Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Gerold M*** und die Beklagte sind Geschwister. Sie haben am 17.1.1983 folgende Vereinbarung geschlossen:
"Erb-Anzahlung an Frau Rosemarie W***!
Frau Rosemarie W***, geb. M***, erhielt am 20.11.1981 S 100.000,-- und am 31.12.1982 S 120.000,-- als Erb-Vorauszahlung! Frau Rosemarie W*** verpflichtet sich, mit diesen von ihrem Bruder Gerold M*** geleisteten Zahlungen über Verlangen von Herrn M***, eine Erbverzichtserklärung auf notariellem Weg, zugunsten ihres Bruders bzw. dessen Rechtsnachfolgers zu unterzeichnen. Dafür gewährt Herr M*** bzw. dessen Rechtsnachfolger, die abgemachte jährliche Zahlung von S 120.000,-- als Erbzahlung zu leisten. Die Zahlung hat monatlich mit je S 10.000,-- zu erfolgen. Sie kann jedoch bei Stillständen der Maschinen um 1/4 Jahr gestundet werden. Die Summe von S 120.000,-- muß jedoch am Ende eines Kalenderjahres einbezahlt sein. Die Wertsicherung erfolgt nach dem Verbraucherindex des Österreichischen Statistischen Zentralamtes Wien (Basiszahl Jänner 1983), wobei Schwankungen im Gesamtausmaß bis zu 10 % unberücksichtigt bleiben. Bei eventuellem Ableben von Frau Rosemarie W*** bzw. ihrem Bruder Gerold M*** verpflichten sich die Rechtsnachfolger, diese im Vertrag festgelegten Punkte einzuhalten. Diese Erbverzichtserklärung, die von Frau R. W***
unterzeichnet wurde, bezieht sich nur auf Güter, Grundstücke und andere Besitztümer, die bis zum 31.12.1982 im Besitz von Frau Emma M*** waren.
Die beiden Vertragspartner erklären sich mit diesem Schreiben einverstanden und unterfertigen dieses Schreiben im Beisein von zwei Zeugen."
Im Hinblick auf diese Vereinbarung hat Gerold M*** Zahlungen im Ausmaß von S 270.000,-- an die Beklagte geleistet.
Gerold M***, über dessen Vermögen inzwischen der Konkurs eröffnet wurde, begehrt die Rückzahlung dieses Betrages. Die Vereinbarung sei wegen Verstoßes gegen die Bestimmung des § 879 Abs 2 Z 3 ABGB nichtig, die Beklagte daher ungerechtfertigt bereichert.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Mit Übergabsvertrag vom 31.7.1985 habe die Beklagte von ihrer Mutter Anteile an jener Liegenschaft, auf der sie und Gerold M*** nach ihrer Mutter das Stickereigewerbe betrieben, eine Stickmaschine sowie zwei Nachstickmaschinen erhalten. Gerold M*** sei Miteigentümer der Liegenschaft und Eigentümer von vier weiteren Stickmaschinen. Anstelle der ihr übergebenen Maschine habe die Beklagte im Einverständnis mit ihrem Bruder eine diesem gehörende benützt.
