Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.Juli 1961 geborene beschäftigungslose Arnulf P*** der Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB (I 1 und II 1) und des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1 StGB (II 2) sowie der Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach dem § 202 Abs. 1 StGB (I 2) und des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 StGB (I 3) schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß dem § 21 Abs. 2 StGB angeordnet.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er
I) am 4.August 1989 in Klagenfurt
1. Tomislava B*** mit Gewalt, indem er sie von ihrem Fahrrad stieß, am Körper erfaßte und ihr den Mund zuhielt, sie anschließend auf das abgelegene unbeleuchtete Gelände der Firma E***-F*** zerrte, wo er sie gegen eine Mauer drückte und aufforderte, ihre Hose auszuziehen, wobei er äußerte, er wolle mit ihr einen Geschlechtsverkehr durchführen, zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht,
2. Tomislava B*** mit Gewalt, nämlich durch die zu 1. bezeichnete Handlung und durch gewaltsames Festhalten ihrer linken Hand zum Erfassen seines erigierten Gliedes und Masturbieren bis zum Samenerguß, sohin zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung, genötigt,
3. ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich das Motorfahrrad Marke Puch Maxi S mit dem amtlichen Kennzeichen K 4.416 des Herbert S*** ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen sowie
II) am 5.August 1989 in Reauz-Keutschach
1. Martina M*** dadurch, daß er sie auf einem Verbindungsweg zum Strandbad Rauschele See an den Armen erfaßte, in das angrenzende Schilfgebiet zerrte, ihr dort einen Schlag gegen den Unterleib versetzte und sie zu Boden stieß, sich anschließend auf sie legte, gewaltsam ihre Beine spreizte und mit seinem erigierten Glied in ihre Scheide einzudringen versuchte, wobei er sie wiederholt mit dem Umbringen bedrohte, mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht und
2. durch die zu 1. bezeichnete Handlung mit einer unmündigen Person, nämlich der am 27.April 1979 geborenen Martina M***, den außerehelichen Beischlaf unternommen.
Die Schuldsprüche I 1, I 2, II 1 und II 2 bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf den § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und (nominell) 9 lit a StPO gestützt wird; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Mit der Verfahrensrüge (Z 4) wendet er sich gegen die Abweisung seines in der Hauptverhandlung am 23.Jänner 1990 gestellten Beweisantrages auf "(Einholung der) Registrierungsbescheinigung der Prostituierten für den Raum Klagenfurt für den Sommer 1989 zum Beweis dafür, daß die vom Angeklagten angegebene und beschriebene Person registriert ist und sehr wohl in Klagenfurt ihrer Tätigkeit nachging und mit dem Angeklagten zum Tatzeitpunkt geschlechtlich verkehrt hat, dies durch Ausforschung derselben aus der Registrierungsbescheinigung" (S 233).
Rechtliche Beurteilung
Wenngleich die - entgegen der Bestimmung des § 238 Abs. 2 StPO - erst in die Urteilsausfertigung aufgenommene Begründung für das gerügte Zwischenerkenntnis, wonach "durch die bisherigen schon aufgezeigten und umfangreichen Beweise mit Sicherheit zu klären war, daß der Angeklagte es gewesen ist, der die Tathandlungen gegenüber Tomislava B*** setzte" (S 245), der Sache nach als unzulässige (EvBl 1980/42, JBl 1981, 445 f) vorgreifende Beweiswürdigung anzusehen ist, verfiel der Antrag im Ergebnis zu Recht der Ablehnung: Der Beschwerdeführer hat sich nämlich vor dem Untersuchungsrichter (wie schon vor der Bundespolizeidirektion Klagenfurt - S 49 f) verantwortet, im Tatzeitpunkt zum Faktum I 1 und I 2 mit einer ihm nicht bekannten Prostituierten einen Geschlechtsverkehr ausgeführt zu haben (S 21). In einem schriftlichen Beweisantrag hat er den Namen dieser Frau mit Pauline "V***" bekanntgegeben (S 160) und deren Vernehmung beantragt. Anläßlich einer Ausführung gab er die Personsbeschreibung dieser Frau mit "seiner Größe" (= 179 cm - vgl S 15), schlank und dunkelhaarig an (S 175). In der Hauptverhandlung am 12.Dezember 1989 behauptete er, den Namen der Karin "W***" und den der Renate R***, die sich zur fraglichen Zeit in Begleitung der Karin "W***" befunden habe, im Gefangenenhaus erfahren zu haben (S 218). In der Hauptverhandlung am 23.Jänner 1990 gab Renate R*** als Zeugin an, den Angeklagten nicht zu kennen, Pauline "W***" sei seit zwei Jahren nicht mehr dem Straßenstrich nachgegangen, es könne nur Gertrud K*** jene Prostituierte gewesen sein. Diese sei die einzige, "die es auch auf einer Parkbank machen würde" (S 230). Die sodann als Zeugin vernommene Gertrud K*** gab an, den Nichtigkeitswerber nicht zu kennen. Diese Zeugin ist ca 170 cm groß, schwarzhaarig und etwa vollschlank. Der Rechtsmittelwerber brachte vor, die von ihm genannte Prostituierte sei der Zeugin K*** ähnlich (S 231).
