag überschritten gewesen, sodaß die Auflösung des Dienstverhältnisses fristwidrig erfolgt sei. Dem Kläger stünde daher das Gehalt für Dezember 1988 und Jänner 1989 einschließlich der Sonderzahlung für diesen Zeitraum zu.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Schreiben vom 29.November 1988 die Absicht der beklagten Partei, das Dienstverhältnis noch während des Probemonats zu lösen, nicht entnommen werden könne. Die beklagte Partei habe in diesem Schreiben nicht nur den 1.Dezember 1988 als Auflösungstermin genannt, sondern darüber hinaus auch noch erklärt, das Dienstverhältnis erst nach Ablauf des Probemonats zu lösen. Der erste Absatz des Schreibens vom 29.November 1988 sei daher nicht widersprüchlich. Die Erklärung des Ing. Günther P***, daß die Arbeit für den Kläger sofort beendet sei und er vom restlichen Dienst befreit sei, habe der Kläger mit Rücksicht auf das ihm übergebene Schreiben als Dienstfreistellung unter Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses bis 1.Dezember 1988 auffassen müssen. Hingegen sei es ohne Bedeutung, wie der Kläger die mit diesem Schreiben ausgesprochene Auflösungserklärung subjektiv aufgefaßt habe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Da die beklagte Partei in der Beweisrüge die bekämpften Feststellungen nicht bezeichnete, war die Berufung in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt, sodaß sich eine Stellungnahme des Berufungsgerichtes zu diesem Berufungsgrund erübrigte. Zu Recht wendet sich die Revisionswerberin aber gegen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.
Eine Auflösungserklärung ist stets so zu beurteilen, wie sie der Empfänger nach ihrem Wortlaut und dem Geschäftszweck bei objektiver Betrachtung verstehen konnte (vgl. ZAS 1982, 91 ÄJaborneggÜ
= DRdA 1983, 104 ÄFitzÜ; DRdA 1983, 363 ÄKerschnerÜ; Arb. 10.155
= JBl. 1983, 559). Mit der vorliegenden, dem Kläger noch während des
vereinbarten Probemonates zugegangenen Auflösungserklärung gab nun die beklagte Partei entgegen der Ansicht der Vorinstanzen dem Kläger hinreichend klar zu erkennen, daß sie von der während des Probemonats bestehenden Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis jederzeit mit sofortiger Wirkung zu lösen, Gebrauch machte und das Dienstverhältnis mit Ablauf des Probemonats enden sollte. Der Zusatz "das ist zum 1.12.1988" kann im Zusammenhang mit der vorangehenden, dem Kläger noch innerhalb des Probemonats zugegangenen Erklärung, das Dienstverhältnis "nach Ablauf des Probemonats zu lösen" nicht im Sinne einer Absicht der beklagten Partei gedeutet werden, das Arbeitsverhältnis - ohne jeden vernünftigen Grund - noch bis zum Ablauf des außerhalb des Probemonats liegenden 1.Dezember 1988 fortzusetzen. Auch aus dem Verhalten seines Vorgesetzten Ing. Günther P*** konnte der Kläger nicht auf eine Absicht der beklagten Partei schließen, das Arbeitsverhältnis noch über den 30. November 1988 hinaus aufrechtzuerhalten. Die anläßlich der Übergabe des Schreibens abgegebenen Erklärungen, die Arbeit sei für den Kläger sofort beendet, er solle die Stundenlisten abschließen und die Unterlagen übergeben, vom restlichen Dienst sei er befreit, konnten im Gegenteil vom Kläger nur dahin verstanden werden, daß eine sofortige Lösung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar nach Zugang der Auflösungserklärung beabsichtigt war und die beklagte Partei von einer weiteren Arbeitsleistung am 30.November 1988, an dem noch bis 18.00 Uhr zu arbeiten gewesen wäre, Abstand nahm (vgl. dazu Arb. 10.155).
Da das Arbeitsverhältnis demnach zulässigerweise noch während der Probezeit mit deren Ablauf gelöst wurde, ist das Begehren des Klägers bezüglich der Gehälter für Dezember 1988 und Jänner 1989 sowie der auf diesen Zeitraum entfallenden Sonderzahlungen unberechtigt.
Der Revision der beklagten Partei war daher Folge zu geben und mit Teilurteil im Sinne einer Abweisung dieses Begehrens zu erkennen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.
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