Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der S*** K*** Unternehmensberatungsgesellschaft mbH & Co Stadterneuerung KG und Mitglied des Vorstandes der R*** R*** AG. Die S*** K*** Unternehmensberatungsgesellschaft mbH & Co Stadterneuerung KG bietet dem Publikum Vermögensveranlagungen im Zusammenhang mit der von ihr durchgeführten Ankaufs- und Revitalisierungsfinanzierung von Altbauten an.
Die Beklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin der monatlich erscheinenden Zeitschrift "trend - Das österreichische Wirtschaftsmagazin".
Bereits im Juli 1988 hatte der "trend" einen von seinem Redakteur Mag. Dan B*** verfaßten kritischen Artikel über die R*** R*** AG veröffentlicht, der sich unter anderem auch mit der Person des Klägers befaßte. Anfang Juni 1989 vereinbarte Mag. Dan B*** mit dem Kläger telefonisch einen die Angebote der S*** K*** Unternehmensberatungsgesellschaft mbH & Co Stadterneuerung KG betreffenden Interviewtermin für den 5. Juni 1989. Dabei teilte er dem Kläger mit, daß er einen Fotografen mitbringen werde; der Kläger erhob dagegen keinen Einwand. Der Interviewtermin wurde in der Folge auf Ersuchen des Klägers auf den 6. Juni 1989 verlegt; an diesem Tag führte er mit Mag. Dan B*** ein mehrstündiges Gespräch. Schon am 5. Juni 1989 hatte ein Fotograf der Zeitschrift "trend" Porträtaufnahmen des Klägers angefertigt. Weder dabei noch beim Gespräch am 6. Juni 1989 wurde über die Art der Verwendung dieser Porträtaufnahmen gesprochen; ebensowenig wurde der Inhalt des von Mag. Dan B*** geplanten Berichtes erörtert. In der Juli-Ausgabe 1989 des "trend" wurde Mag. Dan B*** im "Brief des Herausgebers" auf Seite 4 (u.a.) wie folgt vorgestellt:
"Dan B*** ist ein Rächer der Enterbten, ein Jäger der verschwundenen Schätze. Er ist im Aufspüren, Nachstellen und Erlegen von Wildschweinen der Wirtschaft, vor allem im Bereich der Finanzangebote für Anleger, einer der Härtesten im trend-Team."
Auf den Seiten 83 bis 86 war unter dem Titel "S***: Die seltsamen Grundstücksgeschäfte des Friedrich L***" der mit einem halbseitigen Porträtfoto des Klägers auf Seite 85 illustrierte Artikel Dan B*** abgedruckt. Unter dem Foto stand:
"S***-Initiator L*** - 'Gesellschaft ohne fix umrissene Investitionsvorhaben'."
Der Text des Artikels lautete auszugsweise wie folgt:
"Ein neues Verlustabschreibmodell lockt mit sagenhaften Renditen. Ob die Anleger damit gut fahren, wird sich allerdings erst im Jahr 2000 heraustellen. Einige sichere Gewinner stehen indes schon heute fest .....
- Der Mann, unter dessen kundiger Leitung dieser Kapitalistentraum Wirklichkeit werden soll, heißt Friedrich L*** (37). L*** ist gelernter Versicherungsmathematiker, Anlageberater mit schillernder Vergangenheit ('P***'), Vorstand der nicht unumstrittenen R*** AG - und seit kurzem Initiator des auf Verlustabschreibung basierenden Immobilienpools 'S*** Unternehmensberatungsgesellschaft mbH & Co Stadterneuerung KG'. Das Rezept, wie die S*** Kasse machen möchte, ist in einem sündteuer aufgemachten violetten Hochglanzprospekt folgendermaßen dargestellt:
. Mit insgesamt 350 Millionen Schilling sollen alte Häuser billig gekauft, revitalisiert und anschließend lukrativ vermietet werden. . 50 Millionen Schilling sollen dafür von privaten Anlegern aufgebracht werden, die sich - auf zehn Jahre gebunden - mit mindestens 50.000 Schilling als Kommanditisten an der S*** beteiligen.
