OGH 1Ob508/90

OGH1Ob508/907.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Siegfried S***, Imst, Langgasse 56, vertreten durch Dr. Eberhard Molling, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Antragsgegnerin Mechthild S***, Lehrerin, Seefeld, Föhrenweg 464, vertreten durch Univ.Prof. Dr. Gustav Wachter, Innsbruck, Grillparzerstraße 7, wegen Einräumung eines Notweges infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 17.November 1989, GZ 3 b R 200/89-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Imst vom 4. Oktober 1989, GZ 1 Nc 73/89-14, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist ua Eigentümer der Grundstücke 260, 261, 262 in EZ 381 II KG Imst, die Antragsgegnerin Eigentümerin des Grundstückes 264 in EZ 3003 II KG Imst. Zwischen den Grundstücken 261 und 262, die an einen öffentlichen Weg grenzen und dem Grundstück 260 liegt das Grundstück der Antragsgegnerin Nr. 264. Alle Grundstücke liegen im Bauland. Die Grundstücke 260 und 264 werden derzeit als Obstgarten genutzt. Zugunsten des Grundstückes 260 besteht die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit einem Handkarren über das Grundstück 264.

Der Antragsteller begehrt die Einräumung eines Notweges zugunsten des Grundstückes 260 über das Grundstück 264 entlang der Südwestgrenze in einer Breite von 4 m zum Gehen sowie zum Fahren mit Fahrzeugen aller Art und die Erlaubnis der Errichtung einer Weganlage.

Die Antragsgegnerin wendete ein, die Einräumung eines Notweges sei unzulässig, weil die Vorteile des Antragstellers nicht die Nachteile überwiegen, die der durch den Notweg zu belastenden Liegenschaft erwachsen werden. Mit einem Grundtausch wäre sie einverstanden.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der Antragsteller gebe an, daß er den Notweg deshalb benötige, um auf dem Grundstück 260 ein Wohnhaus zu errichten. Derzeit seien jedoch weder Baupläne vorhanden noch sei ein Bauplanbüro vom Antragsteller mit der Erstellung von bestimmten Bauplänen beauftragt worden. Außer der Behauptung des Antragstellers, ein Wohnhaus auf dem Grundstück 260 errichten zu wollen, fehle sohin jeder konkrete Anhaltspunkt. Da bei der derzeit bestehenden Bewirtschaftungsform des dem Antragsteller gehörenden Grundstückes 260 mit der zu seinen Gunsten bestehenden Dienstbarkeit das Auslangen gefunden werden könne, sei sein Antrag abzuweisen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge. Es hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug ihm die Fortsetzung des Verfahrens auf. Bei einem als Baugrund gewidmeten Grundstück sei der Bedarf nach einem Notweg nicht nach der derzeitigen Kulturgattung oder Nutzung, sondern nach dieser Widmung zu beurteilen. Der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund sei daher nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist nicht berechtigt. Jede nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässige Bewirtschaftungsart - demnach auch eine solche zu Bauzwecken (EvBl. 1965/106 mwN) - fällt unter den Begriff der ordentlichen Bewirtschaftung oder Benutzung im Sinn des § 1 NWG (EvBl. 1964/181 mwN; Petrasch in Rummel2, Rz 6 zu § 480 B). Auch eine Widmungsänderung, soferne sie nur nicht dem öffentlichen Recht widerspricht, kann grundsätzlich die Einräumung eines Notweges rechtfertigen (Petrasch aaO;

Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Call-Eccher, Sachenrecht2 131). Unbestritten ist, daß es sich bei den Grundstücken der Streitteile jeweils um Bauland (im Sinne des § 11 a TROG) handelt. § 4 Abs. 1 TBO ordnet an, daß eine bauliche Anlage nur auf Grundstücken errichtet werden darf, die eine dieser Bebauung entsprechende rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche haben. Der gestellte Antrag zielt in diese Richtung. Ist aber die rechtlich gesicherte Wegeverbindung Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung, dann kann es bei der Einräumung eines Notweges, wie bereits in der Entscheidung EvBl. 1965/106 und ihr folgend in den nicht veröffentlichten Entscheidungen 1 Ob 802/82, 6 Ob 734/82 und 5 Ob 143/67 ausgesprochen wurde, entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs nicht darauf ankommen, ob der Eigentümer des Grundstückes schon derzeit den festen Entschluß zur Errichtung des Gebäudes gefaßt hat, ist doch nicht das Bedürfnis des jeweiligen Eigentümers der Liegenschaft, sondern der Liegenschaft selbst entscheidend (JBl. 1967, 529; Petrasch aaO; Feil, Liegenschaftsrecht I 207).

Dem Revisionsrekurs ist der Erfolg zu versagen.

Da noch nicht feststeht, wer nach § 25 Abs. 1 NWG die Verfahrenskosten zu tragen haben wird, sind die Kosten des Revisionsrekursverfahrens als weitere Verfahrenskosten zu bestimmen.

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