Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten Anna G*** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Bernhard G*** und Anna G*** - letztere als Beteiligte nach dem § 11, dritter Fall, FinStrG - der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs 1 FinStrG (Punkt I des Urteilssatzes) und dem § 33 Abs 2 lit a FinStrG (Punkt II des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Darnach hat Bernhard G*** in Wien vorsätzlich unter fortgesetzter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch die Abgabe unrichtiger, Umsätze und Gewinn zu gering ausweisender Steuererklärungen eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Steuer(n) bewirkt, und zwar: a) im Februar 1985 für das Jahr 1983 an Umsatzsteuer 198.000 S, an Einkommensteuer 524.983 S und an Gewerbesteuer 161.848 S; b) im Jänner 1986 für das Jahr 1984 an Umsatzsteuer 220.000 S, an Einkommenssteuer 460.328 S und an Gewerbesteuer 155.456 S; sowie
c) im Jänner 1987 für das Jahr 1985 an Umsatzsteuer 220.000 S, an Einkommenssteuer 497.044 S und an Gewerbesteuer 166.566 S (I. des Schuldspruches); weiters hat er wissentlich eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Vorauszahlung(en) an Umsatzsteuer unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe "in" (richtig: von) dem § 21 UmsatzsteuerG 1972 entsprechenden Voranmeldungen, und zwar durch Ausweisen zu geringer "Erlöse" (ersichtlich gemeint: Umsätze), für nachstehende Voranmeldezeiträume bewirkt, nämlich im Jahr 1983 in der Höhe von 198.000 S, im Jahr 1984 in der Höhe von 220.000 S und im Jahr 1985 in der Höhe von 220.000 S (II. des Schuldspruchs). Anna G*** liegt zur Last, als Buchhalterin im Einzelunternehmen ihres Gatten Bernhard G*** unrichtige Bücher geführt und dadurch zur Ausführung der vom Erstangeklagten begangenen Finanzvergehen beigetragen zu haben.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen betrieb der Erstangeklagte seit dem Jahr 1959 unter der Firma "TIP-TOP Reinigungsanstalt" in Wien 5 das Zimmer- und Gebäudereinigungsgewerbe. Im Tatzeitraum war seine Gattin, die Zweitangeklagte, als Angestellte in diesem Unternehmen beschäftigt und verrichtete insbesondere Büroarbeiten, wie Betreuung des Telefons, Kassieren und Sammeln der Belege. Innerhalb des Büros bestand die Buchhaltung aus einem Kassabuch, das gleichfalls von Anna G*** geführt wurde, wobei Bernhard G*** unregelmäßig Einsicht nahm. Aus Anlaß einer im Jänner 1986 gegen die Angeklagten erstatteten anonymen Anzeige wurde am 17.Juli 1987 eine finanzbehördliche Betriebsprüfung angeordnet, in deren Verlauf ein Ordner mit Ausgangsfakturen aus dem Jahr 1985 im Gesamtbetrag von 1,300.000 S sichergestellt wurde, die gegenüber dem Steuerberater und in der Folge auch der Abgabenbehörde verschwiegen worden waren. Unter Zugrundelegung eines gleich guten Geschäftsganges in den Jahren 1983 und 1984 nahm darauf die Abgabenbehörde eine auch vom Erstgericht gebilligte Umsatzzuschätzung von jeweils 1,300.000 S für die Jahre 1983 bis 1985 vor, woraus sich abzüglich der (allerdings nur für das Jahr 1985 - S 33) belegten Betriebsausgaben von 200.000 S für diese Schwarzgeschäfte eine jährliche Rohgewinnzuschätzung von 1,100.000 S ergab. Bernhard G*** war in den Jahren 1983 bis 1985 beim Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk unter der Steuernummer 270/1250 zunächst jeweils erklärungsgemäß veranlagt worden. Aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung wurden die Abgabenverfahren wiederaufgenommen und (entsprechend nach oben korrigierte) Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide erlassen, die durchwegs in Rechtskraft erwuchsen.
