OGH 14Os3/90

OGH14Os3/906.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Ponholzer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner F*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 letzter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 10.Oktober 1989, GZ 10 Vr 14/89-28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Kallab, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.April 1964 geborene Werner F*** von der wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 letzter Fall StGB erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Ihm lag zur Last, am 21.August 1988 in Niklasdorf Sachen im Gesamtwert von etwa 8.000 S, nämlich eine schwarze Lederbrieftasche mit 1.000 S Bargeld, zwei Schlüssel, ein Springmesser mit Hirschhorngriff, eine Lederbrieftasche, einen Einkaufskorb, 80 bis 100 Packungen Zigaretten, etwa 8 Paar Würstel, eine rote Kellnerbrieftasche mit etwa 2.000 S Bargeld und einen Glaskrug mit Kleingeld im Betrag von ca. 200 S, die der abgesondert verfolgte Martin R*** durch eine mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich durch einen Einbruchsdiebstahl, erlangt hatte, durch Beförderung mit einem (Personenkraft-)Wagen verheimlicht und teilweise durch Annahme als Geschenk an sich gebracht zu haben, wobei ihm der diese Strafdrohung begründete Umstand bekannt war.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen borgte sich der abgesondert verfolgte Martin R***, ein Freund des Angeklagten, am 21. August 1988 den PKW des Walter E*** für eine "Spritzfahrt" aus, bei welcher der Angeklagte das Fahrzeug lenkte. In Niklasdorf forderte R*** den Angeklagten auf, nach links einzubiegen und den PKW abzustellen. Mit der Erklärung, er wolle etwas holen gehen, entfernte er sich für etwa 20 bis 30 Minuten, ohne dem Angeklagten seine Absicht, einen Einbruchsdiebstahl zu begehen, mitzuteilen. Bei seiner Rückkehr trug R*** eine Plastiktragtasche und einen Einkaufskorb bei sich und gab diese Behältnisse in das Fahrzeug. Der Angeklagte nahm dabei wahr, daß sich in der Plastiktragtasche eine größere Anzahl von Zigarettenpackungen sowie im Korb Brieftaschen und eine größere Anzahl von Münzen (Zehngroschenstücke) befanden. Er lenkte den PKW nach Leoben bis zur Wohnung des Autoeigentümers E*** zurück, ohne daß auf dieser Rückfahrt über den von R*** begangenen Einbruchsdiebstahl - womit ersichtlich der Einsteigdiebstahl in das Wohn- und Geschäftshaus des Ferdinand K*** in Niklasdorf gemeint ist (vgl. S 259) - gesprochen worden war. R*** versuchte zwar, dem Angeklagten einige Packungen Zigaretten zukommen zu lassen, indem er sie auf dem Armaturenbrett in Richtung seines Sitzes schob, doch nahm der Angeklagte, der die Herkunft der von R*** mitgebrachten Sachen aus dem Diebstahl erkannt hatte, davon nichts an sich, weil er "mit der Straftat nichts zu tun haben wollte" (US 3 f, 8).

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht die innere Tatseite der Hehlerei mit folgender Begründung: Ungeachtet des Umstandes, daß der Angeklagte in Kenntnis der Herkunft der von Martin R*** in das Fahrzeug gebrachten Sachen aus einem Diebstahl Täter und Beute transportiert habe, fehle es an einem auf Verheimlichung der gestohlenen Sachen gerichteten Vorsatz. Die bereits vor Kenntnis der Straftat vom Angeklagten geplante Rückfahrt mit dem abgesondert verfolgten R*** erreiche, da ihr vorwiegendes Motiv die zugesagte Rückbeförderung des Genannten und die Rückstellung des Fahrzeuges gewesen sei, "nicht jenen Grad an aktivem Tun, welcher für die Begründung einer deliktischen Tätigkeit im Sinne des § 164 StGB erforderlich ist" (US 8).

Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In der auf eine Beurteilung der Tat nach § 164 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 letzter Fall StGB abzielenden Rechtsrüge (Z 9 lit. a) weist die Beschwerdeführerin zutreffend darauf hin, daß die nach Abs. 1 Z 1 leg. cit. tatbildliche Unterstützung des Täters beim Verheimlichen der durch eine Vermögensstraftat erlangten (oder für deren Begehung empfangenen) Sache in jeder dem Täter bei der Bergung oder Verheimlichung der Beute vor der Obrigkeit oder dem Geschädigten geleisteten Hilfe besteht. Darunter fällt auch der Abtransport des Täters samt der Beute mit dem PKW (vgl. Leukauf-Steininger Komm.2 § 164 RN 9). Ein darauf gerichteter Vorsatz des Angeklagten, der einen solchen Transport in Kenntnis der Herkunft der mitgeführten Sachen unternahm, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß es sich hiebei um eine Fahrt handelte, die er vorerst ohne Kenntnis des Diebstahlsvorhabens seines Beifahrers geplant und zugesagt hatte. Da § 164 Abs. 1 Z 1 StGB absichtliches Handeln (iS des § 5 Abs. 2 StGB) nicht voraussetzt, ist es nicht entscheidend, daß es dem Angeklagten bei Antritt der Rückfahrt mit den gestohlenen Sachen nicht geradezu darauf ankam, bei der Verheimlichung von Diebsbeute Hilfe zu leisten; es genügt vielmehr, daß er im Bewußtsein (iS eines Begleitwissens) handelte, mit der von ihm angestrebten Rückkehr zum Ausgangspunkt der Fahrt zwecks Rückstellung des Fahrzeuges auch die Tatbildmerkmale des § 164 Abs. 1 Z 1 StGB zu verwirklichen. Ein (in subjektiver Hinsicht) qualifizierter "Grad" der Tathandlung ist - entgegen der Rechtsmeinung des Erstgerichtes - nicht erforderlich. Obwohl demnach die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen für eine Unterstellung der Tat unter § 164 Abs. 1 Z 1 StGB ausreichen, kann eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 288 Abs. 2 Z 3 StPO) nicht ergehen, weil es - wie in der Beschwerde (unter Z 5) gleichfalls zutreffend ausgeführt wird - an einer mängelfreien Begründung der für die Beurteilung der letzten Qualifikation nach § 164 Abs. 3 StGB maßgeblichen Feststellungen fehlt. Den Urteilsannahmen zufolge handelte der Angeklagte zwar in Kenntnis der Herkunft der im PKW mitgeführten Gegenstände aus einem Diebstahl; ein auch die Qualifikation dieser Diebstahlstat nach § 129 Z 1 StGB umfassender (zumindest bedingter) Vorsatz (vgl. Leukauf-Steininger aaO RN 30) wurde dem Angeklagten hingegen nicht unterstellt, zumal das Erstgericht (vgl. US 3 unten) ausdrücklich davon ausgegangen ist, daß auf der Rückfahrt über den von Martin R*** begangenen Einbruchsdiebstahl nicht gesprochen wurde. Letztere Feststellung wird aber von der Anklagebehörde mit Recht als mangelhaft begründet bekämpft; ist doch das Erstgericht, obgleich es die Verantwortung des Angeklagten als glaubwürdig bezeichnete (US 4, 5 und verso), auf dessen Eingeständnis, er habe aufgrund eines nach der Tat geführten Gespräches gewußt, daß R*** Beute aus einem "Einbruchsdiebstahl" stamme (S 125, 128), in keiner Weise eingegangen.

Da sohin eine abschließende Beurteilung, ob der Angeklagte die in Rede stehende Qualifikation nach § 164 Abs. 3 StGB zu verantworten hat, derzeit nicht möglich ist, bedarf es der Anordnung einer Verfahrenserneuerung in erster Instanz.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

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