Am 9.6.1987 habe Gerold M*** der Beklagten das Betreten des Betriebes und das Weitersticken auf der Maschine unmöglich gemacht, indem er einerseits die Schlösser des Stickereilokals ausgewechselt und andererseits alle Maschinen für sich selbst in Anspruch genommen habe. Durch das Verhalten des Gerold M*** sei der Beklagten ein monatlicher Schaden von S 70.000,--, für die Zeit von Juni bis Dezember 1987 sohin von S 420.000,-- zuzüglich 20 % Ust. entstanden. Die Beklagte wende diesen Schaden aufrechnungsweise ein. Gerold M*** bringt dagegen vor, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Stickmaschine zu benützen. Es habe ihr deshalb der geltend gemachte Schaden nicht entstehen können. Das Erstgericht sprach aus, daß die Klageforderung mit S 270.000,-- zu Recht, die Gegenforderung der Beklagten dagegen nicht zu Recht bestehe, und daß die Beklagte daher schuldig sei, Gerold M*** S 270.000,-- s.A. zu bezahlen; ein Zinsenmehrbegehren wies es - unbekämpft - ab. Zur Klageforderung traf das Erstgericht noch folgende Feststellungen:
Emma M***, die Mutter der Streitteile, hatte mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann einen Stickereibetrieb aufgebaut. Um Gerold M***, der im Betrieb mitarbeitete, im Betrieb zu halten, stimmte sie einem Ankauf von weiteren Stickmaschinen durch Gerold M*** zu. Da die Geschäftslage ausgezeichnet war, wollte auch die Beklagte an den Gewinnen teilhaben. Gerold M*** erklärte sich bereit, der Beklagten etwas zukommen zu lassen. Es war beabsichtigt, daß die Beklagte auf ihren Erbteil verzichtet und Gerold M*** in Ansehung dieses Verzichts an die Beklagte Zahlungen leistet. Die Beklagte war damit einverstanden. Sie erhielt von Gerold M*** am 20.5.1981 S 100.000,-- und am 31.12.1982 S 120.000,-- als "Erbvorauszahlung". Schließlich kam es zur Vereinbarung vom 17.1.1983. Diese war dem Kläger insoweit recht, als er im Fall des Todes der Mutter der Streitteile nicht eine größere Summe hätte zahlen müssen und glaubte, dies ratenweise erledigen zu können. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht zum Klagebegehren die Ansicht, die Vereinbarung vom 17.1.1983 verstoße zwar nicht gegen § 879 Abs 2 Z 3 ABGB, sie sei aber nach § 879 Abs 1 nichtig, so daß der Kläger Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beträge habe.
Die zweite Instanz gab der Berufung der Beklagten, soweit sich diese gegen die Klageforderung richtete, nicht Folge, sondern bestätigte das Urteil des Erstgerichtes in diesem Umfang (Punkt 1 und 3 des Urteilsspruches mit Ausnahme der Kostenentscheidung) als Teilurteil (§ 391 Abs 2 ZPO): Sie sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Im übrigen gab sie der Berufung Folge und hob das Urteil der ersten Instanz in seinem Ausspruch über die Gegenforderung und hinsichtlich der Kostenentscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf. Der Vertrag vom 17.1.1983 sei entgegen der Ansicht des Erstgerichtes unter den Tatbestand des § 879 Abs 2 Z 3 ABGB zu subsumieren. Unter "Veräußerung" im Sinne dieser Bestimmung sei nicht nur jedes auf Übertragung und Belastung gerichtete entgeltliche oder unentgeltliche Rechtsgeschäft, auch Teilung, unter der sich eine Veräußerung verberge, zu verstehen, sondern auch die Aufgabe des Rechtes. Es sei deshalb auch ein Verzichtsvertrag eines potentiellen Erben mit demjenigen, zu dessen Gunsten verzichtet werden soll, bezüglich des künftigen Erbrechtes ungültig. Nach dem Inhalt des Vertrages sei davon auszugehen, daß sich die Beklagte ihren Erbschaftsverzicht habe abfinden lassen und somit ihr Erbrecht entgeltlich habe aufgeben wollen. Unter Berücksichtigung des Zwecks der die Nichtigkeit begründenden Norm müsse auch als Rechtsfolge der Kondiktionsanspruch des Gerold M*** auf Rückforderung der von ihm geleisteten Zahlungen bejaht werden. Die Entscheidung der ersten Instanz könne als Teilurteil bestätigt werden, weil zwischen der Klageforderung und der geltend gemachten Gegenforderung - hinsichtlich der der festgestellte Sachverhalt zu einer abschließenden rechtlichen Beurteilung sich als nicht ausreichend erweise, so daß die Sache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuweisen gewesen sei - kein rechtlicher Zusammenhang bestehe. Die Zulässigkeit der Revision sei hinsichtlich des Teilurteils zu bejahen gewesen, weil zur Frage der Auslegung des § 879 Abs 2 Z 3 ABGB eine jüngere oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Der Rechtskraftvorbehalt iS des § 519 Abs 1 Z 3 ZPO sei aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Verfahrensökonomie auszusprechen gewesen. Der Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz ist unangefochten geblieben.
Die Beklagte bekämpft das Teilurteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 2 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird.