. 300 Millionen Schilling, also sechsmal so viel, sollen von risikofreudigen Kreditinstituten zur Verfügung gestellt werden; im Gespräch sind L*** und GZB.
Da die mit dem Vorhaben verbundenen 'Nebenkosten von 50 Millionen Schilling' (Prospekttext) bereits das gesamte Eigenkapital aufzehren, basiert das hoffnungsvolle Unterfangen auf einer sogar für österreichische Verhältnisse eher unüblichen Fremdfinanzierungsquote von 100 Prozent. Bei Geldkosten von mindestens acht Prozent und Mieteinnahmen, die kaum über fünf Prozent liegen dürften, wird es wohl nicht ganz einfach sein, die Kredite (Zinsen und Tilgungen) ordnungsgemäß zu bedienen und den Kommanditisten schlußendlich auch noch ihre Einlage samt 'garantierter' Wertsteigerung zu refundieren.
Wie die S*** dieses Kunststück zuwege bringen will, wird den Anlegern nicht verraten: Finanzpläne mit detailliertem Ergebnis-, Kosten- oder Liquiditätsberechnungen blieben im Prospekt bewußt ausgespart. Systemkonzeptionist L***: 'Bei einer Gesellschaft ohne fix umrissene Investitionsvorhaben ist das sehr schwer. Außerdem offierieren ja vergleichsweise die Banken ebenfalls keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen.' ......
Da der interessierte Anleger seine Entscheidung mangels konkreter Unterlagen nicht nach sachlichen Kriterien treffen kann, bleibt ihm wohl nichts anders übrig, als das sogenannte Initiatorenrisiko zu prüfen - also kritisch zu hinterfragen, ob jene Leute, denen er sein Geld anvertraut, auch hundertprozentig vertrauenswürdig sind. Bei einem Immobilienfonds wie der S***-K***-Stadterneuerung KG läge es beispielsweise nahe, zu checken, ob bei den Liegenschaftskäufen auch wirklich alles korrekt über die Bühne gegangen ist - schließlich beschreibt die S*** ihre Beschaffungspolitik in einem Inserat wie folgt:
'Grundlage des Erfolgskonzeptes ist die sachkundige Objektauswahl, die Kosten spart und Überraschungen ausschließt.'
Wer sich tatsächlich die Mühe macht, die 'Lebensgeschichten' der von der S*** erworbenen Liegenschaften zu recherchieren, wird Erstaunliches feststellen: Die S*** kaufte fast ausschließlich von Personen der Firmen, die in einem Naheverhältnis zur R*** beziehungsweise deren Vorständen L*** und Dr. Johannes K*** stehen. Dies überrascht umso mehr, als L*** stets behauptet, daß 'die S*** mit der R*** nichts zu tun hat und ihr auch keineswegs nahestehend ist'.
Dieses von L*** definierte Nicht-Naheverhältnis stellt sich kurzgefaßt so dar (siehe Kasten: 'Das Netz'): ........
Laut Gesellschaftsvertrag wird ihnen (gemeint: den Anlegern) zwar ab dem Jahr 2000 ein Rückzahlungsbetrag (Auseinandersetzungsguthaben) 'von mindestens 105 Prozent der nominalen Kommanditeinlage' garantiert - jedoch mit einer kleingedruckten Einschränkung: 'Der Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens entsteht nur insoweit, als die wirtschaftliche Lage, insbesondere die Liquidität der Gesellschaft, die Auszahlung zuläßt.'
Im Klartext bedeutet das:
. Die privaten Anleger 'garantieren' füreinander.
. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst; den letzten beißen die Hunde.
. Gerade dann, wenn es in der S*** kriselt und alle
aussteigen wollen, wird es erfahrungsgemäß nicht viel mehr geben als (ver-)tröstende Worte.
Verständlicherweise sieht S***-Macher L*** keinen
Grund, sich schon jetzt mit solchen Worst-case-Szenarien zu beschäftigen: 'Mein Projekt bietet den Anlegern überproportionale Gewinnchancen. Zugegebenermaßen ist dabei ein Risiko nicht ganz zu vermeiden - aber daß die Anleger ihr Geld zur Gänze verlieren, halte ich für fast ausgeschlossen'. ......"
