Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 9.887,40 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 1.647,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin - eine italienische Kapitalgesellschaft mit dem Sitz in Rom - erzeugt und vertreibt Badezimmermöbel. Sie hat in Ansehung ihrer Produkte die ausschließlichen Vertriebsrechte für das Gebiet der Republik Österreich an Johann M*** - den Inhaber der nicht protokollierten Firma "B***" in Klagenfurt - übertragen. Die Erstbeklagte verkaufte am 5. Juli 1989 in Klagenfurt ein Originalprodukt der Klägerin, und zwar ein Exemplar des von ihr unter der Modellbezeichnung "Piccadilly" vertriebenen Badezimmerschrankes, an Inge P***.
Mit der Behauptung, die Erstbeklagte habe dadurch die Urheberrechte der Klägerin verletzt, aber auch gegen § 1 UWG verstoßen, weil sie sich fälschlich als Importeur bzw. Vertreter der Klägerin in Österreich ausgebe, von den Möbeln und Kartons deren Firmenbezeichnung entfernt sowie in den Verkaufsdokumenten nicht auf deren Urheberschaft hingewiesen habe, begehrt die Klägerin - soweit für das vorliegende Revisionsrekursverfahren noch von Interesse - zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Erstbeklagten mit einstweiliger Verfügung das Anbieten und den Verkauf des "Produktes mit der Bezeichnung 'Piccadilly'" zu verbieten. Das unter der Bezeichnung "Piccadilly" auf dem Markt eingeführte Produkt sei für die Klägerin auf Grund einer "Patenturkunde" des MINISTERIO DELL' INDUSTRIA DEL COMMERCIO E DELL' ARTIGIANATO im Wege einer von dessen "Zentralem Patentamt" (UFFICIO CENTRALE BREVETTI) erteilten "Patentschrift" (BREVETTO PER MODELLO INDUSTRIALE) "patent- und urheberrechtlich" mit einer Schutzfrist bis in das Jahr 2000 geschützt. Die Erstbeklagte habe bei dem vom österreichischen Gebietsvertreter der Klägerin veranlaßten Testkauf das Möbelstück im Originalkarton geliefert, von dem aber vorher die Firmenbezeichnung heruntergerissen worden sei.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung der Erstbeklagten. Es nahm dabei als bescheinigt an, daß die Klägerin "Eigentümerin der Patent- und Markenrechte" hinsichtlich des Badezimmermöbels "Piccadilly" sei. Die Erstbeklagte verkaufe das Modell "Piccadilly" in Österreich ohne Berechtigung und habe daher "zumindest gegen § 1 UWG" verstoßen.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag in Ansehung der Erstbeklagten ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige. Es könne nicht als bescheinigt angenommen werden, daß die Erstbeklagte vor der Auslieferung im Rahmen des Testkaufes von der Ware und den Originalkartons die Firmenbezeichnung der Klägerin entfernt oder sonst das Zeichen "E***" gegenüber der Testkäuferin verwendet habe. Das Rekursgericht folgerte daraus rechtlich, daß ein allfälliger Patenteingriff ungeprüft bleiben könne, weil ein solcher von der Klägerin gar nicht geltend gemacht worden sei. Diese habe nur die mangelnde Berechtigung der Erstbeklagten zum Vertrieb des Modells "Piccadilly" behauptet, dabei jedoch übersehen, daß das von ihr der Firma "B***" eingeräumte Alleinvertriebsrecht für Österreich den Verkauf der Erstbeklagten noch nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG erscheinen lasse; den Vorwurf einer hiefür noch zusätzlich erforderlichen sittenwidrigen Beschaffung der Ware durch die Erstbeklagte habe die Klägerin gar nicht erhoben. Daß die Erstbeklagte im geschäftlichen Verkehr eine Marke der Klägerin verwendet und sich als deren Importeur bzw. Vertreter für Österreich ausgegeben hätte, sei nicht bescheinigt worden.
Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Erstbeklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Klägerin wendet sich in erster Linie dagegen, daß das Rekursgericht ihren auf die Verletzung von Urheberrechten gestützten Unterlassungsanspruch nicht geprüft habe. Ihrem Produkt komme im Gebiet der Republik Italien urheberrechtlicher Schutz zu, welcher sich auch auf das Gebiet der Republik Österreich erstrecke. Nur ihr bzw. ihrem Lizenznehmer für Österreich stehe daher das Recht zu, das eigene Modell zu vermarkten. Diesen Ausführungen ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:
Klage und Sicherungsantrag waren ausschließlich auf einen "patent- und urheberrechtlichen Schutz" auf Grund der "Patenturkunde" vom 23. Februar 1987 gestützt, dessen Wirkung sich "auf Grund internationaler Übereinkommen und Abkommen" auch auf Österreich erstrecke. Welche "internationalen Übereinkommen und Abkommen" dies sein sollen, blieb unausgesprochen. Erst im Revisionsrekurs beruft sich die Klägerin nunmehr auf Art. 2 Abs 7 RBÜ (Pariser Fassung) BGBl. 1982/319 (idF des Beschlusses der Versammlung des Verbandes vom 28.9.1979, BGBl. 1985/133). Nach der von ihr in erster Instanz vorgelegten unbeglaubigten Übersetzung der Urkunde des MINISTERIO DELL' INDUSTRIA DEL COMMERCIO E DELL' ARTIGIANATO ist aber der Klägerin lediglich ein italienisches "industrielles Modellpatent" ("brevetto per modello industriale") erteilt worden; dabei handelt es sich eindeutig um ein in das Musterregister eingetragenes Geschmacksmuster ("brevetto ornamentale") im Sinne des Art. 5 Abs 1 des Gesetzes Nr. 1411 vom 25.8.1940 idF des Gesetzes Nr. 265 vom 23.5.1977, was sich auch schon aus der fünfzehnjährigen Schutzfrist ergibt (vgl. Möhring-Schultze-Ulmer-Zweigert, Quellen des Urheberrechts, Abschnitt Italien, Teil I, Einführung 24 f.). Einen darüber hinausgehenden urheberrechtlichen Schutz in Italien auf Grund des Gesetzes Nr. 633 vom 22.4.1941 über den Schutz des Urheberrechts und anderer mit seiner Ausübung verbundenen Rechte (itUrhG; abgedruckt bei Möhring-Schultze-Ulmer-Zweigert aaO Teil II 3 ff.) hat die Klägerin - zumindest in erster Instanz - selbst nicht behauptet. Eine Anwendung der RBÜ scheidet daher von vorneherein aus; dabei ist insbesondere auch aus Art. 2 Abs 7 RBÜ PF für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil diese Bestimmung ja das Vorliegen eines im Ursprungsland urheberrechtlich schützbaren Werkes der angewandten Kunst voraussetzt (siehe dazu die EB zur Pariser Fassung der RBÜ bei Dittrich, Österreichisches und internationales Urheberrecht2, 374 f. zu Art. 2). Auf die bloße Rechtsbehauptung der Klägerin über das Bestehen eines "Urheberrechtsschutzes" für ihren Badezimmerschrank in Italien ist daher das Rekursgericht mit Recht nicht näher eingegangen.
Auf Grund welcher "internationaler Übereinkommen und Abkommen" das italienische Geschmacksmuster der Klägerin in Österreich Schutz genießen sollte, ist nicht zu sehen; dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung von gewerblichen Mustern oder Modellen ist Österreich bisher nicht beigetreten (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 946; dazu auch PBl. 1989, 106). Soweit die Klägerin einen Verstoß der Erstbeklagten gegen § 1 UWG behauptet, hat das Rekursgericht schon wegen der Auswirkung der beanstandeten Handlung auf den österreichischen Markt (§ 48 Abs 2 IPRG) im Ergebnis zutreffend österreichisches Recht angewendet. Entgegen der Meinung der Klägerin ist es aber auch richtig, daß aus einer vertraglichen Ausschließlichkeitsvereinbarung noch kein gegen Dritte wirkendes Ausschlußrecht abgeleitet werden kann. Die Mißachtung solcher Einzelverträge durch nicht gebundene Dritte kann, weil sie nur eine schuldrechtliche Bindung zwischen den Vertragsteilen begründen, nur unter dem Aspekt der Verleitung zum Vertragsbruch, dessen Ausnutzung oder der Berufsstandesvergessenheit unlauter sein; das bloße Ausnützen der auf diese Weise geschaffenen Möglichkeiten - ohne eigene aktive Mitwirkung - begründet hingegen regelmäßig noch kein deliktisches Unrecht im Sinne des § 1 UWG (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 223; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 956 Rz 757 zu § 1 dUWG; ÖBl. 1985, 68; ÖBl. 1987, 17 ua.). Derartige Umstände auf seiten der Erstbeklagten hat aber die Klägerin in erster Instanz nicht einmal behauptet. Auf die übrigen von der Klägerin behaupteten Verstöße der Erstbeklagten war schon deshalb nicht näher einzugehen, weil sie in ihrem Sicherungsbegehren keinen Niederschlag gefunden haben; nach den Bescheinigungsannahmen des Rekursgerichtes ist ein solches Verhalten der Erstbeklagten überdies auch nicht glaubhaft gemacht. Dem Revisionsrekurs mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben. Der Kostenausspruch beruht auf § 402 Abs 2, § 78 EO und §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO. Dabei war wegen der mittlerweile rechtskräftig gewordenen Erledigung des zweiten - von der Klägerin nicht gesondert bewerteten - Sicherungsantrages lediglich von der Hälfte des Gesamtstreitwertes als Bemessungsgrundlage auszugehen.
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