OGH 2Ob6/90

OGH2Ob6/9028.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef E***, Pensionist, Karl-SteigerStraße 12, 4020 Linz, vertreten durch Dr.Alfred Eichler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Dr.Siegfried S***, Rechtsanwaltsanwärter, 4511 Allhaming Nr. 51, und 2.) V*** DER

Ö*** B*** Versicherungs-AG, Praterstraße 1-7,

1021 Wien, beide vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 828.828,33 s.A. und Zahlung einer monatlichen Rente von S 13.387,94 vom 1.September 1986 bis 24.April 2005, Revisionsstreitwert S 50.000 hinsichtlich der klagenden Partei und S 582.965,84 hinsichtlich der beklagten Parteien, infolge Revision der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30.Mai 1989, GZ 4 R 355/88-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 30. September 1988, GZ 3 Cg 266/86-28, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 15.675 (darin (Umsatzsteuer von S 2.612,50, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte verschuldete am 1.Juni 1985 als Halter und Lenker des bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW mit dem Kennzeichen O-446.209 auf der Westautobahn im Gemeindegebiet von Pucking einen Verkehrsunfall, bei dem der Kläger schwer verletzt wurde. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unbestritten. Im Rahmen des wegen dieses Verkehrsunfalles gegen den Erstbeklagten zu 8a E Vr 368/85 des KG Steyr anhängig gewesenen Strafverfahrens wurde dem Kläger rechtskräftig ein Teilschmerzengeld von S 1.000 zugesprochen.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der am 24.April 1940 geborene Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall, nachdem ihm mit Teilanerkenntnisurteil vom 19. November 1986 (ON 4) ein Betrag von S 211.000 zugesprochen und seinem Feststellungsbegehren stattgegeben worden war, zuletzt (ON 19 S 100) die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 828.828,33 sA und einer monatlichen Rente von S 13.387,94 ab 1.September 1986 bis 24.April 2005 (Vollendung des 65. Lebensjahres). Das Kapitalbegehren stützte der Kläger unter anderem auf einen behaupteten Schmerzengeldanspruch von S 700.000. Sein Rentenbegehren stützte er auf den Titel des Verdienstentganges; er sei durch die Unfallsfolgen erwerbsunfähig geworden und begehre deshalb als früher unselbständig Erwerbstätiger den Zuspruch der verlangten Verdienstentgangsrente bis zu seinem 65. Lebensjahr. Die Beklagten bestritten die Angemessenheit des vom Kläger verlangten Schmerzengeldes und wendeten bezüglich der zeitlichen Begrenzung der vom Kläger begehrten Rente ein, daß ein Verdienstentgang des Klägers nur bis maximal zur Erreichung seines 60. Lebensjahres begründet sein könne (ON 19 S 109). Das Erstgericht verurteilte mit seinem Endurteil die Beklagten zur ungeteilten Hand (zusätzlich zu der ihnen bereits mit dem Teilanerkenntnisurteil ON 4 auferlegten Leistung) zur Zahlung von S 621.084,33 sA und einer monatlichen Rente von S 13.387,94 vom 1. September 1986 bis 24.April 2000 an den Kläger; das Mehrbegehren des Klägers auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 207.744 sA und einer monatlichen Rente von S 13.387,94 über den 24.April 2000 hinaus bis zum 24.April 2005 wies es ab.

Das Erstgericht stellte, soweit für die im Revisionsverfahren noch strittigen Fragen von Interesse, im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger erlitt bei dem Unfall vom 1.Juni 1985 einen linksseitigen frontobasalen Schädelbruch mit einer Hirnkontusion, einen Oberkieferbruch, eine 1,5 cm messende Wunde an der linken Augenbraue und eine 1 cm messende Wunde an der Oberlippe, Abschürfungen am linken Handrücken, eine Lungenaspiration und einen Pneumothorax links, wobei rechts rückwärts am Brustkorb eine Prellmarke vorhanden war. Der Kläger wurde in das Unfallkrankenhaus Linz eingeliefert und sofort auf die Intensivstation verlegt, weil Lebensgefahr bestand. Es wurde sofort eine Intubation vorgenommen; der Kläger wurde künstlich beatmet. Dazu wurde am 8.Juni 1985 ein Luftröhrenschnitt durchgeführt und eine Kanüle eingesetzt, die erst am 20.Juni 1986 entfernt werden konnte. Ein mehrmals auftretendes Lungenödem wurde mit Peep und Überdruck beseitigt. Kieferchirurgisch wurde eine Platte im Oberkiefer eingesetzt und zuvor eine Versorgung der beiden Wunden vorgenommen. Aus neurologischer Sicht entwickelte sich ein Mittelhirnsyndrom, aus dem ein organisches Psychosyndrom wurde, das anfangs massiv war und sich dann allmählich verbesserte. Der Kläger war bis 1.Juli 1985 auf der Intensivstation des Unfallkrankenhauses Linz und wurde dann auf die septische Station verlegt. Am 19.Juli 1985 kam er dann in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus Linz, wo er zunächst bis zum 24.August 1985 behandelt wurde. An diesem Tag wurde er erstmals in häusliche Pflege entlassen. In der Zeit vom 2.September bis 26.September 1985 war er im Hanuschhof Bad Goisern der Gebietskrankenkasse auf Erholung. Vom 1.Oktober bis 29.Oktober 1985 folgte ein Aufenthalt im Rehabilitationszentrum Großgmein. In der Zeit vom 20.Oktober bis 30. Oktober 1986 wurde der Kläger neuerlich im Wagner-Jauregg-Krankenhaus aufgenommen. Die Summe der stationären Krankenhausaufenthalte beträgt somit 150 Tage.

