OGH 15Os17/90 (15Os18/90)

OGH15Os17/90 (15Os18/90)20.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.März 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer, in der Strafsache gegen Tekin A*** (AZ 6 a Vr 10795/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) und Ali A*** (AZ 6 a Vr 2129/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG im Entwicklungsstadium des Versuchs (§ 15 StGB) über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31.Jänner 1989, GZ 6 a Vr 10795/88-37, und vom 23.Mai 1989, GZ 6 a Vr 2129/89-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Tekin A*** und Ali A*** wegen § 15 StGB, § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG, ist in den Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 31.Jänner 1989, GZ 6 a Vr 10795/88-37, und vom 23.Mai 1989, GZ 6 a Vr 2129/89-14, das Gesetz in der Bestimmung des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG verletzt worden.

Es werden aufgehoben:

Diese beiden Urteile, welche im übrigen unberührt bleiben, im Ausspruch, die Angeklagten hätten die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen, dessen Menge "die im § 12 Abs. 1 SGG genannte Menge um das 25-fache bei weitem übersteige", sowie demgemäß im Ausspruch über die Unterstellung ihrer Tathandlungen (auch) unter die Bestimmung des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG gleichwie in den Strafaussprüchen und auch sämtliche auf den aufgehobenen Teilen dieser Urteile beruhenden Verfügungen und Entscheidungen. Es wird die Sache - zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang - an das Erstgericht verwiesen.

Text

Gründe:

Den türkischen Staatsangehörigen Tekin A*** und Ali A*** wurde zu 6 a Vr 10795/88 und 6 a Vr 2129/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zur Last gelegt, am 12.November 1988 in Großram durch den beabsichtigten Verkauf von ca. 200 Gramm Heroin an einen unbekannt gebliebenen "Peter" versucht zu haben, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, welche die im § 12 Abs. 1 SGG genannte Menge um das 25-fache ("bei weitem") überstiegen habe, in Verkehr zu setzen.

Wegen dieses Sachverhaltes wurde Tekin A*** mit Urteil vom 31. Jänner 1989, GZ 6 a Vr 10795/88-37 des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG im Entwicklungsstadium des Versuchs (§ 15 StGB) schuldig erkannt und zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Verfahren gegen Ali A*** war inzwischen gemäß § 57 StPO ausgeschieden worden. Mit Urteil vom 23.Mai 1989, GZ 6 a Vr 2129/89-14, wurde letzterer sodann gleichfalls dieses Verbrechens schuldig erkannt und zu 2 1/2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Beide Urteile sind in Rechtskraft erwachsen, sie stehen jedoch mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. EvBl. 1988/3 und 131; idS auch 14 Os 78/88 ua) kann von einer "großen Menge" Heroin in der Bedeutung des § 12 Abs. 1 SGG dann gesprochen werden, wenn die Reinsubstanz 1,5 Gramm erreicht oder übersteigt. Eine "übergroße Menge" Heroin im Sinne des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG liegt daher erst vor, wenn die Reinsubstanz dieses Suchtgifts zumindest das 25-fache der "großen Menge", also 37,5 Gramm beträgt. Demgemäß sind bei Entscheidung der Frage, ob die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen wurde, dessen Menge zumindest das 25-fache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmacht, Feststellungen über den Suchtgiftgehalt der betreffenden Substanz erforderlich. Solche wurden in den vorliegenden Fällen jedoch nicht getroffen, sodaß die Urteile insoweit mit Feststellungsmängeln (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) behaftet sind. Nach dem Gutachten der kriminaltechnischen Zentralstelle des Bundesministeriums für Inneres vom 13.Dezember 1988 (S 181 im Akt 6 a Vr 10795/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), das in beiden Urteilen unberücksichtigt blieb, waren in der untersuchten Menge von 192,09 Gramm vom Mittelwert der Analysengenauigkeit aus gerechnet, 29,20 Gramm reine Heroinbase, mithin in der sichergestellten Gesamtmenge von 192,29 Gramm (S 6, 7, 8, 27 dA) nur soviel Reinsubstanz enthalten, daß das nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG geforderte Ausmaß nicht erreicht wurde. Eine Feststellung, wonach der Vorsatz des jeweiligen Täters auf eine größere als die beim Versuch des Inverkehrsetzens beschlagnahmte Menge oder auf Heroin stärkerer Konzentration gerichtet gewesen wäre, wurde nicht getroffen.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher die oben angeführte Gesetzesverletzung festzustellen und gemäß § 292 letzter Satz StPO im davon betroffenen Umfang eine Verfahrenserneuerung anzuordnen.

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