Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und die Sache - zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung - an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Adolf G*** zu 1. des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 2 StGB
sowie der Vergehen
zu 2. der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB,
zu 3. des tätlichen Angriffes auf einen Polizeibeamten nach § 270 StGB,
zu 4. der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und
zu 5. der Beleidigung nach § 115 Abs. 1 StGB
schuldig erkannt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs. 1 Z 4, 5 a und 9 lit a, b und c StPO.
Rechtliche Beurteilung
Schon die Verfahrensrüge (Z 4) ist begründet. Mit Recht erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Ablehnung seines Antrags auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweise dafür, daß er sich zur Tatzeit infolge schwerer Alkoholisierung in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand befunden hat, in seinen Verteidigungsrechten verkürzt. Das Schöffengericht hat diesen Beweisantrag mit der Begründung abgewiesen, daß "aus den Zeugenaussagen und auch aus der Aussage des Angeklagten hervorgeht, daß dieser im Zeitpunkt der Tat zwar stark alkoholisiert, aber fähig war, aufrecht zu gehen und sich klar auszudrücken, somit imstande war, das Ausmaß seiner Handlungsweise zu erkennen" (S 76).
Diese Argumentation ist insofern nicht zutreffend, als der Zeuge F*** in der Hauptverhandlung aussagte, der Nichtigkeitswerber sei so betrunken gewesen, daß er nicht mehr gescheit sprechen habe können (S 65). Dazu kommt, daß der Rechtsmittelwerber am 3.Mai 1989 um 0,15 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 2,59 Promille im Mittel aufwies (S 38), wobei der Arzt anläßlich der Blutabnahme vermerkte, daß dieser "keine vernünftigen Angaben" gebe. Bei Berücksichtigung auch dieser Verfahrensergebnisse wäre das Erstgericht gehalten gewesen, zur Klärung der Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten das begehrte Gutachten einzuholen. Denn nach dem Schrifttum (Jarosch-Müller-Piegler, Alkohol und Recht, S 150 f; Jarosch-Müller, Blutalkohol und Strafrecht, S 31; Mayerhofer-Rieder, StGB3, ENr 26 zu § 11;
Foregger-Serini-Kodek, StGB3, Erl Nr III zu § 287) und der Rechtsprechung (RZ 1964, 159; ZVR 1964/110; 1965/72;
12 Os 89/72 uva) kann Volltrunkenheit und sonach Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB bereits ab einer Blutalkoholkonzentration von 2,5 %o gegeben sein. Durch die Nichtdurchführung dieses Sachverständigenbeweises hat das Schöffengericht demnach Verfahrensgrundsätze hintangesetzt, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist.
Der zum Vorteil des Beschwerdeführers ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 e StPO schon in nichtöffentlicher Sitzung Folge zu geben, weil eine gänzliche Verfahrenserneuerung erforderlich ist; es war daher auf das weitere Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzugehen.
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