Während der Zeit der Intensivbehandlung im Unfallskrankenhaus Linz (31 Tage) hatte der Kläger starke Schmerzen zu erdulden, wobei allerdings durch die Bewußtseinsstörung eine subjektive Minderung des Erlebens vorhanden war. Daran anschließend bestanden (gerafft) vier Wochen mittelstarke Schmerzen, vorwiegend in Form von Kopfschmerzen. Die Restbeschwerden körperlicher und psychischer Art sind mit leichten Schmerzen etwa in der Dauer eines Jahres zu vergleichen.

An Dauerfolgen bestehen eine Narbe im Bereich der linken Augenbraue und der Oberlippe sowie eine Narbe von 4,5 cm am Hals nach der Tracheotomie. Der Kopf wirkt etwas deformiert; sonst sind keine wesentlichen äußerlich sichtbaren Veränderungen vorhanden. Es ist anzunehmen, daß diffuse Ausfallserscheinungen im Gehirn vorhanden sind, was sich aber weniger körperlich als psychisch auswirkt. Von Seiten der Lungenaspiration ist eine geringe gemischte Ventilationsstörung vorhanden. Eine schon vorher bestehende Abnahme der Potenz ist durch die Einnahme von Medikamenten weiter verschlimmert worden. Im psychischen Bereich bestehen hinsichtlich der Intelligenz eine Störung der Konzentrationsfähigkeit, des Durchhaltevermögens und der Merkfähigkeit. Auch die allgemeine Intelligenz ist etwas herabgesetzt, wobei dies allerdings schon früher der Fall gewesen sein dürfte, sich aber durch den Unfall noch eine weitere Leistungsminderung eingestellt hat. Es sind unkoordinierte Ausfallserscheinungen auf dem intellektuellen Sektor vorhanden; eine völlige Verblödung besteht nicht. Im Gemütssektor ist der Kläger subdepressiv, zeigt Stimmungsschwankungen und ist zeitweilig erregt und affektinkontinent. Im Triebsektor bestehen deutliche Antriebsstörungen und ein Verlust an Energie; die Anpassung ist erschwert. Der Kläger ist mehr introvertiert. Insgesamt ist sohin als Unfallsfolge ein deutliches organisches Psychosyndrom eingetreten, das die gesamte Lebensqualität herabmindert. Der Kläger kann grundsätzlich die unmittelbar lebenswichtigen Funktionen der Körperhygiene tätigen; er ist aber zu beaufsichtigen, damit er dies auch wirklich tut. Es besteht die Gefahr, daß er Strom, Gas und Wasser nicht entsprechend abdreht, weil er dies vergißt; es kann daraus sowohl eine Selbstgefährdung als auch eine Gemeingefährlichkeit entstehen. Der Kläger könnte zwar grundsätzlich die mittelbaren lebenswichtigen Funktionen schon verrichten, ist aber geistig dazu nicht in der Lage, sie entsprechend zu kontrollieren. Ausgehen kann er nur in einem Bereich, wo keine Gefährdung durch Verkehr besteht; für eine Teilnahme am normalen Straßenverkehr ist er zu reaktionsverzögert. Außerdem besteht eine absolute Alkoholunverträglichkeit. Da die Gattin des Klägers bei dem Unfall vom 1.Juni 1985 selbst auch schwer verletzt wurde und zuletzt am 12.Juni 1987 eine Hüftgelenksoperation hatte und seither mit Krücken gehen muß, kann sie die Pflege des Klägers nicht übernehmen. Der Kläger befindet sich daher seit 9. September 1987 (mit einer kurzen Unterbrechung in der Zeit vom 1. bis 8.Februar 1988) in stationärer Pflege im Wagner-Jauregg-Krankenhaus in Linz.

