OGH 5Ob576/90

OGH5Ob576/9024.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder Manuela M***, geboren am 6. August 1975, und Sandra M***, geboren am 18. März 1977, beide Schülerinnen in Graz, Untere Bahnstraße 40, und vertreten durch Dr. Wilhelm Kubin, Rechtsanwalt in Graz, wegen Leistung des Unterhalts durch den Vater Manfred Helmut M***, Schlosser, Graz, Ragnitzstraße 173, vertreten durch Dr. Elmar Wenger, Rechtsanwalt in Graz, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses des unterhaltspflichtigen Vaters gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 6. März 1990, GZ 2 R 93/90-51, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Feber 1990, GZ 15 P 61/78-45, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der minderjährigen Kinder ist seit dem 10. April 1978 geschieden. Beide Kinder besuchen die Schule und werden in dem von der Mutter, der die Obsorge zukommt, geführten Haushalt betreut.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Leistung erhöhter monatlicher Unterhaltsbeträge von S 3.600,-- für die im 15. Lebensjahr stehende ältere Tochter und von S 3.200,-- für die jetzt im 14. Lebensjahr stehende jüngere Tochter. Es legte seiner Entscheidung ein monatliches Arbeitseinkommen des Vaters von durchschnittlich S 21.100,-- zugrunde und meinte, daß die jährlichen Zuwendungen des väterlichen Großvaters, der sich im notariellen Erbverzichtsabkommen vom 5. Juni 1985 verpflichtet habe, seinem Sohn S 1,200.000,-- zur Abgeltung aller Erb- und Pflichtteilsansprüche in Jahresteilbeträgen von S 60.000,-- zu leisten, nicht in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen seien, weil solche Zuwendungen auch sonst nicht für den laufenden Unterhalt verbraucht sondern zur Vermögensbildung verwendet würden.

Das Rekursgericht bestätigte und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei. Es billigte dem Vater zu, daß die als "Reisekosten" ausgewiesenen Bezüge des Jahres 1989 von S 28.065,-- nicht zur Gänze der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen seien, weil sie (auch) der Abdeckung des Mehraufwandes dienten. Die Hälfte der "Reisekosten" sei aber als Einkommen zu werten, das im Jahr 1989 dann durchschnittlich mit netto S 18.300,-- im Monat anzunehmen sei. Der Bezug von S 5.000,-- monatlich als Gegenleistung für den Erbverzicht sei aber bei der Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen. Das Rekursgericht schloß sich damit der in EFSlg 37.901 vertretenen Ansicht an und lehnte die gegenteilige Meinung (EFSlg 35.390 und EFSlg 40.230) ab.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters, der ausdrücklich erklärt, die Zugrundelegung eines monatlichen Arbeitseinkommens von durchschnittlich S 18.300,-- netto nicht zu bekämpfen, und sich ausschließlich gegen die Berücksichtigung der Jahreszahlungen von S 60.000,-- aus dem Erbverzichtsübereinkommen wendet, ist nach § 14 Abs 1 AußStrG in der nach Art XLI Z 5 WGN anzuwendenden Fassung nach Art II Z 1 WGN zulässig jedoch nicht berechtigt:

Eine einheitliche Rechtsprechung der Rekursgerichte zu der Frage der Bemessung des Unterhalts, wenn der Leistungspflichtige Zuwendungen als Erb- oder Pflichtteil erhielt, findet sich in den veröffentlichten Entscheidungen der letzten drei Jahre nicht (Art. XLI Z 9 WGN); länger zurückliegend wurde die Ansicht vertreten, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage sei nicht einzubeziehen, was der Unterhaltspflichtige aus einem Pflichtteils- oder Erbteilsanspruch erhält, weil auch in intakten Familien solche außergewöhnliche Zuwendungen in der Regel nicht für den laufenden Unterhalt aufgebraucht sondern zur Vermögensbildung verwendet werden (LGZ Wien 26. März 1980, 44 R 3087/80, EFSlg 35.390; LGZ Wien 17. März 1982, 44 R 3112/82, EFSlg 40.230), aber auch gegenteilig judiziert, daß fällige Pflichtteilsansprüche des Unterhaltspflichtigen bei der Festsetzung des Unterhaltsanspruches zu berücksichtigen sind (LGZ Wien 19. Feber 1981, 43 R 162/81, EFSlg 37.901).

Nach § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern nach Kräften zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten anteilig beizutragen. Die Mutter leistet ihren Beitrag dadurch, daß sie den Haushalt führt, in dem die beiden Kinder betreut werden (§ 140 Abs 2 ABGB). Die Unterhaltsbemessung hat sich an den im § 140 Abs 1 ABGB genannten Faktoren, also vor allem neben den Bedürfnissen des Kindes an der Leistungsfähigkeit des zur Zahlung von Geldunterhalt verpflichteten Elternteiles zu orientieren. Dabei ist nicht nur das durchschnittliche Arbeitseinkommen sondern auch das Vermögen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit maßgebend (Eypeltauer, Die Kriterien zur Bestimmung der dem Kind zustehenden Ausbildung, ÖA 1988, 93; Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 140), weil diese Faktoren die Lebensverhältnisse wesentlich bestimmen.

Als Vermögen sind aber auch die Zuwendungen zu verstehen, die der Unterhaltspflichtige in Teilbeträgen für seinen Verzicht auf sein väterliches Erbe in zwanzig jährlichen Teilbeträgen tatsächlich erhält.

Der Oberste Gerichtshof vertritt daher die Meinung, daß Geldbeträge, die dem Unterhaltspflichtigen aus einem erbrechtlichen Anspruch wie etwa zur Abfindung seiner Erb- oder Pflichtteilsansprüche zufließen, bei der Beurteilung seiner Kräfte nicht unberücksichtigt bleiben dürfen sondern es ihm gestatten, seiner Verpflichtung zur Leistung des auch danach zu beurteilenden angemessenen Unterhalts nachzukommen. Bei der Bemessung der Monatsbeträge für den Unterhalt der Kinder von S 3.600,-- und S 3.200,-- ist dem Rekursgericht daher durch die Einbeziehung jährlicher weiterer Einkünfte von S 60.000,-- kein Rechtsirrtum unterlaufen. Es hat die Höhe des Unterhalts unter Berücksichtigung aller dafür maßgebenden Kriterien jedenfalls nicht zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers bemessen.

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