Rechtliche Beurteilung
Während das Urteil betreffend den Erstangeklagten rechtskräftig wurde, bekämpft die Zweitangeklagte Anna G*** ihren Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Ziffern 5, 5 a und 9 (richtig: lit) b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Gegen den Strafausspruch richtet sich ihre Berufung.
In ihrer Mängelrüge (Z 5) wirft die Beschwerdeführerin dem Urteil eine Unvollständigkeit und die Angabe keiner oder nur offenbar unzureichender Gründe für die Ablehnung ihrer Darstellung in der Hauptverhandlung, sie habe, falls sie Belege gegen den Willen ihres Ehegatten im Kassabuch vermerkt hätte, mit Gewalttätigkeiten zu rechnen gehabt; sie habe sich daher in einem Notstand befunden. Die Beschwerde vernachlässigt indes, daß das Erstgericht - neben dem Hinweis, daß die Zweitangeklagte solche Befürchtungen anläßlich ihrer Beschuldigtenvernehmung vor dem Untersuchungsrichter nicht erwähnt habe - mit der auf die mittlerweilige Übernahme der Geschäftsführung durch Anna G*** nach Pensionierung ihres Ehegatten abgestellten Überlegung, daß die nunmehrige Verantwortung zwischen den beiden Angeklagten abgesprochen zu sein scheint (S 105), ohnedies die von ihr vermißten Passagen der Aussage des Erstangeklagten in der Hauptverhandlung in den Kreis seiner Erwägungen einbezog und damit ihrer auf Notstand abzielenden Verantwortung, zugleich aber auch den diese unterstützenden Angaben des Erstangeklagten (S 83, 84, 85) mit einer nach Lage der Beweisergebnisse zureichenden Begründung den Glauben versagte. Der behauptete Begründungsmangel haftet dem Urteil daher nicht an. Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich gegen die Urteilsannahme, die Beschwerdeführerin sei für die Büroarbeiten allein zuständig gewesen. Damit wird jedoch - entgegen der Beschwerdemeinung - keine dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegte entscheidende Tatsache bekämpft, zumal der in den Gründen konstatierte, in der Tat entscheidungswesentliche Umstand, "daß sie (zweifellos über Einwirkung ihres Gatten) die Belegsammlung unvollständig machte, um sich Abgaben bzw Umsatzsteuervorauszahlungen zu ersparen" (S 104), keineswegs davon abhängt, ob die Zweitangeklagte nun wirklich "allein" die Buchhaltung im Büro des Reinigungsunternehmens führte und ob sie für die Buchhaltung allein verantwortlich war. Die weiteren, die Aussagefähigkeit des Erstangeklagten zum Zeitpunkt der Beschuldigtenvernehmung am 8.September 1988 (S 45 bis 47) in Zweifel ziehenden Darlegungen im Rahmen der Tatsachenrüge vermögen nach sorgfältiger Prüfung der Akten die durch die Gesamtheit der Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage nicht in einem Maß zugunsten der Beschwerdeführerin zu ändern, daß die Erwägungen der Tatrichter zur Beweiswürdigung ihre intersubjektive Überzeugungskraft verlieren, das heißt geradezu unvertretbar erscheinen würden. Sie sind daher insgesamt nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) reklamiert den Schuldausschließungsgrund des § 10 StGB (vgl § 10 FinStrG), geht hiebei aber nicht vom Urteilssachverhalt aus, sondern trachtet - wie schon aus der Formulierung: "Bei richtiger Beurteilung der Beweisergebnisse hätte das Erstgericht ... erkennen müssen, ..."
(S 116) erhellt - nach Art einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung der von den Tatrichtern abgelehnten Einlassung, die Zweitangeklagte habe aus Angst vor ihrem Ehemann dessen Anweisungen gehorcht, doch noch zum Durchbruch zu verhelfen; sie entbehrt damit einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung (Mayerhofer/Rieder StPO2 ENr 26 - 30 zu § 281).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 iVm dem § 285 a Abs 1 Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Daraus folgt, daß über die Berufung das zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben wird (§ 285 i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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