Mit der Behauptung, daß durch die ohne seine Zustimmung erfolgte Veröffentlichung seines Bildes im Zusammenhang mit den seine Ehre und seinen wirtschaftlichen Ruf beeinträchtigenden Vorwürfen in dem Artikel seine berechtigten Interessen verletzt worden seien, beantragt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung "die Veröffentlichung und Verbreitung von Personenbildnissen des Klägers im Zusammenhang mit einer negativen Berichterstattung über den Kläger, insbesondere in einem Zusammenhang mit einem Bericht, in dem behauptet wird, der Kläger stelle interessierten Anlegern keine konkreten Unterlagen für eine Entscheidungsfindung nach sachlichen Kriterien zur Verfügung, und aus dessen weiteren Behauptungen der Schluß gezogen werden muß, der Kläger sei nicht 100 %-ig vertrauenswürdig und schließe Liegenschaftsverträge, bei denen nicht wirklich alles korrekt über die Bühne gegangen ist, oder in sonstiger, die Interessen des Klägers beeinträchtigender Art und Weise ohne dessen Zustimmung zu verbieten".
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Der Kläger habe der Veröffentlichung seines Bildes zugestimmt, sei dieses doch anläßlich eines mit ihm vereinbarten Aufnahmetermins hergestellt worden. Er habe sich ohne Widerspruch für eine Vielzahl von Aufnahmen zur Verfügung gestellt und weder dem Fotografen noch dem Artikelverfasser gegenüber irgendwelche Vorbehalte gemacht; insbesondere habe er nicht erklärt, daß er der Veröffentlichung seines Bildes nicht zustimme. Der Kläger habe auch damit rechnen müssen, daß der Artikel einen kritischen Inhalt haben könnte, weil die Zeitschrift "trend" einerseits für ihre kritische Berichterstattung und dafür bekannt sei, daß sie keine sogenannten "PR-Artikel" einschalte; andererseits sei auch bereits die Berichterstattung über die R*** AG durchaus kritisch gewesen. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Ein Bildnisschutz gemäß § 78 UrhG entfalle im vorliegenden Fall schon deshalb, weil der Kläger der Veröffentlichung seines Bildes zumindest schlüssig zugestimmt habe. Daran ändere es auch nichts, daß die Reportage nicht wie erwartet ausgefallen sei, sondern schwere Vorwürfe gegen die Geschäftspraktiken des Klägers enthalten habe.
Das Rekursgericht verbot der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung und Verbreitung von Personenbildnissen des Klägers ohne dessen Zustimmung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung, die die berechtigten Interessen des Klägers beeinträchtigt, insbesondere im Zusammenhang mit einem Bericht, in dem behauptet wird, der Kläger stelle interessierten Anlegern keine konkreten Unterlagen für eine Entscheidungsfindung nach sachlichen Kriterien zur Verfügung, und einem Bericht, aus dessen weiteren Behauptungen der Schluß gezogen werden muß, der Kläger sei nicht 100 %-ig vertrauenswürdig und schließe Liegenschaftsverträge, "bei denen nicht wirklich alles korrekt über die Bühne gegangen ist"; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige. Das Gericht zweiter Instanz bejahte einen durch die vorliegende Veröffentlichung des Bildes des Klägers im Zusammenhang mit den beanstandeten Textstellen begangenen Verstoß der Beklagten gegen § 78 Abs 1 UrhG; dadurch seien berechtigte Interessen des Kläges verletzt worden, weil dessen Vertrauenswürdigkeit und Korrektheit bei Liegenschaftskäufen pauschal in Zweifel gezogen worden seien. Die vom Kläger durch die Gestattung der Vornahme von Porträtaufnahmen schlüssig erteilte Zustimmung zur Veröffentlichung seines Bildes reiche nicht so weit, daß sie auch einen damit im Zusammenhang stehendedn Text umfasse, der ihn unehrenhafter oder strafbarer Handlungen verdächtige; sie beschränkte sich vielmehr auf die Wiedergabe des