Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30.Oktober 1940 geborene Tischler Franz A*** des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 13.Dezember 1987 in Göstling an der Ybbs versucht, mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Genötigten sich unrechtmäßig zu bereichern, Kurt R*** durch die telefonische Mitteilung an dessen Mutter Christine R***: "Richte (Kurt R***) aus, wenn er nicht sofort an A*** die 26.000 S zurückzahlt, dann habt ihr zu Weihnachten weder ein Fenster im Haus noch einen Tisch zum Niedersetzen. Wir schlagen euch alles kurz und klein. Wir haben uns informiert, wo ihr wohnt. Wir wissen alles über euch. Wir wissen auch, wann er (Kurt R***) Dienst hat; wir richten ihn so zu, daß er weder auf die Straße gehen kann, noch Dienst machen kann ...", mithin durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, die Kurt R*** (am Vermögen) schädigen sollte, nämlich zur Übergabe von 26.000 S, zu nötigen.
Das Schöffengericht widerrief überdies gemäß dem § 494 a Abs. 4 StPO die bedingte Nachsicht der mit dem Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 27.Mai 1986, AZ 12 a E Vr 117/86 über den Genannten verhängten sechsmonatigen Freiheitsstrafe. Der Angeklagte ficht den Schuldspruch mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 5 a, 8 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung und den Widerrufsbeschluß mit Beschwerde an.
Die Beweisrüge (Z 5 a) richtet sich gegen den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Bereicherungsvorsatz des Täters. Nach eingehender Prüfung dieser Einwände gelangte der Oberste Gerichtshof jedoch zur Überzeugung, daß sich aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahme ergeben. Eine Überschreitung der Anklage (Z 8) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm in der Anklageschrift angelastet wird, Christine R*** durch die im Spruch wiedergegebenen Äußerungen genötigt zu haben, während im Urteil Kurt R*** als der von der Nötigung Betroffene bezeichnet wird.
Der relevierte Nichtigkeitsgrund liegt dann vor, wenn das Urteil den Angeklagteneines Verhaltens schuldig erkennt, das nicht Gegenstand der Anklage ist. Gegenstand der Anklage hinwieder ist das in der Anklagebegründung geschilderte Verhalten des Angeklagten, das - nach Ansicht des Anklägers - irgend einen strafbaren Erfolg herbeigeführt hat (EvBl. 1951/133). Vorliegend ging die Staatsanwaltschaft davon aus, daß der Nichtigkeitswerber im Haus des Kurt R*** anrief und die Ehefrau (richtig: die Mutter) des Genannten namens Christine R***, die das Telefongespräch entgegennahm, in der im Anklagesatz angeführten Weise zur Rückzahlung eines Geldbetrages von 26.000 S an ihn zu nötigen versuchte. Gegenstand der Anklage ist sonach der Inhalt jenes Telefongespräches, das der Rechtsmittelwerber am 13.Dezember 1987 mit Christine R*** geführt hat. Wenn nun die Anklagebehörde meint, durch diesen Anruf sollte Christine R*** genötigt werden, während das Gericht zur Ansicht gelangte, die Drohung sei letztlich gegen Kurt R*** gerichtet gewesen, ändert das nichts am Vorliegen eines identen historischen Sachverhaltes, der bloß in einem Detail vom Gericht anders als vom Ankläger beurteilt wurde. Da das Schöffengericht ausschließlich den Inhalt des in der Anklageschrift inkriminierten Telefongesprächs zum Gegenstand des Schuldspruches gemacht hat, kann von einer Überschreitung der Anklage keine Rede sein, zumal das Gericht an die Anklageschrift nur hinsichtlich der Individualisierung, nicht aber hinsichtlich der Konkretisierung der Tat gebunden ist (s. Mayerhofer/Rieder, StPO2, ENr. 13 zu § 262).
Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) reklamiert der Angeklagte Feststellungsmängel zur inneren Tatseite: Dem Urteil mangle es an Konstatierungen, ob er mit dem Vorsatz gehandelt habe, daß der Genötigte die Drohung ernst nehme, und ob der Bedrohte damit gerechnet habe, daß der Drohende das Übel der Tat wirklich eintreten lassen wolle. Damit bringt der Beschwerdeführer aber den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er auf diese vermißten Tatumctände bezughabende Entscheidungsgründe übergeht. Denn das Gericht hat ausdrücklich festgestellt, daß der Angeklagte primär die Absicht hatte, Kurt R*** Angst einzujagen, und es ging, indem es darauf hinwies, daß Kurt R*** bereits am darauffolgenden Tag Anzeige erstattete, ersichtlich davon aus, daß die Drohung auch erst genommen wurde (US 7).
Rechtliche Beurteilung
Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bzw. § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO). Über die Berufung und die Beschwerde wird demnach das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben (§§ 285 i und 494 a Abs. 5 StPO).
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