OGH 4Ob522/90

OGH4Ob522/9024.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Michaela S***, geboren am 30.März 1976, infolge Revisionsrekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 10.Jänner 1990, GZ 44 R 846/89-109, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 17. November 1989, GZ 6 P 1181/82-102, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Es trifft zu, daß die Frage, ob die Gewährung der Sozialhilfe für sich allein geeignet ist, begründete Bedenken dagegen zu erwecken, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht oder, der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend, zu hoch festgesetzt ist - so daß die Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen (§ 7 Abs. 1 Z 1 UVG) oder die Vorschüsse nach deren Gewährung einzustellen sind (§ 20 Abs. 1 Z 4 lit b UVG) - in der Rechtsprechung der Rekursgerichte unterschiedlich beantwortet wird und daß die im angefochtenen Beschluß vertretene Rechtsauffassung von nicht mehr als drei Jahre zurückliegenden veröffentlichten Entscheidungen (EFSlg 51.893, 54.748) abweicht (Art XLI Z 9 WGN 1989, Art V § 3 RRAG BGBl 1989/654). Während in einem Teil der Entscheidungen ausgesprochen wird, daß der Bezug der Sozialhilfe grundsätzlich noch keine Bedenken im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 1 UVG begründet (EFSlg 46.472, 49.089, 51.894), stehen andere Entscheidungen auf dem Standpunkt, daß die Zuerkennung der Sozialhilfe solche Bedenken rechtfertigt, die "kein voller Beweis, wohl aber von solcher Beweiskraft sind, daß sie bis zum Beweis des Gegenteiles gelten sollen"; dem Unterhaltsberechtigten stehe aber der Beweis, daß der Bescheid über die Gewährung der Sozialhilfe nicht dem Gesetz entspreche, offen (EFSLg 49.088, 49.090, 51.893, 54.748). Von der Lösung dieser unterschiedlich beantworteten Rechtsfrage hängt jedoch die Entscheidung hier nicht ab. Auch wenn man der zuletzt genannten Judikaturlinie folgen wollte, wäre doch die vom Rekursgericht aufgetragene Verfahrensergänzung erforderlich, hat doch das Bezirksjugendamt für den 11.Bezirk als Vertreter der Unterhaltsberechtigten in dem - nicht dem Neuerungsverbot unterliegenden (§ 10 AußStrG) - Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes ohnehin behauptet, daß die Sozialhilfe zu Unrecht gewährt werde, weil der Vater der Minderjährigen arbeitsfähig sei, und die Durchführung entsprechender Beweise verlangt (ON 105). Bei dieser Aktenlage kommt daher der - an sich

erheblichen - Rechtsfrage, ob die Gewährung der Sozialhilfe nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WrSHG), LGBl 1973/11 in der derzeit geltenden Fassung, an eine Person, die zur Zeit der gerichtlichen Unterhaltsbemessung kein Einkommen erzielt hat und nur deshalb zur Unterhaltsleistung verpflichtet wurde, weil sie bei gehöriger Anspannung ihrer Kräfte ein Einkommen hätte erzielen können, trotz der Bestimmung des § 13 Abs. 5 WrSHG - wonach dem Hilfesuchenden der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit nicht gewillt ist, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen, dennoch Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zuzuerkennen sind und (nur) der Richtsatz bis zu 50 % zu unterschreiten ist, dabei aber der Lebensunterhalt unterhaltsberechtigter Angehöriger sowie des Lebensgefährten nicht beeinträchtigt werden darf (vgl dazu Knoll, Komm z UVG, Rz 27 zu § 7 in ÖA, 9.Lfg März 1989, 53) - für sich allein geeignet ist, "begründete Bedenken" gegen das Fortbestehen der Unterhaltspflicht zu erwecken, keine entscheidende Bedeutung zu. Da somit die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 AußStrG idF der WGN 1989 nicht vorliegen, war der Revisionsrekurs trotz des - nicht bindenden (§ 508 a Abs. 1 ZPO, § 16 Abs. 3 AußStrG) - Ausspruches des Rekursgerichtes zurückzuweisen (§ 510 Abs. 3, letzter Satz, ZPO, § 16 Abs. 3 AußStrG).

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