Inhaltes des mit dem Kläger geführten Interviews und dabei allenfalls auch auf die Veröffentlichung der ihm gegenüber geäußerten kritischen Gegenpositionen seines Interviewers. Eine Interessenabwägung habe nicht stattzufinden, weil die Beklagte ein eigenes Interesse an der Veröffentlichung des Bildes gar nicht geltend gemacht habe. Gegen die einstweilige Verfügung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wird die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt. Der Kläger stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Beklagte wendet sich nicht gegen die zutreffende Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß durch die Veröffentlichung des Bildes des Klägers im Zusammenhang mit dem Text des begleitenden Artikels schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt worden sind und eine Interessenabwägung schon deshalb unterbleiben konnte, weil die Beklagte in erster Instanz ein eigenes Interesse an der Veröffentlichung des Bildes gar nicht geltend gemacht hat. Die Beklagte beharrt aber auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß der Kläger der Veröffentlichung seines Bildes sehr wohl schlüssig zugestimmt habe; er habe nicht nur mit der Wiedergabe eines Interviews rechnen müssen, sondern mit einem kritischen Artikel, der auch Stellungnahmen, Schlußfolgerungen und Wertungen des Verfassers enthalte. Dem ist folgendes zu erwidern:
Die Berufung auf den Schutz berechtigter Interessen nach § 78 UrhG bleibt demjenigen versagt, der einer Veröffentlichung seines Bildes ausdrücklich oder schlüssig zugestimmt hat; der Schutz entfällt jedoch immer nur so weit, wie die Zustimmung im Einzelfall reicht, wobei auch zu berücksichtigen ist, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens die Zustimmung erteilt wurde (ÖBl. 1974, 97; ÖBl. 1977, 22; ÖBl. 1980, 166; ÖBl. 1982, 85; ÖBl. 1988, 139; MR 1988, 52; MR 1989, 52 ua). Im vorliegenden Fall hat der Kläger zugelassen, daß ein Fotograf der Zeitschrift "trend" im Zusammenhang mit dem von Mag. Dan B*** erbetenen Interviewtermin Porträtaufnahmen anfertigte. Daß diese Aufnahmen zu dem Zweck gemacht wurden, sie mit dem Interview über die Angebote der S*** K*** Unternehmensberatungsgesellschaft mbH & Co Stadterneuerung KG zu veröffentlichen, war nach den Umständen offenkundig, so daß die schlüssige Zustimmung des Klägers zur Herstellung der Aufnahmen auch seine Zustimmung zu einer Veröffentlichung im Rahmen des vorgesehenen Berichtes über das Interview in sich schloß. Wenngleich mit dem Kläger der Inhalt des von Mag. Dan B*** geplanten Berichtes nicht besprochen wurde, ist der Beklagten doch durchaus zuzubilligen, daß der Kläger nicht nur eine wohlwollende und unkritische Berichterstattung zu gewärtigen hatte; seine Zustimmung zur Veröffentlichung der angeführten Porträtaufnahmen schloß daher auch eine kritische Berichterstattung mit ein. Nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs (§ 863 Abs 2 ABGB) konnte aber diese schlüssige Zustimmung nur so weit reichen, als die Berichterstattung nicht den Boden einer sachlichen Kritik verließ, indem sie die Geschäftstätigkeit des Klägers und des von ihm repräsentierten Unternehmens dadurch pauschal herabsetzte, daß sie ihm unsaubere Geschäftspraktiken, mangelnde Vertrauenswürdigkeit und Unkorrektheiten beim Abschluß von Liegenschaftsverträgen unterstellte. Gerade das ist aber durch die beanstandeten Textstellen des begleitenden Artikels geschehen. Das Rekursgericht hat daher zutreffend erkannt, daß die Veröffentlichung des Bildes des Klägers unter diesen Umständen durch seine Zustimmung nicht mehr gedeckt war.
Dem Revisionsrekurs mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.
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