Angesichts dieser offenkundigen Ungereimtheiten in der Verantwortung des Angeklagten in bezug auf das Aussehen der Gesuchten hätte es - um den möglichen Erfolg der begehrten Beweisaufnahme darzutun - schon im Antrag eines zusätzlichen Vorbringens bedurft, aus welchen Gründen aus der "Registrierungsbescheinigung der Prostituierten für den Raum Klagenfurt" gerade jene Person herauszufinden sein sollte, mit der der Beschwerdeführer zur aktuellen Zeit geschlechtlich verkehrt haben will (vgl Mayerhofer/Rieder, StPO2, ENr 90 zu § 281 Z 4). Die begehrte Beweisaufnahme konnte daher unterbleiben, ohne daß dadurch Verteidigungsrechte verkürzt wurden.
Die zu den Fakten I 1 und I 2 erhobene Rechtsrüge, mit der vorgebracht wird, daß der Nichtigkeitswerber infolge (freiwilligen) Rücktritts vom Versuch der Vergewaltigung lediglich das Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach dem § 202 Abs. 1 StGB zu verantworten habe, gelangt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil in ihr nicht der im Urteil festgehaltene Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz verglichen wird. Der Rechtsmittelwerber negiert nämlich die ausdrückliche Urteilsannahme, daß "er in keinem der beiden Fälle etwa freiwillig von der Vollbringung der Tat zurücktrat, denn" er hat "von Tomislava B*** nur deshalb abgelassen, weil zufällig ein Auto vorbeigefahren war und sich zudem herausstellte, daß sie die Regelblutung hatte" (S 249). Eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5) in den Fakten II 1 und II 2 erblickt der Angeklagte darin, daß das Schöffengericht diese Schuldsprüche ausschließlich auf die Aussage der Zeugin M*** stützte, wesentliche Beweisergebnisse hingegen unberücksichtigt gelassen und mit Stillschweigen übergangen habe. Der Beschwerdeführer habe sich nach seinem Vorbringen zu jener Tatzeit (knapp vor Mittag - vgl S 22) im Bereich des "Hörzendorfersees" aufgehalten und dort in einem Lebensmittelgeschäft einen Einkauf getätigt. Die in der Hauptverhandlung am 12.Dezember 1989 als Zeugin vernommene Verkäuferin jenes Geschäftes habe ausgesagt, sich an ihn nicht erinnern, aber auch nicht ausschließen zu können, daß er sich zum angegebenen Zeitpunkt tatsächlich im Geschäft aufgehalten habe. Durch diese Aussage sei die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers erhärtet; dieses Beweisergebnis habe das Erstgericht aber übergangen. Zuzugeben ist der Beschwerde, daß das Schöffengericht die Aussage dieser Zeugin (Gertrude K***) keiner Würdigung unterzog. Die Zeugin bekundete aber bloß, den Angeklagten nicht zu kennen und auch nicht sagen zu können, ob er am 5.August 1989 im "Legro Hörtendorf" Kunde gewesen sei. Darüber hinaus war sie nach ihren Angaben in der Zeit zwischen 10,30 Uhr und 12 Uhr nicht im Geschäft anwesend. Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO liegt unter anderem dann vor, wenn das Gericht bei Feststellung entscheidender Tatsachen wichtige Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergeht (vgl Foregger-Serini, StPO4, S 367). Wie oben dargelegt, ist die Aussage der Zeugin K*** zur Entlastung des Beschwerdeführers ungeeignet; sie ist daher kein "wichtiges Verfahrensergebnis" in der eben angeführten Bedeutung. Das Erstgericht war demnach nicht gehalten, sich auch mit diesem Beweismittel auseinanderzusetzen. Der relevierte Nichtigkeitsgrund liegt somit nicht vor.
Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bzw § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO). Über die Berufung wird gemäß dem § 285 i StPO das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden haben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)