OGH 13Os29/90

OGH13Os29/9010.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Brustbauer, Dr. Kuch, Dr. Rzeszut und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas S*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 23. Jänner 1990, GZ 25 Vr 1324/89-10, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, und des Verteidigers Dr. Danninger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung der Faktengruppe 1 des erstgerichtlichen Schuldspruches sowie im Strafausspruch (ausgenommen den Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Thomas S*** hat die Taten laut Punkt 1 des Schuldspruches teilweise unter Verwendung einer falschen Urkunde verübt und hiedurch das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148, zweiter Fall, StGB begangen. Er wird hiefür und für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last fallenden Straftaten, und zwar das Verbrechen des schweren, gewerbsmäßigen Diebstahles nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 und 130, erster Fall, StGB sowie die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs 1 StGB, der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 1 StGB und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 2, 224 StGB nach dem höheren Strafsatz des § 148 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt.

Gemäß dem § 43 a Abs 3 StGB wird ein Strafteil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem von der Staatsanwaltschaft in Beschwerde gezogenen Teil des Urteils wurde der am 27.August 1968 geborene Thomas S*** (zu 1 a/ bis d/ des Urteilsspruches) des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148, erster Fall, StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde, gestützt auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, richtet sich nur gegen die Schuldsprüche zu Punkt 1 a/ und 1 d/ des Urteilssatzes; die Nennung des Urteilspunktes 1 b/ als Ziel der Anfechtung beruht offenkundig auf einem Versehen.

Im Umfang der Anfechtung war der Angeklagte schuldig erkannt worden, zwischen Juni und November 1989 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet zu haben, die diese oder einen anderen am Vermögen schädigten, wobei der dadurch verursachte Schaden 25.000 S, nicht jedoch 500.000 S übersteigt und wobei er die Taten in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. a/ durch insgesamt 31 einzelne Tathandlungen in Lindau, Bregenz und Hamburg Angestellte verschiedenster Bankinstitute und Kaufhäuser jeweils durch Vorlage einer dem Jürgen S*** entwendeten Eurokarte und Unterzeichnen des Kreditkartenbeleges mit dem Namen S***, zur Ausfolgung von Bargeld bzw. Waren im Gesamtwert von 66.657,05 S, welche die Firma E*** A*** bzw. Jürgen S*** um diesen Betrag am Vermögen schädigte;

1. d/ am 23. und 24.November 1989 jeweils in Dornbirn Angestellte der D*** S*** (Zweigstelle Oberdorf, Zweigstelle Härte) jeweils unter Vorweisung einer von ihm mit dem Namen "P*** B."

unterfertigten Bestätigung, aus welcher hervorging, daß Christian S*** berechtigt ist, vom Konto des Bernhard P*** Geld abzuheben, mithin durch Täuschung über Tatsachen zur Ausbezahlung von 3.500 S bzw. 4.000 S, wobei Bernhard P*** um diesen Betrag am Vermögen geschädigt wurde.

Eine durch Benützung falscher Urkunden qualifizierte Täuschung (§ 147 Abs 1 Z 1 StGB) wurde vom Erstgericht, welches in der Urteilsbegründung (US 11) in Ansehung des von Punkt 1 d/ erfaßten Tatgeschehens jedoch einen ihm unterlaufenen Rechtsirrtum ausdrücklich eingestand, verneint. Da der Angeklagte selbst bei Berücksichtigung der irrig unterlassenen Qualifikation "lediglich in zwei Fällen unter Verwendung einer falschen Urkunde betrügerisch vorgegangen" sei, erachteten die Tatrichter, denen für eine auf die Schadenshöhe (§ 147 Abs 2 StGB) gegründete rechtliche Wertung des festgestellten Tatgeschehens als gewerbsmäßiger schwerer Betrug nach dem § 148, zweiter Fall, StGB "die entsprechenden Beweise fehlten", die Gewerbsmäßigkeit nur in Ansehung eines nicht weiter beschwerten Betruges (§ 148, erster Fall, StGB) als verwirklicht. Der gegen die zuletzt zitierte Begründung erhobene Einwand einer formellen Mangelhaftigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO), den die Beschwerdeführerin darauf stützt, daß derartige Feststellungen doch auch "im Wege von Schlußfolgerungen aus dem nach außen hin in Erscheinung getretenen Verhalten des Täters" ableitbar gewesen wären, bedarf als unsubstantiiert gebliebene Bekämpfung einer in freier Beweiswürdigung gewonnenen Überzeugung mangels gesetzmäßiger Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes keiner weiteren Erörterung. Im übrigen war bei keinem einzigen Betrugsfaktum ein 25.000 S übersteigender Schaden (s. Pkt. 1 b/ bis d/ und zu 1 a/ US 7 iVm AS 21 bis 23) gegeben. Es fehlt somit jeglicher Anhaltspunkt zu der von der Staatsanwaltschaft geforderten Schlußfolgerung in Richtung eines gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 147 Abs 2, 148 StGB.

