Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.
Die Rekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger erteilte der ersten beklagten Partei, einer Gesellschaft mbH & Co KG, die ein Dachdeckungsunternehmen betreibt und deren persönlich haftende Gesellschafterin die zweite Beklagte ist, einen Werkauftrag zur Neueindeckung seines Schloßgebäudes. Die erste Beklagte führte die Arbeiten in den Monaten April und Mai 1984 aus und legte über die mit 30.Mai 1984 fertiggestellten Arbeiten ihre mit 29.Juni 1984 datierte Rechnung über einen Betrag von S 742.733,32. Der Kläger zahlte hierauf - unter Abzug eines 3 %-igen Skontos - S 720.451,33.
Mit der am 2.Dezember 1986 angebrachten Klage stellte der Kläger ein Begehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten für alle ihm in Ansehung der von der ersten beklagten Partei mangelhaft durchgeführten Dacheindeckung seines Schloßgebäudes zustehenden Vertragserfüllungs-, Gewährleistungs- und Garantieansprüche. Dieses Feststellungsbegehren gründete der Kläger auf seine Behauptung, die erste Beklagte sei ihren unter Garantie übernommenen Vertragspflichten zur fachgerechten und mängelfreien Arbeitsausführung nicht nachgekommen, und konkretisierte diese Vorwürfe in der Bemängelung einer offenbar unzureichenden Dimensionierung der Dachrinnen, einem unzureichenden Gefälle der Dachrinnen, einer mangelnden (technischen) Gewähr für die Dichtheit des Daches, weil Abdichtungen der Schneerechen fehlten, sowie einer zu geringen Dimensionierung der Schürzenbleche. Die Geltendmachung weiterer Mängel nach dem Vorliegen eines einzuholenden Sachverständigengutachtens erklärte der Kläger sich vorzubehalten. Er erklärte weiters (in inhaltlichem Widerspruch zu den im Feststellungsbegehren bezeichneten Ansprüchen auf Vertragserfüllung, Gewährleistung und Garantie) sein Begehren "auf jeden sachlich in Betracht kommenden Rechtsgrund" zu stützen.
Diesem - in der Folge mit S 200.000 bewerteten - Begehren Nummer 1 reihte der Kläger in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 3.Februar 1987 unter ausdrücklicher Berufung auf das Klagsvorbringen ein Naturalleistungsbegehren als Eventualbegehren nach. Dieses war auf Vornahme folgender Leistungen gerichtet: Vergrößerung der Dimensionierung der Dachrinnen, so daß ein einwandfreies Abfließen der Dachwässer gewährleistet sei; Herstellung eines ausreichenden Gefälles der Dachrinnen; Anbringung von Abdichtungen im Bereich der Schneerechen; Herstellung von Kaminabdeckungen und Anbringung ausreichend dimensionierter Schürzenbleche. Dieses Begehren Nummer 2 zog der Kläger ohne jede weitere Erklärung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juni 1988 wieder zurück.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juli 1987 erklärten die Beklagten nach mündlicher Ergänzung des Sachverständigengutachtens und der Vernehmung von sachverständigen Zeugen, sie anerkennten, daß ihre Arbeiten mangelhaft seien, worauf der Kläger aufgrund des schriftlichen Sachverständigengutachtens und dessen mündlicher Ergänzung ein Leistungsbegehren stellte. Dieses war ausdrücklich auf Verbesserung der bestehenden Mängel am Schloßdach durch Vornahme folgender Leistungen gerichtet: Abtragung des neu angebrachten Kupferblechdaches samt Rinnenhaken und Schneerechen; Abtragung der Holzschalung samt Lattung; Abtragung des alten Blechdaches; Neueindeckung mit 60 cm breiten Kupferblechbahnen mit ausgebildeten Doppelstehfälzen von mindestens 25 mm Höhe sowie Wiederanbringung der abgenommenen Regenrinnen, Rinnenhaken und Schneerechen.
Diesem Begehren Nummer 3 reihte der Kläger ein Zahlungsbegehren als Eventualbegehren nach: Es lautete auf Ersatz des Rechnungsbetrages aus dem Titel der Preisminderung durch Zahlung von S 742.733,32. Dieses hier als Begehren Nummer 4 bezeichnete Zahlungsbegehren zog der Kläger ohne weitere Erklärung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juni 1988 wieder zurück.