Der Kläger war Angestellter bei der V***-Alpine AG; er ist unfallsbedingt arbeitsunfähig. Ab 1.April 1986 wurde ihm eine Berufsunfähigkeitspension zuerkannt. Ab 1.September 1986 beträgt sein monatlicher Verdienstentgang S 13.387,94.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß dem Kläger ein angemessenes Schmerzengeld von S 550.000 gebühre. Die Verdienstentgangsrente könne dem Kläger nur bis zur Erreichung des 60. Lebensjahres zugesprochen werden, weil auf Grund der derzeitigen allgemeinen Wirtschaftslage eine über diesen Zeitpunkt hinausgehende berufliche Tätigkeit des Klägers nicht zu erwarten sei.

Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil beiden Berufungen teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Kläger (zusätzlich zu dem bereits mit dem Teilanerkenntnisurteil ON 4 zuerkannten Betrag) einen Betrag von S 718.984,33 sA und eine monatliche Rente von S 13.387,94 vom 1. September 1986 bis 24.April 2005 zusprach und das auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 109.844 sA gerichtete Mehrbegehren des Klägers abwies.

Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, daß nach ständiger Rechtsprechung bei einem unselbständig erwerbstätig gewesenen Mann eine Verdienstentgangsrente mit Erreichung des 65. Lebensjahres zu begrenzen sei. Bei selbständig erwerbstätig gewesenen Unfallsopfern werde eine solche zeitliche Begrenzung grundsätzlich nicht vorgenommen. Bei unselbständig Erwerbstätigen könne diese zeitliche Grenze überschritten werden, wenn der Geschädigte besondere Tatsachen, die eine längere Rentendauer begründen könnten, behaupte und beweise. Andererseits könne generell vom Schädiger die Behauptung aufgestellt und der Beweis erbracht werden, daß der Geschädigte auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres arbeitsunfähig geworden wäre. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Pensionierungszeitpunktes sei dann auf die konkreten Verhältnisse des Geschädigten und nicht auf die (gesetzlichen) Durchschnittswerte abzustellen.

Da die Beklagten keine derartige konkrete Behauptung aufgestellt und insbesondere hiefür keine Beweise erbracht hätten, habe es beim Grundsatz der Beschränkung der Verdienstentgangsrente eines unselbständig erwerbstätig gewesenen Mannes mit dem 65. Lebensjahr zu verbleiben.

Im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles gebühre dem Kläger ein angemessenes Schmerzengeld von insgesamt S 651.000, sodaß ihm aus diesem Titel unter Berücksichtigung des im Adhäsionsverfahren erfolgten Zuspruches von S 1.000 und des im Teilanerkenntnisurteil ON 4 erfolgten Zuspruches von S 200.000 noch ein restlicher Betrag von S 450.000 zuzuerkennen sei. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Streitteile. Der Kläger bekämpft sie im Umfang der Abweisung seines Begehrens mit einem Betrag von S 50.000 sA (Schmerzengeld) aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß ihm ein weiterer Betrag von S 50.000 sA zugesprochen werde. Die Beklagten bekämpfen die Entscheidung des Berufungsgerichtes insoweit, als dem Kläger ein Betrag von S 101.000 sA (Schmerzengeld) zuerkannt und seinem Rentenbegehren über den 24.April 2000 hinaus stattgegeben wurde, gleichfalls aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß ein weiterer Betrag von S 101.000 sA abgewiesen und die monatliche Rente nur für die Zeit bis 24.April 2000 zugesprochen und die Rente daher mit 24. April 2000 begrenzt werde".

Beide Streitteile haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Was zunächst die Frage der Bemessung des dem Kläger zustehenden Schmerzengeldes anlangt, kann zu beiden Rechtsmitteln gleichzeitig Stellung genommen werden. Der Kläger stellt sich in seiner Rechtsrüge auf den Standpunkt, daß ihm bei richtiger rechtlicher Beurteilung ein weiteres Schmerzengeld von S 50.000 zuzusprechen sei, während die Beklagten darzutun versuchen, daß dem Kläger insgesamt nur ein Schmerzengeld von S 550.000 gebühre. Beidem ist nicht zu folgen.

