Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Teilurteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Versandhandel, zu unterlassen, Werbematerialien an Kunden der klagenden Partei auszusenden, die den Eindruck erwecken, daß die klagende Partei ihren Geschäftsbetrieb in Wien 10, Quellenstraße 119 einstellen werde und Produkte der klagenden Partei in Hinkunft nur in anderen "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäften" oder im Versandhandel bezogen werden können".
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.125,80 (darin enthalten S 1.854,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin betrieb auf Grund eines mit der Beklagten am 1. August 1983 abgeschlossenen Franchise-Vertrages in Wien 10, Quellenstraße 119, ein sogenanntes "Y*** R***- Schönheitsfachgeschäft". Am 14. März 1988 erklärte die Beklagte dieses Rechtsverhältnis wegen ihrer offenen, seit länger als 72 Tagen fälligen Forderung aus Warenlieferungen unter Berufung auf eine einschlägige Bestimmung des Franchise-Vertrages für aufgelöst; mit Schreiben vom 29. März 1988 forderte sie die Klägerin auf, sämtliche Unterlagen sowie alle gelieferten Materialien zurückzugeben, den Gebrauch sämtlicher Warenzeichen und Unterlagen der Beklagten zu unterlassen und der Beklagten das Geschäft in Wien 10, zu übergeben. Über die Wirksamkeit dieser Auflösungserklärung besteht zwischen den Parteien Streit. Die Klägerin vertreibt in ihrem Geschäftslokal weiterhin Y*** R***-Produkte. Die Beklagte begehrte deshalb zu 18 Cg 24/88 des Erstgerichtes die Verurteilung der Klägerin, (u.a.) den Gebrauch des Namens "Y*** R***", das Verkaufen oder Vertreiben von Waren der Marke "Y*** R***" sowie den Gebrauch sämtlicher Warenzeichen, Handelsbezeichnungen, Werbetexte, Werbemittel, Drucksachen, Rechnungen usw. zu unterlassen, die mit Firmenbezeichnungen, Warenzeichen, Zeichen, Werbetexten etc. von Y*** R*** ausgestattet sind.
Im August 1988 versandte die Beklagte an Kunden der Klägerin ein Rundschreiben folgenden Inhalts:
"Wir schließen! Y*** R***, Quellenstraße 119, 1100 Wien - Wir schließen!" (Diese Worte waren durch die Größe der Buchstaben und durch die Verwendung grüner Druckfarbe (ausgenommen für die Adresse) gegenüber dem übrigen Text der Ankündigung besonders hervorgehoben.) "Wir danken Ihnen, daß wir Sie zu unseren treuen Kundinnen zählen durften! Auf die Y*** R***-Schönheitsprodukte müssen Sie jedoch nicht verzichten: Wenden Sie sich einfach an Ihr nächstgelegenes Y*** R*** Fachgeschäft (siehe Rückseite) oder nützen Sie die Vorteile unseres Versandhandels."
Auf der Rückseite des Rundschreibens befand sich folgender Text:
"Y*** R*** Bergerbräuhofstraße 35, 5020 Salzburg
Sehr geehrte Y*** R***-Kundin!
Vorerst möchte ich Ihnen für Ihre Treue als Y*** R*** Kundin danken. Leider muß ich Ihnen jedoch mitteilen, daß Ihr Y*** R*** Fachgeschäft schließen wird. Da ich auf diese Entscheidung unserer Partnerin keinen Einfluß habe, bitte ich Sie, sich an Ihr nächstes Y*** R*** Fachgeschäft zu wenden.
Natürlich steht Ihnen auch der Versandhandel mit all seinen Vorteilen zur Verfügung.
Ich hoffe auf Ihr Verständnis und würde mich freuen, Sie weiterhin als Y*** R*** Kundin begrüßen zu dürfen.
Viele Grüße
Y*** R***"
Unterhalb dieses Textes waren die Anschriften von 12 Wiener "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäften" angeführt.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Versandhandel, zu unterlassen, Werbematerialien an Kunden der Klägerin auszusenden und anzukündigen, daß die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb in Wien 10, Quellenstraße 119, einstellen werde und Produkte der Beklagten in Hinkunft nur in anderen "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäften" oder im Versandhandel zu beziehen wären; weiters erhebt die Klägerin ein auf Veröffentlichung des Urteils in den Tageszeitungen "Kurier" und "Neue Kronen-Zeitung" gerichtetes Urteilsveröffentlichungsbegehren. Das Rundschreiben mit der Überschrift "Wir schließen!" erwecke bei den Kunden der Klägerin den Eindruck, daß der Geschäftsbetrieb der Klägerin überhaupt geschlossen werde und dort keine "Y*** R***"-Produkte mehr gekauft werden könnten; das entspreche jedoch nicht den Tatsachen: Die Klägerin verkaufe nach wie vor nahezu ausschließlich Waren der Beklagten. Der Betrieb der Klägerin werde durch die unrichtigen, irreführenden und sittenwidrigen Tatsachenbehauptungen der Beklagten geschädigt. Die Beklagte verstoße dadurch insbesondere gegen § 1 UWG. Die beantragte Urteilsveröffentlichung sei zur Aufklärung erforderlich, weil das Rundschreiben der Beklagten an zumindest 15.000 Kunden der Klägerin versandt worden sei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Sie habe das Vertragsverhältnis zur Klägerin zu Recht vorzeitig aufgelöst; dennoch gebe die Klägerin nach wie vor den Anschein, ein "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäft" zu betreiben. Durch dieses Verhalten verstoße die Klägerin gegen gesetzliche und vertragliche Verpflichtungen. In Wahrheit betreibe die Klägerin kein "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäft" mehr. Mit dem beanstandeten Rundschreiben habe die Beklagte nur zum Ausdruck gebracht, daß sie selbst an der angegebenen Anschrift ihre geschäftliche Betätigung aufgeben werde; es sei aber nicht behauptet worden, daß das auch die Klägerin zu tun beabsichtige. Das beanstandete Rundschreiben sei zur objektiven Aufklärung erforderlich gewesen. Da die Beklagte die Klägerin seit April 1988 nicht mehr mit "Y*** R***"-Produkten beliefere und sich die Klägerin diese Produkte nunmehr auf andere Weise besorge, müsse auch befürchtet werden, daß die von der Klägerin jetzt vertriebenen Produkte nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen; auch deshalb sei die Aufklärung der Kunden durch das Rundschreiben erforderlich gewesen. Die beantragte Urteilsveröffentlichung gehe zu weit; eine Veröffentlichung des Urteils in einer Bezirkszeitung für den 10. Wiener Gemeindebezirk reiche aus.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Die Ausführungen in dem beanstandeten Rundschreiben seien keineswegs dahin zu verstehen, daß lediglich die zwischen den Streitteilen bestehende Vertragsbeziehung aufgelöst worden sei und die Klägerin seither kein (autorisiertes) "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäft" mehr betreibe; durch die blickfangartig herausgestellten Worte "Wir schließen! ..." im Zusammenhang mit der Adresse des Geschäftslokals der Klägerin werde vielmehr der Eindruck erweckt, daß dieses Geschäft zur Gänze geschlossen werde. Diese Äußerung entspreche aber nicht den Tatsachen; sie sei auch geeignet, den Betrieb der Klägerin zu schädigen. Undeutliche Äußerungen seien auch bei Anwendung des § 7 UWG immer zum Nachteil dessen auszulegen, der sich ihrer bedient hat. Daß die Beklagte die Klägerin nicht mehr mit ihren Produkten beliefert, sei bei dieser Beurteilung unbeachtlich, weil die Behauptung der gänzlichen Schließung des Geschäftes selbst unter diesem Gesichtspunkt unrichtig sei. Da das beanstandete Rundschreiben an einen größeren Kreis von Personen versandt worden sei, sei auch die beantragte Urteilsveröffentlichung gerechtfertigt. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes über den Unterlassungsanspruch als Teilurteil; im übrigen - also hinsichtlich des Veröffentlichungsbegehrens und im Kostenpunkt - hob es das Ersturteil auf und verwies die Sache in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, insgesamt S 300.000,-- und der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- übersteige. Es verneinte das Vorliegen der gerügten Mängel und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:
Die Ankündigungen der Beklagten in dem beanstandeten Rundschreiben seien nicht eindeutig dahin zu verstehen, daß lediglich die Vertragsbeziehung mit der Klägerin aufgelöst worden sei, mit den Worten "Wir schließen!" sei vielmehr der Eindruck erweckt worden, daß das von der Klägerin betriebene Geschäft zur Gänze geschlossen werde, könne doch das Wort "Wir" im Zusammenhang mit der Anschrift des Geschäftslokales der Klägerin jedenfalls auch auf die Klägerin bezogen werden. Ob die Klägerin im Rahmen ihres Unternehmens für die Produkte der Beklagten keine Garantiezusagen machen könne und nicht mehr berechtigt sei, ein "Y*** R***-Fachgeschäft" zu führen, sei für die Beurteilung der beanstandeten Werbeaussagen unerheblich; ebensowenig komme es darauf an, ob die Klägerin Kennzeichenrechte der Beklagten verletzt. Die erstmalige Berufung der Beklagten auf § 9 Abs 7 des Franchise-Vertrages verstoße gegen das Neuerungsverbot. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei daher berechtigt. Für die Beurteilung des Veröffentlichungsbegehrens fehlten jedoch Feststellungen darüber, in welchem Ausmaß das beanstandete Rundschreiben verbreitet worden ist; die dafür angebotenen Beweise müßten erst aufgenommen werden.
Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern; hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor. Wie eine Tatsachenbehauptung im Sinne des § 7 UWG zu verstehen ist, ist eine Rechtsfrage, soweit nicht ihr Sinn wegen fachlicher Schwierigkeiten nur von Sachverständigen beurteilt werden kann (EvBl 1975/146). Genügen für die Beurteilung der Wirkung einer Werbeaussage auf das angesprochene Publikum - wie hier - die Erfahrungen des täglichen Lebens, dann sind Beweisaufnahmen über die Auffassung der im konkreten Fall angesprochenen Verkehrskreise entbehrlich (vgl. ÖBl 1982, 123; ÖBl 1985, 105; ÖBl 1989, 50; ÖBl 1989, 141). Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Verbraucher von Kosmetikartikeln über die Bedeutung der Ankündigung, daß ein Geschäft geschlossen werde, eine von der allgemeinen Lebenserfahrung abweichende Auffassung haben sollten.
In ihrer Rechtsrüge rührt die Beklagte im wesentlichen aus, daß sich ihr Rundschreiben ausschließlich auf den Namen "Y*** R***" bezogen habe; ein Bezug zum Betrieb der Klägerin sei nicht hergestellt worden. Die Ankündigung sei daher nur so zu verstehen, daß das "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäft" in Wien 10, Quellenstraße 119, geschlossen werde; es sei aber nicht der Eindruck erweckt worden, daß (auch) ein von der Klägerin betriebenes Geschäft geschlossen werde. Schließlich habe die Beklagte auch im guten Glauben gehandelt, so daß es auch an dem für den Wettbewerbsverstoß erforderlichen subjektiven Element fehle. Im übrigen werde der Beklagten eine Äußerung untersagt, die sie in dieser Form gar nicht gemacht habe. Diesen Ausführungen kann im wesentlichen nicht beigepflichtet werden:
Wie schon die Vorinstanzen richtig erkannt haben, ist die blickfangartig herausgestellte Äußerung "Wir schließen! Y*** R***, Quellenstraße 119, 1100 Wien" keinesfalls eindeutig dahin zu verstehen, daß nur der auf Grund eines Franchise-Vertrages in Form eines sogenannten "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäftes" von der Klägerin geführte Geschäftsbetrieb eingestellt werde; die Beklagte hat damit vielmehr den Eindruck erweckt, daß dieses - von Y*** R*** selbst geführte - Geschäft als solches nunmehr geschlossen werde. Der auf der Rückseite des Rundschreibens enthaltene Hinweis "Da ich auf diese Entscheidung unserer Partnerin keinen Einfluß habe ..." tritt gegenüber den blickfangartig hervorgehobenen Angaben über die Schließung des Geschäfts in den Hintergrund. Da dem angesprochenen Publikum auch nicht bekannt gegeben wurde, auf Grund welcher Rechtsverhältnisse dieses Geschäft geführt wurde, konnte es die Erklärung "Wir schließen!" auch nicht dahin auffassen, daß ein (ehemaliger) Vertragspartner der Beklagten dort weiterhin geschäftlich tätig sein werde. Wendungen, die bei verkehrsüblicher, flüchtiger Kenntnisnahme zu Mißverständnis führen können, sind auch bei Anwendung des § 7 UWG immer zum Nachteil dessen auszulegen, der sich ihrer bedient (ÖBl 1960, 7; ÖBl 1961, 50 und 86; ÖBl 1963, 104); im Fall ihrer Mehrdeutigkeit muß der Beklagte auch hier die für ihn ungünstigste Auslegung seiner Mitteilung gegen sich gelten lassen (ÖBl 1981, 122). Im Sinne dieser Grundsätze haben die Vorinstanzen die Ankündigung richtigerweise zu Lasten der Beklagten ausgelegt.
§ 7 UWG setzt kein Verschulden des Beklagten voraus (SZ 50/86); es genügt, daß die wahrheitswidrig behauptete Tatsache objektiv geeignet ist, das Unternehmen oder den Kredit des Klägers zu schädigen (ÖBl 1984, 102). Den Verbreiter einer zur Schädigung geeigneten Behauptung schützt nur der Wahrheitsbeweis, nicht sein guter Glaube (JBl 1929, 168; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 97; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 61 Rz 554.2; Rummel in Koziol,
Haftpflichtrecht2 II 221 f). Die Auffassung der Beklagten, daß die Klägerin nach der Auflösung des Franchise-Vertrages das Geschäft schließen müsse, kann daher zu keinem für sie günstigeren Ergebnis führen. Gegen das Gebot der Unterlassung von Ankündigungen, daß die Produkte der Beklagten in Hinkunft nur in anderen "Y*** R***-Schönheitsfachgeschäften" oder im Versandhandel zu beziehen seien, richten sich die Revisionsausführungen nicht. Zutreffend weist die Beklagte in ihrem Rechtsmittel allerdings darauf hin, daß ihr Rundschreiben keine ausdrückliche Bezugnahme auf den Namen der Klägerin enthalten hat; sie hat allerdings Angaben gemacht, die den Eindruck erwecken, daß (auch) die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb schließen werde. Die Irreführungseignung einer solchen Werbeaussage hat die Klägerin auch ausdrücklich geltend gemacht. Da sich das Unterlassungsgebot immer am konkreten Wettbewerbverstoß zu orientieren hat (ÖBl 1983, 134 uva), konnte das angefochtene Urteil mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe bestätigt werden.
Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.
Diese Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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