OGH 14Os15/90

OGH14Os15/9013.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.März 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Ponholzer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian E*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 6.November 1989, GZ 12 Vr 738/89-49, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Hanusch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, des Privatbeteiligten Max R*** und dessen Vertreters zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (mit Ausnahme des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Christian E*** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch zur Last liegende Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB nach dieser Gesetzesstelle zu 2 (zwei) Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 43 a Abs. 3 StPO wird ein Teil dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 (sechzehn) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Auf diese Entscheidung werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 26.August 1969 geborene Christian E*** wurde des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 19.April 1989 in Lendorf bei Feldkirchen am Wirtschaftsgebäude des Max R*** ohne dessen Einwilligung durch Entzünden von eingelagertem Heu eine Feuersbrunst verursacht hatte. Er wurde hiefür gemäß § 169 Abs. 1 StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, von der nach § 43 a Abs. 3 StGB ein Teil von 9 Monaten (also die Hälfte) unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

In den vom Angeklagten und - zu seinen Gunsten - von der Staatsanwaltschaft erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden wird jeweils aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO zu Recht der Ausspruch über die Höhe des nicht bedingt nachgesehenen Teiles der Freiheitsstrafe in Relation zum bedingt nachgesehenen Teil derselben bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 43 a Abs. 3 letzter Satz StGB darf der nicht bedingt nachgesehene Teil einer Freiheitsstrafe nicht mehr als ein Drittel der Strafe betragen. Bei einem Strafausmaß von 18 Monaten hätte dieser Teil daher 6 Monate nicht übersteigen dürfen und demgemäß der bedingt nachgesehene Teil der Strafe mindestens 12 Monate betragen müssen. Indem das Erstgericht dieses Verhältnis nicht eingehalten hat, hat es seine Strafbefugnis überschritten (§ 281 Abs. 1 Z 11 erster Anwendungsfall StPO).

Diese Nichtigkeit müßte dann, wenn es nur um eine dem Gesetz entsprechende Richtigstellung der Relation zwischen dem unbedingt zu vollstreckenden und dem bedingt nachgesehenen Teil der Freiheitsstrafe ginge, noch nicht zur Aufhebung des gesamten Stafausspruches (also auch der Höhe nach) führen. Im vorliegenden Fall ist jedoch die Aufhebung des Ausspruchs über das Gesamtausmaß der Strafe schon aus Gründen des Zusammenhanges (§ 289 StPO) infolge insoweit berechtigter Anfechtung durch den öffentlichen Ankläger auch mit Berufung geboten (vgl. EvBl. 1989/16).

Bei der sohin vorzunehmenden Strafneubemessung war kein besonderer Umstand erschwerend, mildernd hingegen das Alter des Angeklagten unter 21 Jahren, sein bisher ordentlicher Lebenswandel und daß er (durch sein wiederholtes Geständnis im Vorverfahren) wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Demgegenüber war - entgegen dem jeweiligen Berufungsvorbringen - einerseits weder der hohe Schaden noch die "Grundlosigkeit des Aggressionsaktes" als erschwerend zu werten, weil diese beiden Umstände das dem Tatbestand eigene Maß nicht entscheidend überschritten haben; andererseits konnte aber auch die besondere psychische Beschaffenheit des Angeklagten ihm im Ergebnis nicht als mildernd zugutegehalten werden, weil sich gerade aus ihr seine erhöhte Gemeingefährlichkeit ableiten läßt, die auch bei der Strafbemessung in Rechnung zu stellen ist (vgl. Leukauf-Steininger Komm.2 § 34 RN 4 aE). Eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren entspricht der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten, zumal gegen seine Tat keinerlei Vorsicht gebraucht werden konnte.

Mit Rücksicht auf sein Alter, sein bisheriges Wohlverhalten und die Tatsache, daß er das Strafübel durch eine längere Untersuchungshaft, in der ihm auch eine psychiatrische Behandlung zuteil wurde, verspürt hat, konnte ein Teil der Freiheitsstrafe, und zwar 16 Monate, bedingt nachgesehen werden (§ 43 a Abs. 3 StGB), ohne daß deshalb - wie die Staatsanwaltschaft in ihrer auf gänzliche Ausschaltung der bedingten Nachsicht gerichteten Berufung ins Treffen führt - ein Rückfall des Angeklagten oder eine Beeinträchtigung des allgemeinen Rechtsbewußtseins zu befürchten wäre. Die Probezeit wurde mit 3 Jahren festgesetzt. Auf diese Entscheidung waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe zu verweisen.

