OGH 7Ob45/89

OGH7Ob45/8922.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*** Hausverwaltungsgesellschaft mbH, Wien 4., Wiedner Hauptstraße 71/39, vertreten durch Dr.Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D* Österreichische Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungs-AG, Wien 17., Hernalser Gürtel 17, vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer und Dr.Wolfram Themmer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Bestellung eines Schiedsmannes (Streitwert S 174.960), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 4. September 1989, GZ 4 R 108/89-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 23. Dezember 1988, GZ 35 Cg 401/87-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.410,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.235,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hat mit der beklagten Partei eine

Firmenrechtsschutzversicherung abgeschlossen, die auch eine

allgemeine Vertragsrechtsschutzversicherung umfaßt. Dem

Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Bedingungen für die

Rechtsschutz-Versicherung (ARB 1965/82) und die Sonderbedingungen

für die Rechtsschutz-Versicherung zugrunde. Die hier maßgeblichen

Bestimmungen dieser Bedingungen haben folgenden Wortlaut: Artikel 7

Abs 5 ARB: Kommt der Versicherer bei der Geltendmachung von

Ansprüchen nach Prüfung des Sachverhaltes, insbesondere unter

Berücksichtigung der Rechtsund Beweislage sowie der Rechtsprechung

zum Ergebnis, daß hinreichend Aussicht besteht, in einem Prozeß im

angestrebten Umfang zu obsiegen, so hat er sich zur Übernahme aller

Kosten nach Maßgabe des Art. 3 bereit zu erklären......... Kommt der

Versicherer zum Ergebnis, daß erfahrungsgemäß keine Aussicht auf

Erfolg besteht........, so hat er das Recht, seine Kostenhaftung zur

Gänze abzulehnen. Die Ablehnung oder Beschränkung der Kostenhaftung

ist dem Versicherten unter Bekanntgabe der Gründe und Hinweis auf

das Recht, die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Art. 8 zu

beantragen, unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Artikel 8

Abs 1 ARB: Bei Meinungsverschiedenheiten über die Aussichten der

vom Versicherten angestrebten Rechtsverfolgung gemäß Art. 7 Abs 5

........ wird ausschließlich in einem Schiedsverfahren entschieden.

Der Versicherte kann binnen zwei Wochen nach Erhalt der ablehnenden

Mitteilung des Versicherers bei diesem schriftlich die Einleitung

des Schiedsverfahrens beantragen. Er hat innerhalb dieser Frist

einen Rechtsanwalt für das Schiedsverfahren namhaft zu machen.

Unterläßt der Versicherte die Namhaftmachung, so gilt der Antrag auf

Durchführung des Schiedsverfahrens als nicht gestellt. Artikel 8

Abs 2 ARB: Der vom Versicherten genannte und ein vom Versicherer

bestellter Anwalt sind zu beauftragen, binnen zwei Wochen über die

Streitfrage ........ zu entscheiden. Artikel 1 lit b des

Abschnittes V (Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz) der

Sonderbedingungen: Der Versicherer gewährt ........ Rechtsschutz für

die Kosten aus der gerichtlichen und/oder außergerichtlichen Verfolgung oder Abwehr von Ansprüchen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers betreffend bewegliche Sachen. Daß sich im vorliegenden Fall der Versicherungsschutz auch auf Vermittlungsaufträge betreffend unbewegliche Sachen erstreckt, ist nicht strittig. Mit Schreiben vom 12.Jänner 1987 ersuchte der Klagevertreter namens der klagenden Partei um Bekanntgabe, ob für die gerichtliche Verfolgung eines Provisionsanspruchs Deckung bestehe. Nach einem weiteren Briefwechsel betreffend ergänzende Angaben und Unterlagen lehnte die beklagte Partei mit Schreiben vom 10. April 1987 eine Kostenhaftung mangels Aussicht auf Erfolg unter Hinweis auf Artikel 8 der ARB 1965/82 zur Gänze ab (der Auftraggeber der klagenden Partei hatte die Liegenschaft im Wege einer Zwangsversteigerung erworben). Daraufhin beantragte der Klagevertreter namens der klagenden Partei mit Schreiben vom 22. April 1987 die Einleitung des Schiedsverfahrens und gab bekannt, daß seine Mandantin ihn als Schiedsmann namhaft mache. Gleichzeitig teilte er mit, den Anspruch gegen den Gegner nicht auf § 6 HVG sondern auf den Rechtsgrund der Bereicherung zu stützen. In ihrem Antwortschreiben vom 13.Mai 1987 vertrat die beklagte Partei den Standpunkt, daß eine fristgerechte Namhaftmachung eines Schiedsmannes nicht vorliege, weil die Bestellung des eigenen rechtsfreundlichen Vertreters als Schiedsmann unzulässig sei. Außerdem erstrecke sich der allgemeine Vertrags-Rechtsschutz nicht auch auf die Verfolgung von Ansprüchen aus dem Rechtsgrund der Bereicherung. Diesen Standpunkt nimmt die beklagte Partei auch im vorliegenden Rechtsstreit ein, in dem die klagende Partei begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, einen Rechtsanwalt ihrer Wahl und den Klagevertreter zu beauftragen, über die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu entscheiden, in eventu, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, einen Rechtsanwalt ihrer Wahl zu beauftragen und die klagende Partei zur Namhaftmachung eines anderen Schiedsmannes aufzufordern. Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000 nicht aber S 300.000 übersteigt und die Revision zulässig ist. Nach der Rechtsansicht der Vorinstanzen könne der Versicherungsnehmer dann, wenn der Versicherer, wie im vorliegenden Fall, den Versicherungsschutz ablehne, nur auf Feststellung der Deckungspflicht klagen.