Die Beklagten sprachen sich gegen die Zulassung des vom Kläger in der Folge mit S 200.000 bewerteten Begehrens Nummer 3 aus. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juni 1988 stellte der Kläger aufgrund ergänzender Ausführungen des Sachverständigen unter Geltendmachung eines Wandlungsanspruches das Eventualbegehren auf Aufhebung des Werkvertrages und Rückabwicklung der erbrachten Vertragsleistungen durch Rückzahlung eines Betrages von S 720.451,33 samt 5 % Zinsen seit 1.August 1984 und durch Rückversetzung des Schloßdaches in den alten Zustand durch Entfernung der neu angebrachten Kupferblechbahnen samt Ringhaken und Schneerechen, Abtragung der über der alten Blechdachhaut befindlichen Holzschalung und Lattung und nagelfreie Lagerung vor dem Haus.
Die Beklagten sprachen sich auch gegen die Zulassung dieses hier als Begehren Nummer 5 bezeichneten Eventualbegehrens aus. Das Prozeßgericht erster Instanz ließ die Änderung des (Feststellungs-)Begehrens (Nummer 1) in das "Verbesserungs"-Begehren (Nummer 3) beschlußmäßig zu. Es gab diesem Begehren - mit Ausnahme der Abtragung des alten Blechdaches, welches Teilbegehren der Abweisung verfiel - auch statt.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Zulassung der Klagsänderung (Begehren Nummer 3 statt Begehren Nummer 1), wies das "Verbesserungs"-Begehren aber mit Teilurteil zur Gänze ab und faßte in Ansehung des danach akut gewordenen Eventualbegehrens (Nummer 5) im Sinne des § 496 Abs.1 Z 3 ZPO einen Aufhebungsbeschluß mit Rechtskraftvorbehalt.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte sowohl das Teilurteil (über das Begehren Nummer 3) als auch den Aufhebungsbeschluß (zum Begehren Nummer 5). Einzelheiten können der Entscheidung vom 18.Mai 1989, 6 Ob 591,592/89 (= ON 46) entnommen werden.
Im nunmehr im Gange befindlichen Ergänzungsverfahren ließ das Prozeßgericht erster Instanz in der Tagsatzung vom 17.Oktober 1989 zunächst das nach Abweisung des Begehrens Nummer 3 allein anhängig verbliebene Begehren Nummer 5, gegen dessen Zulassung sich die Beklagten im ersten Rechtsgang ausgesprochen hatten, beschlußmäßig zu. Der Kläger faßte seinen Prozeßstandpunkt zum Wandlungsbegehren zusammen, stellte erstmals die Prozeßbehauptung auf, die im Rechtsstreit hervorgekommenen schweren und unbehebbaren Mängel an dem von der ersten Beklagten hergestellten Werk seien auf eine zumindest fahrlässig unsachgemäße Arbeitsausführung zurückzuführen, die einen Mangelbehebungsaufwand von S 504.660 erforderlich mache. Für diesen Aufwand hafteten die Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes. Gestützt auf dieses Vorbringen stellte der Kläger drei weitere, jeweils dem vorhergehenden nachgereihte Eventualbegehren
a) auf Zahlung des Betrages von S 504.660 samt 4 % Zinsen seit 17. Oktober 1989 (Begehren Nummer 6),
b) auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für alle Schäden, die im Zusammenhang mit den und aufgrund der mit dem erstinstanzlichen Urteil, ON 33, festgestellten Mängeln, bei der Eindeckung des Schloßdaches entstanden seien (Begehren Nummer 7) und
c) auf fachgemäße Verbesserung des Gefälles der Dachrinnen, so daß ein einwandfreies Abfließen der Dachwässer gewährleiset sei; auf Anbringung von Abdichtungen im Bereich der Schneerechen; auf Herstellung von Kaminabdeckungen; auf Anbringung ausreichend dimensionierter Schürzenbleche; auf Herstellung einer durchlaufenden Firstentlüftung anstelle der angebrachten sogenannten Froschmäuler; auf fachgemäße Erneuerung der Bügelabdeckungen, insbesondere bei Schneerechen, Graten und Firsten unter Verwendung solcher Materialien, die keine Korrosionsschäden erwarten ließen, sowie auf Ersetzung der Stehfälze durch Doppelstehfälze (Begehren Nummer 8). Die Beklagten sprachen sich gegen die neu erhobenen Eventualbegehren (Nummer 6 bis 8) aus.
Das Prozeßgericht erster Instanz verkündete in der Tagsatzung vom 17.Oktober 1989 den Beschluß, daß die drei in der Tagsatzung gestellten Eventualbegehren nicht zugelassen würden. Die schriftliche Ausfertigung dieser Entscheidung datierte es mit 19. Oktober 1989.
Das Prozeßgericht erster Instanz erachtete nach Abweisung des Hauptbegehrens (Nummer 3) jedes dem allein streitverfangen gebliebenen Eventualbegehren (Nummer 5) nachzureihende weitere Eventualbegehren als unzulässig, einerseits weil es nunmehr an einem Hauptbegehren fehle, andererseits, weil sich das zu ergänzende Verfahren nach dem vom Obersten Gerichtshof bestätigten berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß auf die Voraussetzungen des Wandlungsanspruches (Begehren Nummer 5) zu beschränken habe. Überdies sei im Falle der Verhandlung über die nun erstmals geltend gemachten Schadenersatzansprüche eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung zu besorgen. Das mehrgliedrige Begehren Nummer 8 entspräche inhaltlich zum Teil dem zurückgezogenen Begehren Nummer 2. Die Ansprüche seien teils zufolge Verzichtes und teils zufolge Ablaufes der dreijährigen Frist des § 933 Abs.1 ABGB erloschen, teils verjährt.
Das Rekursgericht änderte den erstinstanzlichen Beschluß im Sinne einer Zulassung aller drei weiteren Eventualbegehren ab. Dazu sprach das Rekursgericht in seiner mit 21.Dezember 1989 datierten Entscheidung (Art.XLI Z 5 WGN 1989) aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 übersteigt.
Das Rekursgericht erblickte nach dem Verfahrensstand im zweiten Rechtsgang kein Hindernis gegen eine Klagsänderung, weil der berufungsgerichtliche Verfahrensergänzungsauftrag gemäß § 496 Abs.1 Z 3 ZPO erfolgt sei und deshalb das Verfahren vor dem Prozeßgericht nicht im Sinne des § 496 Abs.2 ZPO sachlich zu beschränken wäre. Das Rekursgericht nahm auch kein verfahrensrechtliches Hindernis gegen die Wiedereinführung eines Begehrens (zu Nummer 8) an, soweit ein inhaltsgleiches Begehren (zu Nummer 2) vom Kläger im ersten Rechtsgang zurückgezogen worden war, weil der Kläger im Zusammenhang mit der Rücknahme des Begehrens (Nummer 2) keine Erklärung über einen Anspruchsverzicht abgegeben habe und die Beklagten es dabei widerspruchslos hätten bewenden lassen. Im übrigen vertrat das Rekursgericht die Ansicht, daß nach dem Stand der Sachverhaltserhebungen, die aber auch zum Wandlungsbegehren (Nummer 5) noch einer Ergänzung durch ein weiteres Sachverständigengutachten bedürften, die Beurteilung einer schadenersatzrechtlichen Haftung keine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung mit sich brächte.
Rechtliche Beurteilung
Der von den Beklagten gegen die abändernde Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist zwar zulässig, aus den zutreffenden Gründen der Rekursentscheidung aber nicht berechtigt. Die sachliche Begründetheit einer im Wege der Klagsänderung neu in den Rechtsstreit einzuführenden Anspruchsableitung aus einem weitgehend gleichen Sachverhalt, wie der dem streitverfangenen Begehren zugrunde liegende, hat bei der Beurteilung nach § 235 Abs.3 ZPO außer Betracht zu bleiben. Je offenkundiger im übrigen einem geänderten oder neu eingeführten Anspruch ein anspruchsaufhebender oder aufschiebender Grund entgegenstünde, desto weniger wäre von der Zulassung der Klagsänderung eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung zu besorgen.
Gegen die Geltendmachung der drei neuen Eventualbegehren in einer selbständigen neuen Klage und gegen eine Verbindung des anhängigen mit dem über die neue Klage abzuführenden Rechtsstreit stünde den Beklagten kein verfahrensrechtliches Abwehrmittel zu Gebote. Erscheint eine solche hypothetische Verbindung zweckmäßig, wäre es höchst unökonomisch, dem Kläger eine Klagserweiterung im anhängigen Rechtsstreit zu versagen.
Sollte das Begehren Nummer 5 letztlich der Abweisung verfallen, einem der Begehren Nummer 6 bis 8 aber stattgegeben werden, würde dies auch bei der Kostenentscheidung entsprechend zu berücksichtigen sein.
Durch den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß wurde eine Verfahrensergänzung in erster Instanz notwendig. Eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der zum Begehren Nummer 5 zu ergänzenden Verhandlung ist nach dem Verfahrensstand mit Rücksicht auf die weitgehende Übereinstimmung des anspruchsbegründenden Sachverhaltes, auf den die neuen Begehren gestützt werden, mit den im anhängigen Rechtsstreit bereits erhobenen Sachverhalt nicht zu erwarten.
Dem Reviisonsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (2 Ob 522/89, 4 Ob 508/89 uva) gehört die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Klagsänderung nicht zu den im § 521 a ZPO erschöpfend aufgezählten Fällen des zweiseitigen Rekurses. Für die vom Kläger erstattete Rekursbeantwortung gebührt daher kein Kostenersatz.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)