Der Geschädigte Max R*** brachte in der Hauptverhandlung vor, daß ihm die K*** L*** 259.000 S ausbezahlt

hätte. Das Gebäude sei mit einer Versicherungssumme von lediglich 370.000 S (S 41, 107) unterversichert, die in der Tenne eingelagerten Maschinen und das Futter überhaupt nicht versichert gewesen. Den verbleibenden Restschaden bezifferte er mit rund 700.000 S und schloß sich mit diesem Betrag dem Strafverfahren als Privatbeteiligter an (S 257).

Dazu vernommen (§ 365 Abs. 2 StPO) sprach sich der Angeklagte gegen den Privatbeteiligtenanspruch in der HÖhe von 700.000 S aus (S 294).

Das Erstgericht erkannte jedoch dem Privatbeteiligten nach § 369 StPO einen Teilschadenersatzbetrag von 500.000 S zu und verwies ihn gemäß § 366 Abs. 2 StPO mit seinen darüber hinausgehenden Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg. Es führte dazu aus, daß der am Brandobjekt entstandene Schaden zumindest in dieser Höhe verläßlich beurteilt werden konnte (US 11).

Diesen Ausspruch bekämpft der Angeklagte gleichfalls mit Berufung und bringt vor, daß nicht feststünde, bis zu welcher Höhe der Schaden versicherungsmäßig tatsächlich gedeckt sei, und daß im übrigen dem Schadenersatzzuspruch keinerlei Erhebungen vorausgegangen seien.

Die Berufung ist unbegründet.

Was den ersten Einwand anlangt, so ergibt sich aus den Angaben des Geschädigten über seine "gravierende Unterversicherung" (vgl. Gendarmeriebericht S 81) in Verbindung mit der Höhe der ausbezahlten Versicherungsleistung von rund 259.000 S (US 7), daß es sich dabei um die Gesamtentschädigung aus der Feuerversicherung handelte und daß weitere Zahlungen von dieser Seite nicht mehr zu erwarten sind. Dies wird auch durch das vom Privatbeteiligten mit seiner Berufungsgegenausführung vorgelegte unbedenkliche Schreiben der K*** L*** vom 28.Juni 1989 belegt (S 349).

In Ansehung der Höhe des durch ein Verbrechen verursachten Schadens stellt die Strafprozeßordnung die Regel auf, daß der Beschädigte den Wert der beschädigten, vernichteten oder entwendeten Gegenstände schätzen darf und ordnet die Aufnahme eines Sachverständigenbefundes nur für den Fall an, daß diese Schätzung ganz fehlt oder aus begründeten Ursachen nicht verläßlich scheint (§§ 99, 369 Abs. 2 StPO; Mayerhofer-Rieder StPO2 E 1 zu § 99). Solche Bedenken obwalten gegen die Angaben des Privatbeteiligten keineswegs. Aus den Gendarmerieerhebungen in Verbindung mit den vorgelegten Lichtbildern ergibt sich, daß es sich bei dem Brandobjekt um ein massives, zum Teil aus Steinmauerwerk errichtetes, zum Teil mit hölzernen Verplankungen versehenes Wirtschaftsgebäude im Ausmaß von 20 x 15 m handelte, das mit einem hölzernen Dachstuhl versehen und mit Ziegeln gedeckt war. Im Tennenraum befanden sich mehrere Tonnen Heu und waren landwirtschaftliche Maschinen und Geräte abgestellt. Das Wirtschaftsgebäude wurde in seinen brennbaren Teilen samt der eingelagerten Heuernte vernichtet, das Mauerwerk erheblich beschädigt. Die Gerätschaften wurden unbrauchbar (S 63, 65, 69, 173 ff).

Gründe, die vermuten ließen, daß der Geschädigte seinen Schaden zu hoch schätze (§ 99 StPO), sind nicht erkennbar und wurden auch nicht vorgebracht. Seine Angaben werden nicht nur durch die von ihm mit seiner Berufungsgegenschrift vorgelegten Urkunden, sondern auch durch das seitens der K*** L*** anläßlich der Abwicklung des Schadensfalles eingeholte Gutachten des Brandsachverständigen Ing. Herwig K*** vom 18.Mai 1989 bestätigt, das vom Obersten Gerichtshof beigeschafft und im Gerichtstag verlesen wurde. Gegen die Richtigkeit dieser Unterlagen bestehen keine Bedenken, zumal auch vom Vertreter des Angeklagten dagegen keine Einwendungen erhoben worden sind.

Der nach Abzug der erhaltenen Versicherungsleistung verbleibende Mindestschadensbetrag von 500.000 S wurde dem Privatbeteiligten Max R*** vom Erstgericht somit zu Recht zugesprochen.

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