Für die Bemessung des Schmerzengeldes sind die Dauer und die Intensität der Schmerzen nach deren Gesamtbild, die Schwere der Verletzung und die Schwere der Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes maßgebend (ZVR 1983/125; ZVR 1986/5; 2 Ob 82/89 uva). Die bei der Schmerzengeldbemessung gebotene Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles läßt fast immer einen Vergleich mit Schmerzengeldzusprüchen in anderen Fällen problematisch erscheinen. Dies gilt auch für die von beiden Streitteilen in ihren Revisionen zitierten Entscheidungen, die zum Teil schon längere Zeit zurückliegen und auch hinsichtlich der dort beurteilten Verletzungen nicht mit dem vorliegenden Fall ohne weiteres vergleichbar sind.

Hier ist zunächst zu beachten, daß der Kläger durch die ihm zugefügten Verletzungen zunächst in einen lebensbedrohenden Zustand versetzt wurde, der sich unter den gegebenen Umständen allerdings verhältnismäßig rasch besserte. Im Vordergrund stehen die verbliebenen psychischen Beeinträchtigungen, also das bestehende organische Psychosyndrom. Dieses erreicht allerdings nicht einen solchen Grad, daß von einem Persönlichkeitsverlust gesprochen werden könnte. Der Kläger ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen nach wie vor mobil und in der Lage, die im Zug seiner Lebensführung notwendigen Handlungen selbst zu verrichten, bedarf aber der Beaufsichtigung, weil er sie selbst nicht ausreichend intellektuell kontrollieren kann. Die Notwendigkeit seiner stationären Anstaltspflege ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht unmittelbar auf seine gesundheitliche Beeinträchtigung zurückzuführen, sondern darauf, daß ihn seine Ehegattin infolge ihrer eigenen gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht ausreichend betreuen kann. Zieht man dazu noch in Betracht, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen bereits vor dem Unfall ins Gewicht fallende gesundheitliche Beeinträchtigungen des Klägers bestanden, dann erscheint die Schmerzengeldbemessung des Berufungsgerichtes zutreffend. Das vom Berufungsgericht dem Kläger zuerkannte Schmerzengeld erscheint nach den Umständen des hier vorliegenden Einzelfalles zur Abgeltung der derzeit überschaubaren Folgen der dem Kläger zugefügten Verletzungen erforderlich, aber auch ausreichend. Beide Streitteile vermögen mit ihren Revisionsausführungen einen dem Berufungsgericht bei der Schmerzengeldbemessung unterlaufenen Rechtsirrtum nicht aufzuzeigen.

Es kann aber auch den Revisionsausführungen der Beklagten insoweit nicht gefolgt werden, als sie darzutun versuchen, daß die dem Kläger zustehende Verdienstentgangsrente mit der Erreichung seines 60. Lebensjahres zu begrenzen wäre.

Es ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine offenkundige Tatsache, daß unselbständig Erwerbstätige in der Regel nach den im § 253 Abs 1 ASVG bestimmten Zeitpunkten (Männer mit der Vollendung des 65. Lebensjahres, Frauen mit der Vollendung des 60. Lebensjahres) einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen, weshalb ihnen zustehende Verdienstentgangsrenten wegen eines entgangenen Erwerbseinkommens - auch ohne darauf abzielenden Einwand des Beklagten im Verfahren erster Instanz - mit diesen Zeitpunkten zu begrenzen sind. Besondere Tatsachen, die eine längere Rentendauer begründen könnten, müßte der Geschädigte behaupten und beweisen (JBl 1972, 615; ZVR 1985/11; 8 Ob 86/86; 2 Ob 61/88 uva). In gleicher Weise obliegt es dem Schädiger, besondere Tatsachen, die eine kürzere Rentendauer begründen könnten, zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Dies haben die Beklagten im Verfahren erster Instanz unterlassen; sie haben dort keinerlei konkrete Tatsachen behauptet und unter Beweis gestellt, aus denen sich ableiten ließe, daß der Kläger ohne die bei dem hier zu beurteilenden Unfall erlittenen Verletzungen schon nach der Vollendung seines 60. Lebensjahres einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgegangen wäre. Der Nachholung eines derartigen Vorbringens im Revisionsverfahren steht das hier geltende Neuerungsverbot entgegen. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht die dem Kläger zugesprochene Verdienstentgangsrente erst mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres zeitlich begrenzt.

Es muß somit den Revisionen beider Streitteile ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kosten ihrer erfolglosen Revisionen haben beide Streitteile selbst zu tragen. Dem Kläger gebührt der Ersatz der Differenz der Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Revisionsbeantwortungen.

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