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist entgegen der Meinung der beklagten Partei zulässig. Zur Frage, ob der Versicherungsnehmer, der bei einem Streit über die Erfolgsaussichten von dem vereinbarten Sachverständigenverfahren Gebrauch machen will, Klage auf Bestellung eines Schiedsgutachters ungeachtet des Umstandes erheben kann, daß der Versicherer überdies den Standpunkt vertritt, daß nach der allgemeinen Risikoumschreibung ein Versicherungsfall überhaupt nicht vorliege, fehlt eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

In der Entscheidung vom 19.Mai 1988 (7 Ob 14/88 =

VersRdSch 1988, 364) hat der Oberste Gerichtshof zu Art. 8 ARB 1965 ausgesprochen, daß der Versicherer zur Namhaftmachung eines Rechtsanwaltes verpflichtet ist, wenn der Versicherungsnehmer von der Möglichkeit, die Frage der hinreichenden Aussicht auf Erfolg durch ein Sachverständigenverfahren klären zu lassen, Gebrauch macht. Davon ausgehend ist auch die obgenannte Rechtsfrage positiv zu entscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Schiedsverfahrensklauseln in der Sachversicherung ist der Versicherungsnehmer zwar dann, wenn eine Partei das Sachverständigenverfahren verlangt, auf die Klage auf Feststellung der Deckungspflicht verwiesen und kann nicht Leistungsklage erheben.

Dies aus der Erwägung, daß die Entschädigung nicht fällig ist, bevor

die Schiedsmänner den Schaden festgestellt haben (VersRds 1989,

383 mwN). Der Versicherungsnehmer ist demnach nur mangels Fälligkeit

der Entschädigung auf die Feststellungsklage verwiesen und kann

keine Leistungsklage erheben. Die Hauptleistungspflicht des

Versicherers in der Rechtsschutzversicherung besteht in der

Kostentragung. Dieser Ausspruch des Versicherungsnehmers ist hier

aber nicht Gegenstand des Rechtsstreites. Hier besteht ua

Meinungsverschiedenheit über die Aussicht der von der klagenden

Partei angestrebten Rechtsverfolgung. Diese will von dem für diesen

Fall vereinbarten Sachverständigenverfahren Gebrauch machen. In

einem solchen Fall stellt sich die Frage nach der Fälligkeit der

Entschädigung nicht. Die beklagte Partei hat eine solche Einrede

auch nicht erhoben. In der Rechtsschutzversicherung kann der

Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf Namhaftmachung eines

Rechtsanwaltes als Schiedsmann durch den Versicherer auch dann

geltend machen, wenn der Versicherer den Versicherungsschutz nicht

nur mangels Aussicht auf Erfolg ablehnt. Dem Versicherer bleibt es

aber unbenommen, im Rechtsstreit auch andere Einwendungen zu

erheben, wie etwa, daß ein deckungspflichtiger Versicherungsfall

nicht vorliegt. Für das Vorliegen eines Versicherungsfalles nach der

allgemeinen Risikoumschreibung trifft die Beweislast im Streitfall

den Versicherungsnehmer (Jabornegg, Das Risiko des Versicherers, 29;

Prölss-Martin24, 302; 7 Ob 59/82). In der Rechtsschutzversicherung muß daher der Versicherungsnehmer auch jene Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, daß der Anspruch aus einem in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallenden Rechtsverhältnis hergeleitet wird. Nach Abschnitt V Art. 1 lit b der Sonderbedingungen fallen nur Ansprüche aus schuldrechtlichen Verträgen in den allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz. Ein Anspruch aus einem schuldrechtlichen Vertrag liegt nur dann vor, wenn dieser seinen Rechtsgrund in dem Vertrag hat. Ansprüche, die nur in einem äußeren Zusammenhang mit einem schuldrechtlichen Vertrag erhoben oder abgewehrt werden sollen, ohne selbst in dem Vertrag ihre Rechtsgrundlage zu haben, sind keine Ansprüche aus diesem Vertrag (Harbauer ARB3 Rz 115 vor § 21). Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei ausdrücklich erklärt, ihren Anspruch nicht auf § 6 HVG, sondern auf Bereicherung zu stützen. Bei der einem Vermittler von der Rechtsprechung zuerkannten Entschädigung, wenn der Auftraggeber auf andere Weise als durch Abschluß des zu vermittelnden Geschäftes Nutzen aus der Tätigkeit des Vermittlers gezogen hat, handelt es sich ihrem Wesen nach nicht um einen vertraglichen Anspruch, sondern um einen Verwendungsanspruch, unter Umständen um einen Schadenersatzanspruch (vgl. MietSlg. 28.520; HS 8.557; SZ 43/27). Er beruht nicht auf dem schuldrechtlichen Vertrag sondern auf dem Gesetz (vgl. Harbauer aaO Rz 105). Die Verfolgung eines solchen Anspruchs fällt nicht unter den allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz. Wenn die klagende Partei zufolge ihrer Erklärung nur einen solchen Anspruch geltend machen will, braucht die beklagte Partei keinen Versicherungsschutz zu gewähren. Mangels Vorliegens eines deckungspflichtigen Versicherungsfalles kann die Frage unerörtert bleiben, ob eine Partei ihren eigenen Rechtsanwalt als Schiedsmann nach Art. 8 ARB 1965/82 namhaft machen kann.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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