Der Kläger hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs 1 Z 3 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Das Revisionsgericht pflichtet der Ansicht der zweiten Instanz bei, daß die Vereinbarung der Streitteile vom 17.1.1983 gemäß § 879 Abs 2 Z 3 ABGB nichtig ist. Nichtigkeit nach dieser Gesetzesstelle ist gegeben, wenn eine Erbschaft oder ein Vermächtnis, die man von einer dritten Person erhofft, noch bei Lebzeiten derselben veräußert wird. Das Verbot der Veräußerung erfaßt entgeltliche oder unentgeltliche Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, auch die Aufgabe eines Rechtes. So ist ein Vertrag zwischen dem auf sein Erbrecht oder seinen Pflichtteil Verzichtenden und dem Begünstigten, auch wenn es sich um Verwandte handelt, nichtig. Nicht dagegen gehört zur Veräußerung - und ist damit auch nicht von diesem Verbot umfaßt - ein Vertrag über die Teilung des Nachlasses, soweit sich nicht darunter in Wahrheit eine Veräußerung verbirgt (Apathy in Schwimann, ABGB, 4/1, 64; Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 212 zu § 879; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 193 f; EvBl 1966/50).
Die Beklagte "verpflichtet sich" in der festgestellten Vereinbarung, "eine Erbverzichtserklärung.....zugunsten ihres Bruders.....zu unterzeichnen. Dafür gewährt (dieser)....die abgemachte jährliche Zahlung von S 120.000,--....". Es heißt in der Vereinbarung weiter: "Diese Erbverzichtserklärung, die von (der Beklagten) unterzeichnet wurde....."
Es kann keine Rede davon sein, daß hier, wie in der Revision geltend gemacht wird, eine bloße Teilungsvereinbarung, die vom Verbot des § 879 Abs 2 Z 3 ABGB nicht betroffen wäre, weil es sich nicht um eine Veräußerung handelte, vorliegt. Die Beklagte hat doch ganz unmißverständlich ihr Erbrecht dadurch entgeltlich veräußert, daß sie darauf gegen Zahlung eines von ihrem Bruder zu leistenden Betrages zu seinen Gunsten verzichtete bzw. sich verpflichtete, eine entsprechende Verzichtserklärung zu unterzeichnen. Gegenstand der Erbteilung ist das in diesem Zeitpunkt vorhandene Aktivvermögen des ruhenden Nachlasses, wenn die Teilung noch vor Erwerb des Nachlaßbesitzes erfolgt, bzw., wenn das Erbe später geteilt wird, das sodann noch vorhandene, aus dem Nachlaß stammende Vermögen (Kralik-Ehrenzweig3, Erbrecht, 343). Ein - vom Verbot des § 879 Abs 2 Z 3 ABGB nicht erfaßter - Vertrag über die Teilung des Nachlasses kann sich dementsprechend nur auf das
zum - einstigen - Nachlaß gehörende Vermögen beziehen, nicht aber darin bestehen, daß ein Teil auf sein Erbrecht zugunsten des anderen Teils verzichtet und dieser hiefür ein Entgelt leistet (vgl. hiezu auch das Institut der Abfindung; Welser in Rummel2, ABGB, Rz 5 zu § 550; Weiß in Klang2 III 164 ff).
Mit Recht hat daher das Berufungsgericht das Klagebegehren im Sinne des Punktes 1 der Entscheidung des Erstgerichtes als zu Recht bestehend erkannt. Es hat aber auch ohne Rechtsirrtum die Voraussetzungen eines Teilurteils iS des § 391 Abs 3 ZPO als gegeben angesehen. Daß die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung mit der in der Klage geltend gemachten Forderung in einem rechtlichen Zusammenhang stünde, hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Der Mangel eines rechtlichen Zusammenhanges wird in der Revision auch nicht in Frage gestellt. Das Bestehen einer Gegenforderung aber, die mit der Klageforderung nicht in einem rechtlichen Zusammenhang steht, erfordert keineswegs, bei Spruchreife der Klageforderung von einem Leistungsurteil abzusehen oder etwa auf einen die Gegenforderung übersteigenden Teilbetrag der Klageforderung zu beschränken. Dies ergibt sich bereits aus der Bestimmung des § 392 Abs 1 ZPO. Wird eine Gegenforderung als bestätigend erkannt, ist im Endurteil auch auszusprechen, in welchem Umfang die mit Teilurteil zuerkannte Klageforderung durch Aufrechnung erloschen ist. Das Teilurteil dagegen hat sich auf den Ausspruch zu beschränken, welche Leistung der Beklagte - ohne Rücksicht auf seine Aufrechnungseinrede - zu erbringen hat (SZ 50/134, EvBl 1974/84; JBl 1980, 548).
Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40, 50 ZPO.
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