Soweit die Staatsanwaltschaft dem Erstgericht in Ansehung des Urteilsfaktums 1 a/ aus diesem Nichtigkeitsgrund (Z 5) ferner vorwirft, zufolge unrichtiger Rechtsauffassung Feststellungen dahingehend verabsäumt zu haben, daß der Angeklagte bei seinen deliktischen Angriffen den entsprechenden Kreditkartenbeleg mit dem Namen des tatsächlich Berechtigten unterfertigte, sodaß er die vermögensschädigende Handlung in Wahrheit Zug um Zug gegen die Aushändigung des Falsifikates veranlaßte, und darauf gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO die rechtsirrige Unterlassung der Annahme gewerbsmäßigen schweren Betruges im Sinne des § 147 Abs 1 Z 1 (§ 148, zweiter Fall) StGB) rügt, kommt diesem der Sache nach den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO geltend machenden Vorbringen im Ergebnis Berechtigung zu:

Dem Urteilsspruch zu Punkt 1 a/ ist nämlich zu entnehmen, daß der Angeklagte in sämtlichen davon erfaßten Fällen die dem Jürgen S*** entwendete Eurokarte den zu täuschenden Adressaten vorlegte und den entsprechenden Kreditkartenbeleg mit dem Namen des tatsächlichen berechtigten Karteninhabers unterzeichnete. Damit stellte das Erstgericht hinreichend klar, daß der Angeklagte die für die Vermögensschädigung kausale Irreführung über seine Identität (US 9 unten, 10) auch mittels der einen anderen als den wirklichen Aussteller ausweisenden, demnach falschen Kreditkartenbelege hervorgerufen hat. Weitergehende Ausführungen waren angesichts der eindeutigen und auch vom Angeklagten nicht in Zdeifel gestellten, Sachlage entbehrlich. Einem derartigen Beleg kommt aber die Eignung als Absichtsurkunde im Sinn des § 74 Z 7 StGB, das heißt einer schriftlich verkörperten, zu rechtserheblichen Zwecken errichteten und ihren Aussteller erkennen lassenden Gedankenerklärung (Leukauf-Steininger2 RN 3 zu § 223, Kienapfel BT II2 Rz 15 zu § 147) zu, wird doch mit der Unterzeichnung des Kreditkartenbeleges die Ermächtigung des Kartenausstellers, bei Vorlage des Beleges den ausgewiesenen Betrag zu bezahlen, ebenso wie die Verpflichtung des Karteninhabers zur Schadloshaltung ersichtlich gemacht. Die vorerwähnte Tatsachenannahme des Erstgerichtes reicht demnach zur Bejahung der von der Beschwerdeführerin reklamierten Qualifikation nach dem § 147 Abs 1 Z 1 StGB aus, was im Hinblick auf die erstgerichtliche Feststellung (zur Urteilsfaktengruppe 1 a) der auf die Erlangung fortlaufender Einnahmen durch wiederholte Deliktsbegehung auch unter Benützung der in Rede stehenden, nur rechtsirrig nicht als solche erkannten falschen Urkunden abzielenden gewerbsmäßigen Tendenz des Angeklagten eine Subsumierung des festgestellten Tatverhaltens auch unter den § 148, zweiter Fall, StGB nach sich ziehen muß.

Auch dem auf den § 281 Abs 1 Z "9 a" (richtig Z 10) StPO gestützten, Punkt 1 d/ des Urteilssatzes betreffenden Beschwerdevorbringen kommt Berechtigung zu. Die Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte zur Täuschung über seine Berechtigung, Geld vom Konto des Bernhard P*** abzuheben, auch eine von ihm selbst hergestellte und mit dem Namen des Berechtigten unterfertigte Vollmacht, das heißt erneut eine falsche Urkunde verwendet hat, qualifiziert die in Rede stehende Straftat gleichfalls zu einem sogenannten Urkundenbetrug nach dem § 147 Abs 1 Z 1 StGB. Die Teilkassierung des Schuldspruches und dessen Neufassung zwingt auch zu einer Aufhebung des Strafausspruches und zu einer Strafneubemessung. Als erschwerend waren dabei zu werten zwei einschlägige Vorstrafen des Angeklagten, die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen sowohl derselben als auch verschiedener Art, die mehreren nicht die Strafdrohung bestimmenden Deliktsqualifikationen und der Rückfall während eines anhängigen Verfahrens, als mildernd hingegen das reumütige und der Wahrheitsfindung dienende Geständnis.

Die verhängte Strafe ist tat- und tätergerecht. Die Anwendung des § 43 a Abs 3 StPO war, folgend der diesbezüglichen Argumentation der Erstrichter und entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft geboten, weil im vorliegenden Fall der Angeklagte erstmals das Haftübel entsprechend verspürt hat.

Mit ihrer nunmehr gegenstandslos gewordenen Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen. Der Kostenausspruch findet in der angeführten Gesetzesstelle seine Begründung.

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