OGH 9ObA110/90

OGH9ObA110/9025.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Vesely und Walter Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H*** A*** Gesellschaft mbH, Wien 3, Erdbergstraße 29, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Siegfried F***, Angestellter, Linz, Gabesstraße 13, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert und Dr. Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, wegen S 300.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Jänner 1990, GZ 13 Ra 79/89-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 25.April 1989, GZ 14 Cga 90/88-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.125,80 (darin S 1.854,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, mit dem die Revisionswerberin lediglich in unzulässiger Weise die eingehende Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft, und der Aktenwidrigkeit, der auf ein angebliches "Mißverständnis" von Berufungsausführungen durch das Berufungsgericht gestützt ist, liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Im übrigen hat das Berufungsgericht die allein entscheidende Frage der Wirksamkeit einer vereinbarten Konventionalstrafe zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist zur Rechtsrüge der Revisionswerberin auszuführen, daß sie nicht vom maßgeblichen Sachverhalt ausgeht, soweit sie unterstellt, der Beklagte sei bei seinem neuen Arbeitgeber im wesentlichen im selben Aufgabenbereich tätig, so daß der Klägerin ein außerordentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Konkurrenzklausel zuzubilligen sei.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Wirksamkeit der mit einer Konkurrenzklausel verbundenen Erwerbsbeschränkungen des Arbeitnehmers für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 36 Abs 2 AngG vor allem unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu beurteilen; dabei ist dem Bestreben des Arbeitnehmers, seine Arbeitskraft bestmöglich zu verwerten, das Interesse des Arbeitgebers, in seinem Erwerb nicht geschädigt zu werden, gegenüberzustellen. Durch eine derartige Erwerbsbeschränkung darf der Arbeitnehmer nicht dazu gezwungen werden, seine Kenntnisse und Berufserfahrungen brach liegen zu lassen, und in eine berufsfremde Sparte mit geringerem Einkommen zu wechseln, wird lediglich gegen eine nicht wirksame Konkurrenzklausel verstoßen, fehlt es auch an einer Grundlage für die Forderung einer für den Fall einer Verletzung vereinbarten Konventionalstrafe (vgl. Martinek-Schwarz, AngG6 696 ff; Arb. 8.613, 8.781, 9.189, 9.314, 9.458, 9.809, 10.190, 10.670; ZAS 1978/15 ÄBöhmÜ; ZAS 1985/5 ÄKerschnerÜ; ZAS 1986/14 ÄHuberÜ; DRdA 1987/7 ÄPetrovicÜ; 9 Ob A 50/87 uva).

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen mußte der Beklagte die Arbeit für die Klägerin deshalb aufgeben, da es durch die weite räumliche Trennung von Arbeitsort und Wohnort bereits zu familiären Problemen gekommen war. Er bewarb sich deshalb unter anderem bei der H.B. F*** A*** Gesellschaft mbH in Wels, die wie das Berufungsgericht hervorhob, besonderen Wert auf die nicht bei der Klägerin erworbene REFA-Ausbildung des Beklagten legte. Sein Tätigkeitsbereich war verschieden von dem bei der Klägerin. Während er bei der Klägerin zum überwiegenden Teil mit der EDV-Disposition der Verpackungsmaterialien für die gesamte Produktion (Waschmittel, Reinigungsmittel, Spezialchemikalien für die Metall- und Lederverarbeitung sowie die Textilproduktion, Kosmetika und Klebstoffen für Haushalt, Gewerbe und Industrie) und nur daneben einen groben, längerfristigen Zeitplan für die Klebstoffproduktion im Werk Baden zu erstellen hatte, umfaßt das neue Arbeitsgebiet des Beklagten die Planung und Entwicklung von EDV-Programmen zur Auftragssteuerung, Optimierung des Maschineneinsatzes und der sonstigen Produktionsfaktoren. Auch wenn die H.B. F*** A*** Gesellschaft mbH Klebstoffe aller Art herstellt und vertreibt, führt die Betätigung des Klägers im Vergleich zu seiner zeitlich untergeordneten, vormals nebenbei ausgeübten Tätigkeit nicht notwendig zu Wettbewerbshandlungen (Arb. 9.458), da er bei seinem neuen Arbeitgeber Informationen aus bisher händisch geführten Karteien in Soft-Ware-Programmen zu verarbeiten und mit Hilfe von externen Beratern zu verbessern hat. Während der Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, früher in zeitlicher Unterordnung gegenüber seiner Haupttätigkeit auch die Planung des Bedarfes der Klebstoffproduktion anhand der Verkaufs- und Lagerbestandslisten im normalen Produktionsablauf durchführte, übt er nunmehr eine Tätigkeit aus, die der besseren Organisation der Produktion eines Betriebes dient. Er ist dabei nicht darauf angewiesen, bei seinem neuen Arbeitgeber gerade die bei der Klägerin erworbenen Spezialkenntnisse zu verwerten.

Im Hinblick auf die erwähnten Billigkeitserwägungen kann daher das Interesse der Klägerin an der Einhaltung der Konkurrenzklausel nicht an der Nichtweitergabe von speziellen Produkt- oder Verfahrenskenntnissen durch den Beklagten angenommen werden, sondern daß dieser eben zu einem Konkurrenzunternehmen übergetreten ist, das ebenfalls Industrieklebstoffe herstellt und vertreibt. Demgegenüber steht das Interesse des Beklagten, seine nicht bei der Klägerin erworbenen und nicht auf bestimmte Produktionszweige beschränkten besonderen Kenntnisse zu verwerten, so daß die vereinbarte Konkurrenzklausel aus dem Grunde des § 36 Abs 2 Z 2 AngG hinsichtlich des konkreten Arbeitgeberwechsels als unwirksam angesehen werden muß.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte