OGH 4Ob7/90

OGH4Ob7/9020.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter, Dr. Redl und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH, Hard, Oberer Achdamm 10, vertreten durch Dr. Ingobert Schuler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 220.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 30. Oktober 1989, GZ 4 R 316/89-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innrbruck vom 14. August 1989, GZ 6 Cg 405/88-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen. Die Parteien haben die Kosten des Berichtigungsverfahrens aller Instanzen selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der Behauptung, die beklagte Partei "Hermann W i l l y, Kaufmann, Hard" betreibe unter der Etablissementbezeichnung "K***" von seinem Hauptstandort Hard aus in Innsbruck, Wörgl und Kufstein ua den Einzelhandel mit Textilien für Kinder, wobei er Ende September, Anfang Oktober 1988 in einem Werbeprospekt unzulässige Zugaben angekündigt und gewährt habe, beantragte der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Textilwaren zu unterlassen, neben Waren unentgeltliche Zugaben (Prämien), insbesondere die unentgeltliche Zugabe einer Digitaluhr beim Kauf von Textilwaren ab S 500, anzubieten, anzukündigen oder einem größeren Kreis von Personen zu gewähren; weiters erhob der Kläger auch ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Zur Sicherung seines Unterlassungsanspruches beantragte er die Erlassung einer inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung.

Das Erstgericht trug dem Beklagten auf, binnen drei Wochen die Klagebeantwortung zu erstatten; mit seiner Zustellverfügung verband es den Auftrag, sich auch zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (binnen zehn Tagen) zu äußern. In der Folge erließ das Erstgericht am 2. Jänner 1989 die einstweilige Verfügung

gegen "Hermann W i l l y". Die Zustellung dieser Entscheidung an

"Hermann W i l l y, Kaufmann, 6971 Hard" erfolgte durch

Hinterlegung. Auf Antrag des Klägers erließ das Erstgericht nach fruchtlosem Ablauf der Klagebeawrtungsfrist am 24. April 1989 ein Versäumungsurteil, welches ebenfalls an "Hermann W i l l y, Kaufmann, 6971 Hard" durch Hinterlegung zugestellt wurde. Die diese beiden Zustellungen betreffenden Rückscheinbriefe kamen als "nicht behoben" an das Erstgericht zurück.

Am 31. Juli 1989 beantragte der Kläger, die Bezeichnung der beklagten Partei in Klage und einstweiliger Verfügung auf "Willy H*** Gesellschaft mbH, Wirkwarenerzeugung, 6971 Hard, Oberer Achdamm 10" (HRB 3.002 des Landesgerichtes Feldkirch) richtigzustellen sowie Klage und einstweilige Verfügung an diese "berichtigte" beklagte Partei zuzustellen. Ein "Hermann W i l l y" sei seit rund 8 Jahren tot; die Geschäfte an den in der Klage genannten Standorten betreibe die Willy H*** Gesellschaft mbH. Diese habe die irrtümlich gegen "Hermann W i l l y" gerichtete Klage übernommen; auf Grund der Angaben in der Klage habe ihr auch klar sein müssen, daß in Wahrheit sie in Anspruch genommen wurde. Die "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH" sprach sich gegen eine solche Berichtigung aus. Aus dem Vorbringen in der Klage ergebe sich nicht klar und deutlich, daß sie als Beklagte gemeint war. Einen "Hermann W i l l y" habe es nie gegeben; Willy H*** sei aber schon vor mehr als 8 Jahren gestorben. Der Kläger habe ausdrücklich eine physische Person in Anspruch genommen und hätte damit auch einen der Geschäftsführer der "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH" meinen können. Im übrigen habe am selben Standort auch die zu HRA 1545 des Landesgerichtes Feldkirch registrierte Firma "Willy H*** Wirkwarenerzeugung" ihren Sitz. Der Kläger strebe in Wahrheit einen unzulässigen Parteiwechsel an.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Richtigstellung. An dem in der Klage genannten Standort habe zwar neben der "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH" auch die als OHG eingetragene "Willy H*** Wirkwarenerzeugung" ihren Sitz. Die "beklagte Partei" habe jedoch selbst vorgebracht, daß das beanstandete Flugblatt von den Geschäftsführern der GmbH verteilt wurde. In der Bezeichnung der "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH" als beklagte Partei liege daher keine Änderung der Klage, sondern eine zulässige Richtigstellung der Parteienbezeichnung.

Das Rekursgericht wies den Berichtigungsantrag des Klägers ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht jedoch S 300.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Falls sich bereits aus der Klage eindeutig die tatsächlich betroffene Person und deren irrtümliche Benennung im Kopf der Klage ergebe, könne die Richtigstellung einer Parteienbezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO auch mit einem Personenwechsel verbunden sein. In der vorliegenden Klage sei als beklagte Partei eindeutig dasjenige Rechtssubjekt bezeichnet worden, welches mit dem Hauptstandort in Hard und Verkaufsniederlassungen in Innsbruck, Wörgl und Kufstein das als "K***" bezeichnete Unternehmen betreibt.

Den in der Klage genannten "Hermann W i l l y" habe es nie gegeben; er komme daher auch nicht als Betreiber des in der Klage genannten Unternehmens in Frage. Dem Kläger sei daher bloß in der Benennung des Rechtssubjektes eine Fehlbezeichnung unterlaufen. Der "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH", welche die Klage im Rahmen des Zustellvorganges entgegengenommen habe, habe vielmehr klar sein müsen, daß in Wahrheit sie selbst Adressat der Klage war. Daß die Klage nicht gegen die (am selben Standort etablierte) OHG "Willy H*** Wirkwarenerzeugung" gerichtet war, ergebe sich zwar nicht aus der Klage; die "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH" habe jedoch in ihrer Stellungnahme zum Berichtigungsantrag vorgebracht, daß ihre Geschäftsführer den beanstandeten Prospekt verteilt hätten, so daß die Möglichkeit, daß die OHG Adressat der Klage sein könnte, ausscheide. Damit wären zwar grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Richtigstellung der Parteienbezeichnung im Sinne des § 235 Abs 5 ZPO gegeben; eine solche sei aber nur dann möglich, wenn das Verfahren nicht schon - wie hier - durch eine rechtskräftige Entscheidung beendet wurde. Eine Berichtigung dieser verfahrensbeendenden Entscheidung nach § 419 ZPO sei nicht möglich, weil der Fehler nicht dem Gericht, sondern dem Kläger unterlaufen sei; das Berichtigungsverfahren nach § 419 ZPO sei nicht dazu da, die Identität einer - im Urteil und im Berichtigungsantrag offensichtlich verschieden bezeichneten - Person festzustellen. Dabei werde nicht übersehen, daß der Kläger nur die Änderung des Namens der beklagten Partei in Klage und einstweiliger Verfügung begehre und die neuerliche Zustellung von Klage und einstweiliger Verfügung beantragt habe. Eine Beschränkung der Berichtigung der Parteienbezeichnung auf einen Teil des bereits durchgeführten Verfahrens unter Außerachtlassung weiterer, tatsächlich erfolgter Prozeßschritte sei aber in der Prozeßordnung nicht vorgesehen und stehe auch nicht im Belieben einer Partei. Die Berichtigung der Parteienbezeichnung im Sinne des § 235 Abs 5 ZPO könne nur das gesamte bis zur Berichtigung durchgeführte Verfahren betreffen; sie müsse bewirken, daß die Prozeßschritte gegen jene Partei gelten, die infolge der Berichtigung als beklagte Partei anzusehen ist. Eine neuerliche Zustellung der Klage an die GmiH komme schon deshalb nicht in Frage, weil diese die Klage bereits erhalten habe; auch die einstweilige Verfügung und das Versäumungsurteil seien - allerdings mit der Bezeichnung "Hermann W i l l y" - bereits zu Handen der "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH" (durch Hinterlegung) zugestellt worden. Diese müßte daher, wäre die Richtigstellung der Parteienbezeichnung auch noch nach Rechtskraft des Versäumungsurteils zulässig, die Rechtskraft dieses Urteils gegen sich gelten lassen.

Der vom Kläger gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekursbeantwortung ist unzulässig, weil kein Fall des § 521 a ZPO vorliegt; sie war daher zurückzuweisen. Der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung, daß sich im vorliegenden Fall die als Beklagte in Anspruch genommene Person eindeutig aus der Klage ergebe und deshalb die beantragte Richtigstellung zulässig sei, ist beizupflichten:

Gemäß § 235 Abs 5 ZPO idF des Art IV Z 39 ZVN 1983 BGBl 135 ist es weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens das Klagebegehren erhoben worden ist; eine solche Berichtigung ist in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amtswegen vorzunehmen, gegebenenfalls durch die Anwendung der §§ 84 und 85 ZPO. Wie sich dazu aus den EB zur RV der ZVN 1981 (669 BlgNR 15. GP 52 f zu Z 31 ħ 235 ZPOÜ) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung jene häufigen Fälle treffen, in denen Fehler bei der Bezeichnung einer Partei - vor allem der beklagten Partei - vom Beklagten schikanös als Grundlage für eine Bestreitung der Klagelegitimation herangezogen werden, indem davon ausgegangen wird, Partei sei jemand anderer als der, der eindeutig gemeint ist, und dieser andere, auf den die unkorrekte Bezeichnung

zufällig paßt, sei eben nicht als Kläger oder Beklagter legitimiert.

Eine bloße Berichtigung der Parteibezeichnung liegt nur dann

vor, wenn die Bezeichnung des als Partei genannten Rechtssubjektes geändert wird, ohne daß dadurch an die Stelle des bisher als Partei angesehenen und als Partei behandelten Rechtssubjektes ein anderes treten soll; eine Parteiänderung ist hingegen dann anzunehmen, wenn anstelle des bisher als rartei bezeichneten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit einbezogen werden soll. Als Prozeßpartei ist dabei diejenige Person anzusehen, deren Parteistellung sich aus dem Vorbringen und dem Begehren der Klage klar und deutlich ergibt (ÖBl 1985, 82 und die dort angeführte Judikatur). Die Berichtigung der Parteibezeichnung darf grundsätzlich nicht dazu führen, daß an die Stelle der bisherigen Partei ein anderes Rechtssubjekt tritt, ein Mangel der Passivlegitimation also nicht die Umstellung des Beklagten auf die sachlegitimierte Person zur Folge haben. Nur dann, wenn sich aus dem Inhalt der Klage eindeutig und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ergibt, daß die nur auf Grund der Angaben im Kopf der Klage als Beklagte behandelte Partei nicht die nach dem gesamten Inhalt der Klage richtig als Beklagter bezeichnete Person war, ist die in einem solchen Fall an sich zulässige "Richtigstellung" der Parteibezeichnung gleichzeitig mit einem Personenwechsel verbunden (Fasching, LB2 Rz 323).

Voraussetzung für die Zulässigkeit der Berichtigung der Parteibezeichnung bleibt also trotz der der Verfahrensökonomie Rechnung tragenden Zielsetzung der ZVN 1983, daß aus der Klage diejenige Person, die geklagt ist,

- wenn auch nicht namentlich so doch - in einer "jeden Zweifel ausschließenden Weise" erkennbar ist; nur so ist es im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze möglich, eine - zulässige - Berichtigung der Parteibezeichnung von einer - unzulässigen - Parteibezeichnung abzugrenzen (14 Ob 172, 173/86; 7 Ob 516/87). Als Beispiel dafür, wann sich aus dem gesamten Inhalt der Klage eindeutig die richtige Partei ergibt, nennt § 235 Abs 5 ZPO die Anführung der "Bezeichnung ihres Unternehmens". Wer materiell in Anspruch genommen werden kann, ist daher für die Beurteilung der Eindeutigkeit einer Parteibezeichnung in der Klage nicht ausschlaggebend; Beklagter ist - nach dem im Zivilprozeß maßgebenden formellen Parteibegriff - wer in der Klage als solcher bezeichnet wird (Fasching aaO Rz 319). Daran hat auch der durch die ZVN 1983 eingeführte § 235 Abs 5 ZPO nichts geändert (Fasching aaO Rz 322; Rechberger aaO 398).

Aus der vorliegenden Klage ergibt sich nun in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, daß jene Person geklagt werden sollte, die unter der Etablissementbezeichnung "K***" in Innsbruck, Wörgl und Kufstein von einem Hauptstandort in Hard aus das handwerksmäßige Gewerbe der Wirkwarenerzeugung und den Einzelhandel mit Textilien für Kinder betreibt. Im Kopf der Klage wurde dieses Rechtssubjekt unrichtig mit "Hermann W i l l y" bezeichnet. Eine physiche Person dieses Namens existiert an der angegebenen Anschrift nicht; außer Streit steht aber die Behauptung des Klägers im Berichtigungsantrag, daß die "Willy H*** Wirkwarenerzeugung Gesellschaft mbH" Inhaberin dieses Unternehmens ist. Daß an derselben Anschrift auch eine OHG mit einer - im Kern - übereinstimmenden Firma ihren Sitz hat, fällt unter diesen Umständen nicht mehr ins Gewicht. Die Berichtigung der Parteibezeichnung ist daher im Sinne der vorstehenden Ausführungen zulässig; sie ist überdies nicht einmal mit einem Parteiwechsel verbunden, weil die Klage tatsächlich der "richtigen" Beklagten zugestellt worden ist.

Entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung ist jedoch die Berichtigung der Parteibezeichnung nach der Rechtsprechung auch noch im Verfahren zur Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung zulässig (GesRZ 1985, 194, und 196; Fasching LB2 Rz 323; Rechberger, Mangel der Parteiexistenz, Mangel der Parteifähigkeit und mangelhafte Parteibezeichnung in FS-Fasching 385 ff Ä396Ü). Die Fällung eines Versäumungsurteiles gegen "Hermann W i l l y" hindert daher - entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes - die Richtigstellung der Parteienbezeichnung auf die GmbH nicht. Wie weit die Zustellungen der Entscheidungen des Erstgerichtes im Hinblick auf die unrichtige Angabe des Empfängers auf den Rückscheinbriefen wirksam waren, ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berichtiguug der Parteienbezeichnung ohne Belang.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Kläger hat im Berichtigungsverfahren keinen Kostenersatzanspruch, weil die Kosten des Berichtigungsantrages und des Revisionsrekurses wegen der Vermeidbarkeit der fehlerhaften Parteienbezeichnung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren. Die Beklagte hat als im Berichtigungsverfahren unterlegene Partei jedenfalls keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten dieses Verfahrens.

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